Haken und Ösen

Cloud und Channel – Wo es hakt, was funktioniert

08.12.2011
Einige Systemhäuser haben den Schritt zum Cloud-Anbieter bereits vollzogen. Sie berichten, was beim Wandel des eigenen Geschäftsmodells zu beachten ist, und geben Tipps, wie die Umsetzung gelingt.
Beider Umsetzung der Cloud-Modelle läuft noch nicht alles rund. Bild: © Fotolia, freshideaBei
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Einige Systemhäuser haben den Schritt zum Cloud-Anbieter bereits vollzogen. Sie berichten, was beim Wandel des eigenen Geschäftsmodells zu beachten ist, und geben Tipps, wie die Umsetzung gelingt.

Es klingt so einfach: Die Cloud ist die konsequente Fortsetzung der Virtualisierung. Doch für den Vertriebspartner bedeutet das einen Riesenschritt: So muss ein Systemhaus, das sich zunehmend zum Cloud-Anbieter wandeln will, zumindest übergangsweise beim Umsatz mit kleineren Wachstumsraten kalkulieren. "Dafür erhöhen sich aber der Deckungsbeitrag und der Gewinn", erklärt Cema-Chef Rolf Braun.

Das gibt eigenfinanzierten Unternehmen einen größeren Spielraum. Denn die aktuell ohnehin äußerst nervösen Kreditgeber könnten beim Anblick der - kurzfristig womöglich sinkenden - Umsatzplanungen vor einer weiteren Kreditvergabe zurückschrecken oder die Vergabekonditionen verschlechtern.

Aufwendige Vertragswerke

Gerade individuelle Cloud-Lösungen für Kundenprobleme, eine der Stärken der mittelständischen Systemhäuser, ziehen aufwendige Leistungsbeschreibungen nach sich. Denn in den SLA-Verträgen müssen sowohl technische als auch juristische Vereinbarungen - vor allem im Hinblick auf den Datenschutz - und Verrechnungsprozesse festgelegt werden. "Das ist ein Vorteil, weil das eine Spezialität des Mittelstands ist, aber gleichzeitig auch eine Bürde", skizziert Inox-Tech-Chef Michael Döderlein die Lage.

Datenschutzvorgaben
Bei allen Vorteilen und Freiheiten, die das Cloud Computing Unternehmen verspricht, scheuen viele Kunden, den ersten Schritt zu tun, weil "man nicht weiß, was mit den Daten passiert". Die Unsicherheit ist kaum zu überschätzen. Denn sobald personenbezogene Daten in die Cloud wandern, wirft das juristische Fragen auf.

"Service-Level-Agreements legen zwar Verfügbarkeitsgarantien und Ähnliches für die Daten fest, aber sie definieren nicht, wo die Daten repliziert, abgelegt und gespeichert werden", bringt der Inox-Tech-Chef das Problem auf den Punkt. Er entschied deshalb, das eigene Hosting-Tochterunternehmen in Deutschland am Firmensitz Passau anzusiedeln. "Hier führen wir die Daten quasi in eine sichere 'Sackgasse'", so Döderlein.

Doch nicht erst bei der Datenspeicherung wird es für Partner wie Endkunden schwierig, sondern auch bei Public-Cloud-Angeboten. "Rein technisch können wir unseren Kunden jede Cloud-basierte Software über unser "Active Logistics Cloud"-Portal via SaaS zur Verfügung stellen. Problematisch wird es aber zum einen hinsichtlich rechtlicher Aspekte und zum anderen beim Preis", erklärt Active-Logistics-Geschäftsführer Werner Habryka.

Microsoft hat im Hinblick auf den Datenschutz vor wenigen Tagen einen Meilenstein gesetzt: Das Cloud-Produkt Office 365 wurde an die Vorgaben der deutschen und europäischen Datenschützer angepasst: Der vom Hersteller mit dem Kunden abgeschlossene Vertrag über den Bezug von Cloud-Dienstleistungen rund um Office 365 entspricht jetzt den EU-Standardvertragsklauseln.

Wie Channel-tauglich ist die Public-Cloud?

Abgesehen von datenschutzrechtlichen Problemen ist die Weitervermarktung von Public-Cloud-Angeboten für Reseller auch aus anderen Gründen bislang eher uninteressant.

