Nach dem Zusammenwachsen von Polycom und Plantronics zum Kommunikationsanbieter Poly legte das Unternehmen auch ein neues Partnerprogramm auf. Ziel war es, dem Channel schnell und einfach Zugang zum Gesamtportfolio zu erschließen. Nick Tidd, Vice President Global Channel Sales bei Poly, Guido Nickenig, Senior Director Pre-Sales & Marketing beim Distributor Westcon-Comstor, und Dr. Thomas Simon, Geschäftsführer beim Partner IT-Haus, geben Auskunft, inwieweit das erreicht wurde.
ChannelPartner: Im Frühjahr 2020 hat Poly ein neues Partnerprogramm präsentiert. Wie war das Feedback aus dem Channel - und wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?
Nick Tidd: Im Laufe der vergangenen Monate haben wir mit den Partnern einen Transformationsprozess durchlaufen. Die erzielten Ergebnisse bestätigen uns dabei in unseren Anstrengungen. Wir wollten die Zusammenarbeit mit den Partnern leichter und erfolgreicher gestalten. Dazu haben wir ein neues Programm ins Leben gerufen, das Partner nicht nur für erzielte Einnahmen belohnt. Außerdem haben wir ein neues, benutzerfreundliches Partnerportal eingeführt, welches in mehreren Sprachen bereitsteht.
Unsere neue Partner-Scorecard zeigt Partner-Admins transparent den jeweils aktuellen Leistungsstand. Distributoren und Systemhäuser können sich über unser neues Kommunikationsmodul "The Poly Connection" regelmäßig Informationen zusenden lassen. Sie können dabei auch bestimmen, mit welcher Frequenz sie diese erhalten. Dank unserem neuen Partner-Support-Zentrum reagieren wir schneller auf Anfragen.
Zudem haben wir ein neues Rabattprogramm gestartet. Im Schnitt greifen wöchentlich mehr als 20.000 Kontakte bei Partnern auf das Portal zu, um Informationen einzusehen oder herunterzuladen.
Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Änderungen?
Tidd: Die wichtigste Neuerung war die konsequente Individualisierung unseres Informationsangebots. Wir haben erkannt, dass "Spray & Pray" - das wahllose Verteilen von Informationen nach dem Gießkannenprinzip, das viele Hersteller im Channel immer noch praktizieren - auf Seiten der Partner zunehmend auf Widerstand stößt. Wir wollten daher mit den Partnern persönlich in Kontakt treten und mit dem Wissen versorgen, das sie benötigten.
Als einer der großen Poly-Distributoren ist Westcon nah am Puls des deutschen Channels. Wie haben Ihre Partner auf das neue Programm reagiert?
Guido Nickenig: Alles, was Poly tut, wird noch sehr aufmerksam beobachtet. Das Unternehmen ist in dieser Form ja immer noch ein Stück weit neu im Markt. Viele ehemalige Polycom- und Plantronics-Reseller machen sich immer noch mit den vielen Möglichkeiten vertraut, die ihnen die Zusammenarbeit mit Poly bietet. Nicht nur mit Blick auf das Gesamtportfolio und die neuen Lösungsansätze, die ihnen durch das Zusammenwachsen der beiden Unternehmen offenstehen, sondern auch mit Blick auf das Partnerprogramm und die Rahmenbedingungen.
Unsere Partner haben daher sehr gespannt auf das Programm gewartet und waren von dem, was Poly schlussendlich vorgelegt hat, sehr angetan - gerade mit Blick auf die starke Unterstützung mittelständischer Partner und die ausgewogenen Bewertungskriterien, die weit über einen reinen Umsatzvergleich hinausgehen. Das Gesamtpaket kam bei unseren Kunden sehr gut an.
Wie sieht das aus der Systemhausperspektive aus?
Thomas Simon: Poly wird bei uns über ein dediziertes Expertenteam betreut. Der Relaunch betraf mich also nur mittelbar. Dennoch war ich auf das interne Feedback zum Interconnect-Portal sehr neugierig. Unser Team weiß zum Beispiel die Echtzeit-Doku sehr zu schätzen und hat sie ausdrücklich gelobt. Für uns als Systemintegrator ist das ein solides Fundament, und es wird sehr interessant sein, wie Poly das weiterentwickelt.
Und wie beurteilen das neu aufgestellte Unternehmen Poly auf strategischer Ebene?
