Miracast, WiDi, WirelessHD & Co.

Das bieten neue drahtlose Übertragungstechniken für Bild und Ton

15.04.2014 von Klaus Hauptfleisch
Neben Apples AirPlay machen just auch andere drahtlose Übertragungstechniken wie Intels Wireless Display (WiDi), WirelessHD und Miracast von sich reden. Eine Übersicht über Vor- und Nachteile sowie Marktaussichten.

Geht es darum, Bilder oder Videos ohne Kabel auf ein Ausgabegerät zu übertragen, sind die Möglichkeiten breit gestreut. Soweit zur Theorie. Ob und inwiefern sich Lösungen zur drahtlosen Übertragung von Audio und Video verkaufen, steht indes auf einem anderen Blatt. So meint Belkin-Sprecher Karsten Kunert etwa, Intel habe den "Marketing-Knopf bei WiDi" noch nicht gefunden, um ausreichend Bedarf zu generieren. Dabei bedeutet Marketing aus OEM-Sicht oft auch Entgegenkommen bei den Lizenzgebühren.

Der hohe Preis von anfangs über 200 Euro ist für Kunert auch der Grund, warum der ScreenCast genannte erste WiDi-Adapter trotz guter Kritiken nicht den erhofften Absatz fand und jetzt schon End-of-Life-Stempel eines Auslaufmodells trägt. Dass Intel den Marketing-Knopf bei WiDi nicht gefunden hat, liegt wohl auch daran, dass der Chipriese auf Miracast umgeschwenkt ist, nachdem Microsoft den offenen Standard in Windows 8.1 implementiert hatte.

Drahtlose Übertragung
Sony Miracast
Hier zeigt Sony, wie der Bildschirminhalt des Smartphones mit Miracast gespiegelt werden kann.
Miracast-Architektur
Die Miracast-Architektur laut Intel
Intel-Klon
Wie hier von Intel dargestellt, unterstützt Miracast unter Android 4.2 den Klon- und den Präsentationsmodus.
Netgear PTV3000
Der Netgear PTV3000 unterstützt Intel WiDi 3.x und Miracast sowie Push2TV zur drahtlosen Übertragung von Bildschirminhalten auf den Fernseher....
Netgear PTV3000
...Dabei werden Auflösungen von bis zu 1080p (FullHD) unterstützt.
Loewe 3D Orchestra
Für seine Fernseher mit andockbarer Soundbar als Center Speaker hat Loewe kabellose Lautsprechersysteme mit bis zu 7.4-Raumklang entwickelt. Gefunkt wird im 5,8-GHz-Band.
Denon AVR-2312 mit AirPlay
Denons 7.1-Netzwerk-Receiver unterstützen alle Apples Airplay, um in iTunes archivierte Musikstücke zu streamen und wiederzugeben.
Beans cast v.2
Der erste beans cast der jungen deutschen Firma Bestbeans hatte zum Umschalten zwischen Miracast und DLNA einen kleinen Knopf, beim beans cast 2 funktioniert das Software-gesteuert....
Beans cast v.2
...Eine deutliche Verbesserung ist das Buffering für die ruckelfreie Miracast-Übertragung ohne Artefakte.
Asus Miracast Dongle
Kaum auf den Markt, hat Asus die Produktion die Miracast-Sticks wieder eingestellt, auch wenn die mobilen Geräte des Herstellers den Standard zum Teil unterstützen.
LG G Flex
Neuere Android-Smartphones wie das G Flex von LG unterstützen alle Miracast, womit sich das kleine Display samt Inhalt am großen Fernseher auch spiegeln lässt...
LG TV 55EA9709
...So zum Beispiel auf dem 55 Zoll großen gebogenen OLED-Fernseher 55EA9709, einer der Stars der CES 2014.
Lässige Full-HD-Übertragung per WHDI
Der WHDI-fähige Belkin ScreenCast AV4 hat zwar 2012 eine Top-Bewertung erhalten, ist aber als zu teuer zum Auslaufmodell geworden. Auf bis zu 30 m soll der Adapter Full-HD- und 3D-Bilder dank 5-GHz-Band ruckelfrei übertragen und den kabellosen Zugriff auf bis zu vier Geräte ermöglichen.
Dell XPS11
Bei neueren mobilen Geräten wie dem 2-in-1-Ultrabook XPS 11 hat Dell auch Miracast an Bord.
Acer MHL Adapter
MHL ist eigentlich ein HDMI-naher kabelgebundener Übertragungsweg. Acer bietet ihn für eine Reihe von Projektoren als Wireless-Adapter an...
Acer MHL Wireless Adapter
MHL ist eigentlich ein HDMI-naher kabelgebundener Übertragungsweg, Acer bietet ihn für eine Reihe von Projektoren aus eigenem Haus als Wireless-Adapter an. Der Stick versteht sich auch auf Miracast, WiDi und DLNA.
Leuchtriese Acer P7605
Acers P7505 ist mit einer Lichtstärke von 5.000 Ansi-Lumen prädestiniert für mittelgroße Konferenzräume und den Education-Bereich. Mit MHL Wireless Adapter lassen sich die Bilder und Präsentationen drahtlos übertragen.
Samsungs UHD-Fernseher mit HDMI 2.0 und MHL 3.0
Zur Übertragung von Ultra-HD-Inhalten unterstützen Samsungs gebogene Spitzenmodelle von TV-Geräten sowohl HMDI 2.0 als auch MHL 3.0. Hier im Bild zu sehen ist der auf der CES 2014 vorgestellte Curved UHD TV HU8590.
Belkin ScreenCast AV4
Der WHDI-fähige Belkin ScreenCast AV4 hat zwar 2012 eine Top-Bewertung erhalten, ist aber als zu teuer zum Auslaufmodell geworden. Auf bis zu 30 m soll der Adapter Full-HD- und 3D-Bilder dank 5-GHz-Band ruckelfrei übertragen und den kabellosen Zugriff auf bis zu vier Geräte ermöglichen.