Denn in der Regel schließt hier der Endkunde den Vertrag direkt mit dem Hersteller. Dem Partner bleibt hier nur die Vermittlerrolle. "Davon kann ein Partner nicht leben, weil der Hersteller erstens die Preise, die Vermittlungsprovision und damit die Marge diktiert. Zweitens sind es überwiegend Standardprodukte oder -dienste. Somit fehlen Alleinstellungsmerkmale, die der Partner gegenüber dem Endkunden verargumentieren könnte", bemängelt Cema-Vorstand Rolf Braun.

Beispiel: Microsoft Office 365 vs. SPLA

Um Microsoft Office 365 zu nutzen, bucht sich der Endkunde direkt bei Microsoft ein. Der Partner liefert lediglich den Key für die Freischaltung. Den Endkundenpreis setzt Microsoft fest, ebenso wie die Höhe der Händlerprovision. Um diese Provision zu erhalten, muss der Reseller für alle Transaktionen, die seine Endkunden durchgeführt haben, eine Rechnung an Microsoft stellen. Microsoft rechnet dann direkt mit dem Endkunden ab.

Es könnte auch passieren, dass ein großes Systemhaus diese von Microsoft definierte Marge nicht in voller Höhe ausschöpfen will. Dann wird er Office 365 günstiger anbieten und damit die Gewinnspanne aller anderen Partner quasi unterwandern. Dieses Problem ist jedoch weder neu noch Cloud-spezifisch. Überhänge aus Projektgeschäften wurden und werden auch im klassischen Hardwarevertrieb häufig auf diese Weise verhökert. Gleiches gilt für Posten, die der Hersteller gerne am Quartalsende noch schnell über die Ladentheken bringen will, um die Umsatzziele zu erreichen.

Im Public-Cloud-Business kommt jedoch noch eine ganz andere Preisfrage zum Tragen: Ein Endkunde, der beispielsweise Office 365 direkt aus der Microsoft-Cloud bezieht, zahlt im Schnitt 50 bis 80 Prozent weniger, als es ein Reseller angesichts des Microsoft-Partner-Preismodells jemals anbieten könnte, berichten mehrere Partner. Für sie ist klar: "Wir bieten unseren Kunden kein Office 365 an, sondern betreiben ausschließlich SPLA-Lizenzen."

Im Gegensatz zu Office 365 schließt der Endkunde beim SPLA-Modell (Service Provider Licence Agreement) den Vertrag ausnahmslos mit dem Vertriebspartner. Vermieten lassen sich auf diesem Wege über 90 Prozent der Microsoft-Lizenzen, beispielsweise SharePoint, ERP- und Office-Pakete. Die SPLA-Lizenzen können Partner über den Distributor ADN beziehen.

Das Programm lässt sich außerdem mit dem Citrix-SPLA-Programm kombinieren, das ADN ebenfalls anbietet. Citrix-SPLA umfasst Lizenzen für Citrix Xen Server, Xen Desktop, Xen App sowie den Provisioning-Server. Abgerechnet wird bei beiden SPLA-Programmen monatlich pro Nutzungseinheit: Der Partner meldet die tatsächliche User-Nutzung der einzelnen Produkte an ADN. Der Hosting-Partner erhält dann für die monatliche Gesamtnutzung von ADN eine Rechnung. ADN meldet die Reports aller Service-Provider gebündelt an Citrix beziehungsweise Microsoft zur Abrechnung.

Voraussetzung für die Teilnahme an den Programmen ist eine bestehende Hosting-Infrastruktur, die der Partner auf seinem eigenen Rechenzentrum oder auf dem seines Endkunden betreibt.

Weiterer Vorteil der SPLA-Programme: Der Reseller kann dieses Angebot um eigene Services erweitern und bleibt in jedem Fall der zentrale Ansprechpartner für den Endkunden. Ähnlich funktioniert VMware Service Provider Program (VSPP).

Trouble-Shooter statt Lösungspartner

Ganz außen vor ist der Partner beim Modell Microsoft 365 allerdings nicht: Denn er übernimmt den Support für den Endkunden und kann damit Geld verdienen. Also doch eine Chance?

"Für uns als Reseller stellt das keinen Mehrwert dar. Denn die Uraufgabe eines Systemhauses ist es doch, den Kunden so zu beraten, dass es gar nicht erst zu Problemen kommt. Im Fall von Office 365 kommt er aber erst als "Trouble-Shooter" ins Spiel. Wenn er nur in dieser Funktion agieren kann, kann der Kunde ihm gegenüber kein großes Vertrauen aufbauen. Auch deshalb sind Public-Cloud-Angebote wie diese für uns nicht interessant", führt Cema-Vorstand Rolf Braun aus.

