Infrastruktur allein reicht nicht aus

Cloud Service Provider müssen umdenken

08.02.2019 von Peter-André Still
Cloud-Nutzung ist mittlerweile Standard. Zunehmend erwarten Unternehmen von ihren Service Providern für Cloud Computing mehr als nur Infrastrukturleistungen. Daraus ergeben sich zugleich Herausforderungen und Chancen für Provider.

Wie Unternehmen die Cloud nutzen, ist heute sehr unterschiedlich: Während manche nur dedizierte Ressourcen einsetzen, sind andere bereits in Multi-Cloud-Szenarien aktiv und nutzen Services und Infrastrukturen verschiedener Cloud-Anbieter, sowohl im Self Service als auch komplett gemanagt von Service Providern. Auch stehen viele Unternehmen auf ihrem Weg in die Digitalisierung irgendwo zwischen diesen Szenarien.

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Die Analysten des Marktforschungsunternehmens PAC haben in ihrer Erhebung "Transforming your infrastructure for digital" folgende Aufschlüsselung zum Status des IT-Betriebs in Unternehmen erhalten: Rund 48 Prozent der befragten Unternehmen betreiben ihre IT in einer "Self-managed private cloud / virtualization". Danach folgen "Public cloud-style technologies, delivered on-premise" (42 Prozent), "Self-managed public cloud" (41 Prozent), "Third-party-managed private cloud / virtualisation" (36 Prozent) und schließlich die "Third-party-managed public cloud" mit 30 Prozent. Diese Top-5-Szenarien zeigen, wie unterschiedlich Unternehmen heute für den Betrieb ihrer IT-Infrastruktur aufgestellt sind.

Cloud-Nutzung ist mittlerweile Standard. Zunehmend erwarten Unternehmen von ihren Service Providern für Cloud Computing mehr als nur Infrastrukturleistungen. Daraus ergeben sich zugleich Herausforderungen und Chancen für Provider
Foto: LeoWolfert - shutterstock.com

Die "Trendstudie DevOps 2017" des IT-Beraters x-cellent Technologies hat ergeben, dass knapp 70 Prozent der Unternehmen sich den IT-Betrieb mit externen Dienstleistern teilen oder komplett zu diesen auslagern. Das übergeordnete Ziel ist eine höhere Effizienz und geringere Kosten ebenso wie die Konzentration auf neue Geschäftsmodelle. Grundlegend streben Unternehmen dafür eine steigende Automatisierung ihrer IT an und eine Loslösung vom eigenen Plattform-Betrieb.

Der Fokus wandert auf die Entwicklung. Digitalisierte Unternehmen werden zu Softwareunternehmen, die Anwendungen für die eigenen Mitarbeiter, Kunden und Partner entwickeln und bereitstellen. Hier fließt auch der Trend zu DevOps und agilen Methoden ein. Heute schon und in Zukunft noch stärker, wollen DevOps-Teams für ihre Arbeit zusätzliche Mehrwerte aus der Cloud beziehen - unabhängig von Plattform und Anbieter.

Infrastruktur wird zur Nebensache

Service Provider geraten unter Handlungsdruck, sich an diese veränderte Nachfrage anzupassen. Bereits jetzt müssen sie in der Lage sein, heterogene IT-Landschaften mit verschiedenen Cloud-Modelle und Herstellertechnologien zu beherrschen, um dem heterogenen Status quo der Unternehmen gerecht zu werden.

Derzeit steigt die Nachfrage nach Leistungen etwa im Bereich Application Management Services (AMS) und Tools für Continuous Integration/Continuous Deployment (CI/CD). Daher bieten sich in den oberen Schichten der OSI-Layer zusätzliche Anknüpfungspunkte, um neue Serviceangebote zu entwickeln. Infrastruktur wird zur Nebensache und dient eher als Tool-Lieferant. Dies spiegelt sich auch in dem Aufkommen von Function as a Service (FaaS), auch als Serverless Computing bezeichnet, wieder.

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Hier nutzen Entwickler-Teams Cloud-Dienste zum Ausführen klar definierter Funktionen. Sie bezahlen für abgewickelte Transaktionen, durchgeführte Requests oder Codeausführungszeit. Was für Infrastrukturressourcen und wie viele dafür nötig sind, bleibt Sache des FaaS-Anbieters. Service Provider müssen sich mit dieser veränderten Nachfrage aktiv auseinandersetzen und ihre Kompetenzen und Portfolios entsprechend darauf ausrichten. Allein im FaaS-Markt ist das Potenzial enorm.

Analysten von Research and Markets haben den Markt für FaaS unter die Lupe genommen. Dieser soll bis 2021 auf 7,72 Milliarden Euro anwachsen. Eine Stackoverflow-Umfrage aus 2017 hat zudem ergeben, dass Serverless als Plattform bei Anwendungsentwicklern bereits heute schon sehr beliebt ist und auf Rang zwei nach Linux und vor Amazons Web Services rangiert.

Wertschöpfung entlang der Kundenworkflows

Für Service Provider bleibt der reine Infrastrukturbereich als grundlegendes Geschäft weiterhin erhalten. Allerdings reicht er in Zukunft allein nicht mehr aus. Auf den höheren Layern ergeben sich für ihr Portfolio neue Chancen, um zusätzliche Wertschöpfung zu schaffen. Grundlegend sollten Service Provider dafür in der Lage sein, die Technologien der verschiedenen Cloud-Anbieter zu beherrschen und deren Dienste mit eigenen Leistungen zu ergänzen und für ihre Kunden zu managen.

Hierfür gilt es entsprechende Schnittstellen zu schaffen. Sie stellen den Knackpunkt dar, um die Vernetzung aus eigenen Services mit dem Kunden und Third-Party-Anbietern sicherzustellen. Im Idealfall ist es für Kunden möglich, ihre kompletten Workflows abzubilden. So sind sie in der Lage, sowohl manuelle als auch automatisierte Schritte bei allen Cloud-Providern übergreifend über ein API-Portal anzusprechen und zu steuern.

Automatisierung ist unabdingbar

Cloud als ständig verfügbare Ressource hat die Erwartungshaltung von IT-Abteilungen und insbesondere DevOps-Teams verändert. Sie fordern mehr Automatisierung und vor allem Mehrwerte aus der Cloud. Diese läuft zudem verstärkt nicht in Eigenregie, sondern bei externen Dienstleistern. Diese müssen auf die veränderte Nachfrage reagieren, um in der Lage zu sein, die erwarteten Mehrleistungen und Tools zu liefern. Dafür müssen sie Kompetenzen und Servicemodelle aufbauen. Das eröffnet ihnen wiederum neue Möglichkeiten, zusätzliche Leistungen anzubieten und ihr Angebotsportfolio über den Infrastrukturbereich hinaus in die höheren Layer auszuweiten. (rw)