"Wenn wir ein CRM-System einführen, erhöhen sich unsere Umsätze fast automatisch." Diese Hoffnung hegten zur Jahrtausendwende viele Geschäftsführer und Vertriebsleiter - nicht nur aufgrund der Werbebotschaften der CRM-Hersteller, sondern auch aufgrund der vielfältigen Funktionen dieser Tools, die unter anderem ein professionelles Lead- und Vertriebsmanagement ermöglichen.
Leider wurden bei der Einführung der CRM-Systeme jedoch die in den Unternehmen bereits bestehenden funktionierenden Prozesse häufig nicht beachtet. Und die Menschen, die mit dieser Software arbeiten sollten? Sie wurden schlicht vergessen. Entsprechend zögerlich und zuweilen gar nicht, wurden die Systeme nach ihrer Einführung häufig genutzt. Denn zu unklar war für die Mitarbeiter oft deren Nutzen und zu kompliziert sowie zu weit weg von ihrer bisherigen Arbeitsweise waren die Funktionen. Deshalb wurden die neuen Systeme von den Mitarbeitern nicht als Hilfe, sondern als Ursache für Mehrarbeit empfunden.
Menschen - Prozesse - Tools
Heute ist klar: Die Existenz eines CRM-Systems allein ist kein Garant für eine bessere Kundenbearbeitung und Umsatzsteigerung. Die Einführung eines solchen Systems ist nur erfolgreich, wenn hierbei folgende Aspekte beachtet werden:
Prozesse klar definieren:
Damit ein CRM-System den Vertrieb wirkungsvoll unterstützen kann, müssen die Abläufe dokumentiert und im CRM-System abgebildet sein. Richtig implementiert generiert ein CRM-System einen nachweisbaren Nutzen - bei Marketingkampagnen, der Akquise, dem Angebotsmanagement und im After-Sales-Prozess. Typisch ist zum Beispiel die Steigerung der Trefferquote durch eine systematische Angebotsverfolgung. Zudem erhöht sich die Abschlussquote, wenn die Aktionen mit den anderen Abteilungen abgestimmt sind und die Informationen im System wirklich genutzt werden.
Arbeitsweise berücksichtigen:
Marketing, Verkauf, Beratung, Support und Technik sollen mit dem CRM-System arbeiten - letztlich also alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt. Also müssen sie vom Nutzen des Systems überzeugt sein. Deshalb müssen bei der Konzeption der Schulungen die rollenspezifischen Anwendungen durch die Mitarbeiter im Vertriebsalltag berücksichtigt werden. Das steigert die Motivation jedes Einzelnen und somit die Effektivität. Eine reine Software-Schulung führt selten zum Ziel.
Darstellung des Nutzens:
Die Reduktion auf "mehr Umsatz" greift zu kurz, es geht um den Nutzen jedes Einzelnen in seinem Aufgabenbereich. Wenn den Mitarbeitern kein echter Mehrwert sowie keine Erleichterung ihrer Arbeit in Aussicht gestellt werden können, scheiterten CRM-Projekte meist, weil die nötige Akzeptanz fehlt. Neben den persönlichen Zielen und Erwartungen der Mitarbeiter sind die mittel- und langfristigen Ziele des Unternehmens zu beachten. Im Idealfall erfährt das Vertriebsteam anhand konkreter Praxisfälle wie der Einsatz des CRM-Systems zum Erfolg führt - für sie persönlich und für das Unternehmen. Nötig und erfolgversprechend ist eine Anwendungs-Schulung in Kombination mit einem Vertriebsworkshop - mit einem Coach, der den Arbeitsalltag der Vertriebsmitarbeiter (im Innen- und Außendienst) aus eigener Erfahrung kennt.
Unternehmenskultur:
Nicht alles, was theoretisch möglich ist, kann im Betriebs- und Vertriebsalltag (sofort) umgesetzt werden. Genügend Zeit und das richtige Projekt- und Change-Management sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Weniger ist am Anfang oft mehr. Es muss eine umfassende Einführungs- und Umsetzungs-Strategie konzeptionell niedergeschrieben, motivierend kommuniziert und systematisch umgesetzt werden. Das kann von einem erfahrenen, herstellerunabhängigen Berater geleistet werden. Nicht das Tool steht dabei im Vordergrund, sondern der Mitarbeiter und sein Vertriebserfolg.
