Auf der Höhe der Tablet-Welle bis vor rund fünf Jahren waren die PC- und Notebook-Verkäufe stark rückläufig. Es mehrten sich die Stimmen, die den schleichenden Tod des klassischen Notebooks zu Gunsten der boomenden Tablets vorhersagten. Der IT-Kolumnist Mike Elgan der ChannelPartner-Schwesterpublikation aus den USA, Computerworld.com, spricht selbst aktuell noch vom "Tod des Laptops".
Die Realität sieht anders aus. Während die Tablet-Verkäufe erheblich zurückgehen, hat sich der Notebook-Markt stabilisiert. Bei Lenovo geht man von einem Wachstum im vergangenen Jahr um zwei bis drei Prozent aus, das sich auch in diesem Jahr fortsetzen wird. "Dieses Wachstum wird ausschließlich durch Verkäufe im Business-Bereich getragen, die Absatzzahlen bei Consumer-Notebooks waren rückläufig", präzisiert Torsten Rugner, Leiter Produkt-Management Deutschland/Österreich bei Lenovo.
Für Markus Seifart, Head of Technical PreSales Client Computing Devices bei Fujitsu, liegen die Gründe auf der Hand: "Teils wurden Tablets gekauft, ohne vorher die Nutzungsszenarien zu analysieren", erzählt er. Unternehmen hätten dann erst nach und nach verstanden, dass Tablets nicht zwingend alle Anforderungen oder Einsatzszenarien der Anwender abdecken." Tablets und Smartphones sind in den meisten Fällen lediglich eine Ergänzung zum klassischen Notebook, komplett ersetzen können sie es jedoch nicht", bestätigt Marcus Reuber, Field Product Manager Client Solutions bei Dell.
Jan Schneider, Country Head Systems bei Asus, sieht daher, dass sich "Tablets und Smartphones als Ersatz für Notebooks bisher nicht durchgesetzt" haben. Bei Samsung sieht man das naturgemäß etwas anders, denn die Koreaner haben sich in Europa schon 2014 aus dem Notebook-Markt zurückgezogen. "Die Einbrüche zeichnen sich ab und wir gehen davon aus, dass Notebooks sukzessive durch Premium-Tablets, aber auch durch perfomante 2-in-1-Geräte ersetzt werden", meint Sascha Lekic, Director IM B2B bei Samsung.
Formfaktor Ziegelstein ist passé
Die Geräte von heute haben nur noch wenig gemein mit den damaligen Rechnern mit dem Formfaktor eines Ziegelsteins. Nicht zuletzt deshalb steht das Notebook weiterhin in der Gunst mobiler Arbeiter ganz oben.
So hat der Tablet-Boom außer der spürbaren Delle beim Notebook-Absatz auch einen positiven Einfluss auf Gestaltung, Performance und Ausstattung der Geräte gebracht. "Der Mobilitätsbedarf spiegelt sich vor allem in der kompakteren Bauform und den längeren Akkulaufzeiten wieder", erläutert Michael Blessing, Country Category Manager Personal Systems / Computing bei HP. Tobias Färber, Head of Product BU bei Acer sieht "in naher Zukunft" keine ernsthafte Konkurrenz durch Smartphones oder Tablets. "Die Nutzer haben ihren eigenen Geräte-Mix entwickelt und der besteht mindestens aus einem Smartphone und einem weiteren Produktivgeräte wie dem klassischen Notebook, einem Convertible oder 2-in-1-Gerät", weiß er.
Bei allen unterschiedlichen Formfaktoren vom klassischen Notebook über Convertibles und 2-in1-Produkte bis zu Tablets mit Docking-Möglichkeit, haben die Geräte eines gemein: Sie verfügen über eine Tastatur. "Auf eine Tastatur möchte der Großteil der Nutzer aber nach wie vor nicht verzichten, vor allem wenn es um die Erstellung von Inhalten und nicht nur deren Konsumierung geht", hat Asus-Manager Schneider erkannt. "Für echtes mobiles Arbeiten werden Notebooks eingesetzt", bringt es Michael Blessing von HP auf den Punkt.
