Microsoft fordert Partner

Channel-Konferenz im Schatten der Cloud

11.10.2012 von Alexander Roth
Große Begeisterung war auf der deutschen Partnerkonferenz von Microsoft in Stuttgart nicht zu spüren, dafür gab es für die Fachhändler aber eine Menge Handlungsempfehlungen.
Über 1.800 Besucher, kamen am 9. und 10. Oktober nach Stuttgart in die Porsche Arena, um der deutschen Microsoft-Partner-Konferenz beizuwohnen.
Foto: Microsoft

Große Begeisterung war auf der deutschen Partnerkonferenz von Microsoft in Stuttgart nicht zu spüren, dafür gab es für die Fachhändler aber eine Menge Handlungsempfehlungen.
Von Alexander Roth, freier Redakteur aus München
"Wir hatten die Wahl, ob wir die neue Produkt-Ära unseres Hauses auf der deutschen Partnerkonferenz in den Vordergrund stellen wollen oder die reinen Business-Inhalte. Wir entschieden uns für letzteres", so Microsoft-Partnerchef Bernd Stopper zu ChannelPartner am Rande der Veranstaltung. Damit beschreibt der Manager die Ist-Situation, mit welcher der Hersteller aktuell zu kämpfen hat, sehr treffend.

Obwohl es sich der Hersteller mit seinem bald erscheinenden Produktfeuerwerk rund um Windows 8 anders erlauben könnte, stellte Microsoft auf seiner deutschen Partnerkonferenz dass rein Geschäftliche in den Vordergrund. Die Botschaft ist klar: Microsoft hat vorgelegt, der Channel muss spätestens jetzt und dringend nachziehen. Das Interesse scheint zumindest unter den engeren Partnern vorhanden. Über 1.800 Besucher, weit mehr als im Vorjahr, kamen am 9. und 10. Oktober nach Stuttgart in die Porsche Arena.

Prominenz vor Ort

In der Arena selbst erlebte man unter beiden Lagern zahlreiche angespannte Gesichter, sorglose Zuversicht war eher selten zu sehen. Auf der einen Seite Microsoft mit geballter Prominenz vor Ort, auf der anderen die Partner, konfrontiert mit den dringenden Erwartungen.

Neben Mittelstands-Chef Martin Berchtenbreiter und Partnermanager Stopper gaben sich auch der neue Deutschland-Chef Christian Illek mit einer sachlichen und kompetenten Rede sowie der weltweite Partnerverantwortliche John Roskill die Ehre. Keiner der Manager ließ die Gelegenheit aus, zu betonen, wie wichtig dem Konzern auch in Zukunft der Channel sei.

Berchtenbreiter sagte in seiner Keynote, der Markt gebe zunehmend neue Entwicklungen vor. Microsoft habe dank seiner "Selbsterneuerung" nun ein Momentum geschaffen, das eine große Chance für den Channel mitbringe. Wichtig sei für die Partner, Microsoft dabei nicht mehr nur als Bereitsteller von Software, sondern vielmehr als "Company für Services und Devices" wahrzunehmen. Das Partnernetz könnte bei seinen Kunden künftig in allen Feldern, von Themen aus der Consumerization bis ins Rechenzentrum, Anforderungen erfüllen und zugleich neue Bedürfnisse wecken. Beispiel Windows 8: Bis Jahresende seien 100 neue Formträger des Betriebssystems zu erwarten.

Der Channel müsse dabei klar erkennen, dass das Thema Consulting immer wichtiger werde. Auch Stopper sagte in seiner Keynote: "Ich habe kein standardisiertes Geschäftsmodell dabei, mit dem Sie Ihr Business an die aktuellen Marktentwicklungen und unser Portfolio anpassen können. Die Initiative muss von Ihnen kommen. Wir werden aber versuchen, Sie dann soweit zu unterstützen, wie wir nur können."