Raus aus der CRM-Falle
Ein CRM-System ist zunächst eine technische Unterstützung bei der Kundengewinnung und -bindung. Deshalb werden die Einführungsprojekte häufig im Marketing oder Verkauf angesiedelt. Obwohl die Ziele allen Beteiligten klar und die Hoffnung auf steigende Umsätze berechtigt sind, kommen CRM-Projekte jedoch oft nicht zum Fliegen. Im schlimmsten Fall entsteht ein Datenfriedhof, dem niemand vertraut. Warum?
In der Regel bremsen nicht die technischen Randbedingungen das Projekt, sondern die vernachlässigten "soft facts". Denn sind die Mitarbeiter erst einmal davon überzeugt, dass das CRM-System ihnen keinen Nutzen bietet, dann nutzen sie es auch nicht effektiv. Also gilt es, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Das ist machbar. Meist genügen wenige Maßnahmen, sofern sie richtig konzipiert sind, um die Anwender zu begeistern und das CRM-System wieder zum Leben zu erwecken.
Stellen Sie sich zum Beispiel als Vertriebsverantwortlicher folgende Fragen, wenn das Projekt stockt - oder noch besser vor Projektbeginn - hinsichtlich der CRM-Einführung und -Nutzung:
Wird die Unternehmensstrategie zur Datennutzung im CRM-System von der Geschäftsleitung mitgetragen? Unterstützt die Geschäftsleitung diese vielleicht sogar offensiv?
Wer sollte die Gesamtverantwortung für das CRM-Projekt übernehmen? Die Marketingleitung, der Verkaufsleiter, die IT-Abteilung? Hier spielen die individuelle Unternehmenskultur und vor allem auch die Persönlichkeiten eine große Rolle. Mitarbeiter mit Weitblick sind hier gefragt.
In welchen Phasen und in welcher Reihenfolge soll die Implementierung geplant werden? Nicht immer ist der vom Systemhersteller vorgesehene Projektplan der optimale für Ihr Unternehmen. Fokussieren Sie sich im ersten Schritt darauf, zufriedene Pilotanwender zu schaffen, bauen Sie deren Zahl dann sukzessive aus.
Sollen neben der technischen Schulung auch Vertriebs-Workshops und -Trainings für die neuen Abläufe eingeplant werden? Insbesondere die positiven Effekte eines CRM-Systems für die interne Zusammenarbeit sollten abteilungsübergreifend trainiert werden, damit sie später auch so gelebt werden können.
Fragen Sie sich zudem hinsichtlich des Nutzens und der Bedürfnisse der User und deren Motivation:
Wurde analysiert (und vor allem auch kommuniziert), welcher Nutzen das CRM direkt und indirekt für die verschiedenen Rollen im Unternehmen bietet?
Wurden Ängste und Befürchtungen adressiert? Gerade Verkäufer geben ungern Wissen zu "ihrem" Kunden preis und schreiben ungern alles in ein CRM, wo es theoretisch ja jeder lesen könnte. Warum sollten sie es doch tun?
Wird das CRM nur als Controlling-Tool für das Management betrachtet? Wie soll seitens der Führungskräfte in Vertriebsmeetings und Mitarbeitergesprächen mit der angestrebten höheren Transparenz umgegangen werden? Wie können die Befürchtungen der Mitarbeiter umgewandelt werden in eine Motivation, das System konsequent zu nutzen?
Idealerweise wird vor Beginn der CRM-Einführung eine Vorbereitungsphase eingeplant, in der die oben genannten Fragen beantwortet werden. Leider ist jedoch nach der (oft zähen und schwierigen) Evaluationsphase die Zeit meist knapp, und das Management möchte das angeschaffte System endlich implementiert sehen - häufig mit schmerzhaften Folgen.
CRM-Nutzung im Investitionsgütervertrieb
Die typischen Merkmale des Investitionsgüter-Vertrieb rechtfertigen alle den Einsatz eines CRM-Systems:
Das Produkt (nebst dazugehörigem Service) ist ein Investitionsgut - der Kunde kauft es nur, wenn die Amortisation nachgewiesen ist. Entsprechend hoch ist der Arbeitsaufwand im Vorfeld auf beiden Seiten (Lieferant und Käufer).
Auf Kundenseite existiert in der Regel ein Team von Entscheidern mit teils unterschiedlichen Erwartungen ("Buying Center"), auch das Vertriebsteam besteht häufig aus mehreren Personen ("Selling Center"). Das CRM-System hilft, diese Komplexität zu "managen".