Zwischen Mobilität und Akkulaufzeit
Damit ist die Frage, welcher Formfaktor sich durchsetzen wird, weiter offen. "Es wird auf jeden Fall bei der großen Vielfalt der Geräteklassen bleiben" glaubt Acer-Produktspezialist Färber. Laut Färber werden moderne Designs und besonders leichte und flache Lösungen vom Nutzer besonders gut angenommen. Das gelte auch für das Business-Umfeld. "Ein wesentlicher weiterer Faktor ist neben dem möglichst geringen Gewicht auch die Akkulaufzeit", ergänzt Markus Seifert von Fujitsu. Sie sollte mindestens den Betrieb für einen ganzen Arbeitstag gewährleisten. "Hier gilt es, den Spagat zwischen diesen beiden sich widersprechenden Anforderung zu bewältigen", beschreibt er die Herausforderung an die Produktentwickler.
Lenovo-Produktchef Rugner ist aber optimistisch, dass die Industrie dieses Problem in den Griff bekommt: "Notebooks werden immer schlanker und leichter, sowohl im Consumer-Umfeld, als auch im Business-Bereich. Die jüngsten Innovationen der Prozessorenhersteller werden diese Entwicklung noch weiter beschleunigen", prognostiziert er. Was die Formfaktoren betrifft, glaubt Rugner nicht, dass es einen Formfaktor geben wird, der alle Nutzungsszenarien zur Zufriedenheit der Anwender abdecken wird. "Mit dem immer rascher voranschreitenden Wandel unserer Arbeitswelt werden die Nutzungsszenarien auch für Business-Geräte eher noch zunehmen", prophezeit er. So ergeben sich bei Lenovo ständig neue Nutzungsszenarien, in denen neben Notebooks auch andere Formen wie Detachables, Convertibles und auch Tablets zum Einsatz kommen. "Das Notebook wird unserer Überzeugung nach aber weiterhin die erste Wahl im Business-Umfeld bleiben", versichert Rugner.
Mobile IT muss sicher sein
Je mobiler die Arbeitswelt wird, desto komplexer werden auch die Sicherheitsanforderungen an die eingesetzten Produkte. "Geräte, die sich mittelfristig im Business-Umfeld durchsetzen wollen, müssen kollaborativ, individuell konfigurierbar, leicht zu managen und vor allem sicher sein", fordert Samsung-Director Lekic.
Für Fujitsu-Manager Seifart gibt es hier eine Unterscheidung zwischen Anwenderperspektive und der Betriebs- und Administratorensicht. "Verwaltbarkeit und Sicherheit der Geräte sind Hauptargumente für die Administratoren", weiß er. Idealerweise seien die Geräte einfach aus der Distanz verwaltbar und bieten eine Geräte- und Zugriffssicherheit auf sehr hohem Niveau. "Die Geräte sollten so beschaffen sein, dass ein Administrator remote ohne Einwirken des Anwenders Updates wie Treiber und Firmware aktualisieren kann. Dagegen sind ansprechendes Design, geringes Gewicht und ideale Anschlussvielfalt die wichtigsten Aspekte für viele Anwender", präzisiert Seifart. "Biometrische Authentifizierung wird immer häufiger von unseren Kunden nachgefragt", berichtet Marcus Reuber von Dell.
Auch Michael Blessing von HP bestätigt die gesteigerten Sicherheitsanforderungen. "Hier gab es sicher die meisten Neuerungen", meint er. Dabei führt er nicht nur die interne Sicherheit wie die Hardware-Verschlüsselung der Festplatte oder den Schutz vor Malware ins Feld. "Es gibt auch Bedrohungsszenarien, die unterwegs entstehen", betont er. So sollten die Notebooks auch durch neugierige Blicke von Sitznachbarn geschützt werden. "Visual Hacking" nennt Blessing dies. Zudem ist für ihn die Verbindung zu mobilen Datendiensten genauso wie die verschlüsselte Übertragung per VPN-Verbindung "Grundanforderungen" an moderne mobile Produkte.
Displays werden rahmenlos
Nicht nur die Formfaktoren ändern sich über die Jahre. Neben Sicherheitsfeatures ändern sich auch weitere Anforderungen an die Ausstattung der Geräte. "Integrierte optische Laufwerke spielen heute zum Beispiel kaum noch eine Rolle", gibt Marcus Reuber von Dell zu bedenken. So erlauben neue Schnittstellen wie USB Typ-C sowie die darauf basierenden Docking-Stationen eine einfache und flexible Integration der Geräte in die jeweiligen Arbeitskonzepte der Anwender.
Asus-Manager Schneider sieht auch noch Optimierungsbedarf bei den Bildschirmen. "Die Bildschirmgröße wird dabei auch in Zukunft nichts an ihrer Bedeutung verlieren, sodass Displays nahezu rahmenlos werden", prognostiziert er. Damit bieten auch kleine Arbeitsgeräte eine möglichst große Arbeitsfläche.
