Wie sich BoyD- und Cloud-Modelle auf die Virtualisierungsstrategien der Unternehmen auswirken, und worauf sich Vertriebspartner einstellen müssen, erläutert Peter Goldbrunner, Director Channel Sales Germany bei Citrix, im Exklusiv-Interview mit ChannelPartner.
CP: Inwiefern trägt die Virtualisierung dazu bei, die Einbindung mobiler Endgeräte und Bring-your-Own-Device-Modelle (ByoD) zu erleichtern und den Weg in die Cloud zu ebnen?
Peter Goldbrunner: Immer wieder bestätigen unabhängige Studien, dass 70 bis 80 Prozent der gesamten IT-Kosten ausschließlich durch fortlaufendes Management und die Administration verursacht werden. Dort, wo jedoch virtuelle Desktops und Thin Clients zum Einsatz kommen, fällt ein Großteil dieses Aufwands entsprechend weg oder lässt sich zumindest weitgehend standardisieren und automatisieren
Dass auch Bring-Your-Own-Programme ihren Teil zur Kosteneinsparung betragen, konnten wir erst kürzlich bei uns im Haus beobachten: Citrix hat bereits drei Jahre nach der Einführung seiner internen BYO-Initiative die IT-Kosten weltweit um 20 Prozent gesenkt. Denn die teilnehmenden Mitarbeiter pflegen ihre selbst angeschafften Geräte weitgehend eigenständig.
Der Weg in die Cloud wird durch Virtualisierung insofern erleichtert, als dass sich entsprechende Dienste nahtlos in die eigene Infrastruktur integrieren lassen. Viele unserer Kunden setzen bei ihren Projekten von vornherein auf diesen ganzheitlichen Ansatz, um für künftige Entwicklungen gewappnet zu sein. Denn Citrix ermöglicht etwa die Verbindung von internen - also ausschließlich im Unternehmen genutzten - und externen Cloud-Architekturen. Mit der Citrix CloudPlatform geben wir Cloud-Anbietern beispielsweise eine umfassende Palette an Infrastruktur-Komponenten an die Hand. Damit lassen sich Cloud-basierte Services einheitlich und somit effizient hosten, verwalten und bereitstellen.
CP: Virtualisierungs-Anbieter sagten schon 2009: Das wird das große Jahr der Dekstop-Virtualisierung". Bislang aber hat sich die Technologie noch nicht auf breiter Basis durchgesetzt. Weshalb?
Goldbrunner: Vielleicht war diese Aussage 2009 etwas verfrüht. Allerdings liegt ein gewisser Optimismus in der Natur der Sache, wenn man von einer Technologie überzeugt ist. Wenn wir uns die Entwicklung ansehen, dann ist das auch begründet. Eine Studie, die wir Anfang des Jahres veröffentlicht haben, zeigt das deutlich: Die Desktop-Virtualisierung wird immer breiter eingesetzt. Weit über 80 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland ziehen den Einsatz der Technologie bis 2013 in Erwägung.
Mit der Verbreitung von Cloud-Lösungen wird sich dieser Trend meiner Meinung nach noch verstärken.
Auf der anderen Seite wird Desktop-Virtualisierung manchmal mit "VDI" gleichgesetzt, also ein komplettes Betriebssystem mit Anwendungen zu virtualisieren und den Anwendern zur Verfügung zu stellen. Dieses Szenario ist nicht immer das passende oder stellt eine günstigere Alternative zu dem dar, was die Kunden heute benötigen. Für Citrix ist VDI eine Lösungsmöglichkeit innerhalb der Desktop-Virtualisierung, neben der Anwendungs-virtualisierung, dem Anwendungs-Streaming oder der Client-Virtualisierung.
CP: Wie hat sich der Einzug mobiler Endgeräte in die Unternehmen (Consumerization, ByoD) bislang auf die Virtualisierungsstrategie der Unternehmen ausgewirkt?
Goldbrunner: Diese Entwicklung lenkt den Fokus der Unternehmen vermehrt auf Desktop-Virtualisierung. Bereits rund die Hälfte der deutschen Unternehmen ermöglicht aktuell mobiles Arbeiten, wie unsere Untersuchung gezeigt hat. Der Trend zu flexiblen Arbeitsplätzen ist ungebrochen. Der Desktop-Virtualisierung kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Einerseits macht sie es möglich, dass jeder Mitarbeiter von überall aus auf seine gewohnte, produktive Arbeitsumgebung zugreifen kann. Andererseits sind mit virtuellen Desktops Betriebssystem und Endgerät vollständig entkoppelt, so dass mobile Devices kein allzu großes Sicherheitsrisiko mehr darstellen. Gerade die IT-Abeilungen in Unternehmen sehen sich bei beiden Punkten großen Herausforderungen ausgesetzt, die zusätzliche Kapazitäten oder anderes Arbeiten erfordern. Deswegen wird gerade hier die Desktop-Virtualisierung als die ideale Lösung gesehen.
