Zentraleuropa-Chef Dr. Jürgen Müller

Citrix will im Enterprise-Markt wieder angreifen

30.05.2012
Rund 100 Tage steuert Dr. Jürgen Müller jetzt das Citrix-Ruder in Zentraleuropa. Was er verändern, wo er Schwerpunkte setzen will, erläuterte er im Gespräch mit ChannelPartner.
Dr. Jürgen Müller, Area Vice President Central Europe bei Citrix
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Rund 100 Tage steuert Dr. Jürgen Müller jetzt das Citrix-Ruder in Zentraleuropa. Wo er künftig Schwerpunkte setzen, was er verändern will, erläuterte er im Gespräch mit ChannelPartner.
CP: Hierzulande ist es um Citrix seit rund einem Jahr etwas ruhig geworden, insbesondere im Enterprise-Geschäft. Dann wurde es turbulent: Im Dezember nahm Citrix-Deutschlandchef Carsten Böckelmann den Hut, Ende Januar räumte der langjährige Citrix-Manager Jens Lübben , der zuletzt das Zentraleuropa-Geschäft verantwortete, seinen Posten. Im Februar wurden Sie als sein Nachfolger zum Vice President Zentraleuropa berufen. Was haben Sie vor?

Dr. Jürgen Müller: In den vergangenen Jahren hat Citrix rund 25 Firmen zugekauft. Dadurch und durch organisches Wachstum stieg die Zahl der Mitarbeiter auf 7.000 Beschäftigte, also um 20 Prozent. Das bindet selbstverständlich auch Kräfte. Das könnte diesen Eindruck, es sei ruhiger geworden, erklären. Aber dieser Eindruck täuscht: Wir haben 2011 auch hierzulande extrem viele Projekte umgesetzt und das Portfolio weiter ausgebaut. Das zeigt sich auch am weltweiten Umsatz, der im ersten Quartal dieses Jahres auf 2,2 Milliarden US-Dollar gestiegen ist. Im vergangenen Jahr sind wir insgesamt um 22 Prozent gewachsen. Die Früchte der zahlreichen Übernahmen präsentierte Citrix kürzlich auf der Synergy in San Francisco, an der auch rund 50 deutsche Partner teilnahmen.

CP: Welche Schwerpunkte werden Sie vertriebsseitig in der DACH-Region setzen?

Müller: Wir wollen den Partner generell bei der Anbahnung von Projekten beim Endkunden stärker unterstützen, vor allem aber verstärkt im Großkundenumfeld. Denn hier legen Kunden besonderen Wert darauf, dass auch der Hersteller Flagge zeigt. Hier werde ich mich auch persönlich engagieren und wann immer möglich werden wir uns hier auch personell verstärken.

CP: Das Enterprise-Geschäft bzw. das Account-Management hat also wieder einen höheren Stellenwert?

Müller: Ja, unbedingt. Es ist auch unsere Aufgabe, den Markt für die Partner zu entwickeln, neue Themen und Technologien zu platzieren, gerade im Großkundenumfeld. Wir fordern von unseren Partner sehr viel ein. Deshalb müssen wir uns an dieser Stelle auch viel stärker einbringen.

CP: Ist das in der Vergangenheit zu kurz gekommen?

Müller: Ja, zumindest in der DACH-Region. Die gemeinsame Arbeit mit dem Partner beim Endkunden muss gestärkt werden, auch weil die Themen, die wir adressieren - also Virtualisierung, Datensicherung, Cloud Computing etc. sehr tief in die Geschäftsprozesse des Kunden eingreifen, insbesondere die Frage nach dem Arbeitsplatz der Zukunft, das ist ein Riesenthema.

CP: Inwiefern?

Müller: Es ist das zentrale Thema bei der Virtualisierung, aber auch zentral für die Mitarbeiter-Gewinnung. Denn Firmen konkurrieren schon heute um qualifiziertes Personal. Mitarbeiter der Unternehmenskunden erwarten, dass sie mit dem Endgerät ihrer Wahl arbeiten und sich auch über Self-Service-Portale Dienste und Anwendungen beziehen können, die sie benötigen. Die Dekstop- und Client-Virtualisierung ermöglicht das und gleichzeitig gewährleistet sie der IT, die Kontrolle zu behalten, beispielsweise über die Zugriffsrechte, die Bandbreiten, die Einhaltung der Security-Policies, etc. Deshalb müssen wir unsere Partner beim Aufbau des entsprechenden Know-hows unterstützen.

Was sich im Channel-Vertrieb ändern wird

CP: Planen Sie Veränderungen im Channel-Vertrieb?

