Business Intelligence gilt aktuell die volle Aufmerksamkeit der IT-Verantwortlichen und zählt neben Unternehmensportalen, CRM und Mobility zu den Investitionsbereichen der Zukunft. Das geht aus der Studie "IT-Trends 2008" hervor, die das Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen Capgemini durchgeführt hat. Besonders im letzten Jahr wurde es deutlich, dass der seit jeher profitablere Markt für BI-Lösungen bei weitem nicht ausgeschöpft ist. So fand 2007 im Zuge der Marktkonsolidierung eine wahre Übernahmeschlacht auf dem BI-Markt statt, bei der IT-Riesen versuchten, möglichst viele Marktanteile in diesem Segment zu gewinnen: Oracle kaufte Hyperion Solutions, SAP übernahm Business Objects, Cognos schluckte Applix und IBM erwarb wiederum Cognos, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Des Weiteren erklärten Analysten von Gartner im Vorfeld des "Gartner Business Intelligence Summit", das Anfang Februar in Amsterdam stattfand, dass obwohl die Zeiten des zweistelligen Wachstums auf dem BI-Markt vorüber sind, BI weiterhin als entscheidender Wirtschaftsfaktor angesehen wird. So stellten sie auf der BI-Konferenz eine weltweite Umfrage unter IT-Managern vor, nach der - wie bereits in den beiden Jahren zuvor - BI die höchste Priorität unter den eingesetzten Techniken genießt. 2007 betrug die weltweite Wachstumsrate im BI-Markt laut Gartner 12,5 Prozent und war damit etwas niedriger als im Vorjahr. Für die zukünftige Entwicklung bis zum Jahr 2011 prognostizieren die Consultants eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 8,6 Prozent, der weltweite Gesamtumsatz würde dabei auf etwa sieben Milliarden Dollar ansteigen.
Warum der Mittelstand von BI profitieren kann
Die systematische Informationsversorgung zum Treffen richtiger Entscheidungen wird immer wichtiger, denn das Tempo der Verhaltensänderungen von Kunden und Wettbewerbern wird immer höher, die Vernetzung in der Lieferkette wird enger, global agierende Mittelständler müssen auch Transparenz und Informationsaustausch global organisieren, und regulatorische Auflagen fordern eine immer bessere Dokumentation der betrieblichen Kennzahlen und Entscheidungen. Anhaltende Marktdynamik und technologische Innovation sehen Experte als weitere Faktoren, die für die Verbreitung von BI-Software im Mittelstand sorgen. Mit strategisch-analytischen Lösungen können Mittelständler aus den riesigen, oft unstrukturierten Datenmengen strategische Erkenntnisse gewinnen, Trends ableiten und Zielrichtungen definieren. Sie können zudem ein unternehmensweit konsistentes Berichtswesen aufsetzen, das Verhalten ihrer Kunden prognostizieren, die Finanzplanung optimieren oder ihre Logistik effizienter gestalten.
Die von Barc-Institut durchgeführte Marktforschungsstudie "Business Intelligence im Mittelstand" zeigt, dass bereits ein erheblicher Teil der Mittelständler auf die Probleme schlechter Informationsversorgung reagiert. Während laut Studie 49 Prozent der befragten KMUs bereits BI-Software einsetzen, planen weitere 40 Prozent die Anschaffung eines entsprechenden Systems. Aus der Studie geht zudem hervor, dass auch im Mittelstand neben Management und Controlling inzwischen verschiedene Fachbereiche BI-Werkzeuge in einem nennenswerten Umfang einsetzen. Hier seien vor allem Vertrieb, IT, Buchhaltung, Marketing, Logistik, Einkauf, Personalwesen, sowie Produktion zu nennen.
BI-Anbieter reagieren auf die wachsende Nachfrage von KMUs
Die großen BI-Anbieter reagieren inzwischen auf die wachsende Nachfrage mittelständischer Unternehmen sowohl durch eine Vereinfachung und Kostensenkung ihrer Produkte als auch durch spezielle Vertriebskonzepte (siehe dazu etwa "EDS verkauft Mittelstandslösungen von Business-Intelligence-Anbieter SAS" oder "BI-Hersteller Business Objects und Information Builders drängen zum Mittelstand"). Aber auch kleinere Softwarehersteller interessieren sich zunehmend für den lukrativen BI-Markt und erweitern ihr Portfolio um entsprechende Systeme oder richten ihre Produkte verstärkt an den Bedürfnissen von KMUs aus. Während die BI-Topanbieter ihre Lösungen meistens als Komplettpaket - inklusive Service und Support - anbieten, spezialisieren sich die kleineren Softwarehäuser häufig nur auf ein Teilgebiet des BI. In diesem Marktsegment scheint sich allerdings auch die Tendenz in Richtung kompletter Software-Stacks abzuzeichnen, denn der Trend bei den Kunden geht eindeutig vom "Best of Breed" zu Komplettlösungen aus einer Hand.
