Der Jubel war in etwa so laut wie beim 3:2 von Philipp Lahm im EM-Halbfinale gegen die Türkei: Als Steve Jobs auf der Apple-Entwicklerkonferenz WWDC in San Francisco das neue iPhone vorstellte und bestätigte, dass dieses den schnelleren 3G-Standard nutzen werde, hielt es die sonst eher zurückhaltenden Mac-Entwickler nicht mehr auf den Sitzen. Frenetischer Applaus war die Reaktion auf etwas, was eigentlich schon lange zuvor bekannt war - denn dass das nächste iPhone sich noch mit dem langsameren EDGE-Standard für die Datenübertragung begnügen würde, glaubte niemand ernsthaft.
Lücken im Netz
Aber das iPhone ist halt das iPhone - und der Beifall der Entwickler war wohl eher der Tatsache gezollt, dass Apple mit UMTS endlich auf dem Stand der Technik angekommen ist. Denn in der Praxis sind die Vorteile eher gering. So zeigen Tests, dass sich die höhere Geschwindigkeit von UMTS beim Surfen im Internet und dem Download von Mails kaum bemerkbar macht - auch wenn Apple behauptet, Seitenaufrufe gingen nun mehr als doppelt so schnell. Als limitierende Faktoren erweisen sich eher die Geschwindigkeit des Browsers und die Qualität des Funksig-nals als die theoretische Übertragungsgeschwindigkeit des mobilen Netzes. Einen weiteren Nachteil verschweigt Apple ebenfalls. In den USA liegt eine flächendeckende Versorgung mit dem schnelleren UMTS-Standard noch in weiter Ferne, auch hierzulande tun sich bei der Netzabdeckung noch große Lücken auf. Auf dem Lande ist man auch mit einem UMTS-Telefon schnell wieder bei EDGE, wenn nicht sogar bei GPRS angelangt. Lediglich in Ballungsräumen kann man darauf setzen, tatsächlich mit UMTS surfen zu können.
Präzise navigieren
Angesichts der derzeit noch geringen Vorteile von UMTS verwundert es etwas, dass eine wesentlich sinnvollere Neuerung deutlich weniger Resonanz erfuhr. Apple stattet das iPhone ab sofort mit einem GPS-Empfänger aus. Vorausgesetzt, das Signal der Satelliten ist empfangbar, lässt sich damit der Standort bis auf wenige Meter genau bestimmen - ein Riesenvorteil gegenüber dem bislang verwendeten System, das WLAN-Netze und Funkmasten zur Ortsbestimmung verwendet und in den meisten Fällen praktisch unbrauchbar ist. Mit dem neuen iPhone ist man nun also in der Lage, sich per Google Maps genau zeigen zu lassen, wo man sich befindet und in der Live-Ansicht mitzuverfolgen, in welche Richtung man sich bewegt. Ein echtes Navigationsgerät ist das iPhone damit noch nicht - denn noch fehlt die Möglichkeit, sich Routen per Sprache ansagen zu lassen. Hier sind Dritthersteller gefragt, die sich, wie der Hersteller Tom Tom, bereits für eine iPhone-Lösung interessieren.
So ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das iPhone zu einem vollwertigen Navigationsgerät mausert. Die wichtigste Voraussetzung, der GPS-Empfänger, ist mit dem iPhone 3G jedenfalls an Bord. Neben der Möglichkeit, sich in fremden Gegenden zu orientieren, bietet das GPS-Modul noch eine Fülle an weiteren Optionen. Softwareentwickler haben sich bereits zu Hauf auf die "Location Services" gestürzt und werden Lösungen anbieten, die beispielsweise Freunde findet, die gerade in der Nähe sind, oder Einkaufslisten und Erinnerungen basierend auf dem derzeitigen Aufenthaltsort sortieren. Auch für Reiseführer ist das GPS-Modul im iPhone ideal und nicht zuletzt für die Werbung Treibende Industrie. Das Sonderangebot beim Händler um die Ecke, die günstigste Tankstelle in der Nähe oder die Speisekarte des Italieners, vor dem man gerade steht - all das lässt sich dank der Verknüpfung von Ortsinformationen und Internet leicht auf das iPhone übertragen. Für den Anwender bietet dies eine Menge Vorteile. Eine Anfrage wie: "Suche günstige Gleitsichtbrillen in meiner Nähe" oder "Wo gibt es hier die beste Pizza" lässt sich so ohne weiteres ausführen - und die entsprechenden Dienste und Datenbanken vorausgesetzt, wird sie das iPhone in nicht allzu ferner Zukunft auch beantworten können.
Neues Design
Stehen UMTS und GPS eher auf der Liste der erwarteten Neuerungen, so sind es die Dinge, die Apple nicht gemacht hat, die bei der Vorstellung des neuen iPhone überraschten. Zuvorderst das Design: Außer einem schwarzen oder weißen Kunststoffrücken und dünneren Seiten gleicht das 3G exakt seinem Vorgänger - selbst die wenigen Knöpfe hat Apple an der gleichen Stelle belassen. Lediglich der Kopfhöreranschluss ist, der Kunde dankt, nicht mehr versenkt und nimmt so Standardstecker auf. Auf den Adapter kann man zukünftig also verzichten. Dank der neuen Form wird man sein iPhone-Dock nicht weiter verwenden können. Weiterer Nachteil: Dem iPhone 3G liegt auch kein Dock mehr bei, so dass man, so man eines benötigt, noch einmal 49 Euro berappen muss. Standard-Docks, auch das Universal Dock von Apple, lassen sich aber weiter einsetzen. Radikal neu ist das Design des Netzteils, das man immer noch mit dem iPhone erhält: Es ist wesentlich kleiner und passt so in jedes Handgepäck. Nach wie vor lässt sich das iPhone aber auch an jedem iPod-Ladegerät und am USB-Anschluss laden.