Phantasiepreise in der Public Cloud

Inox-Tech-Geschäftsführer Michael Döderlein war zunächst erstaunt, dass Kunden in der Größe bis zu 200 Mitarbeitern gerade jene Bereiche nur selten auslagern wollten, für die er die größte Nachfrage erwartet hatte, nämlich Standardlösungen wie das Hosting von Exchange Servern.

Michael Döderlein, Geschäftsführer von Inox-Tech: "Viele der von Herstellern und Anbietern beworbenen Public-Cloud-Preise sind Augenwischerei."
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Er musste feststellen, dass viele Kunden vor den Kosten, vor allem im gesamten Microsoft-Produktbereich, zurückschrecken: "Sie lesen von sehr günstigen Angeboten, mit denen Microsoft beispielsweise für die Auslagerung von Exchange-Mailbox-Postfächern wirbt. Aber das umfasst nur die reinen SPLA-Lizenzkosten (Service Provider Licence Agreement)", so Döderlein. "Die Preise, die die Hersteller und viele Anbieter kursieren lassen, sind einfach Augenwischerei."

Active-Logistics-Chef Werner Habryka sagt zu diesem Thema: "Der Endkunde wird dazu verleitet, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Denn in den Herstellerpreisen sind in der Regel die Kosten für Support, Service und Betrieb, ganz zu schweigen für Hochverfügbarkeit, oft nicht eingepreist. Und viele sind dann überrascht, wenn wir ein komplettes Angebot unterbreiten, das diese wichtigen Themen mit abdeckt."

Werner Habryka, Geschäftsführer von Active Logistics: "Für Firmenkunden ist das Zusammenspiel von Hardware, Software und Applikationen wesentlich. Das kann nur ein Partner leisten."
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Einen aussagekräftigen Vergleich mit den Kosten, die dem Endkunden entstehen, wenn er die Postfächer hausintern betreibt, ist kaum möglich. Denn die wenigsten haben einen Überblick über ihre "Eh-da-Kosten".

Auch im Serverbereich gibt es ähnliche Beispiele. So bietet IBM zwar extrem niedrige Einstiegspreise für Cloud-basierte Serversysteme an (IaaS). "Werden jedoch zusätzliche Prozessoren oder andere Zusatzkomponenten benötigt, dann wird es für den Kunden richtig teuer", moniert ein Partner.

Den Datenbankserver Informix bot IBM als kostenlose Version an - allerdings gab es hier weder die Möglichkeit, einen Support-Vertrag abzuschließen, noch SLAs zu vereinbaren. Im Problemfall konnte sich der Kunde nur an die Entwickler-Community wenden. "Die Kunden kamen letztlich zu uns zurück", berichtet der Geschäftsführer eines weiteren Systemhauses. Das Risiko, Hersteller könnten im Cloud-Zeitalter den Partner ausbooten, befürchtet dieser Manager insofern nicht.

Den Erfahrungen des Active-Logistics-Chefs Werner Habryka zufolge ist ohnehin "für Firmenkunden das Zusammenspiel zwischen Hardware, Software und Systemapplikationen wesentlich - und das kann kein Hersteller leisten, das kann nur ein Partner".

Hosting: selber machen oder mieten?

Wer Cloud-basierte Dienste vermarkten will, braucht eine Hosting-Infrastruktur, die höchsten Sicherheits- und Hochverfügbarkeitsansprüchen genügt und obendrein skalierbar ist. Mieten oder selbst aufbauen lautet für Partner hier die entscheidende Frage.

Die Kosten für den Aufbau und Betrieb eines eigenen Hosting-Rechenzentrums sind nicht zu unterschätzen, das berichten alle Systemhäuser, die sich zu diesem Schritt entschlossen haben. "Eine eigene Hosting-Infrastruktur trägt sich erst ab einem gewissen "Füllstand", der zum Startzeitpunkt nicht gewährleistet ist. Daher ist neben einer genauen Kostenkalkulation auch das Konzept einer skalierbaren Plattform entscheidend", sagt Inox-Tech-Chef Michael Döderlein. Um Skaleneffekte zu nutzen, beschloss der Passauer Systemintegrator, die Leistungen seiner 2009 gegründeten Hosting-Tochter Extend-IT nicht nur dem eigenen Unternehmen, sondern auch anderen Resellern zur Verfügung zu stellen. Extend-IT agiert dabei ausschließlich als Hosting-Dienstleister für Wiederverkäufer und unterhält keinen eigenen Endkundenvertrieb.

