Für die meisten Hardwarehersteller und ihre Partner war 2009 kein gutes Jahr. Während laut IDC der Gesamt-IT-Markt nur um drei Prozent schrumpfte, gingen nach Zahlen von Gartner allein die Umsätze bei den Serververkäufen um 18,3 Prozent zurück - nicht nur eine Folge der Wirtschaftsflaute sondern auch der zunehmenden Servervirtualisierung, die dank besserer Auslastung weniger Hardwareanschaffungen nötig macht.
Die meisten Storage-Hersteller kamen jedoch mit einem blauen Auge davon und machten spätestens Ende 2009 wieder gute Geschäfte. So konnte EMC nach anfänglichen Umsatz- und Gewinnrückgängen im vierten Quartal des vergangenen Jahres ein Rekordergebnis von 4,1 Milliarden Dollar verbuchen. Mitbewerber NetApp vermeldete im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2010, das zum 29. Januar endete, mit 1,01 Milliarden Dollar ebenfalls einen Rekord.
Den Speicheranbietern kommt auf der einen Seite das rasante Datenwachstum zugute, das auch durch die Krise kaum gebremst wurde. Nach einer von EMC in Auftrag gegebenen IDC-Studie verdoppelt sich das digitale Datenvolumen derzeit alle eineinhalb Jahre. Der Anteil rechtlich relevanter Informationen, der nationalen oder internationalen Gesetzen und Regelungen unterliegt, soll gleichzeitig von 25 auf 35 Prozent steigen.
Für die Kunden ist es ein schwacher Trost, dass der Datenflut auf der anderen Seite sinkende Festplattenpreise entgegenstehen. "Größere Laufwerke und Speicherkapazitäten sind keine Lösung", sagt Shaun Welsh, Vice President of Corporate Communications bei Emulex, einem Spezialisten für Daten- und Speichernetzwerkkarten. Schon längst hat der Aufwand für Storage-Management, -Integration und -Migration die reinen Hardwarekosten überholt. Laut IBM verursacht der Betrieb einer Storage-Umgebung vier Mal mehr Kosten als die Anschaffung. Diese administrativen Aufwände sind laut Helmut Beck, Vice President Storage bei Fujitsu Technology Solutions, nur noch mit vereinheitlichen Speicherinfrastrukturen auf konsolidierten Plattformen in den Griff zu bekommen: "Zentrale Speichersysteme sind für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, denn sie garantieren die Sicherheit und Verfügbarkeit der IT-Umgebungen. Nur so erreichen Kunden eine bezahlbare Qualität ihres IT-Betriebs."
Keine Virtualisierung ohne Konsolidierung
Auch der bereits erwähnte Virtualisierungstrend spielt Storage-Anbietern und -Wiederverkäufern in die Hände. Während die Zahl physikalischer Server im Rechenzentrum sinkt, steigt der Anteil der Storage-Aufwände an den Gesamtkosten kontinuierlich an. Virtualisierte Umgebungen lassen sich nämlich nur dann hoch verfügbar halten, wenn ihnen eine einheitliche Speicherumgebung entgegensteht: "Die Speicherkonsolidierung ist wichtiger Bestandteil von Virtualisierungsszenarien", sagt Mika Kotro, Product Marketing Manager bei EMC Deutschland. Diese Erkenntnis hat sich allerdings noch nicht überall herumgesprochen, wie Ingo Kraft, Senior Business Manager für HP LeftHand Storage Solutions, weiß: "Viele Kunden beschäftigen sich mit Servervirtualisierung, vernachlässigen aber das Thema der zentralen und abgesicherten Datenhaltung. Sie sind sich vielfach nicht bewusst, dass der Zugriff auf Daten notwendig ist, um die Funktionsfähigkeit von virtuellen Servern sicherzustellen."
Für eine konsolidierte Speicherinfrastruktur spricht zudem das erhebliche Einsparpotenzial, das eine vereinheitliche Storage-Umgebung bietet: "Auf einem konsolidierten Speicher lassen sich Methoden wie Deduplizierung, Virtualisierung oder Snapshots sehr viel effizienter anwenden als auf einzelnen Speichersystemen", sagt Dieter Schmitt, Director Channel Sales Germany bei NetApp. Dabei profitiert laut Eric Sheppard, Program Director IDC EMEA Storage Research, fast jedes Unternehmen von einem solchen Schritt: "Natürlich sind die Einsparmöglichkeiten umso größer, je umfangreicher die Infrastruktur eines Unternehmens ist, aber auch kleine Kunden profitieren von einer Konsolidierung."
Das beste Argument sind immer die Kosten", pflichtet ihm Manfred Moertl, Consulting System Engineer von Cisco, bei. "Partner sollten eine klare Kosten-Nutzen-Rechnung aufmachen und dem reinen Anschaffungspreis die konkreten Einsparpotenziale gegenüberstellen - von der Entlastung des Teams über die größere Effizienz und den verringerten Aufwand und Platzbedarf bis hin zum schnellen Backup und Restore", sagt NetApp-Manager Dieter Schmitt.
