Zweifelsohne, bei diesem Thema gehen die Meinungen auseinander. Digitalisierung polarisiert. Die einen sagen, mit zunehmendem digitalen Wandel werden in Deutschland die Hälfte der Jobs verschwinden und die Arbeitslosigkeit rasant in die Höhe schnellen.
Die anderen meinen, mit digitalen Technologien werden sich lediglich die Berufsbilder ändern, nicht aber weniger Arbeitskräfte benötigt. Einen nicht geringen Anteil zum Digitalisierungs-Hype trägt natürlich auch die große Verunsicherung unter Arbeitnehmern und -gebern bei. Denn aktuell kann niemand sagen, wo wir in 10, 20, 30 Jahren stehen werden.
Was allerdings unbestritten ist: Digitalisierung bringt weitreichende Veränderungen für Endverbraucher, Wirtschaft und Unternehmen gleichermaßen. Letztere sehen sich aktuell mit großen Herausforderungen konfrontiert, die es nun zu bewältigen gilt. Für deutsche Unternehmen ist es unabdingbar, den Weg der Digitalisierung einzuschlagen und ihn mit klaren Konzepten erfolgreich zu gehen, um Kundenbedürfnisse zu erkennen und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Digitalisierung ermöglicht Kundennähe
Ich habe den Eindruck, in der deutschen Unternehmenslandschaft gibt es bereits heute einige der sogenannten Digital Leader. Sie haben bereits erkannt, dass der Digitalisierungsgrad im Unternehmen durchaus in Zusammenhang mit Erfolg und Umsatzsteigerung steht und somit langfristig gedacht Teil einer erfolgreichen Unternehmensstrategie sein muss. Auffällig ist dabei, dass besonders Mittelständler die Digitalisierung bisher aus genau diesem Blickwinkel betrachten. Sie sehen im digitalen Wandel vor allem die Möglichkeit, ihr Geschäft effizienter und gewinnbringender zu gestalten.
Bei der Digitalisierung geht es allerdings um viel mehr. Unternehmen, die digital denken und handeln, sind viel besser in der Lage, ihren Kunden genau das zu bieten, was sie brauchen - die gesamte Customer Experience also zu verbessern und Kunden langfristig an sich zu binden. Viele Unternehmen haben das bisher noch nicht erkannt: Mit digitalen Geschäftsmodellen und -prozessen lassen sich nicht nur interne Strukturen ändern und optimieren, sondern auch die Kundenzufriedenheit steigern. Dazu gehören beispielsweise die Implementierung eines Online-Kundenportals und E-Support-Tools.
B2C tut sich schwer
Auffällig ist, dass sich besonders die deutschen B2C-Unternehmen mit den Kundenbedürfnissen nach wie vor schwer tun. Denn diese sind dort oft stärker versteckt, als es im B2B-Bereich der Fall ist. Während es mittlerweile einige amerikanische Unternehmen gibt, die erkannt haben, wie wichtig Kundenzentriertheit ist und diese auch umsetzen können, haben wir in Deutschland noch Nachholbedarf.
Ein gutes Beispiel für ein B2C-Unternehmen, das den hohen Stellenwert der Kundenbedürfnisse verstanden hat, ist Uber. Dass Taxinutzer von A nach B zu kommen wollen, haben natürlich auch deutsche Taxiunternehmen erkannt. Was Uber allerdings besser macht: Das Unternehmen hat auch verstecktere Kundenbedürfnisse wie etwa die Preisauskunft vor Fahrtantritt erkannt und eine Lösung hierfür gefunden. Bevor der Kunde in das Taxi einsteigt, erfährt er bereits in der zugehörigen App, wie viel ihn die Fahrt kosten wird. Zudem wird über die App bereits bevor es losgeht, das Ziel festgelegt. So lassen sich Kommunikationsprobleme mit dem Fahrer - beispielsweise in fremden Ländern - vermeiden.
B2B ist einen Schritt weiter
Im B2B-Umfeld ist das Thema Kundenbedürfnisse meist etwas einfacher. Denn die Kaufentscheidung wird hier weniger emotional gefällt, da es in der Regel einen Einkäufer gibt, der sich mit den jeweiligen Themen genau auskennt und weiß, was gebraucht wird.
Lesetipp: Kunden verstehen und Conversion Rate steigern
Versteckte Kundenbedürfnisse sind dann aufgrund von klarer Kommunikation eher selten. Hinzu kommt, dass es sich im B2C-Bereich meist um Einmal-Kauf-Events handelt, während im B2B-Bereich eher längere Kundenbeziehungen die Regel sind, die immer wieder zu einem Kauf, beziehungsweise Verkauf führen. Lieferanten stehen zum Beispiel in ständigem Kontakt mit Autoherstellern, die sie beliefern. Durch diesen stetigen Austausch sind die Kundenbedürfnisse viel weniger versteckt, da sie sich quasi aus dem täglichen Alltagsgeschäft ergeben und sie beide Geschäftsseiten unmittelbar mitbekommen. Das ist auch der Grund, warum sich B2B-Unternehmen in Deutschland aktuell leichter tun, Digitalisierungsmaßnahmen umzusetzen, als B2C-Unternehmen. Sie verstehen die Bedürfnisse ihrer Kunden besser und können deshalb schneller und gezielter darauf reagieren und die entsprechenden digitalen Tools implementieren.
Kundenbedürfnisse erkennen - nur wie?
Um die Kundenwünsche herauszufinden, ist es wichtig, sich mit den Kunden selbst auseinanderzusetzen. Das gilt vor allem für den B2C-Bereich, natürlich aber weiterhin auch für B2B-Unternehmen.
Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste lautet "Customer Insight Generation". Das bedeutet: Ein Unternehmen sammelt riesige Mengen an Kundendaten, wertet diese aus und leitet anschließend entsprechende Bedürfnisse der Kunden ab. Der Datenschutz und nicht zuletzt die neu EU-Datenschutzgrundverordnung machen uns diesen Weg in Deutschland allerdings etwas steinig.
Die zweite Option ist eine Lösung durch "Open Innovation", also die gemeinsame Produktentwicklung mit dem Kunden, um dessen Wünsche von vornherein zu berücksichtigen. Was diesen Ansatz schwierig macht, ist allerdings die Tatsache, dass sich Produktmanager und Business Developer hierzulande nach wie vor sehr stark auf die Entwicklung eines guten Produkts konzentrieren und wenig Augenmerk für Kundenwünsche haben. Diesen Ansatz kann man ihnen kaum verübeln, da es in den Unternehmen oft auch nicht explizit verlangt wird. Allerdings wäre es wichtig, hieran etwas zu ändern, um sich langfristig kundenzentrierter aufstellen zu können und so wettbewerbsfähig zu bleiben.