Wettbewerbsbeschwerde wegen Lizenzierungspraktiken

CISPE beschwert sich bei EU über Microsoft

09.11.2022 von Peter Marwan
Die Beschwerde richtet sich gegen die zum 1. Oktober 2022 von Microsoft eingeführten Vertragsbedingungen. Sie ändern nach Ansicht des Branchenverbands europäischer Cloud-Betreiber nichts daran, dass die von ihm kritisierten Lizenzierungspraktiken von Microsoft wettbewerbswidrig sind.
Der Branchenverband CISPE sieht die von Microsoft zum 1. Oktober an seinen Lizenzbestimmungen vorgenommenen Änderungen nicht als Verbesserung und hält auch die aktuelle Fassung für wettbewerbswidrig. Microsoft, Logos, 16:9

Der europäische Branchenverband CISPE (Cloud Infrastructure Service Providers in Europe) hat die aus seiner Sicht unfairen Praktiken der Softwarelizenzierung bei Microsoft schon früher kritisiert. Womöglich auch als Reaktion auf eine Beschwerde des CISPE-Mitglieds OVHcloud bei der EU-Kommission hat Microsoft im Mai 2022 Änderungen angekündigt. Für Cloud-Provider sollte es dem Konzern zufolge dadurch einfacher werden, in ihren Rechenzentren Microsofts Cloud-Angebote zu hosten und sollte Kunden in Europa von flexibleren Lizenzbedingungen profitieren.

Die Änderungen wurden zum 1. Oktober wirksam. CISPE-Generalsekretär Francisco Mingorance hatte von Anfang an kritisiert, dass sie aus seiner Sicht nicht dazu beitragen, "die wettbewerbswidrige Bündelung von Produktivitätssoftware mit Cloud-Infrastrukturdiensten zu beenden". Die am 9. November 2022 bei der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission eingereichte formelle Beschwerde ist die logische Folge dieser Haltung. Der CISPE unterstützt damit seine Mitgliedsfirmen OVHcloud und Aruba, die bereits eine separate Beschwerde gegen Microsoft eingereicht haben.

"Microsofts Missbrauch seiner Marktmacht schadet dem europäischen Cloud-Ökosystem unwiederbringlich und nimmt den europäischen Kunden die Wahlmöglichkeit bei ihrer Nutzung der Cloud. CISPE sieht sich gezwungen, eine formelle Beschwerde einzureichen und die Europäische Kommission zum Handeln aufzufordern", teilt der Verband mit.

Als Abhilfemaßnahmen schlägt der Verband "Zehn Grundsätze einer fairen Softwarelizenzierung" vor. Entwickelt wurden sie von ihm 2021 zusammen mit Cigref, einem französischen Verband, in dem sich große Firmen und öffentliche Auftraggeber von Digitalprojekten zusammengeschlossen haben. In Deutschland existiert mit VOICE e.V., dem Bundesverband der IT-Anwender, eine ähnliche Organisation. Auch sie hatte sich schon vehement dagegen ausgesprochen, "dass einige große Software-Anbieter versuchen, mit ihren Lizenzverträgen den Wettbewerb und die Wahlmöglichkeiten einzuschränken".

"Wir haben diese Branchenbeschwerde eingereicht, um den Schaden zu beheben, den Anbieter und Kunden gleichermaßen durch unfaire Softwarelizenzierungspraktiken erlitten haben", kommentiert CISPE-Generalsekretär Mingorance jetzt. "Microsoft nutzt seine Vormachtstellung bei Produktivitätssoftware, schränkt die Auswahl ein und treibt die Kosten in die Höhe, wenn europäische Kunden in die Cloud wechseln wollen, und verzerrt so die digitale Wirtschaft in Europa."

Die EU-Kommission müsse nun schnell handeln und "eine förmliche Untersuchung mit einer Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen Microsofts Softwarelizenzmissbrauch einleiten, um das robuste Cloud-Ökosystem zu verteidigen, das Europa braucht und verdient." Der CISPE hat aktuell 34 Mitgliuedsfirmen an. Dazu gehören neben OVHcloud und Caelis aus Frankreich, Jotelulu und Gigas aus Spanien sowie Aruba aus Italien auch Leaseweb und AWS .

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