CP: Welche Auswirkungen erwarten Sie hier künftig?
Goldbrunner: Durch die zunehmende Mobilität wird sich auch das Internet als solches ändern und zu einer Art großen Kontextmaschine werden. Wir werden erleben, dass jeder eine digitale Identität besitzt, die unabhängig von den benutzten Endgeräten wird. Die Geräte tauschen sich in einem Internet der Dinge untereinander aus und sorgen dafür, dass die Technologie schnell und kontextabhängig auf die Handlungen der Nutzer reagiert.
Für Unternehmen heißt das, dass die IT stärker zentralisiert sein muss. Anwendungen, Desktops, all das wird zentral gehostet und somit jederzeit und von überall aus erreichbar sein. Dabei spielen Cloud-Technologien natürlich eine wichtige Rolle.
Möglicherweise erleben wir auch wieder einen starken Trend hin zu offenen Architekturen, weil verschiedene Komponenten einfach integriert werden müssen. Die Cloud wird die IT von heute nachhaltig verändern und das Thema steht erst am Anfang mit seinen Möglichkeiten. Wie auch bei anderen Technologien in der Vergangenheit, wird es auch bei der Cloud nicht um alles oder nichts gehen, sondern die Cloud wird als Dienst, Service, Infrastruktur oder Anwendung in die bestehende IT der Kunden aufgenommen und integriert. Davon ausgehend wird es sich die Entwicklung dann ausweiten, also ein gesteuerter Prozess mit mehr Ratio als Revolution. Die Client-Virtualisierung spielt dabei eine wichtige Rolle und wird weiterhin ein wichtiger Baustein bleiben.
CP: Welche Folgen hat das für die Vertriebspartner - worauf müssen sie sich einstellen?
Goldbrunner: Die Vertriebspartner sollten sich mit dieser Entwicklung auseinandersetzen und ihre Geschäftsmodelle einer kritischen Betrachtung unterziehen. Trends wie Consumerization und ByoD-Programme bedeuten nämlich ganz konkret, dass Unternehmen möglicherweise keine großen Hardware-Posten mehr abnehmen. Nutzen die Mitarbeiter ihre eigenen Geräte, dann werden sie diese auch privat über andere Handelskanäle beziehen.
Auch das Geschäft mit Softwarelizenzen steht im Cloud-Zeitalter unter Druck. Hier wird es verstärkt darum gehen, Services zu entwickeln und anzubieten, sei es nun wie bei SaaS in Form gehosteter Anwendungen, als Support oder auf andere Weise. Das Thema ist vielen Systemhäusern bewusst und dort wird längst an neuen Strategien gearbeitet beziehungsweise sie sind schon lange in der Umsetzung.
Mit unseren Lösungen, verschiedene Cloud-Dienste miteinander zu kombinieren, bieten wir vielen Systemhäusern einen sehr guten Einstieg in die Cloud-Welt, ohne das bestehende Business-Modell von heute auf morgen verändern zu müssen.
CP: Inwiefern ist Desktop-as-a-Service schon ein marktrelevantes Thema?
Goldbrunner: Das Thema wird sicherlich noch interessant werden. Wie erwähnt, sind Services ja ein Zukunftsthema. Schon heute haben alle globalen Systemintegratoren - beispielsweise Fujitsu, IBM, HP, Atos, um nur einige zu nennen - solche Angebote im Portfolio. Allerdings gibt es im Moment noch einige Hürden, die einer schnellen Akzeptanz im Massenmarkt im Wege stehen. Dazu gehören beispielsweise ungeklärte Fragen rund um Windows-Lizenzen.
CP: Wie lässt sich gewährleisten, dass virtuelle Desktops auch sehr schnell bereitgestellt werden können?