Für Partner, die sich bislang nur auf Teilbereiche eines Datacenters spezialisiert haben und sich später zum Aufbau eines eigenen Rechenzentrums entschlossen, können die dabei gewonnenen Erfahrungen hilfreich für die spätere Kundenberatung sein, wie ein Kölner Systemhaus, das ursprünglich aus dem Netzwerklösungsgeschäft kam, berichtet: "Wir waren schon überrascht, wie viel Strom im Rechenzentrum verbraucht wird - und wie viel sich durch intelligentes Gebäudemanagement und Virtualisierung einsparen lässt. Diese Erfahrung war für uns neu, doch aufgrund dieser Erkenntnisse können wir unsere Kunden jetzt auch rund um Klimatisierung und USV viel intensiver beraten."

Für Neueinsteiger im Hosting-Geschäft entpuppte sich außerdem die strenge Mandantenfähigkeit, die extrem granular und durchgängig sein muss, als große Herausforderung. Und in manchen Regionen scheitert der Wunsch, ein eigenes Hosting zu betreiben, schlicht und ergreifend an der Netzinfrastruktur: Denn als Rechenzentrumsbetreiber muss der Partner seinem Kunden gewährleisten, dass auch dann alle Dienste zur Verfügung stehen, wenn es zum Beispiel keine DSL-Leitung gibt.

Sich die benötigte Hosting-Infrastruktur von einem bestehenden Rechenzentrumsbetreiber zu mieten ist die Alternative, für die sich unter anderem die Cema AG entschieden hat. "Wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht", so Braun.

Partnernetzwerke

Ob beim Hosting, Portfolio oder Know-how - für jene Systemhäuser, die ins Cloud-Geschäft eingestiegen sind, ist klar: An der Vernetzung mit anderen Partnern führt kein Weg vorbei, und sie ist vorteilhaft für beide Seiten.

Anbindung der Endkunden

Als problematisch erweist sich nach Aussagen der Partner oft auch die WAN-Anbindung von Endkunden, insbesondere im Bereich Storage-as-a-Service. "Hier gibt es immer wieder Diskussionen. Wir empfehlen den Kunden, Storage-Tiering einzuführen oder bestimmte Daten, auf die nicht ständig zugegriffen werden muss, auszulagern", berichtet Inox-Tech-Chef Michael Döderlein. Bei Backup-as-a-Storage-Modellen kristallisiert sich häufig die Bandbreite als limitierender Faktor heraus. Inox-Tech löst dieses Problem unter anderem mit der Riverbed-Lösung zur WAN-Optimierung. "Es gibt aber auch Kunden, die - parallel zur Auslagerung der Daten an unsere Hosting-Tochter Extend-IT - ihre Daten hausintern noch einmal auf Backup-to-Disk-Systemen cachen und sie dann mit den Daten im Rechenzentrum synchronisieren. Der Grund: Müssten die Daten im Fall eines Disaster-Recoverys an den Kunden zurückgespielt werden, dann wäre die Datenmenge zu groß, um sie über die WAN-Leitungen zu schicken.

Provisionsmodelle der Hersteller bremsen Cloud aus

Während nahezu alle Hersteller für die Cloud werben, hinken ihre hausinternen Vertriebs- und Provisionsmodelle dem Wandel hin zur Vermietung von Hard- und Software hinterher, kritisieren die Partner. Die Provision der herstellereigenen Vertriebsmitarbeiter orientiere sich noch immer überwiegend an den Umsätzen in ihrem jeweiligen Postleitzahlengebiet - und das quartalsweise.

Rolf Braun, Vorstand der Cema AG: "Die Frage, wie sich Provisionsmodelle der Hersteller mit den Partner-Provisionsmodellen vereinbaren lassen, ist noch nicht geklärt."
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Überzeugt ein Systemhaus seine Kunden zunehmend davon, beispielsweise Storage nicht mehr selbst aufzubauen, sondern die benötigten Kapazitäten über IBM oder HP als Dienst zu mieten, muss der Hersteller einen kurzfristigen Umsatzeinbruch mit einkalkulieren. Denn die Umsätze gehen nicht zu einem fixen Zeitpunkt im Quartal ein, sondern verteilen sich über einen längeren Zeitraum. Konsequenterweise dürften also Vertriebsmitarbeiter der Hersteller nicht mehr nur an ihren Umsatzsteigerungen pro Region und Quartal gemessen werden. Das ist ein Problem für börsennotierte Hersteller, denn die Aktionäre wollen in der Regel Wachstum sehen, möglichst in jedem Quartal.

