Praxistest

Das bringen SSDs im Unternehmen

20.05.2010
Wenn Ihr Kunde seine Speicherinfrastruktur mit SSDs statt klassischen Festplatten ausrüstet, muss er viel Geld in die Hand nehmen. Unsere Schwesterpublikation NetworkWorld hat untersucht, ob und wann sich die Investition lohnt.
Festplatte oder SSD? Das ist die Frage.

Flash-Speicher haben große Vorteile gegenüber traditionellen magnetischen Festplatten. Sie sind leiser, schneller, verlässlicher und brauchen weniger Strom. Doch Solid State Drives (SSD) haben auch Nachteile. So ist die Lebensdauer einer Platte durch die Zahl der Schreibzyklen in einer Zelle beschränkt. Spezielle Algorithmen verteilen deshalb die Schreibzugriffe möglichst gleichmäßig, um den vorzeitigen Ausfall einzelner Zellen zu verhindern. Zudem kostet Flash-Speicher, bis zu 70-mal so viel pro Gigabyte wie eine normale Festplatte. Gibt es dennoch Einsatzzwecke in Unternehmen, welche die erhöhten Kosten rechtfertigen?

Um diese Frage zu beantworten hat unsere Schwesterpublikation NetworkWorld Produkte auf Flash-Basis von sieben verschiedenen Anbietern untersucht. Zu den Testkandidaten zählten die drei PCIe-Lösungen (Peripheral Component Interconnect Express) Adaptec MaxIQ 5805/512, zwei Apricorn-PCIe-Drive-Arrays und die FusionIO ioDrive.

Des Weiteren wurden die SAN-Systeme (Storage Area Network) Compellent Storage Center 030 und Dot Hill AssuredSAN 3730 getestet. Ebenfalls im Testfeld war ein HP Blade-System der C-Klasse mit zwei Server-Blades, die jeweils mit einem 160-GB-StorageWorksIO-Beschleunigungsmodul ausgestattet waren. Schließlich hat sich die NetworkWorld-Redaktion eine 128 GB große SSD von Ritek angesehen.

Der Unterschied zwischen SLC- und MLC-Speicher

MLC-SSDs sind preiswert, haben aber eine kurze Lebensdauer.

Es gibt zwei Arten von Flash-Disks, SLC (Single-Level-Cell) und MLC (Multi-Level-Cell). Wie der Name schon andeutet, unterscheiden sie sich in der Zahl der Informationen pro Zelle. Während in einer SLC-Zelle nur ein Bit gespeichert wird, lassen sich in einer MLC-Zelle bis zu vier Bits ablegen, was die Speicherdichte erheblich erhöht. SLC-Speicher sind schneller und haben eine längere Lebensdauer (circa 100.000 Schreibzyklen pro Zelle). Sie sind aber auch wesentlich teurer. MLC-Speicher sind günstiger, haben aber nur eine Lebensspanne von ungefähr 10.000 Schreibzyklen pro Zelle, weshalb sie grundsätzlich nicht für datentransferintensive Unternehmensanwendungen geeignet sind. MLC-Flashplatten können jedoch im Unternehmen dort zum Einsatz kommen, wo Daten meist nur ausgelesen werden, beispielsweise in einer Nachschlage-Datenbank oder in einem Video-Server.

SSDs lösen häufig die klassischen Festplatten in Servern ab, was nicht unbedingt der effizienteste Weg ist, Flash-Disks einzusetzen. SLC-basierte SSD sind nämlich so viel schneller als Standard-Festplatten, dass schon wenige Drives einen Standard-Storage-Controller überlasten. Die zuverlässigen und teueren SLC-Platten in einem RAID-Verbund (Redundant Array of Independent Disks) einzusetzen, ist ebenfalls keine wirklich gute Idee.

Hersteller sind deshalb auf der Suche nach neuen Anwendungsgebieten für SSDs. So werden SSDs beispielsweise in SAN-Speichersystemen als schneller Zwischenspeicher oder zusätzliche Speicher-Schicht eingesetzt, welche häufig "Tier 0" genannt wird.

Dieser Test deckt alle Kategorien des SSD-Einsatzes ab - abgesehen von dem in Appliances, die zwischen Server und Speicher angesiedelt sind. Hersteller solcher Produkte wie Atrato, Dataram, IBM, Schooner Information Technology, Solid Access Technologies, Storspeed, Teradata und Violin Memory wurden eingeladen, konnten aber nicht rechtzeitig Testgeräte zur Verfügung stellen.

Als Testumgebung kam ein HP-ML370G5-Server mit Windows Server 2003 zum Einsatz, der über einen 2 Gbit/s-Fibre-Channel-Switch von HP an die externe Speicherumgebung angeschlossen war. Parameter wie Durchsatz, IOPS und Latenz wurden mithilfe der Open-Source-Software Iometer gemessen.

Das bringen SSDs

Der Einsatz von SSDs in Servern ist nicht unbedingt die beste Lösung.