Kamera ohne Video
Ob man mit einem Mobiltelefon Videos drehen möchte, ist Geschmackssache. Für den Fall der Fälle die Möglichkeit zu haben, schadet aber nicht - und das ein oder andere Juwel auf Youtube ist genau so entstanden. So ist es bedauerlich, dass Apple an der eingebauten Kamera nichts geändert hat. Nach wie vor gibt es nur Fotos mit 2 Megapixel, Video Fehlanzeige. In die Bresche könnten Softwareentwickler springen, die aus der Foto- eine Vi-deokamera machen. Erste Versuche gibt es bereits, ob diese den Segen von Apple finden und es schaffen, aus der Kamera akzeptable Videos per Software herauszulocken, muss man abwarten. Eingebaut hat Apple immerhin die automatische Verknüpfung von Fotos mit Geotagging-Informationen. Diese werden in den Exif-Daten gespeichert, so dass man jederzeit nachsehen kann, wo ein Foto gemacht wurde.
Neues System, neue Software
Schon bei der Auslieferung an Bord ist die neue iPhone-Systemsoftware 2.0, die nicht nur mehr Sicherheit und Einbindung in Firmennetze ermöglicht, sondern vor allem das iPhone für Software von Drittherstellern fit macht. Diese wird es auch sein, die darüber entscheidet, wie nützlich das iPhone für jeden Einzelnen ist. Denn wie am Mac auch liefert Apple die Plattform, auf der Entwickler dann ihre Software aufsetzen. Apple zeigte auf der Entwicklerkonferenz eine Fülle an spannenden Lösungen, die im Laufe der nächsten Monate gratis oder für recht kleines Geld im App Store zu haben sein werden. Die gute Nachricht für alle, die schon ein iPhone haben: Die neue Software gibt es auch für Geräte der ersten Generation.
Preise und Tarife
Steve Jobs hatte es bei der Vorstellung des neuen iPhone schon gesagt: Ein Hauptgrund, das iPhone nicht zu kaufen, sei der hohe Preis. Damit meinte er den Gerätepreis, nicht den monatlichen Tarif der Mobilfunkanbieter. Apple werde, so Jobs, das iPhone nicht über 199 Dollar anbieten, egal wo. Das ist insofern eine Herausforderung, als Apple noch in diesem Jahr das iPhone in 78 Ländern auf den Markt bringen will. Andererseits bietet Apple sich und den Mobilfunkanbietern die Möglichkeit, sich über den Tarif wieder den lokalen Gegebenheiten anzupassen - und das tun sie auch. Insbesondere da, wo ein Mobilfunkanbieter das iPhone exklusiv vertreibt, sind die monatlichen Gebühren happig. In Deutschland etwa werden monatlich zwischen 29 und 89 Euro fällig - bei stark reduzierten Gerätepreisen. Ganz anders sieht es in Österreich aus. Dort bieten zwei Provider das iPhone an - und das zu einem Kampfpreis. So gibt es das iPhone beim Anbieter One für monatlich 24 Euro, einschließlich Telefon- und Datenflatrate (bis 3 GB). Das ist ein Drittel des deutschen Preises, bei dem nicht einmal eine komplette Telefonflatrate eingeschlossen ist. Der zweite österreichische Anbieter, T-Mobile, hatte sich bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht über seine Preisgestaltung geäußert. Man kann aber davon ausgehen, dass T-Mobile das iPhone in Österreich wesentlich günstiger anbietet als in Deutschland. Auch für die Schweiz standen die Tarife der beiden Anbieter Orange und Swisscom bis Redaktionsschluss noch nicht fest. Ein Trostpflaster für deutsche Kunden mag sein, dass sich die iPhone-Tarife trotz UMTS und neuem Gerät nicht erhöht haben und die Geräte deutlich günstiger sind.
Zweite SIM-Karte
Eher beiläufig hat T-Mobile in Deutschland eine Regelung eingeführt, die für Vielreisende einen echten Mehrwert bietet. War bislang der Vertrag nur zum Betrieb eines iPhone ausgelegt, kann man nun mit den neuen iPhone-Tarifen bis zu drei Karten gleichzeitig nutzen. Gegen eine einmalige Gebühr von 30 Euro erhält man eine zusätzliche Karte, die man beispielsweise in einem UMTS-Stick am Macbook verwenden kann. Laut T-Mobile kann man dann gleichzeitig mit einer Karte am Macbook Online gehen und ist mit dem iPhone auch weiterhin zu erreichen. In Gegenden ohne DSL und für unterwegs kann es sich durchaus lohnen, einen der teuren Tarife in Verbindung mit einer Multi-SIM-Karte zu verwenden.
Fazit
Mit den Preissenkungen und der Einführung von UMTS und GPS wertet Apple das iPhone deutlich auf. Erfreulich ist auch die Möglichkeit, mehrere SIM-Karten mit seinem iPhone-Tarif betreiben zu können. Die wichtigste Neuerung kommt allerdings allen iPhone-Besitzern entgegen: Software von Drittherstellern, die die Funktionalität des iPhone deutlich erweitern wird.