"Hersteller machen also die Business-Pläne mit den Partnern wie eh und je, das heißt, von den Systemhäusern wird verlangt, die Projektumsätze zu erhöhen. Die Frage, welcher Anteil des bestehenden Projektgeschäfts in die Cloud abwandert und damit die kurzfristigen Umsätze schmälert, wird noch nicht berücksichtigt", so die Erfahrung von Cema-Vorstand Rolf Braun. "Die Frage, wie sich das Provisionsmodell der Hersteller mit den Partnerprovisionsmodellen matchen lässt, ist noch nicht geklärt."

Knackpunkte bei der Teilauslagerung

Die IT-Landschaft der meisten Endkunden besteht aus einem Mix unterschiedlichster Technologien. Das zieht für die Überlegung, wie die künftige IT-Strategie aussehen soll, zwei Kernfragen nach sich: zum einen die Frage, mit welcher Technologie sich die bestehende Infrastruktur möglichst kosteneffizient weiterbetreiben lässt; zum anderen das Problem, qualifiziertes Personal dafür zu finden. "Gerade Städte und Gemeinden können mit den Gehältern, die am freien Markt für IT-Administratoren bezahlt werden, nicht konkurrieren. Das gilt auch für viele kleine Betriebe: Qualifiziertes Personal ist generell nicht zu finden oder einfach zu teuer", so die Erfahrung von Cema-Vorstand Rolf Braun.

Beide Aspekte fördern aus Sicht der Systemhäuser beim Mittelstand die Bereitschaft, Teile der IT an den Dienstleister auszulagern beziehungsweise die Grundlage dafür zu schaffen.

Die technologische Frage haben die meisten Unternehmen ansatzweise gelöst, indem sie bereits große Teile ihrer Infrastruktur virtualisiert und damit die Voraussetzung für jede Art von Cloud-Strategie geschaffen haben. Zu definieren ist allerdings, welche Dienste weiterhin hausintern und welche besser von extern zugemietet werden sollen. "Unserer Erfahrung nach bauen Endkunden ihre Private Cloud in Richtung Automatisierung aus und lagern im nächsten Schritt meist die unkritischen Applikationen wie Reisekostenabrechungen aus", berichtet Braun.

Dem Dienstleister bleibt es überlassen, Daten, Applikationen und Infrastrukturteile wieder zusammenbringen. "Das ist eine große Herausforderung", so Braun.

Citrix und VMware bieten hier Lösungen, mit denen sich unterschiedliche Cloud-Angebote auf Applikations- und Infrastrukturebene miteinander verknüpfen und von einer zentralen Konsole aus steuern lassen. Citrix liefert zudem Konnektoren, mit deren Hilfe sich auch Soziale Plattformen, wie beispielsweise Xing oder Facebook, mit einbinden lassen.

VMware hat in der Basistechnologie für die Bereitstellung virtueller Server und Desktops ein Self-Service-Portal (in den vCloud Director) integriert. Über die Automatisierungssoftware - vergleichbar einem Gateway - kann der Endkunde damit auch Anwendungen von Drittanbietern nutzen oder Applikationen aus der Public Cloud anstoßen. Ähnliche Funktionen bietet auch der Citrix-Receiver, über den sich unterschiedliche Quellen anwählen lassen. Beide Hersteller liefern diese Lösungen kostenlos mit.

Aggregations-Portal vs. Self-Service-fähige Applikationen

Unter technischen Aspekten steht der Selbstbedienung für den Endkunden also nicht mehr viel im Wege. Und es gibt automatisierte Bereitstellungs-Tools und Billing-Systeme. Was fehlt, ist die Kombination aus beidem, die mit den großen Software- und Infrastrukturanbietern kompatibel ist. "Wir sind aber zuversichtlich, dass im Laufe des ersten Quartals 2012 eine solche Lösung auf den Markt kommen wird", so Braun.

