Von Photoshop-Novitäten erfahren Anwender je nach Version mal frühzeitig und mal erst kurz vor Veröffentlichung einer neuen Fassung. Photoshop CS3 bekamen interessierte Anwender bereits als Public Beta zum Testen, diese Art Öffentlichkeitsarbeit wollte Adobe bei Photoshop CS4 allerdings nicht wiederholen. Für das anstehende Photoshop hat sich Adobe nun ganz im Trend liegend Facebook.com ausgesucht, um dort häppchenweise sogenannte Sneak Peaks, auf deutsch: inoffizielle Vorpremieren, in Form von Demo-Videos zu platzieren. Unsere Schwesterpublikation Macwelt hat die Photoshop-Videos aufgestöbert und fasst zusammen, was Adobe schon heute über die nächste Photoshop-Version verrät.
Malwerkzeuge
Ein rundes Bild der Neuerungen kann man sich bereits im Bereich Malwerkzeuge machen, denn zu diesem Thema lancierte Adobe zwei auskunftsfreudige Sneak-Peak-Videos. Was der Wischfinger in Ansätzen kann, soll nun mit den Pinsel-Werkzeugen als echte Farbeigenschaftensimulation möglich sein: Farben lassen sich "nass" auftragen und können sich vermischen. Dabei lässt sich wählen, ob nur die Vordergrundfarbe diese Nass-Eigenschaft besitzt, oder man Farben aus einer Photoshop-Ebene mit dieser Eigenschaft zum Malen benutzt oder schließlich Maluntergrund und Malfarbe zusammen die Nass-Eigenschaften besitzen.
Während diese Funktionen sich mit den bekannten Pinselspitzen einsetzen lassen, beschert uns das nächste Photoshop auch neue Malwerkzeuge. Hierbei werden echte Pinsel simuliert, die im Gegensatz zu den "flachen" Pinselspitzen auch Farbauftragseigenschaften wie bei Pinselborsten haben. Rusell Brown, einer der Chief Software Architects von Photoshop, demonstrierte dies bereits mit vier verschiedenen Pinseln, in einem weiteren Sneak-Peak-Video zeigt das Pinsel-Bedienfeld insgesamt zehn dieser neuen Echt-Pinsel.
Den vollen Nutzen dieser Malwerkzeuge erzielt man naheliegenderweise nur mit einem Grafiktablett - Wacom dürfte sich schon die Hände reiben. In der Demo konnte man in einem kleinen Zusatzfenster in einer 3D-Ansicht sehen, wie sich die neuen Pinsel bei Einsatz eines Wacom Intuos 4 mit einem Art-Pen verhalten und sich die Pinselborsten unter Andruck des Grafiktablettstifts verbiegen und verdrehen - ob dieses Zusatzfenster es auch in die finale Version schafft, ließ sich jedoch aus dem Video nicht erschließen.
Content Aware Fill
Seit vielen Jahren sind Forscher aus Adobes Advanced Labs (eine Abteilung, die sich unabhängig von Applikationsentwicklungen um neue Anwendungstechniken kümmert) an der Entwicklung der Patch-Match-Technik beteiligt. Patch Match ist ein Verfahren zur randomisierten strukturellen Bildbearbeitung anhand von Umgebungsmustern. Wem das nichts sagt: Der Reparaturpinsel, die mit Abstand beliebteste neu eingeführte Photoshop-Funktion der letzten Jahre, arbeitet nach diesem Verfahren. Eine Fortentwicklung zeigte sich im Content Aware Scaling im aktuellen Photoshop CS4 und einem der Sneak-Peak-Videos kann man nun entnehmen, dass Photoshop mit einer weiteren Anwendung dieser Technik unter dem Namen Content Aware Fill aufwarten wird. Zu sehen gibt es das als neue Option beim Reparaturpinsel sowie im Füllen-Dialog für bestehende Auswahlen. Content Aware Fill ersetzt Inhalte unter dem Reparaturpinsel oder in Auswahlbereichen durch zufällig neu angeordnete mehrfache Bereiche aus der Umgebung des betreffenden Bildbereichs. In den Demos funktioniert das sehr gut beispielsweise beim Entfernen von Leitungsdrähten, Zaunpfählen oder gar ganzen Gebäuden.