Mit dem fortschreitenden Trend zum mobilen Arbeiten wird auch der permanente Netzzugang immer wichtiger, denn was nutzt das mobile Gerät, wenn man von unterwegs nicht auf Inhalte oder Cloud-Dienste zugreifen kann? "Das Thema Always Connected wird relevanter werden", bestätigt Jan Schneider. "Unaufhaltsame Trends wie Künstliche Intelligenz, die zunehmende Vernetzung von Dingen oder auch 5G müssen im Arbeitsgerät von morgen unabdingbar zusammenlaufen", fordert Sascha Lekic von Samsung.
Flexible Arbeitskonzepte fördern Attraktivität
Allerdings haben sich mobile Arbeitskonzepte noch lange nicht flächendeckend durchgesetzt. Bei Lenovo sieht man vor allem zwei Hindernisse bei deren Realisierung: Die vorhandene Infrastruktur in Unternehmen, die um jeden Preis geschützt werden soll sowie eine Kultur des Festhaltens an bekannten Arbeitsmustern und -strukturen, gepaart mit einer Skepsis gegenüber Veränderungen in der Arbeitsorganisation. "Unserer Ansicht nach verschenken Unternehmen damit eine außerordentliche Chance, um sich von Wettbewerbern abzuheben und als Arbeitgeber besonders für die Generation der Millenials attraktiver zu werden, für die Mobilität und Flexibilität von besonderer Bedeutung sind", warnt Torsten Rugner.
So fordert Fujitsu-Manager Seifart, dass Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter besser verstehen müssen. "Es gibt nicht das eine passende Gerät. Stattdessen ist die Auswahl sehr stark vom Anwender abhängig, dieser sollte stets im Mittelpunkt stehen, fordert Seifart. Ein attraktiver Arbeitgeber sei der, der für alle Generationen und Bedürfnisse angemessene Devices zur Auswahl anbietet, mit denen die Mitarbeiter produktiv arbeiten können.
In dieselbe Kerbe schlägt Tobias Färber von Acer: "Ich kann Firmen nur raten, in moderne Arbeitsplatzkonzepte zu investieren. Die Mitarbeiter werden es einem danken und die neu gewonnene Flexibilität steigert die Produktivität", sagt er. Es gebe allerdings oft bestehende Konzepte, die nicht mehr passen und meistens komplett neu gestaltet werden müssen. "Das erfordert Mut und sicher auch ein gewisses Maß an Investitionen", räumt er ein.
Asus-Country-Head Schneider sieht ebenfalls die Herausforderungen nicht so sehr im technischen Bereich, sondern eher in den Rahmenbedingungen durch eine Änderung der Unternehmenskulturen und die damit verbundenen Akzeptanz flexibler Arbeitsmodelle. "Hier ist ein grundsätzlicher Trend zu erkennen, allerdings ist Deutschland noch immer als verhältnismäßig konservativ zu bezeichnen", schränkt Schneider ein. Letztendlich gehe es aber für jedes Unternehmen darum, eine individuelle Balance zwischen Mobilität und Performance der Geräte zu finden, um optimal auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen zu können.
Auch stationäre PCs bleiben gefragt
Bleibt die Frage, welche Geräte oder Formfaktoren künftig auf der Strecke bleiben werden. Hier will sich keiner der Mobile-Spezialisten zu sehr aus dem Fenster lehnen. "Mobile und ortsunabhängige Konzepte werden definitiv weiter an Bedeutung gewinnen. Ob deshalb der klassische PC tatsächlich verschwinden wird, lässt sich aktuell noch nicht mit Sicherheit sagen", meint daher Sascha Lekic von Samsung. Die Rolle und die Bedeutung des PCs und des Büros werden sich jedoch sicherlich verändern.
Dies bestätigt HP-Manager Blessing: "Selbst für den Formfaktor des bereit oft totgesagten PC gibt es nach wie vor eine nicht unerhebliche Nachfrage", konstatiert er.
Siehe auch: Gartner meldet Wachstum im PC-Markt
So rechnet auch Acer-Produktspezialist Färber damit, dass "alle aktuellen Geräteklassen auch in den nächsten Jahren noch am Markt sein werden, da für jedes ein entsprechendes Nutzungsszenario existiert". Nur die Anteile der einzelnen Produktsegmente werden sich verschieben. "In der Vergangenheit gab es bereits etliche Vorhersagen, welche Produktkategorien verschwinden würden", hat Markus Seifart von Fujitsu erkannt. Und diese seine alle noch im Markt.