Vertriebsratgeber

Das Geheimnis einer erfolgreichen Verhandlung

23.11.2018 von Heiko van Eckert
Wenn Sie erfolgreich verkaufen wollen, müssen Sie Verhandlungen auf Augenhöhe führen. Wir zeigen Ihnen, wie das gelingt.

Ja, die Asymmetrie in einer Verhandlung ist da. Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Sie ist ein Stück weit systemimmanent. Daran werden weder Sie als Vertriebsmitarbeiter noch ich etwas ändern können. Die Entscheidung liegt beim Kunden und bedeutet damit unverrückbar ein Stück Asymmetrie durch faktische Macht. Doch dieses unvermeidliche Stückchen Asymmetrie ist viel kleiner, als Ihnen der Einkauf weismachen will.

im Vertriebsgespräch ist es eine Frage der Ehre, auf Augenhöhe zu gelangen.
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Das Geheimnis einer erfolgreichen Verhandlung ist gar nicht so geheim …

Vertriebsgespräch gescheitert? Selber schuld!

Ich sage Ihnen besser gleich zu Beginn die Wahrheit: Sie als Vertriebsmitarbeiter tragen zum großen Teil selbst dazu bei, dass Ihre Verhandlungspartner so stark und machtvoll sind. Aber Ihren Beitrag merken Sie gar nicht, weil er sich so tief in Ihre berufliche DNA eingegraben hat, dass er Ihnen nicht bewusst ist.

Sie haben sich viel zu sehr daran gewöhnt, sich kleinzumachen und genügsam zu sein. Sie haben verlernt, mit geballter Faust den Verhandlungsraum zu betreten.

Mehr? Ja, gerne!

Wie schlecht sich Vertriebler behandeln lassen, ohne sich zu wehren, hat für mich oftmals fast schon masochistische Züge. Schläge unter die Gürtellinie werden einfach eingesteckt, das ist ein typisches Verhaltensmuster. Sie eineinhalb Stunden bei einer Verhandlung warten lassen? Warum nicht! Ihnen nichts zum Trinken anbieten? Kein Problem! Ihnen den Sitzplatz in der brütenden Hitze anbieten? Vielen Dank!

Lesetipp: Turbo für den Vertrieb

Machen Sie sich klar, welches Signal Sie damit setzen, wenn Sie die Arroganz und Frechheit Ihres Gegenübers einfach hinnehmen. Sie sagen nichts anderes als: "Oh, großer Einkäufer, alles klar. Ich akzeptiere das Machtgefälle zwischen uns. Schlag mich weiter. Tritt mir nochmal ordentlich ans Schienbein. Bestimme die Regeln. Bestimme den Preis."

Die Vertriebler-DNA

Ich mache Ihnen keinen Vorwurf deswegen, denn es liegt ein Stück weit in der Natur der Sache: Sie als Verkäufer arbeiten kontinuierlich an einer guten Kundenbeziehung. Diese basiert auf Vertrauen und Verlässlichkeit. Die Arbeit daran hat Spielregeln, die zum Beispiel heißen: "Bleibe immer freundlich und zugewandt, verärgere den Kunden nicht."

Doch lieber Vertriebsmitarbeiter, der Einkauf kennt Ihre DNA nur zu gut. Und er nutzt es weidlich aus, dass Sie sich alles gefallen lassen. Denn damit geben Sie ihm die Hebel an die Hand, die Asymmetrie zwischen Ihnen zu vergrößern.

Die einzige Lösung im Vertrieb

Im Vertriebsgespräch ist es Pflicht, auf Augenhöhe zu gelangen! Denn Augenhöhe ist das A und O jeder erfolgreichen Verhandlung. Deshalb sollten Vertriebler alles daransetzen, genau diese so weit wie möglich zu erreichen. Ich sage absichtlich: so weit wie möglich. Denn ich will Ihnen nichts vormachen: Die Macht der Entscheidung liegt praktisch immer auf der Seite des Kunden. Diese Asymmetrie kriegen Sie nicht weg.