Das nächste Photoshop wird endlich auch in der Mac-Version als 64-Bit-Applikation erscheinen, nachdem dies für Windows bereits seit Version CS4 gilt. Die Anwendererwartungen an ein 64-Bit-Photoshop sind jedoch manchmal zu hoch. Merkliche Performancevorteile durch 64-Bit-Adressierung stellen sich erst ab 4 GB RAM Zuweisung und sehr großen zu bearbeitenden Bilddaten ein. Wesentlich mehr Arbeit als 64-Bit macht den Entwicklern jedoch die quasi durch Apple veranlasste Umstellung der Programmiercode-Bibliothek von Carbon auf Cocoa - mit dieser für den Anwender "unsichtbaren" Arbeit war die Photoshop-Entwickler übrigens bereits schon vor Veröffentlichung von Photoshop CS4 beschäftigt. |
Puppet Warp
Mit dieser Funktion mussten die Photoshop-Entwickler das Rad nicht neu erfinden: Puppet Warp heißt die Funktion, die ebenfalls sehr wahrscheinlich ins nächste Photoshop einziehen wird. Sie wird Anwendern von After Effects bekannt vorkommen, den dort existiert sie bereits als Puppet Tool beziehungsweise Mesh Warp. Mit ihr kann man Bildbereiche verziehen und in einem Mesh-Gitter bewegen, das Ganze wird durch Kontrollpunkte gesteuert, anhand derer einzelne Bildbereiche fixiert sind und andere zum Beispiel verbogen und rotiert werden.
Kante verbessern
Schwierige Freisteller lassen so manchen Photoshop-Anwender verzweifeln - folgerichtig gibt es hier immer Entwicklungsbedarf, um Auswahl- und Freistellfunktionen noch anwenderfreundlicher zu machen. Den Sneak-Peaks zufolge darf man sich nun auf zwei wichtige Neuerungen des Kante-Verbessern-Dialogs einstellen: Ein Smart-Radius-Regler dient dazu, den Auswahlkantenbereich besser nach weichen und harten Objektkanten zu unterscheiden. Vielversprechend ist auch die im Video zu sehende Wirkungsweise des neuen Bereinigungspinsels, mit dem man bei geöffnetem Kante-Verbessern-Dialog noch Bereiche in die Auswahl aufnehmen oder von ihr ausschließen kann. Der neu gestaltete Dialog zeigt auch eine neue Option namens "Decontaminate Color", sie dürfte dazu dienen, aus der ursprünglichen Umgebung herrührende Farbsäume zu eleminieren.
Camera Raw 6
Wer wissen will, was Photoshops Raw-Bearbeitungs-Plugin Adobe Camera Raw (ACR) in der nächsten Version an Neuheiten bieten wird, braucht sich nur die öffentliche Beta von Lightroom 3 ansehen. Alle Entwicklungswerkzeuge von Lightroom und ACR sind schließlich identisch. Die großen Lighroom-Neuheiten bei Schärfen, Rauschreduzierung, Kornsimulation und Postpro-Vignettierung werden daher auch in ACR 6 Einzug halten, ebenso die neue Prozess-Engine mit einem besseren Demosaicing und Rendering beim Öffnen der Raw-Bilder.
Mach es einfach, Adobe
Jüngst von Adobe lancierte Videos zeigen Neuerungen und Verbesserungen, die sich besonders viele Anwender gewünscht haben. Die Umsetzung dieser Anwenderwünsche nennt Adobe JDI-Features (JDI für Just Do It, frei Übersetzt: Mach es einfach). Bereits gezeigte Beispiele: Photoshop wird in Zukunft in einem Rutsch schiefe Bilder begradigen und beschneiden können. Das war lange fällig und Lightroom hat bereits vorgemacht, wie so etwas geht. Oder:
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Man kann demnächst die Dreckkaft für mehrere ausgewählte Ebenen gleichzeitig regeln. Klingt einfach, konnte Photoshop aber bislang nicht, beziehungsweise nur bei Ebenen in einer Gruppe. Dritte Neuerung: Mit "Speichern unter..." lassen sich in Zukunft direkt aus Bildern, die 16 Bit Farbtiefe haben, 8-Bit-JPEGs speichern. Der bislang lästige Bildmoduswechsel wird dabei automatisch erledigt. Aus Anwendersicht könnte man diese JDI-Features auch so beurteilen: "Na also, geht doch." (Macwelt/haf)