Rechenzentren sind die Basis der IT. Sie sind die Biotope, in denen moderne Server- und Rechenanlagen den digitalen Betrieb ganzer Länder aufrechterhalten. Doch dieser Betrieb wird immer komplexer. Die Anforderungen an die Rechenzentren steigen mit der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft. Entscheidend ist, ob es auch in Zukunft gelingt, optimale Bedingungen für eine leistungsstarke IT zu schaffen.
Die Infrastruktur eines Landes besteht aus Strom- und Telefonnetzen, der Energieversorgung, dem Straßen-, Schienen- und Luftverkehr und unzähligen anderen Dingen. Sie ist nicht nur die Grundlage für eine stabile Wirtschaft, sondern zugleich selbst ein bedeutender Teil dieser. Die gesamte Wirtschaft ist mittlerweile abhängig von IT-Infrastrukturen. Dabei nutzen mehr als 30 Prozent der mittleren und großen Unternehmen bereits heute Cloud Computing für Dokumentenmanagement und Geschäftssoftware. Tendenz steigend.
Ohne eine funktionierende Infrastruktur steht das Land still. Dasselbe trifft inzwischen auch auf die IT zu: Ausfälle oder Störungen von IT-Systemen haben massive wirtschaftliche Folgen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette. Diese reichen von einigen Tausend Euro bei kleinen Unternehmen bis zu mehreren Millionen Euro beim Wertpapierhandel. Auch deshalb kamen die Innovationsforscher von Borderstep 2014 zu dem Schluss, Rechenzentren als Basis der IT seien mittlerweile eine völlig unverzichtbare Infrastruktur, vergleichbar mit dem Stromnetz oder mit Verkehrswegen. Ihre Betreiber stehen nun vor der Aufgabe, den sich ständig wandelnden, zunehmend komplexen Anforderungen der Wirtschaft gerecht zu werden.
In Sachen IT sind diese Anforderungen klar: Neben der Kosteneffizienz haben vor allem Ausfall- und Datensicherheit, Datenschutz, volle Skalierbarkeit und die Verfügbarkeit von Daten und Systemen absolute Priorität. Gleichzeitig gewinnen Fragen zur Nachhaltigkeit angesichts steigender Energiekosten auch im Rechenzentrumsbetrieb immer mehr an Bedeutung. Um den geeigneten Rahmen für eine leistungsstarke IT zu bieten und für die Zukunft gerüstet sein, müssen heutige Rechenzentren all diese Aspekte in sich vereinen. Es reicht nicht aus, nur die aktuellen Pflichtanforderungen zu erfüllen.
Smart: Der Zukunft gewachsen durch Modularität und Automatisierung
Beim Bau eines Rechenzentrums müssen deshalb bereits heute die Grundlagen geschaffen werden, um künftigen IT-Anforderungen bei der Digitalisierung der Wirtschaft unmittelbar begegnen zu können. Hierfür entscheidend sind ein modularer, in allen Komponenten flexibler Aufbau sowie automatisierte Strukturen und Prozesse. Als Plattform angelegte IT-Architekturen sorgen dafür, dass notwendige Änderungen auch ohne grundlegende Eingriffe in die Infrastruktur des Rechenzentrums schnell und effizient implementiert werden können. Insbesondere die künftig noch viel rasanter steigenden IT-Lasten machen einen solchen anpassungsfähigen Aufbau als Plattform notwendig.
Einer der wichtigsten Treiber dieser Entwicklung ist Cloud Computing, das Borderstep zufolge weiterhin an Bedeutung gewinnen wird: Allein mit Software-as-a-Service-Lösungen (SaaS) sollen bereits im Jahr 2016 mehr als sechs Milliarden Euro in Deutschland umgesetzt werden. Noch 2012 lag diese Zahl bei gerade einmal einer Milliarde. Moderne Rechenzentren müssen in der Lage sein, dieses Wachstum - also diese Inanspruchnahme durch die Wirtschaft - mitzutragen. Das bedeutet: Sie müssen bereits heute in Dimensionen geplant sein, die erst in Zukunft benötigt werden. Und genau wie die Cloud müssen sie voll skalierbar sein, um jegliche Transformationsgröße zu bewältigen.