HP bietet laut eigenen Angaben eine derartige Aggregationsplattform bereits an, inklusive Applikationsmarktplatz und Abrechnungsportal, das auch Angebote Dritter integrieren kann.

Sie würde es Mitarbeitern nicht nur erlauben, von jedem Arbeitsplatz aus automatisiert auf ihre Applikationen - egal, aus welcher Quelle sie stammen - zuzugreifen, sondern gleichzeitig auch die Abrechnungsprozesse abzubilden.

"Die Lösungen, die aktuell verfügbar sind, stecken zwar nicht mehr in den Kinderschuhen, aber noch im Jugendalter", beschreibt Cema-Chef Braun die Lage. Er geht davon aus, dass es nicht die klassischen Portallösungen wie Websphere sein werden, die hier das Rennen machen, sondern Lösungen, an denen die Applikationsanbieter andocken können, nach dem Muster von Apples App Store. "Die Entwickler der Applikationen selbst werden dafür sorgen, dass der Kunde von überall darauf zugreifen kann, das heißt, sie werden für die nötige Kopplung der App mit der darunterliegenden Infrastruktur sorgen. Schließlich will der Endkunde ja nicht einen Marktplatz kaufen oder für die Nutzung des Portals bezahlen, sondern nur für die Nutzung der Applikation", so Cema-Chef Braun. Er ist überzeugt: "Die klassischen Portalanbieter haben ausgedient."

IT-Organisation radikal verändern

"Cloud Computing erfordert außerdem eine grundlegende kulturelle Veränderung der IT-Organisation", gibt Dirk Schiller, Leader Cloud Solutions bei Computacenter, zu bedenken. "Servicedenken und Kundenorientierung verwischen die Grenzen traditioneller Abteilungen für Netze, Client und Server sowie Storage. Daher müssen Organisationsstrukturen und Prozesse Cloud-fähig gemacht werden. Zusätzlich gilt es, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Vertrauen in die neue IT-Welt zu schaffen." Er rät, Cloud-Projekte in kleinen, gut geplanten Etappen einzuführen und die Beteiligten frühzeitig in die Teilprojekte einzubeziehen. "Ein erfolgreicher Wechsel erfordert die Akzeptanz der Anwender, denn sie müssen alte Gewohnheiten aufgeben, neue Kompetenzen erwerben und sich in neue Rollen und Aufgaben einfinden", Dirk Schiller, Leader Cloud Solutions bei Computacentre AG.

Vertrauensfrage

"Die Partner kämpfen weniger mit der Technik, sondern vor allem damit, dass der Endkunde der Cloud noch nicht vertraut", zieht Extend-IT-Geschäftsführer Christian Desch Bilanz. "Da helfen auch Self-Service-Portale nicht weiter." Die Hauptaufgabe für Reseller werde demnach weiterhin sein, dem Kunden im Gespräch die Konzepte und Mehrwerte der On-Demand-Modelle zu erläutern und vor allem zu erklären, weshalb ihre Daten wo und wie sicher und gesetzeskonform gespeichert werden.

Die Aussicht des Bitkom, dass das - zugegeben noch auf niedrigem Niveau befindliche - Cloud-Geschäft bis 2014 jährlich um 50 Prozent zulegen werde, teilen jene Systemhäuser, die hier bereits aktiv sind. "Wir führen derzeit viele Proof-of-Concepts durch. Der Zyklus bis zur Entscheidung ist zwar lang, weil hier umfangreiche Risikoanalysen gemacht werden. Aber Mitte 2012 wird das Cloud-Geschäft richtig anlaufen", schätzt Desch.

Laut einer Studie von Gartner werden 76 Prozent aller großen Unternehmen bis 2012 eine private Cloud-Strategie verfolgen. "2015 wird bereits mehr als die Hälfte der weltweit 1.000 Enterprise-Unternehmen auf externe Cloud-Computing-Dienste angewiesen sein. Zurzeit scheint es für IT-Manager noch zu riskant zu sein, zu früh und zu viel in die Cloud auszulagern, denn: Die direkten und indirekten Kosten beim Scheitern der Cloud-Lösung wären immens", Ralf Gegg, Partner Director Central Region VMware. Allerdings rechnet der Hersteller damit, dass Unternehmen weiterhin verstärkt auf Virtualisierung setzen werden, um noch mehr Flexibilität, Skalierbarkeit und Kostenreduktion zu erhalten.

(rb)