Von Wolfgang Leierseder
Lange hat 3Com unentschlossen dem Treiben anderer Netzwerker zugesehen, im Enterprise-Markt zu Punkten zu kommen. Zwar gibt es mit dem Router-Portfolio "6000" seit 2004 ein Core-Angebot, und das Joint Venture mit Huawei diente vor allem dem Zweck, im Enterprise- und TK-Markt wieder Fuß zu fassen, doch viele Beobachter bezeichneten diese Versuche bis heute als halbherzig.
Dem hatte der immer kleiner werdende US-Anbieter wenig entgegenzusetzen: Auf den aktuellen Router-Ranglisten "Service Provider" und "Enterprise" taucht das Unternehmen unter "ferner liefen" auf, allein im angestammten Switches-Markt kann sich 3Com noch behaupten.
Mit dieser Hängepartie soll nun Schluss sein. Und zwar mithilfe der Öffnung der Netzkomponenten für Open-Source-Anwendungen. 3Com hat diese Initiative "Open Services Networking" (OSN) genannt, ihr mit "Open Network Programm" (OPN) ein passendes, dreistufiges Partnerprogramm beiseite gestellt und zugleich erste ISVs-Applikationen auf dem "6000"-Portfolio vorgestellt. "Klar, die Schlüsselfunktion bilden die Partnerapplikationen", sagte 3Com-Marketier Bob Honour gegenüber ChannelPartner.
Praktisch besteht OSN aus einem Open-Source-Blade, der den Routern und demnächst den Enterprise-Switches des Herstellers hinzugefügt wird. Auf diesem Blade arbeiten Module (Open-Services-Networking-Module (OSN|M)) von Third-Party-Herstellern, die über offene Schnittstellen und kontrolliert von dem Verwaltungswerkzeug "OSN Control Agent" (OSN|CA) mit den Netzkomponenten kommunizieren.
Im Moment nennt 3Com vier Softwareanbieter, deren Lösungen auf dem Router ihre Dienste tun, darunter die wichtige "Virtual Server"-Lösung von EMC-Tochter VMware, des weiteren Security-, Data- und Sprach-Angebote von den hierzulande weniger bekannten Firmen Q1 Labs, Converged Access und Vericept. In den USA stehen diese Module für 4.495 Dollar bereits zur Verfügung.
Der Anfang einer offenen, interoperablen Architektur
Erklärtes Ziel von 3Com ist es, mit OSN eine Alternative zu den vorherrschenden "Single-Vendor"-Angeboten zu offerieren. Dass damit die marktbeherrschenden Größen Cisco, Juniper und Alcatel, aber auch HP und Nortel attackiert werden, bejaht der Netzwerker. "Kunden haben bei diesen nur die Wahl, deren Produktentwicklungen zu folgen. Wir hingegen setzen auf "Best of Breed", auf Offenheit und auf das Interesse von Softwareanbietern, auf unserer Plattform ihre Produkte zum Laufen zu bringen. Das vor allem unterscheidet uns von Cisco und anderen", unterstrich Honour unmissverständlich die 3Com-Strategie.
Dem Marketier zufolge werden sowohl die Menge der Partner als auch die Güte der Applikationen darüber entscheiden, was OSN wert ist. Mit Blick auf Serviceprovider und Systemintegratoren nennt der Manager als wichtigste Applikationen Sicherheit, Voice over IP, Kommunikation und Virtualisierung. Dass weitere dazukommen werden, ist ausgemacht - "wir führen viele Gespräche mit ISVs" (Honour) -, und selbstverständlich werden auch die Switches für Applikationen geöffnet. Das Netz solle fähig sein, auf gleicher Höhe und zeitgleich mit unternehmenskritischen Anwendungen und Diensten zu operieren, erläuterte Honour.
In ersten Reaktionen zeigten sich amerikanische Analysten überzeugt, dass 3Com einen neuen und vielversprechenden Ansatz gewählt habe. So sagte Zeus Kerravala, Analyst der Yankee Group, 3Com habe klar erkannt, dass es, um mit Cisco konkurrieren zu könne, eine eigene Netzstrategie anbieten müsse. OSN stehe diametral zu Ciscos ISR-Ansatz (Intergrates Service Router), eine Ende-zu-Ende-Kontrolle aller Applikationen und Dienstleistungen im LAN anzubieten. "OSN ist eine wirkliche Alternative: Komponenten zu entwerfen, auf denen ein Bündel von "Best of Breed"-Anwendungen läuft.
Doch Kerravala beschäftigte sich auch mit der nahe liegenden Frage, ob 3Com stark genug sei, OSN zu vermarkten. Das werde sich zeigen, gab er vorsichtig zur Antwort.