Hersteller berücksichtigen immer mehr diese Anforderungen und bieten Lösungen, die schon mit 150 virtuellen Maschinen arbeiten, aber schnell auf 500 virtuelle Maschinen aufzurüsten sind und Cloud-Dienste vom Infrastructure-as-a-Service (IaaS) bis Software-as-a-Service (SaaS) bieten. Dabei dürfen diese Rechenzentren jedoch weder an Effizienz verlieren noch an Wirtschaftlichkeit einbüßen. Dieser Balanceakt kann nur auf Basis einer ausgeprägten Modularität und Plattform-Architektur gelingen.
Sicher: Keine Fehler erlaubt
Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht - auch nicht bei der IT. Trotzdem müssen von Planungsbeginn an Ausfallsicherheit und Verfügbarkeit der Server an erster Stelle stehen. Ziel ist eine Zuverlässigkeit von 99,999 Prozent. Das entspricht einem Ausfall von rund fünf Minuten pro Jahr. Das gilt besonders in einem Cloud-Rechenzentrum, das nicht nur Daten, sondern außerdem Software-, Platform- oder Infrastructure-as-a-Service-Lösungen hochverfügbar hält. Twin-Core-Rechenzentren sind ein Mittel der Wahl, um das zu erreichen. Daten und Systeme werden so permanent in einem Zwillingsrechenzentrum gespiegelt und stehen selbst dann zur Verfügung, wenn es in einem der Zwillinge zu Störungen und Ausfällen kommt. "Zero Outage" im Sinne einer Null-Fehler-Strategie muss hier oberste Priorität haben; auch physische Sicherheitsmaßnahmen dürfen daher keinesfalls vernachlässigt werden.
Zugangskontrollen, Überwachungsanlagen auf dem Gelände und Videoaufzeichnungen schützen vor unbefugtem Zugriff. In diesem Sinne muss Sicherheit Teil der DNA und sowohl bei der Infrastruktur als auch in den Prozessen gelebt werden - besonders von den eigenen Mitarbeitern. Das bedeutet: Mögliche Zwischenfälle werden vorgedacht, ein System installiert, das Sicherheitsprobleme erkennt und aus dem heraus entsprechende Gegenmaßnahmen entwickelt werden. Damit dies nicht nur graue Theorie bleibt, wird der Ernstfall auch geprobt - wie bei der Feuerwehr. Große Dienstleister absolvieren so rund 500 Übungseinsätze pro Jahr und über ihre gesamte Organisation hinweg.
Doch Sicherheit braucht auch Datenschutz. Ohne die zuverlässige Protektion eines Gesetzebers bietet noch so ausgefeilte Sicherheitstechnik eine offene Flanke. Und das ist in manchen Ländern politisch auch so gewollt. Hier hat Deutschland einen Standortvorteil: Das Bundesdatenschutzgesetz ist eines der strengsten Gesetze zur informationellen Selbstbestimmung. Die Nutzung personenbezogener Daten ist per se verboten und bedarf der ausdrücklichen gesetzlichen Erlaubnis oder der Zustimmung des Betroffenen. Im anglo-amerikanischen Rechtsraum ist es genau umgekehrt.
Zusammen mit der US-amerikanischen Gesetzgebung zur Terrorbekämpfung verschaffen sich US-Geheimdienste so Zugang zu persönlichen Daten auch ohne Gerichtsbeschluss. Der USA Freedom Act hat im Juli den USA Patriot Act abgelöst. Damit sind die personenbezogenen Daten von US-Bürgern in den Vereinigten Staaten besser geschützt. Für persönliche Daten in ausländischen Rechenzentren hat sich allerdings nichts geändert. Wer seine Daten unter den Schutzschirm deutscher Gesetze stellen will, ist also nach wie vor bei deutschen Dienstleistern mit Rechenzentren in Deutschland gut aufgehoben.