Simon: Da würde ich auf jeden Fall unterstreichen, dass der erfolgreiche Merger von Polycom und Plantronics aus unserer Sicht ein absoluter Glücksfall ist. Wir haben viele Jahre lang sehr gut mit beiden Herstellern kooperiert und haben sie als Unternehmen mit sehr unterschiedlichem Fokus wahrgenommen.
Zwischen dem auf maximale Mobility ausgelegten Angebot von Plantronics und den Voice- und Video-Präsenzanlagen von Polycom gab es kaum Überschneidungen, aber enormes Synergiepotenzial. Auch wenn es ein Klischee ist: Poly ist definitiv mehr als die Summe der Teile, und es ist schon abzusehen, dass es einfach sein wird, die gute Zusammenarbeit auch in Zukunft fortzusetzen.
Die Partnerlandschaften und die Partnerprogramme von Polycom und Plantronics waren sehr unterschiedlich. War es da nicht ein Wagnis, die zusammenzuführen?
Tidd: Beide Partnerprogramme, Partner-Communities und Basisprogramme waren gleich stark. Das wurde nicht nur durch die jeweiligen Partner bestätigt, sondern auch von außen. Was wir aber auch sahen, waren die vielversprechenden Cross-Selling- und Up-Selling-Möglichkeiten. Polycom adressierte mit seinen technisch anspruchsvollen Lösungen für Voice und Video vorrangig qualifizierte Fachhandelspartner mit tiefer Marktkenntnis, Plantronics mit seinen bedienfreundlichen und unkomplizierten Headsets eine sehr offene Partnerlandschaft.
Außerdem wollten wir sicherstellen, dass die Arbeit, die unsere Partner bisher geleistet hatten, nicht umsonst war. Wir bieten Distributoren und Resellern, die sehr gut aufgestellt sind, ein volles Jahr Zeit, um den veränderten Anforderungen des neuen Programms gerecht zu werden. Dabei können diese ihren Partnerstatus nicht nur erhalten, sondern sogar verbessern.
Welche Rolle übernimmt Westcon-Comstor als VAD in dem neuen Partnerprogramm?
Nickenig: Neue Partner zu begeistern und ihnen alles zu vermitteln, was sie für die erfolgreiche Vermarktung der Lösungen wissen müssen, ist einer der wichtigsten Value-Adds, die wir unseren Herstellerpartnern bieten. Ich denke, es ist auch eine unserer größten Stärken, zumal wir ja vor der Zusammenarbeit mit Poly schon etliche Jahre sowohl Polycom als auch Plantronics vermarktet haben. Dabei geht das Thema bei uns weit über Live- und Online-Schulungen in unserer Westcon-Academy hinaus. Zum Enablement gehört es aus unserer Sicht auch, für unsere Partner mit maßgeschneiderten Presales-Services die Tür zu neuen Märkten aufzustoßen oder sie mit überzeugenden Proofs-of-Concept und Präsentationen in unseren zwei Poly-Showrooms beim Business Development zu unterstützen.
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In diesen und vielen weiteren Bereichen arbeiten wir sehr eng mit Poly zusammen. Das gilt übrigens auch für das neue Partnerportal. Poly hat uns schon vor dem Launch eng in die Entwicklung eingebunden und stellt uns heute eine dedizierte, für unsere Anforderungen als Distributor optimierte Oberfläche zur Verfügung. So können wir unsere Aktivitäten über die gesamte Channel-Supply-Chain hinweg optimal koordinieren. Das ist das A und O - wenn der Hersteller, der VAD und das Systemhaus gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir im Markt wirklich viel bewegen.
Welche Unterstützung aus der Distribution steht für Sie als Systemhaus im Vordergrund, Herr Simon?
Simon: Natürlich ist die Kernaufgabe eines Distributors die Bereitstellung der Geräte. Aber schon da gibt es mit Blick auf Services wie Konfektionierung, Kommissionierung und Deployment gewaltige Unterschiede. Darüber hinaus wissen wir die tiefe technische Kompetenz bei Westcon selbstverständlich sehr zu schätzen - etwa beim Troubleshooting oder bei gemeinsamen Präsentationen. Und Einrichtungen wie die Showrooms von Westcon, wo sich Kunden jederzeit live von den technologischen Möglichkeiten der neuesten Produkte überzeugen können, sind auch für unser Team eine wertvolle Unterstützung.