Um herauszufinden, welche Vorteile SSDs bringen, wurde jedes Produkt in den folgenden Bereichen bewertet:
1. Leistung (Datendurchsatz, IOPS und Latenz)
2. Installation und Dokumentation
3. Handhabung
4. flexible Konfiguration möglich, für verschiedenen Netzwerk-Architekturen
5. Preis-Leistungsverhältnis

Der Leistungsgewinn durch den Einsatz von SSDs ist sehr unterschiedlich. Der Geschwindigkeitszuwachs reichte von doppelt bis 10-fach gegenüber normalen Festplatten. Die zwei Fibre-Channel-Arrays von Compellent und Dot Hill waren nur durch das 2Gbit/s-Fibre-Channel-Interface limitiert und hätten eine noch größere Leistung aufweisen können, wenn sie mit einem 4Gbit/s- oder 8Gbit/s-Host-Bus-Adapter verbunden gewesen wären.

Beim internen Einsatz war der Geschwindigkeitsvorteil deutlicher, da der PCI-Bus einen größeren Datendurchfluss und mehr IOPS aufrechterhalten kann als externe Schnittstellen. Die schnellsten Systeme wiesen einen Lese- und Schreib-Durchsatz von mehr als 700 MB/s auf.

Große Unterschiede beim Schreiben

Extrem schnell, aber auch extrem teuer: SSDs von FusionIO

Der Test deckte einen deutlichen Unterschied zwischen Hochleistungs-SSDs und Standard-SSDs auf. Die handelsüblichen SSDs von Adaptec, Apricorn, Dot Hill und Ritek, zeigten sehr stark variierende Latenzen (Antwortzeiten). Der Geschwindigkeitseinbruch trat in dem Moment auf, in dem die Platte einmal komplett mit Daten beschrieben war und ist auf interne Aufräum- und Korrekturmechanismen zurückzuführen, welche das Medium ausbremsen. Der Effekt war nur beim Schreiben zu messen, die Leseleistung blieb auch bei den preiswerteren Laufwerken auf hohem Niveau.

Die Leistungskennzahlen der Highend-SSDs blieben dagegen während des gesamten Tests konstant, da diese Platten entweder deutlich größer sind als ausgewiesen (Overprovisioning) oder Korrekturmaßnahmen nur dann durchführen, wenn keine Schreibaktivitäten auftreten.

Die Latenzzeit-Variation war bei den MLC-basierten Ritek-Laufwerken und bei den MLC-basierten Arrays von Apricorn am stärksten ausgeprägt. Die anderen drei Testkandidaten von Adaptec, Apricorns SLC-basierter Verbund und das Dot Hill-System zeigten diesen Effekt aber ebenfalls. Die Latenz reichte von weniger als einer Millisekunde bis zu einer Sekunde für das Dot Hill-System und bis zu 3 Sekunden bei Adaptec und Apricorns SLC-Festplatten.

Im Gegensatz dazu blieb die Latenz bei den SSDs von Compellent, FusionIO und HP immer unter 12 Millisekunden, selbst wenn sie mehrfach zu nacheinander zu 100 Prozent beschrieben wurden.

Highend-SSD sind allerdings wesentlich teurer als SSDs von der Stange. Während die Ritek Festplatte mit 128 GB zum UVP von rund 300 Euro (400 US-Dollar) zu haben ist, verlangt FusionIO zirka 5.200 Euro (6.829,99 US-Dollar) für eine 320 GB-Festplatte. Der Preis einer Compellent 146-GB-Festplatte liegt sogar bei etwa 8.320 Euro (11.000 US-Dollar), wobei mindestens drei Stück bestellt werden müssen.

Das beste Preis-/Leistungsverhältnis bietet der Adaptec 5805 Controller in Kombination mit MaxIQ-Platten. Er beschleunigt jeden internen Speicher im System und nicht nur die Laufwerke, welche an den Controller angeschlossen sind. Zwar trat das "Write Cliff"-Problem auf, das sich aber beheben lässt, wenn man mehr als eine 64GB SLC SSD an den Controller anschließt. Der Preis für das System ist recht gering, der Controller kostet rund 490 Euro (645 US-Dollar), jede MaxIQ-Festplatte schlägt zusätzlich mit zirka 980 Euro (1.295 US-Dollar) zu Buche.

Kunden, die eine hohe, konstante Schreibgeschwindigkeit benötigen, um beispielsweise große Online-Datenbanken zu betreiben, sollten zu einer Lösung wie dem Compellent-Verband, FusionIO-Produkten oder dem HP-System greifen. Diese bieten eine sehr gute Leistung zum allerdings hohen Preis.

Wenn es dagegen vornehmlich darum geht, Daten sehr schnell und konsistent auszulesen, so wird jede der SSD-Platte eine bessere Leistung bieten, als die meisten konventionellen Festplatten.

Fazit

SSDs können deutlich mehr Leistung bringen als herkömmliche Festplatten. Bei der Wahl des Produkts muss man jedoch sorgfältig darauf achten, dass die auserkorene SSD-Lösung zum Einsatzzweck passt.

Anwendungen, die große Mengen an Daten über einen längeren Zeitraum hinweg auf die Platte schreiben, benötigen Hochleistungs-Laufwerke, die deutlich teurer als Standard-SSDs sind. In weniger anspruchsvollen Szenarien zeigten alle gestesteten Produkte erhebliche Vorteile gegenüber traditionellen Festplatten. Ob die höheren Preise dadurch wettgemacht werden, muss der Kunde selbst entscheiden.

Der Originalartikel stammt von Logan G. Harbaugh aus unserer Schwesterpublikation Network World. (PC-Welt/haf)