Nachhaltig: Maßnahmen für mehr Energieeffizienz
Kritisch für die Zukunftsfähigkeit eines Rechenzentrums ist ebenfalls der Energieverbrauch. Gerade in Deutschland spielt dieser Aspekt eine zentrale Rolle. Denn die Energiepreise hierzulande sind doppelt so hoch wie etwa im Nachbarland Frankreich. Energieeffizienz wird so zum wichtigen Faktor im internationalen Wettbewerb. Ein Blick auf die Power Usage Effectiveness (PUE) macht das deutlich. Dieser Wert setzt den gesamten Energiebedarf eines Rechenzentrums in Bezug zum Bedarf der IT-Komponenten. Er misst also, wie viel Strom der gesamte Rechenzentrumsbetrieb im Vergleich zum eigentlichen IT-Equipment verbraucht. Für deutsche Rechenzentren lag der durchschnittliche PUE-Wert im Jahr 2010 bei 1,9. Vereinfacht gesagt: Mit der einen Hälfte des Stroms laufen die Rechenprozessoren heiß, mit der anderen Hälfte wird diese Wärme abgeführt. Dabei lässt sich der Energieverbrauch für diese Hälfte mit Hilfe einiger relativ simpler Maßnahmen bereits deutlich reduzieren.
Forschungsergebnisse aus den Datacenter-Entwicklungen zeigen, dass allein das konsequente Trennen von Kalt- und Warmluft im Serverraum den PUE-Wert auf 1,48 senken. Erhöht man zusätzlich die Einblastemperatur sowie die Energiedichte im Rack, sinkt der PUE-Wert auf bis zu 1,23. Stabile Hardware verträgt höhere Temperaturen und senkt den Energieverbrauch für die Kühlung. Als ideal haben sich 27 Grad Celsius erwiesen. Die Rechenchips würden bis zu 35 Grad vertragen, dann steigt aber wieder die Drehzahl der Lüfter und damit der Stromverbrauch. Entscheidend ist immer der Verbrauch des Gesamtsystems.
Der nächste Schritt einer solchen Effizienzmaximierung ist ein intelligentes, automatisiertes Energiemanagement, das jede Komponente der IT-Infrastruktur auslastungsgerecht in den optimalen Betriebszustand versetzt.
Darüber hinaus könnten Rechenzentren künftig selbst einen Beitrag zur Energiewende leisten, indem sie Strom erzeugen. So könnte die Abwärme nicht nur Warmwasser bereiten, sondern auch für die Eigenstromerzeugung genutzt werden - Stichwort thermoelektrische Generatoren. Damit würde die Energieeffizienz von Rechenzentren noch einmal gesteigert. Auch CO2-Emissionen könnten so reduziert werden, weil auf Energie aus fossilen Quellen verzichtet wird. Die Mehrzahl der bestehenden Rechenzentren ist davon allerdings noch weit entfernt.
Moderne Rechenzentren sind Wegbereiter der Digitalisierung
Bereits in den Jahren 2003 bis 2013 erhöhte sich die IT-Fläche der Rechenzentren in Deutschland um 42 Prozent. Im selben Zeitraum vervierfachte sich die Anzahl der physischen und virtuellen Server auf rund vier Millionen. Die Betreiber von Rechenzentren stehen vor der besonderen Herausforderung, dieses rasante Wachstum wirtschaftlich und effizient umzusetzen.
Die nächste Entwicklungsstufe steht vor der Tür: das Software-Defined Datacenter (SDDC). Dabei sind nicht nur Rechenleistung und Speicherplatz virtualisiert, sondern auch Netzwerke und Sicherheitskomponenten. Ziel ist eine IT-as-a-Service, die ein Nutzer quasi per Knopfdruck zusammenstellt. Voraussetzung dafür ist, dass alle Komponenten aus der Ferne steuerbar sind, alle Komponenten miteinander sprechen und alle Komponenten ihre Ressourcen unterschiedlichen Nutzern zur Verfügung stellen können.
Die Anforderungen an ein modernes Rechenzentrum bleiben aber auch dann immer noch gleich: Ausfallsicherheit, maximale Verfügbarkeit und Datenschutz - vereint mit einem energieeffizienten Betrieb. Wer diese Aufgaben erfüllt, wird die steigenden Erfordernisse der IT auch in Zukunft bewältigen. Weitsicht ist dabei entscheidend. Rechenzentren, die wir heute bauen, müssen den Anforderungen von morgen gerecht werden. Und denen von übermorgen. (hal)