Goldbrunner: Dabei spielen zwei Punkte eine Schlüsselrolle: Zum einen muss die virtuelle Umgebung im Rechenzentrum gut strukturiert und verwaltet sein. Dann ist es ein leichtes, schnell standardisierte Desktops bereitzustellen, etwa für neue Mitarbeiter. Optimieren lässt sich das dann zum Beispiel durch eine Art internen App-Store, in dem die Mitarbeiter sich ihr spezielles Paket an Anwendungen und Services zusammenstellen können. Mit Citrix CloudGateway bieten wir eine Lösung, mit der sich Anwendungen und Services zentral koordinieren und bereitstellen lassen. v
Der zweite wichtige Punkt ist die reibungslose Bereitstellung der Desktops und Anwendungen ohne Unterbrechungen und Latenzzeiten. Lösungen zur Netzwerkoptimierung wie beispielsweise Citrix NetScaler gehören hier schon fast zum Pflichtprogramm. Damit lassen sich die vorhandenen Kapazitäten hinsichtlich Netzwerk und Bandbreite optimal nutzen, so dass die Mitarbeiter möglichst immer und überall produktiv arbeiten können. Des Weiteren gibt es hier einen großen Bedarf an Automatisierung, die in der Regel individueller gestaltet werden muss und für einige Systemintegratoren ein sehr interessantes Geschäft darstellt.
CP: In welchen Bereichen setzen hierzulande Mittelstands- bzw. Enterprise-Kunden tatsächlich Virtualisierungslösungen ein?
Goldbrunner: Das eine klassische Einsatzszenario gibt es eigentlich nicht mehr. Das Interesse und die Nachfrage nehmen aus den verschiedensten Bereichen und Branchen zu. Selbst in besonders sensiblen Bereichen wie Krankenhäusern oder der öffentlichen Verwaltung kommt Virtualisierungstechnologie von Citrix zum Einsatz. Die Asklepios-Kliniken Nordhessen planen derzeit, alle ihre 1.200 Anwender an sieben Standorten mit virtuellen Desktops zu versorgen. Und die Kreisstadt Bergheim bezieht schon seit 2010 alle Applikationen als Services. Doch Virtualisierung ist längst schon kein "Prestige-Projekt" für einige wenige Großanwender mehr, sondern wird immer häufiger auch bei kleinen und mittelständischen Firmen eingesetzt.
Mit Citrix VDI-in-a-Box haben wir ein Produkt im Portfolio, das auch kleineren Unternehmen den Einstieg in die Desktop-Virtualisierung erleichtert. Herkömmliche Desktop-Virtualisierungslösungen waren dort in der Vergangenheit meist zu komplex und zu kostenintensiv. Um den Channel hier zu unterstützen, haben wir kürzlich das "SMB Specialist Program" auf den Weg gebracht. So wollen wir unseren Partnern dabei helfen, künftig neue Kundensegmente in diesem Umfeld zu adressieren und für Virtualisierungsprojekte zu gewinnen.
CP: Wo liegen die Knackpunkte auf Seiten der Endkunden wie auf Seiten der Vertriebspartner?
Goldbrunner: Wie bei allen IT-Projekten gilt es auch bei Virtualisierungsvorhaben, nichts zu überstürzen. Die organisatorischen Voraussetzungen spielen stets eine ebenso große Rolle wie die technischen Aspekte. Ein erfolgreiches Projekt sollte im Idealfall vom gesamten Unternehmen strategisch getragen werden.
Wichtig ist auch die Initiative stets zu Ende zu denken: So lässt sich das gesamte Potenzial der Virtualisierung in Verbindung mit BYO etwa nur bei strikter Trennung zwischen privater und geschäftlicher Arbeitsumgebung wirklich ausschöpfen. Mit einem Client-seitigen Hypervisor wie dem Citrix XenClient ist das allerdings problemlos möglich. Er erlaubt den virtuellen Einsatz verschiedener Betriebssysteme und völlig unabhängiger Desktops auf einem PC.
Auch klare Betriebsvereinbarungen sind, trotz der neu gewonnen Freiheit durch flexible Arbeitsplätze und private Endgeräte, weiter enorm wichtig. Jeder Mitarbeiter sollte genau wissen, was er darf und wo die Grenzen der Consumerization verlaufen. Sonst droht trotz Virtualisierung ein unkontrollierter Wildwuchs, der die IT-Abteilung möglicherweise überfordert. Die konsequente Schulung und Aufklärung der Endanwender in Sachen Sicherheit ist mindestens genauso wichtig wie die Schulung der IT-Mitarbeiter.
CP: Was empfehlen Sie den Vertriebspartnern?