Microsoft habe entsprechend auf vielen Feldern breit investiert und die Budgets aufgestockt: Beispiele sind ein Leitfaden, der Geschäftsmodelle und Business-Pläne für Cloud-Einsteiger vorschlägt, Microsofts Initiative für die Ausbildung von Fachkräften, ein großes Supportteam für Entwickler von Apps sowie neue Ausbildungsinhalte für Vertriebsmitarbeiter von Channel-Partnern.

Kritik von Partnern

Und was sagen Microsoft-Partner dazu? Die sind offensichtlich gespalten. Während einige Teilnehmer Unmut darüber äußerten, dass Microsoft vor Ort zu wenig Begeisterung für seine neue Produktwelt entfachte, zeigten sich andere mehr als begeistert von den neuen Möglichkeiten.

Kritik stellte ChannelPartner vor allem rund um die Cloud fest. Im Vorfeld der Veranstaltung holte unsere Publikation viele kritische Aussagen von Systemhaus-Chefs ein. Beispiele:

Damit konfrontiert, gibt sich Microsoft-Partner-Chef Stopper zwiegespalten: "Wir erleben, dass sich viele unsere Partner über alle Geschäftsmodelle hinweg an unser neues Portfolio angepasst und ihr Business mit spannenden und kreativen Business-Ideen erweitert haben", so Stopper zu ChannelPartner. Beispiele seien Dienstleistungen rund um Office 365, Lync, Virtualisierung und App-Entwicklung.

Der Manager betonte ChannelPartner gegenüber aber auch, dass in der vollen Breite des Channels die Adaption an das neue "Microsoft-Ich" aus seiner Sicht in der Tat zu langsam vonstatten gehe. Stopper: "Ich erlebe, dass immer mehr Partner auf mich zukommen, und mich nach Ideen und Anregungen für neue Geschäftsfelder fragen. Dennoch könnten es immer noch deutlich mehr sein."

Kompetenz und Konfrontation

Helfen soll nun auch die neue Kompetenz "Small Business" (SB), die Microsoft in Stuttgart erstmals offiziell im großen Stil vorstellte. Zwar wurde die Kompetenz bereits im Sommer auf der weltweiten Konferenz eingeführt, aber erst jetzt sieht Partnerchef Stopper die Inhalte an die regionalen Bedingungen "optimal angepasst".

Die Kompetenz soll regional aufgestellten Partnern helfen, sich im Small-Business-Umfeld hervorzutun und zu zertifizieren, und das nicht nur in Sachen Cloud: "Wir haben die Kompetenz an die Anforderungen kleiner Partner eingestellt. Auch Consulting ist hier ein Thema. Für die Ausbildung sind zudem nicht die üblichen vier zu schulenden Mitarbeiter gefordert, hier reichen zwei zertifizierte Kollegen."

ChannelPartner-Chefredakteur fordert Microsoft-Manager

ChannelPartner-Chefredakteur Christian Meyer im Gespräch mit Werner Leibrandt, Direktor Platform Strategy bei Microsoft Deutschland
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Auch ChannelPartner beteiligte sich aktiv vor Ort: Chefredakteur Christian Meyer führte auf der Bühne einen offen Dialog mit Werner Leibrandt, verantwortlich für das Wettbewerbsgeschäft bei Microsoft Deutschland. Meyer konfrontierte den Manager mit den kritischen Aussagen der Microsoft-Partner.

So sah sich mancher Systemhauschefs zu stark an die eigenen Umsatzziele gebunden, die man in Sachen Hardware habe, als dass man in die Cloud investieren könne. Andere betonten, Office 365 sei nicht leistungsstark genug, um alle Kundenanforderungen zu decken.

Leibrandt blieb standfest: Zwar gebe es gute Gründe, kurzfristig nicht in die Cloud zu investieren, zudem fordere Microsoft ja auch nicht, dass Kunden ihre gesamte IT auslagern, aber er sehe keine Alternative zu den aktuellen Markttrends und damit die Pflicht für Partner, ihre Geschäftsmodelle "an die neue Ära von Microsoft" anzupassen. Das komplette Interview mit Werner Leibrandt wird in der nächsten Folge (CC019) von Channelcast - dem Podcast für Reseller, Distributoren und IT-Hersteller zu hören sein. (rw)