Laut Auskunft von Kunert sei aber auch Miracast noch gar nicht so recht nach Europa vorgedrungen. Dafür verfüge der von der Wi-Fi-Allianz definierte Peer-to-Peer-Screencast-Standard mit Intel, Microsoft und Google über sehr starker Unterstützer, auch wenn die Notebook-Player sich vielfach noch zurückhaltend zeigen. Stefan Röttgen, Geschäftsführer eines noch sehr jungen deutschen Unternehmens namens bestbeans, rechnet aber bis Jahresende mit einem Feuerwerk von Miracast-fähigen Produkten, einschließlich Blackberry-Geräten, so dass der Standard sich schnell durchsetzen werde.

Wie andere hier vorgestellte drahtlose Übertragungsstandards, inklusive DLNA, WHDI und WirelessHD, scheint Miracast in erster Linie dem CE-Nutzen zu dienen. Doch ein von dem deutschen Windows-Chef Oliver Gürtler bei Vorstellung von Windows 8.1 gepriesener B2B-Einsatzbereich ist die Möglichkeit der drahtlosen Übertragung von hoch auflösenden Präsentationen und Videos in Konferenzräumen. Der Beamer braucht dazu noch nicht einmal einen eigenen Miracast-Empfänger, denn für unter 40 Euro ist schon ein Dongle zu haben, der einfach in den vorhandenen HDMI-Port gesteckt wird. Für die Kunden scheint Miracast also nicht teuer zu sein.

Von den ersten Funkkopfhörern zur 5,8-GHz-Technik

Dass die neuen drahtlosen Übertragungswege sich noch keiner so großen Akzeptanz erfreuen, mag daran liegen, dass viele Verbraucher schon Probleme haben, sich mit den Smart-TV-Funktionen ihres neuen Flachbildfernsehers zu beschäftigen. Darüber hinaus sei aber auch die Frage erlaubt, ob die Industrie mit zum Teil holperigen oder im wahrsten Sinne des Wortes "berauschenden" Funk- oder Infrarot-Lösungen vor Jahrzehnten vielleicht nachhaltig Vertrauen verspielt hat.

Dabei kann Funk tatsächlich die Lösung sein, wenn Hi-Fi- und Heimkinoträume zerplatzen, weil sie am weiblichen Akzeptanzfaktor (WAF) abprallen, was nicht heißen soll, dass Frauen technikfeindlich sind. Aber wichtigstes Argument gegen eine Surround-Anlage ist häufig der erwartete Kabelsalat. Dem hat die Firma Sennheiser 1975 schon mit dem ersten drahtlosen Infrarot-Kopfhörer den Kampf angesagt. Induktive Höranlagen, wie sie für Schwerhörige und für geführte Rundgänge in Museen heute noch verwendet werden, gab es schon früher, sie sind aber immer noch nicht Hi-Fi-tauglich.