Dank der offensichtlichen Vorteile könnte es für Partner relativ einfach sein, Kunden Argumente für eine Investition in Konsolidierungsprojekte zu liefern. Doch viele Unternehmen setzen sich überhaupt nicht mit den Anforderungen an eine moderne Speicherinfrastruktur auseinander. "Das Thema Storage ist in den Köpfen nicht so sehr verankert", sagt Lynn-Kristin Thorenz, Consulting Director bei IDC.
Für Partner bedeutet Storage-Konsolidierung aber nicht nur Aufklärungsarbeit, sondern auch beständige Fortbildung, wenn sie erfolgreich im Markt agieren wollen. "In erster Linie müssen unsere Partner bereit sein, sich kontinuierlich weiterzubilden und entsprechende Angebote wahrzunehmen. Das betrifft sowohl die fachliche als auch die vertriebliche Komponente", sagt Fujitsu-Storage-Chef Helmut Beck. Dabei dürfen sie jedoch nicht das Gesamtbild aus den Augen verlieren, warnt Schmitt: "Nur wer weiß, wie die einzelnen Bereiche ineinandergreifen, wird wissen, wo er bei seinem Kunden ansetzen muss, um Kosten zu sparen." "Partner benötigen ein gutes Verständnis der Zusammenhänge und des Zusammenspiels von Server, Storage, Netzwerk und Applikation", pflichtet ihm HP-Manager Kraft bei.
Alles auf Ethernet
Neben einer Vereinheitlichung und Zentralisierung der Speichersysteme erwarten sich Hersteller und Analysten vor allem von einer Konsolidierung der Netzwerkinfrastruktur auf Ethernet-Basis erhebliche Einsparungspotenziale. "Der Einsatz von Ethernet-Storage-Technologien bietet sehr interessante Möglichkeiten", sagt Cisco-Experte Moertl. Bisher wurde der Speicherverkehr nämlich meist getrennt vom Datennetz über eine eigene Infrastruktur übermittelt, die auf dem Protokoll Fibre Channel basiert. Hohen Datenübertragungsraten bis zu derzeit 8 Gbit/s und höchster Zuverlässigkeit stehen allerdings auch Nachteile gegenüber: "Separate Netze für Daten und Storage erhöhen den Managementaufwand im Rechenzentrum", sagt Amanda Giddins, EMEA Channel Director bei Brocade, "viele Unternehmen sehen deshalb die Zusammenführung von Fibre-Channel-SANs und Ethernet-Verkehr auf einer physikalischen Verbindung als den nächsten logischen Schritt an." Auch Platz-, Energie- und Wärmeaspekte sprechen für die Netzkonvergenz. "Mit I/O-Konsolidierung lassen sich bis zu acht Schnittstellenkarten durch einen Adapter ersetzen", sagt Gilles Chekroun, Fibre-Channel-Experte und Vorstandsmitglied beim Branchenverband SNIA Europe. Ein konvergentes Netzwerk spare so bis zu 28 Prozent an Switches, Adaptern und Rack Space, bis zu 42 Prozent an Energie und Kühlung und bis 80 Prozent in der Verkabelung.
Prinzipiell gibt es für die Konsolidierung des blockbasierten Speicherverkehrs auf Netzwerkebene mehrere Möglichkeiten: So kann man beispielsweise die zu speichernden Daten mithilfe des Protokolls iSCSI, das SCSI-Befehle in TCP/IP-Pakete verpackt, blockbasiert über eine IP-Verbindung transportieren. Diese Technologie ist vor allem für kleinere Umgebungen geeignet, da sie im einfachsten Fall sehr wenig Infrastrukturkosten verursacht, reichen doch eine einfache Netzwerkkarte im Server und ein Softwareinitiator, den es für die meisten Betriebssysteme kostenlos gibt. Sogenannte TCP/IP Offload Engines (TOE), welche die nicht unerhebliche Rechenleistung für die Kapselung des Protokolls übernehmen, sind angesichts leistungsfähiger Serverprozessoren mit vier, sechs oder noch mehr Kernen kaum mehr nötig. Auch vorhandene LAN-Switches können weiterverwendet werden. Sollen Server über iSCSI allerdings an ein Fibre-Channel-SAN angeschlossen werden, benötigt man zur Protokollumsetzung ein sogenanntes Stateful Gateway, was Latenzzeiten und Komplexität erhöht.