Goldbrunner: Die rasante Entwicklung im Bereich Virtualisierung und Cloud Computing sorgt bei den Partnern für einen hohen Bedarf an Aus- und Fortbildung und immer neuen Zertifizierungen. Das Thema Schulungen steht daher auch für Citrix weiter stark im Fokus und wird kontinuierlich ausgebaut. Unseren Partnern empfehle ich, von diesem umfassenden Angebot unbedingt gebrauch zu machen. Auch die V-Alliance von Citrix und Microsoft bietet Händlern, neben Preisvorteilen, vor allem erweiterte Vertriebs- und Marketingunterstützung sowie zusätzlichen Projektsupport und ergänzende Ausbildungsmöglichkeiten.
CP: Was sind die wesentlichen Trends und Probleme in den Bereichen Server-, Storage-, Desktop- & User-Virtualisierung?
Goldbrunner: Die verschiedenen Virtualisierungsdisziplinen werden mehr und mehr miteinander verschmelzen. Schon heute ist es immer schwieriger, eine klare Trennlinie zu ziehen. Citrix hat sich daher dazu entschieden, eine durchgängige Lösungsstrategie anzubieten, die vom Rechenzentrum bis zum Frontend reicht. Wir decken damit also die Bereiche Server-, Anwendungs- und Desktop-Virtualisierung gleichermaßen ab. Die Zahl der Unternehmen, die das Thema Virtualisierung ganzheitlich angehen wollen und durchgängiger Infrastrukturen aufbauen, wächst kontinuierlich.
Schließlich ist all diesen Arten der Virtualisierung die Konsolidierung und Zentralisierung von IT gemein. Natürlich wird uns darüber hinaus auch der Boom bei Smartphones und Tablets noch einige Zeit beschäftigen. Damit geht auch der Bedarf an mobilen zentralen Anwendungen sowie Cloud und Virtualisierung einher. Stromsparende Server und weitere Effizienzsteigerungen in der IT sind weitere Themen, an denen die Branche in den kommenden Jahren nicht vorbei kommen wird. Diese Trends betreffen das Storage-Umfeld genauso wie Automations- und Management-Tools oder Netzwerkprodukten. Auch hier wird die Nachfrage in Zukunft sicher weiter steigen.
CP: Bezogen auf Mittelstands- und Enterprisekunden in Deutschland: Inwiefern kommen dort Hypervisoren-Plattformen unterschiedlicher Anbieter zum Einsatz und falls ja, aus welchen Gründen?
Goldbrunner: Absolut richtig, das entspricht dem tatsächlichen Bild. Die Gründe dafür sind auf der einen Seite, dass Kunden "technischen Silos" und somit eine Festlegung auf eine Plattform, sprich Hypervisor, und die damit verbundene Beschränkung vermeiden wollen.
Auf der anderen Seite unterscheiden Kunden sehr genau nach dem Kosten-Nutzen Verhältnis. Im Microsoft-Serverbetriebssystem ist Hyper-V beispielsweise als Hypervisor enthalten und erfüllt in seiner heutigen Version alle Basis Ansprüche, die an die Server-Virtualisierung gestellt werden. Bei sehr konkreten Anforderungen im Bereich der Desktop-Virtualisierung wird ein dafür optimierter Hypervisor wie der Citrix XenServer genutzt. Ein weiterer Aspekt sind Cloud-Projekte, bei denen unterschiedliche Services genutzt werden beziehungsweise zugrunde liegen und dementsprechend auch unterschiedliche Produkte. Hier ist Offenheit und Kompatibilität ein Muss - der Produktanbieter ist dabei zunächst zweitrangig.
CP: Welche Kriterien sind für Endkunden bei der Wahl der Virtualisierungs-Plattform Ihrer Erfahrung nach entscheidend?
Goldbrunner: Mehr noch als die Funktionalität der Produkte steht meiner Meinung nach die Kompatibilität und das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Lösungen und Herstellern im Vordergrund. Es existieren zudem verschiedene Hersteller-Allianzen rund um dieses Thema - wie etwa die V-Allianz von Microsoft und Citrix sowie Flexpod mit Cisco, NetApp und Citrix.
Im Rahmen dieser Allianzen werden Kunden-Referenzarchitekturen und aufeinander abgestimmte Produkte mit entsprechenden Schnittstellen angeboten. Kein Unternehmen fängt auf "der grünen Wiese" an, es gibt immer eine bestehende Infrastruktur und diese muss kompatibel und bestmöglich integrierbar sein. Darüber hinaus ist der Hypervisor als Technologie kein Spezialthema mehr. Die Frage" Virtualisiere ich Server oder nicht?" stellt sich in diesem Maß nicht mehr, vielmehr sollte man sich fragen welche Plattformen zu welcher Zeit zum Einsatz kommen.