So schön der schnurlose Hörgenuss in der Werbung auch aussah, war dieser in der analogen Welt durch Rauschen, Knacken und Aussetzer nicht selten so stark getrübt, dass sich bis heute hartnäckig die Meinung hält, kabellose Kopfhörer und Lautsprecher würden nichts taugen. Dabei ist die Übertragung mit Einzug der Digitalisierung in den 1990er Jahren so gut geworden, dass Otto-Normal-Verbraucher heute kaum noch Unterschiede hört, bei einem MP3-Player als Signalquelle schon gar nicht.

Funkkopfhörer und -lautsprecher nutzen in der Regel mit 433 MHz dieselben ISM-Bänder wie Autoschlüssel, Alarmanlagen und Babyphones; WLAN, Bluetooth, ZigBee, drahtlose Videoübertragungssysteme und Mikrowellenherde teilen sich meist das 2,4-GHz-Band. In der AVM-Wissensdatenbank findet sich tatsächlich die Fehlermeldung "WLAN: Eine Mikrowelle wurde erkannt…" - mit Tipps wie dem, bei neuen Fritz-Produkten auf das weniger störanfällige 5-GHz-Frequenzband auszuweichen. Neue WLAN-Standards gemäß IEEE 802.11 a/h, n und ac unterstützen seltener genutzte Frequenzen im Bereich von 5,15 GHz bis 5,725 GHz. Bei Miracast warten die Hersteller auch auf die Umstellung auf das 5-GHz-Band, genauer den Bereich um 5,4 GHz.

Als wenig störanfällig gilt auch die 5,8-GHz-Technik. Diese wird unter anderem von Loewe für die 3D Orchestra genannten Funklautsprechersysteme passend zu den Fernsehern der Individual-Reihe mit andockbarer Soundbar (oder Sound Projector) als Center Speaker verwendet. Soweit ein Rückblick und Ausflug in die Frequenztechnik - auch zum besseren Verständnis von WLAN, Grundlage der fast aller modernen drahtlosen AV-Übertragungstechniken.

Breite CE-Basis für Apple Airplay

Für seine Fernseher mit andockbarer Soundbar als Center Speaker hat Loewe die Orchestra 3D genannten kabellosen Lautsprechersysteme mit bis zu 7.4-Raumklang entwickelt.
Foto: Loewe

Loewe gehört neben Denon zu den vielen CE-Herstellern, die Apple Airplay unterstützen. Bis 2010 noch Airtunes genannt, ist das 2004 vorgestellte Airplay genau genommen ein von Apple als Lizenz vergebenes Streaming-Protokoll, das primär WLAN nutzt, aber auch über LAN die Einbindung entsprechend vorbereiteter Endgeräte in iTunes erlaubt. Mit Transferraten von bis zu 120 Mbit pro Sekunde lässt sich Musik maximal mit 44,1 kHz und 16 Bit übertragen, was CD-Audio-Qualität entspricht. Wer eine bessere Qualität wünscht, muss auf Airplay verzichten. Neben Musik kann Airplay auch Videos, Fotos oder auch Bildschirminhalte wie die vom Browsern oder von Videospielen übertragen oder spiegeln, wie man sagt.

Airplay ist zwar kein offen dokumentiertes Protokoll, hat aber schon eine Reihe von Drittanbietern auf den Plan gerufen, die ähnlich zu Miracast und DLNA auch entsprechende Portierungslösungen für andere Betriebssysteme entwickelt haben. Dazu gehören Aerodom für Windows und das Windows Media Center, Android HiFi und XBMC mit Unterstützung von praktisch allen gängigen Betriebssystemen.

Plattformübergreifend verbunden via DLNA

DLNA steht für die Digital Living Network Alliance und ist ein internationaler Zusammenschluss von IT-, CE- und Mobiltelefon-Herstellern mit dem Ziel der Interoperabilität aller DLNA-zertifizierten Geräte im Heimbereich. Ursprünglich als Digital Home Working Group von Sony und Intel 2003 gegründet, haben sich mit so großen Namen wie HP, Microsoft, Panasonic, Samsung, Cisco, Toshiba, Philips, Ericsson, Motorola und Nokia über 250 Unternehmen dem Standard angeschlossen. Im Februar 2013 wurden mehr als 18.000 unterschiedliche Modelle als DLNA-zertifiziert registriert, bis 2010 sollen schon über 440 Millionen entsprechende Geräte verkauft worden sein. Der lange geäußerte Kritikpunkt, dass DLNA so wichtige Video- und Audio-Codecs wie DiVX, Xvid, H.264 und MP3 nicht unterstütze, hat sich seit 2011 etwa weitgehend überholt.

