Kaum einer hat das geglaubt: der deutsche Hersteller Pearc liefert seinen Mac-Klon namens "Stylence" tatsächlich aus. Unsere Schwesterpublikation Macwelt zeigt, was der PC unter Mac-OS X leistet.
Von Christian Möller, Macwelt
Testbericht
Unser Testgerät kommt in einem Aluminium-Gehäuse und mit einem 2,83-GHz schnellen Intel Core 2 Quad Prozessor (Q9550), der auf einer Standard-PC-Hauptplatine aus dem Hause Gigabyte sitzt. Die Grafikkarte ist von MSI und basiert auf einem Grafikchip Nvidia Geforce 8400GS. Der ist schon etwas älteren Datums, gegen Aufpreis kann man allerdings auch aktuellere Grafikkarten bekommen.
Acht Gigabyte RAM stecken auf dem Board, das optische Laufwerk ist ein 22fach-DVD-Brenner aus dem Hause Samsung/Toshiba. Die Festplatte stammt von Western Digital und fasst 500 Gigabyte. Ein USB-Card-Reader, ein Bluetooth-Adapter und eine Wlan-Karte komplettieren die Ausstattung.
An Schnittstellen stehen insgesamt zehn USB-2.0-Ports zur Verfügung. Davon befinden sich acht auf der Rückseite, wobei einer bereits durch den Bluetooth-Adapter belegt ist. Zwei weitere sind an der Vorderseite zugänglich. Ein elfter USB-Aschluss kommt über den integrierten Card-Reader, der jedoch nicht bei allen Konfigurationen ab Werk dabei ist.
Firewire-Anschlüsse finden sich insgesamt drei. Zwei auf der Rückseite (einer davon 4polig ohne Spannungsversorgung) und einer auf der Vorderseite. Alle arbeiten mit 400 Megabit pro Sekunde, Firewire 800 gibt es nur gegen Aufpreis per PCI-Steckkarte.
Praktische: standardmäßig bekommt man zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüsse, die beide problemlos vom Mac-OS erkannt werden.
Auch Audio-Ausgänge gibt es genügend. Auf der Rückseite finden wir einen Line-Out, einen Kopfhörerausgang
Konfiguriert man den Clone im Webshop des Herstellers mit dieser Ausstattung, kommt man auf einen Endpreis von knapp 1200 Euro. Ein Billig-PC ist das nicht mehr. Mit diesem Preis muss sich der Stylence gegen einen voll ausgestatteten Mac Mini oder einen aktuellen 24-Zoll-iMac behaupten. Genau mit diesen Beiden vergleichen wir den deutschen Clone.
Benchmarks des PearC
Nachfolgend finden Sie die detaillierten Ergebnisse aus unseren Labortests. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Pearc Advanced Stylence ein flotter Mac ist, der dem Mac Mini und dem iMac in vielen Bereichen überlegen ist. Vor allem in Anwendungen, die von den vier Rechenkernen intensiven Gebrauch machen, kann der Pearc punkten. 3D-Berechnungen in Cinebench 10 liefern einen Wert von über 11000 CB-Punkten. Da können die Dualcore-CPUs des Mac Mini oder iMac naturgemäß nicht mithalten. Nur der Mac Pro bietet hier paroli, aber der spielt in einer ganz anderen Preisklasse.
Grafikleistung
Die ab Werk eingebaute Grafikkarte vom Typ Geforce 8400GS liefert eine mittelmäßige Leistung ab. Trotz des enormen Kühlkörpers, der einen weiteren PCI-Slot verdeckt, liegen die Ergebnisse nicht wesentlich besser, als beim aktuellen Mac Mini oder iMac. Der Vorteil des Pearc: man kann die Grafikkarte austauschen. Allerdings muss man dazu passende EFI-Treiber installieren. Der Hersteller bietet derzeit nur Treiber für Nvidia-Grafikkarten an.
Wir bauen im Test eine Standard-PC-Grafikkarte Geforce 8800 vom Hersteller MSI ein. Sie funktioniert tadellos und liefert eine deutlich höhere Grafikleistung ab.
Positiv: unterstützt die verwendete Grafikkarte den Dual-Monitor-Betrieb, funktioniert dieser auch unter Mac-OS X einwandfrei. Damit eignet sich der Clone durchaus auch für Grafiker, die gern mit zwei Monitoren arbeiten.
Ergonomie-Benchmarks
Ein anderes Bild ergibt sich bei den Ergonomie-Benchmarks. In puncto Stromverbrauch liegt der Stylence erwartungsgemäß schlechter als der Mac Mini. Im Betrieb ohne CPU-Last messen wir beim Stylence über 70 Watt. Der Mini begnügt sich hier mit lediglich 16 Watt. Der iMac, der wohlgemerkt zusätzlich ein 24-Zoll-Display versorgt, benötigt mit knapp 100 Watt nicht wesentlich mehr.