CP: Welche Rolle spielt dabei die Überlegung, ob und inwiefern der Plattformanbieter Cloud-basierte Dienste und Anwendungen integrieren kann?
Goldbrunner: Was nutzt es, das funktionalste System im Haus zu haben, das nicht mit den angesprochenen Cloud-basierten Diensten kompatibel oder nur schwer zu integrieren ist? In dem Moment, in dem ich wegen einer Plattform-Entscheidung auf gewisse Anbieter von Cloud-basierten Diensten nicht zugreifen kann, ist es eine Fehlentscheidung. CIOs, IT-Leiter und IT-Entscheider müssen sich genau überlegen, ob und inwieweit sie hier eingeschränkt sein möchten. Das ist schon heute von großer Bedeutung, wird in Zukunft aber zunehmen wichtiger.
CP: Welche Rolle spielt die Frage nach der Quell-Offenheit des Hypervisors für Endkunden?
Goldbrunner: Getrieben von verschiedenen namhaften Unternehmen, die sich hier engagieren - darunter auch Citrix mit Xen - steigt die Bedeutung. Auf der anderen Seite sind schon viele Vorhersagen, bezogen auf quelloffene Technologien, nicht eingetreten. Wir sehen aber ganz konkret mit den Anbietern von Cloud-basierten Diensten ein Umfeld, das typischerweise mit quelloffenen Versionen startet und an quelloffenen Technologien sehr interessiert ist. In vielen Fällen kommt mit steigendem Geschäft und steigender Anzahl von Nutzern, eine gleichermaßen erhöhte Anforderung nach Support, Weiterentwicklungen und Pflege der Produkte. Im klassischen Enterprise-Umfeld sind es bei den quelloffenen Versionen die drei Marktführer, die den Hauptteil des Marktes abdecken.
CP: Erkennen Sie eine Tendenz, dass Anwender die Hypervisor-Plattform wechseln, und falls ja, was sind die Gründe dafür?
Goldbrunner: Bei Desktop-Virtualisierungsprojekten stellen wir diesen Wechsel sehr häufig fest. Kunden haben möglicherweise schon einen Hypervisor für bestimmte Server-Typen im Einsatz. Typischerweise tritt jedoch bei der Desktop Virtualisierung der Hypervisor in den Hintergrund. Deshalb findet gerade hier sehr häufig ein Wechsel beziehungsweise der Einsatz eines weiteren Herstellers statt. Die wesentlichen Treiber sind hier meist Integrierbarkeit, Schnittstellen und natürlich auch Kosten.
Inwieweit man die Entwicklungen bereits als Trend bezeichnet kann, ist schwer zu sagen. Was wir jedoch sagen können - und das wird auch von verschiedenen Analysten bestätigt - nehmen die Marktanteile von Microsoft- und Citrix-Hypervisoren deutlich zu. Natürlich zu Lasten des Marktführers, wobei sich aktuell der gesamte Bereich noch weiterhin im Wachstum befindet.
CP: Hersteller wie Cisco, Dell, IBM, HP, NetApp und EMC, aber auch Distributoren wie Magirus (vBundles), Arrow und Avnet sowie erste B-Brands wie beispielsweise Tarox gehen zunehmend dazu über, Referenzarchitekturen für Rechenzentren anzubieten, die Netzwerk, Storage, Server, Virtualisierungssoftware und teilweise auch Security-Komponenten integrieren. Wo liegen die Chancen und die Grenzen der Referenzarchitekturen für den Endkunden?
Goldbrunner: Die Architekturen geben Kunden mehr Sicherheit und zeigen deutlich auf, dass sich Hersteller viele Gedanken untereinander und miteinander machen wenn es um die Integration von Produkten und das Zusammenspiel von Lösungen geht. Zudem machen diese Referenz-Architekturen Teile der Planung deutlich einfacher und geben Kunden einen guten Überblick. Selbstverständlich laufen viele Installationen dann individueller oder weichen an unterschiedlichen Stellen davon ab, aber das Feedback der Kunden ist durchweg gut und solche Themen werden aktiv eingefordert.
CP: Und für Vertriebspartner?