Der Standard, der sich wie Miracast oder Intels Wireless Display (WiDi) über Wi-Fi Direct auch ohne WLAN-Router direkt mit einem Fernseher verbinden kann, eignet sich vor allem zum Streamen von Musik, Videos und Fotos und bietet dafür aufgrund der größeren Reichweite mithin auch die bessere Qualität als Miracast, sagt Röttgen. Dies zumal DLNA sich auch ins heimische Netzwerk einfügen lässt, um einen auf der Festplatte im Keller befindlichen Film per Handy-App auf dem Fernseher im Obergeschoss abspielen zu lassen. Bestbeans hat mit einem "beans cast" genannten Miracast-DLNA-2-in-1-Dongle, der im Mai 2013 bereits marktreif war, nach monatelangen Behördengängen im November des Jahres sein offizielles Debüt gefeiert.

Durch ein erst als Add-on angebotenes und zwei Monate später im beans cast v.2 integriertes Software-Tool hat bestbeans DLNA auch zum Spiegeln gebracht - bei Windows und Mac OS uneingeschränkt, nicht so beim iOS. Denn da würde das attraktive Preisgefüge der Sticks durch die von Apple erhobenen Lizenzgebühren gestört, weshalb auf die 1-zu-1-Spiegelung des Displays verzichtet wurde. Bei Android ist das Mirroring nur mit Miracast-fähigen Geräten ab 4.2 möglich.

Von Wi-Fi Direct zu WiDi und Miracast

Trotz relativ kleiner Stückzahlen sind die HDMI-Dongles von Best Beans bei Amazon und Conrad gelistet und auch beim Distributionsriesen Ingram Micro zu finden.
Foto: Best Beans

Miracast und Intels WiDi werden oft in einem Atemzug genannt, weil beide auf Wi-Fi Direct aufsetzen und gewissermaßen verwandt sind. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass Intel es sich nicht schwer gemacht hat, WiDi zwar nicht ganz aufzugeben, diese aber zugunsten des größeren Ganzen in Miracast mehr oder weniger aufgehen zu lassen.

Im Unterschied zu Wi-Fi Direct genügt es bei Miracast nicht, dass nur ein Gerät den Standard unterstützt, aber wie eingangs schon gesagt, sind HDMI-Dongles für den Fernseher oder Videoprojektor schon für wenig Geld zu haben. Viele Adapter bieten nicht nur WiDi oder Miracast, sondern auch noch andere Standards.

Beim ersten beans cast erfolgte das Umschalten zwischen Miracast und DLNA noch per Knopfdruck, beim zweiten bereits softwaregesteuert. Weitere Verbesserungen sind mehr Audio-Codecs und das Buffering für die sanfte Videoübertragung ohne Artefakte, ein oft genannter Kritikpunkt bei Miracast. Grund dafür ist unter anderem die auch bei WiDi oft beklagte vergleichsweise geringe Reichweite von drei bis fünf Metern, die angegebenen zehn Meter werden kaum erreicht. Den Vergleich zu Googles Chromcast brauche man schon von der Übertragungsqualität nicht zu scheuen, davon abgesehen, dass beans cast keine Nutzerdaten sammle, betont Röttgen.

Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht

Kaum auf den Markt, hat Asus die Produktion dieses im Online-Handel noch erhältlichen Miracast-Sticks wieder eingestellt.
Foto: Asus

Derweil zeigen sich bei den verschiedenen Lösungen, obwohl Standards genannt, zum Teil gravierende Kompatibilitätsprobleme. Mit unterschiedlichen Adaptern und Kodierungen kochten manche Hersteller "ihr eigenes Süppchen", moniert der bestbeans-Chef. Das geht soweit, dass bei Sonys Xperia-Geräten die gleichzeitige Nutzung von Miracast und WLAN nicht möglich ist; bei Asus-Geräten sei die Qualität so instabil, dass man den Support für den Hersteller ausdrücklich nicht garantieren könne. Merkwürdigerweise hat der taiwanische Hersteller die Produktion eines eigenen Miracast-Sticks praktisch zwei Monate nach Erscheinen wieder eingestellt, obwohl er bei Amazon noch zu haben ist.