Lesetipp: Auswätsspiel - wie Sie auf Augenhöhe kommen

Um auf Augenhöhe zu kommen, müssen viele Verkäufer dafür erst einmal über ihren eigenen Schatten springen. Ich bin immer wieder erschüttert, denn ich sehe, dass sie ihrerseits die Machtinstrumente nicht nutzen, selbst wenn sie mal am längeren Hebel sitzen. Sie lassen die Chance vorüberziehen, sich endlich auf Augenhöhe zu bewegen. Doch:

"Das ist zu teuer!" - 18 Antworten auf diesen Kundeneinwand
"Zu teuer? Im Vergleich zu was genau?"
"Teuer" ist ein relativer Begriff. Wenn Sie herausfinden, mit welcher Alternativlösung Sie Ihr Interessent vergleicht, können Sie in der Folge präzise den Mehrwert Ihrer Lösung, Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung darstellen.
"Wirklich? Wie kommen Sie zu dem Schluss?"
Diese Antwort führt dazu, dass Ihr Interessent seine Sicht begründet. Somit verstehen Sie die spezifischen Bedenken und Vorbehalte und können diese aufgreifen und entsprechend entkräften.
"Ich verstehe, Sie wissen: die besten Produkte/Lösungen benötigen in der Regel etwas mehr Budget."
Geoffrey James, Vertriebsexperte aus den USA, hat einmal gesagt, dass der Einwand "Preis" erst dann ernst zu nehmen ist, wenn der Interessent diesen Aspekt mindestens zwei Mal auf den Tisch bringt. Bedeutet, dass Sie mit dieser Aussage diejenigen Interessenten identifizieren, die entweder tatsächlich nicht genügend Budget haben oder aber diejenigen, die einfach mit dem Budget "spielen" möchten. Oftmals geht es danach ja eh in die Verhandlungsrunden mit dem Einkauf.
"Was bedeutet es für Sie, wenn Sie das Projekt nicht umsetzen - was ist die Konsequenz daraus?"
Einer meiner persönlichen Favoriten, denn durch diese Gegenfrage bringen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, zu reflektieren, was passiert, wenn er Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt.
"Ist es eine Frage des Budgets oder des Cash Flow?"
Durch diese Frage finden Sie heraus, ob es dem Interessenten um einen Nachlass auf Grund mangelnder Budgets oder um eine Verlängerung des Zahlungsziels geht. Sobald Sie dies wissen, können Sie entsprechend gezielt in die weiteren Verhandlungen treten.
"Losgelöst von der Budgetfrage: Hilft Ihnen unser Produkt/unsere Dienstleistung, Ihre Herausforderung zu lösen?"
Eine direkte Gegenfrage, die konsequent und ohne Umschweife auf den Wert Ihres Produktes beziehungsweise Ihrer Dienstleistung abstellt. Dadurch stellen Sie die Werthaltigkeit wieder in den Fokus.
"Was genau ist zu teuer?"
Diese Gegenfrage führt dazu, dass Ihr Interessent erläutert, welche Teile des Angebotes ihm zu teuer erscheinen. Aussagen wie "Nun, das ist eine Menge Geld für etwas telefonieren" verdeutlicht mir beispielsweise sofort, dass der Interessent den Wert einer professionellen Kaltakquise für sich noch nicht erkannt hat und wahrscheinlich davon ausgeht, dass es sich um eine klassische Call Center Telefonie handelt.
"Zu Teuer? Das stimmt mich jetzt nachdenklich"
Nachdenklich - mit dieser Formulierung stellen Sie wieder auf die Wertigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung ab. Sie bringen zum Ausdruck, dass es für Sie gar nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass ein Interessent den Wert nicht erkennt.
"Ist die Investition der einzige Aspekt, der Sie von einer Beauftragung abhält?"
Mit dieser Frage finden Sie heraus, ob es noch anderweitige Einwände gibt oder ob es tatsächlich "nur" um das Budget geht.
"Gut, ich verstehe. Auf welche Produktfeatures/Leistungsbestandteile können Sie am ehesten verzichten?"
Damit sagen Sie dem Interessenten, dass die Investitionshöhe unmittelbar mit der Werthaltigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung verbunden ist. Wenn der Kunde weniger zahlen möchte, dann sollte er sich darüber im klaren sein, dass er nicht die volle Gegenleistung erwarten darf.
