IT-Vertrieb

Das Neugeschäft für IT-Reseller wird sich ändern

08.06.2015 von Philipp Moder
Der Erfolg von Giganten wie Microsoft, Cisco, IBM basiert auf einem funktionierenden indirekten Vertriebskanal über die Reseller. Zwei wesentliche Veränderungen haben jedoch massive Auswirkungen auf das zukünftige Reseller-Business und die Reseller-Struktur.

Die erste starke Verschiebung ist der Wechsel von On-Premise Software bis hin zu cloud-basierten Lösungen. Dieser unaufhaltsame Trend, der durch Vorreiter wie salesforce.com Marktreife erlangte, ist zwischenzeitlich ein Geschäftsmodell für zahlreiche Start-Up's und auch für langjährig bestehende Software-Unternehmen. Damit einher geht die massive Reduzierung für große, langwierige und oftmals teure IT-Projekte zur Implementierung unterschiedlichster Software-Lösungen. Und genau das war über Jahrzehnte hinweg das "Brot & Butter-Geschäft" für Reseller.

Es erfordert auf Seiten der Reseller ein komplettes Umdenken hinsichtlich des zukünftigen Service-Portfolios und des Vertriebsansatzes, um auch in Zukunft ein profitables Geschäft machen zu können.
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Der Einsatz beziehungsweise die Nutzung einer Cloud-Lösung erfordert sicherlich immer noch unterstützende Leistungen wie Anpassung oder Schnittstellenmanagement, aber der Aufwand und damit die Projektgröße ist ein Bruchteil der Vergangenheit. Und genau deswegen sind Cloud-Lösungen besonders für mittelständische Anwender interessant - diese waren für die meisten Reseller in der Vergangenheit die Kernzielgruppe.

Alle Experten sind sich einig, dass sich dieser Trend hin zu Cloud-Lösungen fortsetzen wird. Die nachstehende Grafik zeigt eindrucksvoll das erwartete Wachstum in den nächsten Jahren.

Bis zum Jahr 2018 soll das Volumen des Cloud-Marktes im Business-Bereich in Deutschland mit jährlichen Wachstumsraten von durchschnittlich 35 Prozent den Prognosen zufolge auf rund 19,8 Milliarden Euro steigen.
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Wie sollen die Reseller nun Ihr Geld verdienen, wenn die typischen IT-Projekte wegbrechen? Die Margen aus dem reinen Hardware- und Lizenzverkauf reichen nicht aus, da diese in der Vergangenheit nur einen kleinen Teil dargestellt haben, die Ertragsquelle waren die Projektdienstleistungen.

Wechsel der Budgetverantwortung

Die zweite massive Veränderung ist die von Gartner herausgegebene Prognose, dass bis 2017 der Löwenanteil von IT-Ausgaben von den Chief Marketing Officers und nicht mehr vom CIO verantwortet werden.

Dass dies nicht irgendeine subjektive Meinung der Gartner Analysten darstellt, unterstreichen sicherlich die zahlreichen Akquisitionen der großen Software-Riesen der letzten Jahre, die durchwegs stark auf Marketing-Lösungen fokussiert waren:

Der Vertrieb der Reseller ist es seit Jahren gewohnt mit der IT zu sprechen, es wurde überwiegend an die IT-Abteilung verkauft. Die persönlichen Kontaktnetzwerke sind stark auf die IT-Abteilungen ausgerichtet.
Was passiert nun, wenn der wirklich relevante Kontakt, der Budget-Inhaber nicht mehr aus der IT-Abteilung stammt, sondern aus den Bereichen Marketing und Vertrieb?
Was passiert, wenn die seit Jahren gewachsenen Netzwerke massiv an Bedeutung verlieren?
Was passiert, wenn die seit Jahrzehnten erfolgreich angewandten technisch orientierten Verkaufsargumentationen plötzlich nicht mehr funktionieren, da auf der Gegenseite Menschen mit Verantwortung für Marketing und/oder Vertrieb die Entscheidungen treffen?
Was passiert, wenn bei der Nutzung von Cloud-Lösungen, die IT-Abteilung plötzlich nur noch eine Nebenrolle spielt, da Verantwortliche aus den Bereichen Finance, Marketing und Vertrieb sowie Personal der Hauptkontakt sind?