Unter Volllast aller CPU-Kerne ergibt sich ein ähnliches Bild. Pearc und iMac bentöigen knapp 120 Watt, während der Mac Mini mit 38 Watt auskommt. Hier muss man allerdings dem Clone zugute halten, dass er dank der vier Rechenkerne wesentlich mehr Leistung bietet.
Mit drei Watt braucht der Pearc im ausgeschalteten Zustand definitiv zu viel Strom. Allerdings bietet der Rechner im Gegensatz zum Mac Mini und iMac einen echten Primärschalter im Netzteil. Schalten man diesen aus, sinkt der Verbrauch auf Null Watt.
Bei der Lautheit merkt man dem Clone an, dass er teilweise aus Billigkomponenten besteht. Obwohl nur einer der drei vorhandenen Lüfter angeschlossen ist, messen wir 1,0 Sone. Etwas mehr als beim iMac, in dem deutlich mehr Lüfter für Kühlung sorgen. Bei näherem Hinhören stellen wir fest, dass die Hauptursache für die Geräusche ein klapperndes Lüftungsgitter im Netzteil ist.
Ansonsten ist die Geräuschkulisse des Stylence erträglich und steigert sich nach 20 Minuten Volllast aller CPU-Kerne und der Grafikkarte nur wenig auf 1,3 Sone. Lauter als ein Mac Mini ist der PC jedoch allemal.
Wie Mac-OS X auf den PC kommt.
Hersteller Pearc geht einen anderen Weg als beispielsweise die Firma Efi-X. Es kommt keine zusätzliche Hardware zum Einsatz, um Mac-OS X auf dem PC zu installieren. Der Trick besteht darin, eine EFI-Partition auf der Festplatte zu erzeugen (was Mac-OS X ja eigentlich selber schon macht) und dort die passenden Hardware-Treiber zu installieren.
Der Vorgang an sich ist sehr kompliziert, denn man muss den PC zunächst von der speziellen Boot-CD hochfahren, auf der ein rudimentäres Darwin-System installiert ist. Darwin ist Apples Beitrag zur Open-Source-Gemeinde. Es enthält den Kern von Mac-OS X als frei verfügbare Software. Allerdings ohne Benutzeroberfläche und so muss man nach dem Start von der Boot-CD kryptische Kommandos eintippen, damit man anschließend von der Original-Leopard-Boot-DVD starten kann. Auch hier gibt es einen Fallstrick, denn der Boot-Vorgang funktioniert nur mit einer aktuellen Boot-DVD, auf der sich mindestens ein Mac-OS X 10.5.6 befindet. Ältere Versionen bleiben beim Booten hängen.
Klappt der Start von der Boot-CD kann man anschließend Mac-OS X auf der internen Festplatte installieren. Danach bootet das System von dieser. Nun muss man allerdings noch die EFI-Treiber einspielen, damit die Grafikkarte und weitere Hardware korrekt funktioniert. Dazu muss man wiederum Text-Befehle eintippen, diesmal in das Unix-Terminal von Mac-OS X.
Ist auch dies geschafft, bootet der Pearc fast genauso wie ein Mac. Die Grafikkarte wird erkannt und lässt sich mit voller 3D-Beschleunigung benutzen.
Die Installations-Prozedur nimmt einem der Hersteller des Pearc beim Kauf ab. Will man das System jedoch neu installieren oder auf eine größere Festplatte umziehen, kommt man um diesen Vorgang nicht herum.
Was nicht geht
Ähnlich wie beim Efi-X-PC muss man auch beim Pearc auf einige gewohnte Funktionen verzichten. Den Firewire-Target-Modus gibt es nicht. Man kann auch nicht von Firewire-Festplatten booten. Per USB-klappt das allerdings schon. Jedoch kann man zum Umschalten des Boot-Volumes nicht die Mac-OS-eigene Systemeinstellung "Startvolume" benutzen. Man muss dazu das PC-eigene Bios aufrufen und das Boot-Laufwerk hier auswählen.
Empfehlung
Abgesehen von der umständlichen Prozedur bei der Neuinstallation des Systems merkt man dem Pearc Advanced Stylence kaum einen Unterschied zu einem echten Mac an. Er fühlt sich an wie ein flotter Mac auch wenn das Design der Hardware nicht mit einem realen Mac von Apple konkurriert. Wer einen Mittelklasse-Mac mit vielen Anschlussmöglichkeiten braucht, für den ist dieser Clone durchaus eine Alternative. Allerdings bleibt offen, ob der Hersteller den Rechner weiterhin mit vorinstalliertem Mac-OS X verkaufen darf. (Macwelt/haf)
Feedback: christian.moeller@macwelt.de