"Fakten, Fakten, Fakten", so hämmerte sich der Werbespruch eines Wochenmagazins in unsere Köpfe. In der IT klingt dies noch immer vertraut, jedoch in leicht abgewandelter Form: "Feature, Feature, Feature". Nur komisch: Trotz gut vorbereiteter Präsentationen, in denen alle Merkmale ausführlich dargelegt werden, erhält der Vertrieb zustimmendes Nicken, aber keinen Auftrag. Obwohl die Argumente doch so überzeugend und so nachvollziehbar sind. Woran liegt das?
Oftmals werden die wichtigen Fragen vom Kunden nicht ausgesprochen und somit vom Anbieter auch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend beantwortet. Denn auch im B2B-Vertrieb gibt es weiche Faktoren, etwa das viel zitierte Bauchgefühl.
Ein Perspektivenwechsel deckt Befürchtungen auf
Kunden stellen sich diverse Fragen, die sie im Gespräch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht adressieren:
Der Entscheider mag Bedenken haben, trotz aller schlagkräftigen Argumente, eine falsche Entscheidung zu treffen. Vor allem bei Managed Services mit Laufzeiten über mehrere Jahre ist dies oft der Fall.
Er fragt sich was ist, wenn der Anbieter nicht das liefert, was er verspricht.
Eventuell befürchtet er nicht kalkulierbare Kosten, verursacht durch Prozessanpassungen, deren Notwendigkeit sich vielleicht erst im Betrieb zeigt.
Er überlegt, was wohl passieren würde, wenn es tatsächlich die falsche Lösung wäre? Kann er als Entscheider dadurch seinen Job verlieren oder seinen Ruf? Wäre er dadurch in seiner Position geschwächt?
Gerade langjährige Kunden sind eventuell der Ansicht, dass weitere Leistungen in der bereits gezahlten Pauschale enthalten sein sollten.
Dazu kommt, dass sich viele Kunden mit dem Wunsch um die Lösung eines aktuellen Problems an einen Dienstleister wenden und mit zu umfangreichen, auf eine Beratung ausgelegten Angeboten abgeschreckt werden.
Dieser Perspektivenwechsel in das "Ich" des Kunden gibt wichtige Einblicke in die Überlegungen des Gegenübers.
Fähigkeiten aus dem Change Management sind gefordert
Zudem könnte es auch sein, dass der IT-Verantwortliche auf Kundenseite Befürchtungen hinsichtlich der anstehenden Veränderungen mit all ihren Konsequenzen hat. Denn wenn wir ehrlich sind, ist die Einführung eines Managed Services für den Kunden durchaus ein "Change".
So werden etwa die Kompetenzen verlagert. Das behagt dem einen oder anderen Mitarbeiter vielleicht gar nicht. Ebenso entfällt womöglich der kurze Dienstweg für Vorgesetzte und nette Kollegen. Der Wegfall von Privilegien stößt unweigerlich auf Widerstand - nicht selten einhergehend mit der Killerphrase: "Früher war alles besser."
Dazu passt auch das Ergebnis einer Studie von PricewaterhouseCoopers, bei der die befragten Unternehmen angaben, dass sie sich primär für den Dienstleister entscheiden, der ihre individuellen Bedürfnisse am besten versteht. Auf Platz zwei landete als Entscheidungskriterium die Reputation des Anbieters. Auch in die Top 10 der Kriterien schaffte es die geographische Nähe des Anbieters - und das in einer global agierenden Wirtschaftswelt.
Eine besondere Rolle spielen auch das Vertrauen in den Anbieter und natürlich ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Dies und weitere Faktoren beschreibt die aktuelle Studie "Managed Services 2019" von IDG Research Services, COMPUTERWOCHE und CIO.
Entscheider suchen emotionale Rückversicherung
Diese Ergebnisse lassen nur eine Interpretation zu: Entscheider suchen eine emotionale Rückversicherung. Was uns wieder zum Bauchgefühl führt, als ausschlaggebende Instanz. Erst wenn der Bauch zustimmt, darf die Ratio entscheiden.
Der Anbieter, der es versteht, auch die unausgesprochenen Fragen und Befürchtungen zu adressieren, ist hier klar im Vorteil. Dazu gehören auch folgende Punkte, die Sie beachten sollten:
Zeigen Sie "Service Excellence" bereits im Vertrieb und nicht erst ab der Inbetriebnahme. Bauen Sie Vertrauen ab dem ersten Kundenkontakt auf.
Geben Sie dem Kunden die Möglichkeit, Ihre Leistungen im Rahmen von Teststellungen zu "erleben".
Unterbreiten Sie dem Kunden ein schriftliches Angebot und gehen Sie mit Selbstbewußtsein in die Kommunikation mit ihm.
Bei Telefonaten ist es wichtig, dass der Angerufene den positiven Eindruck erhält, dass Sie gerade IHN angerufen haben.
Achten Sie genau auf die Reaktionen des Kunden auf Ihre Erläuterungen. So können Sie entsprechend reagieren und Befürchtungen rechtzeitig ausräumen.
Unterstreichen Sie die Notwendigkeit des Angebotenen, bieten aber verschiedene Optionen an.
Versuchen Sie, die Perspektive Ihres Kunden zu verstehen. Hier kann ich als Methode das "Value Proposition Design" von Alexander Osterwalder wärmstens empfehlen.
Unterstützen Sie Ihren Kunden im Change Management. Helfen Sie ihm, Blockaden und Widerstände zu identifizieren und zu lösen. Falls nötig, setzen Sie auf externe Unterstützung, die die nötige Neutralität bieten kann.
Finden Sie heraus, welche Punkte ihm besonders wichtig sind und appellieren Sie an seine Ziele.
Und zeigen Sie gerade auch im laufenden Betrieb durch eine positiv gelebte Servicekultur, dass auch die Mitarbeiter Ihrer Kunden die Vorteile von Managed Services erkennen können. Letztendlich sind es die Anwender, die die Qualität Ihres Service bewerten werden. Wenn Sie hier das Vertrauen der Nutzer gewinnen können, wachsen Sie kontinuierlich weiter mit Ihrem Kunden. Und darum geht es schließlich.
Undurchsichtige Preisstrukturen
Ein großer Teil der IT-Abteilungen und -Entscheider bevorzugt zudem Gesamtabrechnungen, die sie in festgelegten zeitlichen Abständen erhalten. Oft ist das aber nicht der Fall und jede Leistung soll einzeln abgerechnet werden. Das erleichtert zwar möglicherweise dem Dienstleister seine Arbeit, schreckt den Kunden aber manchmal unnötig ab.