Wenn man diese Herausforderungen betrachtet, ist das nichts für schwache Nerven und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich einige Reseller nicht von heute auf morgen dieser neuer Situation anpassen können. Es erfordert auf Seiten der Reseller ein komplettes Umdenken hinsichtlich des zukünftigen Service-Portfolios und des zukünftigen Vertriebsansatzes, um auch in Zukunft ein profitables Geschäft machen zu können.

Capgemini-Studie: Die wichtigsten Trends für IT-Entscheider
Die Tops und Flops der IT-Entscheider 2015
Welche Technologien planen Geschäftsführer und CIOs im Jahr 2015 umzusetzen oder sind bereits dabei? Die aktuelle Studie des Beratungshauses Capgemini gibt die Antworten - wir stellen sie Ihnen vor.
Gamification
... nennen 13,9 Prozent der befragten IT-Entscheider unter den Technologien, die derzeit implementiert werden oder deren Umsetzung geplant ist.
Data Vault Modeling
... nennen 15,7 Prozent der Befragten.
Software-defined Storage
... spielt für 17,2 Prozent der befragten IT-Entscheider eine Rolle.
Enterprise Data Hub / Business Data Lake
... lautet die Antwort bei 19 Prozent der Studien-Teilnehmer.
Schutz gegen Ausspähung durch Wearables
... planen oder implementieren 19 Prozent der Befragten.
Hadoop
... steht bei 19,8 Prozent der Befragten auf der Agenda.
Augmented Reality
... kommt ebenfalls auf 19,8 Prozent.
Crowdsourcing
... liegt bei 20,5 Prozent.
Erhöhung der Sicherheit der Open-Source-Software
... wollen oder werden 21,5 Prozent der Teilnehmer der Capgemini-Studie umsetzen.
Software-defined Networking
... lautet die Antwort von 21,6 Prozent aller Befragten.
Internet der Dinge
... stellt für 24,3 Prozent der Befragten eine relevante Technologie dar.
Case Management (Fall-Management)
... steht bei 24,4 Prozent der Befragten vor der Implementierung.
Green IT
... steht bei 25,2 Prozent der Teilnehmer hoch im Kurs.
DevOps
... ist bei 26,1 Prozent der IT-Entscheider gefragt.
Business Rule Management
... nennen 26,8 Prozent.
Content und Text Analytics, Sentiment Analysis
... wollen 28,7 Prozent der Entscheider etablieren.
Arbeitsstandsynchronisation zwischen Endgeräten
... ist für 28,9 Prozent der Befragten ein wichtiges Thema.
Process Mining
... steht bei 29,5 Prozent der CEOs und CIOs auf der To-Do-Liste.
Industrie 4.0: Sicherung der Produktionsanlagen
... steht bei 30,3 Prozent vor der Implementierung.
ByoD-Security
... nennen 34,1 Prozent der Studien-Teilnehmer.
Virtuelle Präsenzen
... sollen in den Unternehmen von 34,4 Prozent der Befragten verankert werden.
Realtime Intelligence
... befindet sich bei 35,3 Prozent der Befragten in der Implementierungs- beziehungsweise Planungsphase.
Cloud Security
... gehört für 35,5 Prozent der Entscheider zu den umsetzungswürdigen Technologien.
Application Lifecycle Management
... steht in den Unternehmen von 35,7 Prozent aktuell oder demnächst vor der Verwirklichung.
Applikations-Portfolio-Management
... nennen 36 Prozent der Befragten.
Appliances
... stehen bei 36,2 Prozent der Teilnehmer hoch im Kurs.
Security Automation
... spielt für 37,2 Prozent der IT-Entscheider im Jahr 2015 eine Rolle.
Mobile Device Management
... wird von 37,6 Prozent der Befragten genannt und eröffnet damit die Top Ten der Antworten.
Predictive Analytics
... ist bei 38,8 Prozent der Befragten Teil ihrer Planungen.
Business Activity Monitoring
... sehen 41,5 Prozent der Teilnehmer für ihr Unternehmen als relevant.
Rich Internet Applications / HTML5
... spielt in der Strategie von 42,6 Prozent der Befragten eine Rolle.
Erweiterung des Sicherheits-Scopes auf Lieferanten, Kunden, Partner
... ist 43 Prozent der Befragten ein Anliegen.
Social Media-Integration
... ist für 43,9 Prozent in diesem Jahr fester Bestandteil der Planungen.
Apps für mobile Endgeräte (Kunden)
.. .ist mit 44 Prozent die am dritthäufigsten genannte Technologie unter den Befragten.
Data Quality Management und Master Data Management
... nennen 45,3 Prozent.
Enterprise Collaboration
... wird von 46,7 Prozent der Befragten genannt und ist damit das derzeit wichtigste Thema auf der Agenda der IT-Entscheider in den Unternehmen.