Der Verkaufsprozess erstreckt sich oft über mehrere Monate, teils sogar Jahre. Das CRM-System unterstützt das menschliche Gedächtnis und hilft den Prozess zu steuern.
Die Schritte von Lead-Eingang bis zum Abschluss sind nur in der Theorie standardisiert. Im Vertriebsalltag bestimmt immer häufiger der (potenzielle) Kunde, wie es weitergeht. Ein Standardprozedere führt selten zum Ziel. Im CRM-System kann alles lückenlos dokumentiert werden.
Mehrere Angebote, verschiedene Preismodelle, Sonderkonditionen, Pakete aus Standardprodukten, Zusatzmodulen, Dienstleistungen und Konditionen sind die Normalität. Ein CRM-System hilft den Überblick zu bewahren.
Wechselnde Zuständigkeiten (auf Kundenseite und im eigenen Unternehmen) führen schnell zu einem Informationsverlust. Das CRM-System ist die zentrale Anlaufstelle für alle relevanten Informationen einer Auftragschance - wenn sie dort korrekt gepflegt werden.
Ein CRM-System stellt also sowohl den Verkäufer als auch ihren Führungskräften die nötigen Werkzeuge zur Verfügung, um den gesamten Vertriebsprozess unter Kontrolle zu behalten:
a. Anpassbare Abfragen und Reports mit aktuellen Daten für …
den Status einzelner Leads,
den persönlichen Verkaufstrichter oder den eines Teams,
das Potenzial eines Kunden, einer Kundengruppe, eines Segments, usw. aufgrund der bearbeiteten Leads,
b. Maßnahmen werden planbar …
für konkrete Verkaufschancen,
für ein Mitglied des Vertriebsteams oder das gesamte Team,
in der Zusammenarbeit mit der Marketingabteilung,
für Cross-Selling, Up-Selling.
c. Vertriebssteuerung und Controlling werden über die eigentliche Leadverwaltung hinaus möglich …
als Planungs- und Forecast-Instrument und damit als wichtige Unterstützung für die Ressourcenplanung,
als Führungsinstrument zum Festlegen der Ziele und Gestaltung der Incentivierung,
als umfassendes Reporting für die Geschäftsleitung.
Fazit
Der Einsatz von CRM-Systemen im Verkauf und insbesondere im B2B-Vertrieb hat seine Berechtigung. Denn die Chancen, "große Deals" an Land zu ziehen und bestehende Kunden aus Vertriebsperspektive optimal zu betreuen, steigen mit einer verlässlichen, vollständigen und ständig aktualisierten Information, wie sie ein gepflegtes CRM-System zur Verfügung stellt.
Eine Voraussetzung hierfür ist die "richtige" Implementierung des Tools im Unternehmen. Die Einführung wird idealerweise von einem erfahrenen, herstellerunabhängigem Berater begleitet.
Die Einführung eines CRM-Systems ist auch eine Change Management-Aufgabe. Ein schrittweises Einführen in verdaubaren Portionen ist erfolgsversprechender, sofern hierbei stets das große Ziel vor Augen steht. Weniger ist oft mehr, zumindest am Anfang.
Ein erfolgreiches CRM-Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass die Bedürfnisse der Mitarbeiter und die bestehenden Prozesse (allgemein: Usability und User Experience) berücksichtigt werden. Im Zentrum steht der Nutzen für jeden Einzelnen, denn nur dann ist die Akzeptanz und Verwendung des Systems gewährleistet. Und das ist wiederum die Voraussetzung für das Erreichen der mit der Einführung eines CRM-Systems verbundenen (Unternehmens-)Ziele.
Weitere Infos und Kontakt: Torsten Thoms, Lengnau (CH) arbeitet als Vertriebstrainer und -berater für die auf den Investitionsgütervertrieb spezialisierte Vertriebsberatung Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld bei Heilbronn (D). Er repräsentiert das Unternehmen in der Schweiz. Der Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieur sowie ausgewiesene CRM-Experte war vor seiner Beratertätigkeit mehr als ein Dutzend Jahre unter anderem als Leiter Marketing und Vertrieb für namhafte Softwarehersteller und -anbieter tätig (Internet: www.schreiber-training.de; E-Mail: zentrale@schreiber-training.de).