Röttgen beschreibt Miracast als eine qualitativ sehr von der Hardware abhängige "Technik irgendwo zwischen WLAN und Bluetooth". Tatsächlich müsse man bei Samsung-Geräten zur Nutzung der Miracast-Funktion sogar Bluetooth aktivieren. Der koreanische Riese kennt das Problem an und gibt zu, dass Screen Mirroring für die drahtlose Übertragung des Bildschirminhalts vom Tablet oder Smartphone auf den Fernseher zwar möglich, aber nicht offiziell Miracast-zertifiziert sei.

Branchenriesen stellen sich hinter Miracast

Intels Miracast-Architektur
Foto: Intel

Der Miracast-Standard kann HD-Videos per H.264-Codec mit bis zu 1080p-Auflösung und 5.1-Surround-Sound übertragen. Auch wenn Miracast derzeit noch eher ein Nischendasein fristet, wächst die Zahl der Sende- und Empfangsgeräte unter anderem schon daher, dass Android ab der Version 4.2 (Jelly Bean) den Standard von Hause aus unterstützt. AMD und Nvidia bieten neuerdings auch Miracast-Treiber an. Nvidia hat in einem Whitepaper erklärt, dass man Intels WiDi und Apples Airplay als geschlossene Ökosysteme etwas entgegensetzen wollte, andere offene Standards wie DLNA aber entweder mit Interoperabilitätsproblemen zu kämpfen hätten oder zu unbedeutend seien. Die Multimedia-Architektur des Tegra-3-Prozessors soll selbständig zwischen HD-Videos und 3D-Spiele unterscheiden können und somit die Zahl der Verarbeitungsschritte, Speicherzugriffe und der damit verbundenen Latenzzeiten reduzieren.

Joshua S. No, AV Product Marketing Manager / Home Entertainment bei LG Deutschland weist darauf hin, dass Heimkinoanlagen und Blu-ray-Player ab der Mittelklasse neben Bluetooth Miracast, Private Sound Mode und DLNA bieten. "Durch die kontinuierliche Zunahme von Streaming in Privathaushalten - etwa durch die Nutzung von NAS Systemen, Audio- und Videostreaming-Diensten wie Watchever und Spotify - werden physische Medien langfristig an Bedeutung verlieren. Ähnlich wie bereits jetzt schon in den USA oder auch Korea wird sich auch in Europa die Entwicklung auf jeden Fall in Richtung Streaming verschieben", so No.

Obwohl sich so bedeutende Unternehmen hinter Miracast gestellt haben, ist der große Durchbruch für den neuen offenen Standard bisher ausgeblieben. Vielleicht liegt es daran, dass Miracast noch so jung ist oder daran, dass die beiden Branchenriesen tatsächlich noch zu wenig Marketing-Tamtam darum machen. Dabei hält Intel auf einer Support-Webseite sogar ein WiDi-Upgrade-Tool für Windows 8.1 bereit sowie Informationen, welche Prozessoren, Grafikkarten und Chipsätze Miracast unterstützen.

Der Netgear PTV3000 unterstützt Intel WiDi 3.x und Miracast sowie Push2TV zur drahtlosen Übertragung von Bildschirminhalten auf den Fernseher.
Foto: Netgear

Dass Miracast in Europa noch nicht so sehr angekommen ist, erklärt Netgear damit, dass "das regionale Interesse nicht durch einen Mangel an kompatiblen Geräten, sondern durch die fehlende Vertrautheit sowie das mangelnde Verständnis der Benutzer in Bezug auf Display-Spiegelungstechnologien beeinflusst" werde. "Dies könnte in direktem Zusammenhang damit stehen, dass die europäischen Nutzer weniger oft Premium-Video-Inhalte streamen verglichen mit den US-Nutzern etwa, bei denen der Premium-Video-Konsum über mobile Geräte sehr hoch ist."

Ein Grund dafür, dass viele Hersteller sich Miracast gegenüber noch etwas zurückhaltend zeigen, könnte sein, dass auch noch andere Standards existieren und mitunter verlockender erscheinen. Dazu gehören mobile Alternativen wie Wireless Home Digital Interface (WHDI) ebenso wie MHL als kabelgebundene Option.