Der bis dato von vielen Resellern stark technisch getriebene Vertrieb wird zusätzlichen Herausforderungen gegenüberstehen. Wenn der Entscheider in der Vergangenheit ein IT-Leiter war, konnten die Reseller und Systemhäuser mit diesem technischen Ansatz immer wieder punkten. Die Entscheider der Zukunft haben jedoch nur im Ausnahmefall eine technische Expertise, hier geht es um den reinen Lösungsvertrieb. Dieser ist nur dann erfolgreich, wenn die Verkäufer ihren Kunden zuhören, ihre Kunden verstehen und eine bedarfsgerechte Lösung vorstellen, die nur vom Nutzen für den Kunden und nicht von Technologien, Daten und Fakten lebt.

Vom Projektgeschäft zum Retainer-Modell

Meine Empfehlung für Reseller lautet dringend, das Business Modell so schnell wie möglich umzustellen: Weg vom Projektgeschäft und hin zu festen wiederkehrenden Umsätzen.

Wenn Reseller Cloud-Lösungen inklusive Dienstleistungen anbieten, wird es möglich diese wiederkehrenden festen Umsätze zu realisieren. Dies trifft vor allem auf Managed Services zu - heutzutage werden Reseller mit Hosting Services kaum mehr Geld verdienen. Renommierte Anbieter, wie Amazon, Microsoft, Google und viele hochspezialisierte kleinere Hosting-Anbieter, können dies für verträgliches Budget abbilden. Aber dafür gewinnen Software Services massiv an Bedeutung, denn die wenigsten kleinen und mittelständischen Unternehmen sind in der Lage den Support für die Vielzahl von Anwendungen mit eigenen Ressourcen zu leisten.

Erfahrungen belegen, dass Reseller, die ein Managed Service Paket anbieten, die bisherigen Projektbudgets von 20.000 bis 100.000 Euro heute in einen monatlichen Retainer von 2.000 bis 10.000 Euro pro Monat wandeln können. Das hat zwei Vorteile:

Die besten Systemhäuser 2014 im Segment Managed Services
Managed Services - die besten Systemhäuser
Hier stellen wir Ihnen die Systemhäuser vor, die die besten Noten von ihren Anwendern im Segment Managed Services bekommen haben.
Platz 3: Bechtle
Note 1,90 <br/><br/> Vorjahr Ranking <br> Platz: 2 <br> Note: 2,03
Platz 2: Cancom
Note 1,59 <br/><br/> Vorjahr Ranking <br> Platz: 3 <br> Note: 2,41
Platz 1: MR Systeme
Note 1,21 <br/><br/> Vorjahr Ranking <br> Platz: - <br> Note: -

Kombination von Inbound Marketing und proaktiver Akquise

Reseller setzen naturgemäß oftmals noch auf die traditionellen Wege zur Kundengewinnung: Empfehlungen, Netzwerke, Events und Messen. Jeder, der seit längerer Zeit in der IT-Branche zu Hause ist weiß, wie sich die Aufwendungen um beispielsweise Interessenten und Kunden für die Teilnahme an einem Event zu gewinnen, entwickelt haben. Der Aufwand hat sich um ein Mehrfaches vervielfacht.
Auch die Wirtschaftlichkeit und Effektivität von Messen darf hinterfragt werden.

Analog haben Empfehlungen teilweise an Wirksamkeit verloren, da der Anteil von Käufern/Entscheidern, die sich nicht blind auf Empfehlungen verlassen und stattdessen im Netz nach Lösungen suchen, ständig steigt.

Historisch bedingt und - wie oben beschrieben - oftmals sehr technisch getrieben, haben Reseller ihr Eigenmarketing vernachlässigt und es als ein notwendiges Übel betrachtet. Die Denkweise der Reseller muss sich kurzfristig ändern, wenn sie zukünftig ihre neuen Ansprechpartner/Entscheider erreichen wollen.

Marketing und Vertrieb der Händler muss eine intelligente Kombination aus Inbound Marketing, einem hoch automatisierten Lead Nurturing-Prozess und einer qualifizierten, proaktiven Leadgenerierung sein. Reseller, die sich bereits heute auf die neuen Entscheider ausrichten, Bedürfnisse kennen und deren Sprache sprechen, werden diesen massiven Wandel meistern. (bw)