Müller: Wir arbeiten an einer stärkeren Diversifizierung im Channel - beispielsweise haben wir Anfang des Jahres neben Produkten auch ein Partnerprogramm für den SMB-Markt auf den Markt gebracht. Aber wir schauen uns nicht nur Marktsegmente genau an, sondern werden dabei auch unser gewachsenes Portfolio berücksichtigen.

CP: Wie wird das konkret aussehen?

Müller: Die großen Partner haben in der Regel Spezialisten für alle Themen, die Citrix adressiert. Kleinere Partner werden sich spezialisieren - auf bestimmte Branchen, Produkte oder Unternehmensgrößen. Wir müssen darauf achten, dass wir im Channel Spezialisten für alle Bereiche haben, die für den Endkunden wichtig sind.

CP: In der Regel kümmern sich die Distributoren um die dafür nötigen Ausbildung und Zertifizierung der Partner, hierzulande aktuell ADN und Arrow ECS. Planen Sie, weitere Distributoren einzubinden?

Müller: Nein. Wir sind mit diesen beiden exzellent aufgestellt und sehen deshalb keinen Bedarf für weitere Partnerschaften.

CP: Wo setzt Citrix künftig die Schwerpunkte?

Müller: Virtualisierung, Cloud, Bring your Own Device, Consumerization - das sind die wichtigen Zukunftsthemen der Branche und zu allen bietet Citrix-Lösungen. Mit XenServer als Teil des Cloud-Stacks gewährleiste Citrix obendrein die technologische Offenheit gegenüber allen Technologiepartnern. Diese Neutralität auf Hypervisor-Ebene, die Offenheit und Integrierbarkeit mit anderen Systemen wollen wir bewahren.

CP: Meinen Sie speziell die Offenheit gegenüber den Microsoft-Virtualisierungs- und Management-Tools, die im Zuge der V-Alliance weit bis in die gemeinsame Produktentwicklung hinein vertieft wurde?

Müller: Die V-Alliance bleibt natürlich ein wichtiges Element. Gerade die Integrierbarkeit in Microsoft SystemCenter bietet für Partner und Kunden große Vorteile. Aber diese Offenheit bewahren selbstverständlich gegenüber allen Technologie-Anbietern - auch gegenüber Konkurrenzangeboten wie VMware vSphere. Das ist eine Schlüsselkompetenz, denn sie sichert Kunden die freie Wahl. Monolithen werden es deshalb künftig schwerer haben.

CP: Was planen Sie im Bereich Netzwerk?

Müller: Das Thema Networking und damit auch die Netscaler-Lösungen - werden dieses Jahr ein weiterer Schwerpunkt sein. Denn es ist ein wichtiges Element in Citrix Gesamtportfolio, das von der Virtualisierung über Netzwerk bis hin zur Cloud alles abdeckt. Die Infrastruktur wird sich massiv wandeln, die Äera des PC neigt sich dem Ende zu. Es ist jetzt die Zeit, in der Citrix seine Stärken voll ausspielen kann, weil wir für die Megatrends in der IT ein komplettes End-to-End-Portfolio bieten: vom XenServer über virtualisierte und Cloud-basierte Desktops bis hin zum kompletten Cloud-Stack. Damit bieten wir unseren Partnern große Wachstums-Chancen. Die Herausforderung liegt darin, dass alle drei Themen: Virtualisierung, Networking und Cloud, gleich stark mitwachsen.

CP: Welchen Anteil steuern diese drei Segmente jeweils zum Umsatz bei?

Müller: Die Virtualisierung steuert hier den Löwenanteil bei, und das wird auf absehbare Zeit auch erst einmal so bleiben. Im Netzwerksegment haben wir ebenfalls stark zugelegt, und dort wachsen wir am schnellsten - im ersten Quartal waren wir weltweit bei knapp 20 Prozent Umsatzanteil. Gleichzeitig wächst der Cloud-Bereich, in dem wir bereits erste größere Projekte umgesetzt haben - so zum Beispiel haben wir bei der Kommunalen Informationsverarbeitung Baden-Franken ein Vorzeige-Cloud-Projekt im Öffentlichen Sektor umgesetzt.

CP: Welche Rolle spielen für Citrix die Referenz-Architekturen, die seit der Geburt der Vblocks vor allem von Hardware-Herstellern massiv vorangetrieben werden?

Müller: Der Markt verlangt zunehmend nach diesen Architekturen, weshalb wir zahlreiche dieser Architekturen mit Partnern entwickeln - seit vielen Jahren zusammen mit Microsoft, mit Netapp und Cisco die Flexpod-Architekturen, aber ganz aktuell auch mit EMC VSPEX.

(rb)