Licht und Schatten bei iSCSI
"Der iSCSI-Markt ist der seit Jahren am schnellsten wachsende Speichermarkt", sagt HP-Manager Kraft. Nach Aussage von Daniel Lin, Sales Director des iSCSI-Raid-Spezialisten QSan, liegen die Zuwachsraten bei fast 60 Prozent im Jahr. Der Anteil am Gesamtmarkt bleibt allerdings relativ gering. Laut IDC betrug der Umsatzanteil von iSCSI am gesamten Networked-Storage-Markt im dritten Quartal 2009 13 Prozent. Auf Fibre Channel entfielen 61 Prozent der Umsätze, und File-basierte Networked-Attached-Storage-Lösungen (NAS) kamen auf 26 Prozent.
Der Grund für die zögerliche Akzeptanz vor allem in größeren Unternehmen ist weniger in den technischen Nachteilen wie geringere Übertragungsraten und hohem Protokoll-Overhead zu suchen. Nach Ansicht von Chekroun ist der Technologiebruch zwischen Fibre Channel und TCP/IP das entscheidende Hindernis: "Storage-Experten kennen sich mit Fibre Channel aus, aber nicht mit TCP/IP."
Chekroun sieht vor allem in größeren Rechenzentren bessere Chancen für eine I/O-Konsolidierung auf Basis von Fibre Chanel over Ethernet (FCoE, siehe auch Seite 18). Das Protokoll kapselt Fibre Channel direkt in Ethernet, sodass keine TCP/IP-Verbindung oder Protokollumsetzung notwendig ist. Alle aus der Fibre-Channel-Welt bekannten Funktionen wie Zoning, FSPF (Fabric Shortest Path First) und World Wide Names (WWN) lassen sich wie gewohnt einsetzen. "FCoE ist der klare Gewinner, Connectivity ist nicht genug, auch die Administrierbarkeit muss stimmen", sagt Chekroun.
Da das Fibre-Channel-Protokoll keine Paketverluste toleriert, muss Ethernet um einen Kontrollmechanismus (Flow Control) ergänzt werden, der Datenkollisionen und damit den Verlust von Paketen verhindert. Die Standards für dieses "Losless Ethernet" werden von der Data Center Bridging Task Group der Standardisierungsorganisation IEEE erarbeitet. "Data Center Bridging bringt die Leistungsfähigkeit von Fibre Channel in Ethernet-Umgebungen", sagt Amanda Giddins, EMEA Channel Director bei Brocade.
Nach Ansicht von Chekroun wird FCoE zunächst Einzug in Racks halten und die Verbindung von den Servern zum Top-of-the-Rack-Switch herstellen. Dies hat vor allem Kostengründe: Um FC sinnvoll über Ethernet zu übertragen, ist eine Zehn-Gigabit-Ethernet-Infrastruktur zwingend notwendig. Diese lässt sich relativ kostengünstig über Kupfer-Twinax-Kabel aufbauen - allerdings nur für kurze Strecken von wenigen Metern. Für längere Übertragungswege müssen optische Verfahren über Glasfaser eingesetzt werden, was um den Faktor 20 bis 30 teurer ist als die Kupfervariante.
Fibre Channel bleibt
Bei aller Begeisterung für Ethernet-Network-Storage und dessen Einsparpotenzialen glaubt keiner der Experten, dass Fibre Channel in naher Zukunft obsolet werden könnte: "Wir gehen davon aus, dass es mittel- bis langfristig eine Verlagerung von Fibre Channel (FC) hin zu internetbasierten Protokollen geben wird. Gerade wegen der installierten Basis und großen Verbreitung von FC-Infrastrukturen, Speicherlösungen und vorhandenem Know-how wird FC allerdings auf längere Sicht bestehen bleiben", sagt HP-Manager Kraft. "Fibre Channel wird in den kommenden zehn Jahren nicht verschwinden", pflichtet ihm IDC-Analyst Eric Sheppard bei, "die installierte Basis ist enorm." Selbst Cisco, traditionell aus der Ethernet-Welt kommend, sieht das so: "FC-SANs werden weiterhin eine sehr wichtige Rolle in den Rechenzentren spielen", sagt Moertl, "Kunden haben in der Vergangenheit in FC-SANs investiert und gute Erfahrungen mit dieser Technologie gemacht."
Dennoch sollte der Channel die Ethernet-Storage-Technologien nicht ignorieren: "FCoE ist sicher eine zukunftsweisende Technologie. Daher sollten sich Reseller und Integratoren mit der Technologie vertraut machen und auf dem Laufenden bleiben. Wenn sich FCoE endgültig am Markt durchsetzt, werden diese Kenntnisse sehr gefragt sein", sagt EMC-Experte Kotro. "Ich sehe die Spezialisierung als eine Chance für die Partner, die heute noch keine Speichertechnologie verkaufen, aber im Server- und/oder Netzwerkumfeld tätig sind", ergänzt Kraft. NetApp-Channel-Chef Schmitt hält dagegen wenig von einer Spezialisierung: "FCoE und iSCSI sind sicherlich Technologien, in die es sich zu investieren lohnt. Von einer Spezialisierung auf Ethernet-Technologien würde ich jedoch abraten." (haf)