Ziele im Office- und Gaming-Bereich verpasst

Cherry baut Vertrieb gründlich um

07.10.2024 von Peter Marwan
Cherry trennt sich mit sofortiger Wirkung von René Schulz, der den Office- und Gaming-Bereich verantwortete, setzt ein Restrukturierungsprogramm auf, gibt dem deutschen Markt weniger Gewicht und hofft auf das Gesundheitswesen.
René Schulz, der seit April 2022 für den Bereich "Gaming & Office Peripherals" verantwortlich war, hat Cherry verlassen.
Foto: Cherry

Cherry hat in seinem Heimatmarkt Deutschland mit "rezessiven Tendenzen" zu kämpfen und dadurch das Umsatzziel im dritten Quartal verpasst. Statt wie erwartet rund 35 Millionen Euro stehen im dritten Quartal voraussichtlich nur rund 22 Millionen Euro in den Büchern. Die endgültigen Zahlen wird Cherry am 24. Oktober veröffentlichen - Maßnahmen hat das Unternehmen aber schon jetzt ergriffen.

"Um das Umsatzziel zu erreichen, hätte sich das Unternehmen dem Preisdruck auf dem deutschen Markt beugen und die Profitabilität in einer Weise opfern müssen, die nicht mit dem mittelfristigen Weg der sukzessiven Margensteigerung für Cherry und seine Partner vereinbar ist", teilte das Unternehmen mit. Jetzt sollen kurzfristig Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro eingespart werden.

Sorgenkind "Gaming & Office Peripherals"

Für den Einbruch verantwortlich sind einerseits die Kaufzurückhaltung bei gewerblichen Kunden, vor allem aber bei privaten Käufern und im Gaming-Bereich. Der Bereich "Gaming & Office Peripherals" hat seit Ende 2022 Schwierigkeiten, seine internen Struktur- und Wachstumspläne zu erfüllen. Der erhoffte Schub durch die Übernahme des Gamning-Spezialisten Xtrfy blieb offenbar aus. Übernahme der Gaming-Marke Hoffnungen macht dagegen der Bereich Digital Healthcare & Solutions. Er liegt weit über dem vergleichbaren Vorjahresquartal.

"Die zunehmenden Negativmeldungen deutscher Großkonzerne bedingen auch einen Blick auf die angespannte Situation in den deutschen mittelständischen Unternehmen", sagt Oliver Kaltner, CEO von Cherry. "Der GfK-Konsumklimaindex in Deutschland hat sich im September bei -22 Punkten weiter eingetrübt, und führende Wirtschaftsforschungsinstitute gehen für das laufende Jahr von einer Kontraktion des deutschen BIP aus." Zwar sei Cherry international aufgestellt, aber Deutschland als Heimatmarkt sei sehr wichtig. "Somit trifft die schwache Konsumentennachfrage in Kombination mit fehlender volkswirtschaftlicher Wachstumsperspektive auch uns in deutlichem Umfang", sagt Kaltner.

Kosteneinsparungsprogramm mit Sofortwirkung

"Aufgrund der aktuellen Herausforderungen im Bereich Gaming & Office Peripherals haben wir mit sofortiger Wirkung ein weiteres Kosteneinsparungsprogramm aufgelegt, mit welchem wir bis Jahresende mindestens 3,5 Millionen Euro unmittelbar cash- und ergebniswirksam erzielen möchten", nennt Volker Christ, EVP Global Finance & IT, erste Gegenmaßnahmen.

Im Zuge der damit einhergehenden Restrukturierung trennt sich Cherry von René Schulz, der seit April 2022 für den Bereich "Gaming & Office Peripherals" verantwortlich war. Seine Aufgaben übernimmt interimsweise CEO Oliver Kaltner. Einen konkreten Nachfolgeplan habe das Unternehmen bereits.

Cherry richtet Vertrieb stärker auf B2C aus

Außerdem wird der EMEA-Vertrieb über Distributions- und Retail-Partner stärker direkt auf Konsumenten (B2C) ausgerichtet. Er konzentriert sich künftig auf Frankreich, UK, Spanien, Italien und Portugal. "Deutschland wird bei den Planungen als Folge der schwachen Wirtschaftsentwicklung und somit niedriger Konsumentennachfrage weniger stark gewichtet", teilt Cherry mit.

Für Gaming & Office Peripherals ist eine Neuausrichtung der B2B-Geschäftsbeziehungen mit den etablierten Distributions- und Systemhauspartnern geplant. "Hier werden wir zeitnah ein neues Dealterm- und Margenmodell vorstellen, welches einerseits einen etwaigen Graumarkt austrocknet, und andererseits Aktivitäten auf gesteuerte Sell-Out-Maßnahmen fokussiert und dadurch zu einem Profitabilitätsanstieg für alle involvierten Partner sowie Cherry selbst führen soll", sagt Kaltner.

"Überdies streben wir eine stärkere Ausrichtung auf das B2C-Geschäft und die Aktivierung der jungen Geschäftsbeziehungen mit den neuen Vertriebspartnern Amazon, MediaMarkt, Elgiganten, Dixons und FNAC Darty an. Entsprechend werden wir unseren Vertrieb auch personell umstellen. In diesem Zusammenhang werden wir auch unser EMEA-Vertriebsteam entsprechend umstrukturieren."

Erste Schritte dazu gab es bereits duch den Wechsel von Anja Müller zu Jacob Elektronik. Sie war bei Cherry als Head of E-Commerce Sales & Marketing tätig. Andererseits kamen im August Christian Kast als "Head of Channel Marketing EMEA" und Julia Kühnberger als "Head of Amazon & Director-to-Consumer".

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