WHDI, Wireless Display und WiGig

Zu teuer: Der WHDI-fähige Belkin ScreenCast AV4 hat zwar 2012 eine Top-Bewertung erhalten, ist aber zum Auslaufmodell geworden.
Foto: Belkin

Im Unterschied zu WiDi und Miracast, die wahlweise das 2,4-GHz- oder 5-GHz-Frequenzband nutzen und Bilder im H-264-Codec meist komprimiert übertragen, nutzt WHDI von Hause aus das weniger störanfällige 5-GHz-Band und erlaubt den unkomprimierten Videostream. Als kabellose HDMI-Alternative stehen abermals große Namen wie Hitachi, Motorola, Samsung, Sharp, Sony und LG hinter dem neuen Standard, der laut dem Entwicklerkonsortium besonders flexibel sein soll, weil die meist paarweise erworbenen Transmitter nicht direkt in den Geräten verbaut, sondern extern angeschlossen werden.

Ein Vorteil dieser Lösung zu deutlich gesunkenen Preisen von unter 100 Euro ist die auch zimmerübergreifende hohe Reichweite von bis zu 30 m, ein Versprechen, das wohl auch nur auf dem Papier Gültigkeit hat. Belkin hat mit dem ScreenCast AV 4 einen WHDI-Adapter für bis zu vier Full-HD-Quellen auf den Markt gebracht, der Preis ist allerdings mit knapp 300 Euro immer noch so hoch, dass Kritik vorprogrammiert war und die Produktion nicht weiter verfolgt wird.

Sehr hohe Übertragungsraten von 7 Gigabit pro Sekunde bieten die jeweils mit 60 GHz funkenden neuen Standards WirelessHD und WiGig (Wireless Gigabit gemäß IEEE 802.11 ad), was sie zukunftsgerichtet zu echten HDMI-Alternativen machen könnte. Im Unterschied zu Miracast, WiDi und WHDI sind beide jedoch auf Sichtkontakt angewiesen, was die Reichweite sehr stark einschränkt. Vorteil ist jedoch, dass selbst die Übertragung von 3D-Blu-ray für sie kein Problem darstellt. Das leisten bisher nur kabelgebundene Lösungen.

An der Strippe mit MHL, Slimport und USB-On-The-Go

Acer bietet seinen MHL-Stick für eine Reihe von Projektoren aus eigenem Haus als Wireless-Adapter an. Der Stick versteht sich auch auf Miracast, WiDi und DLNA.
Foto: Acer

Wer den Kabelsalat nicht scheut und eine günstige Verbindung zwischen Smartphone und Beamer oder TV-Gerät sucht, dem bieten sich im Wesentlichen zwei Alternativen zu den genannten drahtlosen Übertragungswegen. Das HDMI-ähnliche MHL (Mobile High-Definition Link) ist dabei sicherlich noch mehr verbreitet als der unter anderem vom Google Nexus 4 unterstützte SlimPort, der wie der Name schon vermuten lässt, eine mobile DisplayPort-Variante ist. Beide unterstützen die unkomprimierte Übertragung von 1080p-Video und 8-Kanal-Audio für 7.1-Lautsprechersysteme. Bei dem unter anderem von Acer mitgetragenen MHL soll das Versprechen aber mehr auf dem Papier stehen, praktisch beschränkt sich die Auflösung meist auf 720p.

Samsung betont zwar, dass MHL von allen eigenen TV-Geräten unterstützt wird, hat aber beim Galaxy SIII gleich eine 11-polige andere Pin-Belegung mit OTG-Funktionalität (On-The-Go) eingeführt, die nicht zum MHL-Standard kompatibel. Der Kunde sah sich daher genötigt, direkt von Samsung für rund 25 Euro einen MHL-Adapter zu kaufen. Flexibler einsetzbar ist offenbar SlimPort. Dafür spricht vor allem, dass dieser Standard nicht auf die Ausgabe über den HDMI-Port beschränkt ist, sondern auch VGA, DVI und DisplayPort unterstützt.

Fazit: Viele Wege führen nach Rom

Es wird sich zeigen, welcher drahtlose Übertragungsstandard sich im AV-Bereich durchsetzt. Miracast scheint dank starker Unterstützung durch Microsoft, Intel, Google und Co. gute Chancen zu haben, das Rennen zu machen. Aber die Möglichkeiten, die WHDI bietet, sind auch sehr verlockend. Dass die Hersteller den verschiedenen Standards ihren eigenen Stempel aufzudrücken versuchen, ist durchaus verständlich, aber nicht mehr zeitgemäß. Kundenfreundlich ist das Kochen der vielen kleinen Süppchen erst recht nicht. (mb)