Goldbrunner: Für den Vertriebspartner kann es eine gute Erklärung seines Portfolios sein. Sie bieten Hilfestellung beim Verkauf von Lösungen und gehen über das bloße Anbieten von Produkten hinaus. Schließlich ist der Partner derjenige, der Lösungen und Produkte unterschiedlicher Hersteller zusammenhält. Darüber hinaus lassen sich solche Referenz-Architekturen anschaulich darstellen und helfen bei der Vermarktung.
CP: Inwiefern unterstützen die am Markt verfügbaren Management-Tools auch die Verwaltung virtueller Umgebungen, die mit unterschiedlichen Hypervisoren virtualisiert wurden?
Goldbrunner: Wie bei vielen anderen Software-Lösungen auch ist die Heterogenität bei unterschiedlichen Hypervisoren Realität. Bedingt ist dies vor allem durch unterschiedliche Anforderung und global agierende Unternehmen. Es gibt bereits heute viele Tools am Markt, die mit den drei meist verbreiteten Hypervisoren (VMware, Microsoft und Citrix) gleichermaßen zusammenarbeiten. Ein ganz konkretes Beispiel ist beispielsweise Microsoft Systems Center Virtual Machine Manager.
CP: Wie wichtig ist es für einen Kunden, der überlegt, langfristig auch Dienste und Anwendungen aus der Cloud zu beziehen, zu prüfen, ob der externe Provider auch die gleiche Management-Tools einsetzt wie der Kunde selbst?
Goldbrunner: Wir glauben, dieses Thema wird und muss anders gelöst werden. Wenn Kunden prüfen müssen auf welchen Tools Cloud-Lösungen eingesetzt werden, wiederspricht das im Grundsatz ein Stück weit dem Ansatz der Cloud. Das muss sich anders lösen lassen, durch noch bessere Offenheit und Integration von verschiedenen Herstellern und Produkten.
CP: Wie virulent ist das Problem des "Wildwuchses" virtueller Maschinen? Und wie lässt sich dieser "Wildwuchs" in den Griff bekommen?
Goldbrunner: Das ist bereits heute ein Thema bei einigen großen Unternehmen und wird sicherlihc noch viel mehr an Bedeutung gewinnen. Die virtuelle Welt erfordert andere Mechaniken und Prozesse als eine rein physische Umgebung, bei der Server gezählt und im wahrsten Sinne des Wortes "angefasst" werden. Dies beginnt mit dem Aufsetzen von virtuellen Maschinen und geht bis hin zur "Retention". Man läuft hier schnell Gefahr, die Kontrolle zu verlieren: Stellen sie sich eine Umgebung mit hunderten von virtuellen Server vor und wie diese in einigen Jahren aussieht.
CP: Was müssen Partner beachten, wenn Sie den Endkunden hier richtig beraten wollen?
Goldbrunner: Sie sollten sich an den Marktführern orientieren, darauf achten, wie die Hersteller miteinander arbeiten und vor allem die Prozesse des Kunden kennen, dokumentieren oder sie gegebenenfalls gestalten.
CP: Weshalb spielt das Thema Speicher in virtuellen Umgebungen eine so herausragende Rolle?
Goldbrunner: Speicher spielt eine ganz wichtige Rolle, denn alle Daten die vorher auf dem Desktop lagen, werden nun an einer zentralen Stelle (Storage) abgelegt. Das ist nicht nur aus technischer Sicht unternehmenskritisch, sondern natürlich auch aus Kostensicht. Hier befinden sich aber alle Virtualisierungsanbietern mit den Storage-Firmen im engem Austausch. Citrix arbeitet beispielsweise mit Firmen wie Datacore, EMC, HP und vor allem NetApp eng zusammen.
CP: Wo und weshalb kommt es Ihrer Erfahrung nach bei der Bereitstellung virtueller Server, Desktops, Applikationen und Dienste immer wieder zu "Flaschenhälsen"?
Goldbrunner: Alle Unternehmen haben jahrelange Erfahrung im Management von physischen Umgebungen. Die Prozesse sind genau definiert - teilweise sogar zertifiziert -, als Leistungen beschrieben und genau vergleichbar. Die Voraussetzungen in virtuellen Umgebungen sind anders, das hängt teilweise auch davon ab, wie sich Kunden in ihrer IT organisieren. Wir sehen hier auf der einen Seite eine Herausforderung, auf der anderen Seite ist dies eine ganz normale Entwicklung für neue Technologien, die sich schnell durchsetzen und verbreiten.
(rb)