"Ist es so, dass der Preis Sie davon abhält in das Produkt/die Dienstleistung zu investieren, die Ihnen wirklich weiterhilft?"
Hier gehen Sie latent auf das Thema "Geiz ist geil"/Billigkäufe ein, ohne es auszusprechen. Aber Sie sensibilieren Ihren Ansprechpartner nochmals zu diesem Thema. Darüber hinaus finden Sie mit dieser Frage heraus, ob Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung wirklich die beste Lösung für die Aufgabenstellung des Kunden ist.
"Bedeutet dies, dass wir niemals die Möglichkeit zur Zusammenarbeit finden?"
Colleen Francis von Engage Selling Solutions aus USA sagt, dass das Wort "niemals" ein maßgeblicher Trigger ist. "Niemals" ist ein sehr mächtiges Wort und die meisten Menschen mögen das Wort auch nicht. Daher werden viele der Interessenten mit "Naja, nein, niemals würde ich nicht sagen…" antworten. Und schon liegt der Ball wieder beim Vertrieb, da er nun in die konkreten Verhandlungen einsteigen kann oder aber das Gespräch und die Verhandlung tatsächlich komplett beenden kann.
"Welchen Return on Investment wünschen Sie sich genau?"
Diese Gegenfrage lenkt die Gedanken des Interessenten weg von "teuer" und "billig" hin zu dem langfristigen Wert, den Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung mit sich bringt.
"Verstehe ich richtig, dass unsere Preise im Vergleich zum Mitbewerb höher sind?"
Wenn Ihre Preise höher sind als die des Mitbewerbs, so dienst diese Gegenfrage dazu, direkt auf die Differenzierung zum Mitbewerb einzugehen.
"Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal in ein ähnliches Produkt/eine ähnliche Dienstleistung investiert?"
Oft haben Interessenten tatsächlich eine unrealistische Preisvorstellung, was ein gutes Produkt oder eine professionelle Dienstleistung kosten darf. Ein Grund hierfür kann sein, dass der Interessent noch niemals ein vergleichbares Produkt oder Dienstleistung bezogen hat. Mit dieser Gegenfrage haben Sie die Chance derartige "Missverständnisse" auszuräumen.
"Wann haben Sie das letzte Mal etwas nur wegen des Preises gekauft?"
Auch hier geht es, ähnlich wie bei Punkt 11, um das "billig". Gerade im B2B-Umfeld kenne ich kaum verantwortliche Mitarbeiter, die sich damit rühmen "billig eingekauft zu haben". Vielmehr geht es darum Lösungen beschafft zu haben, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringen.
"Ich verstehe Sie und ich hatte erst vor kurzem 2/3/4 Kunden wie Sie, die ebenfalls Bedenken wegen des benötigten Budgets hatten. Letztendlich haben sich diese Kunden doch entschlossen das Projekt umzusetzen und wissen Sie was daraus resultierte?"
Und dann setzen Sie das Gespräch mit einer eindrucksvollen Case Study fort, die belegt warum Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung sein Geld wert ist. Wichtig ist hierbei, dass es sich um "echte Case Studies" handelt, die Sie dem Kunden auch schriftlich nachweisen können.
"Wie verhält es sich beim Vertrieb in Ihrem Unternehmen? Verkauft Ihr Unternehmen seine Produkte/Lösungen/Dienstleistungen über den Preis?"
Ein weiterer Favorit von mir, eine Aussage, die ich als Joker immer gerne im Ärmel habe. Auch Ihre Kunden müssen Ihre Produkte/Dienstleistungen verkaufen und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgt dies nicht über eine Billigpreis-Strategie.

Keine schlechten Deals

Und die Liste ist noch viel länger. Solange Sie das nicht verstanden haben, werden Sie weiter schlechte Deals machen und Geld verschenken. Und mal ganz ehrlich: Wer als Vertriebler will das schon?

Prägen Sie sich diese Pflichten gut ein und entwickeln Sie Ihre ganz eigenen Taktiken, um mit dem Einkauf auf Augenhöhe zu kommen. Und schon bald werden schlechte Deals der Vergangenheit angehören. Garantiert!