Die Liste der am Markt verfügbaren Berichtslösungen ist sehr umfangreich. Softwareguide zählt beispielsweise über 150 Systeme in diesem Bereich auf. Berichtserstellung und -Verteilung, Datenanalyse, sowie Planung und Budgetierung sind dabei die drei Aufgabengebiete, die am häufigsten durch ein BI-System abgedeckt werden. Konzernkonsolidierung und statistische Methoden (Data Mining) spielen bereits heute ebenfalls eine zentrale Rolle bei BI-Lösungen. Neben diesen breit eingesetzten Funktionen werden Management-Dashboards und Balanced-Scorecard-Anwendungen von Experten als Zukunftsthemen identifiziert. In den folgenden Abschnitten werden eine Hand voll interessanter BI-Lösungen für KMUs vorgestellt, die weniger bekannt sind, aber dennoch aufgrund ihrer Funktionalität sehr interessant sind.
BI-Systeme für Einsteiger
Palo: Unternehmen, die mit Microsoft Excel vertraut und auf der Suche nach mächtigeren Reportfunktionen sind, ermöglicht diese Lösung einen leichten Einstieg ins BI. Dabei handelt es sich um einen quelloffenen, speicherresidenten und multidimensionalen Olap-Server (Online Analytical Processing) zur Verarbeitung von Excel-Daten und zur Vereinheitlichung der Datenbasis für unternehmensweit verteilte Excel-Anwendungen. Das System ist jedoch nicht auf den Einsatz mit Excel beschränkt, sondern kann über APIs in Java, PHP, C oder .NET auch in andere Software-Umgebungen integriert werden. Die Entwicklung des Palo-Servers wird von der Jedox AG aus Freiburg im Breisgau betreut, die neben einer kostenlosen Vollversion umfangreiche Komplettpakete und Support rund um das System bietet. Palo 2.0 Professional für die Palo-Einführung in kleinen Unternehmen - inklusive Installation des Systems vor Ort, Support für ein Jahr und einem zweitätigen Workshop - kostet zum Beispiel knapp 4000 Euro. Weitere umfangreichere Versionen (Enterprise und Government) sind auch erhältlich.
TIQView: Im Gegensatz zu den meist in BI- oder großen Datenbanklösungen angesiedelten teueren Data-Profiling-Tools ist diese Lösung aus dem Hause TIQ Solutions GmbH (Total Information Quality) für den Einsatz direkt in den Fachabteilungen von mittelständischen Unternehmen konzipiert, wo es darum geht, schnell, interaktiv und ohne spezielles IT-Wissen die eigenen Daten auf qualitative Probleme untersuchen zu können. TIQView bietet dabei allgemeine Datenqualitätsauswertungen wie zum Beispiel die Identifizierung von Schlüsselattributen, Werte- und Formatanalysen, Datentypen-, Nullwert- oder Häufigkeitsanalysen sowie Feldlängen- und Wertebereichsbetrachtungen und einen echten Drill Down zu den jeweils relevanten Datensätzen. Durch seine funktionale Flexibilität soll es laut Anbieter in kurzer zeit möglich sein, komplizierte datenqualitätsspezifische Zusammenhänge zwischen Spalten verschiedener Datenbanktabellen herzustellen. Durch die übersichtliche Gestaltung der einzelnen Funktionen, Selektionen und Daten in der graphischen Oberfläche habe der Anwender auch bei Detailanalysen immer den gesamten Kontext der Auswertungen im Blick.
BI-Systeme der Enterprise-Klasse
JasperSoft BI-Suite: Der Open-Source-Dienstleister JasperSoft bezeichnet sich als Marktführer im Bereich Open Source Business Intelligence. Mit weltweit mehr als zwei Millionen Downloads und mehr als 5000 Unternehmenskunden in 81 Ländern bietet das Unternehmen eine der am häufigsten verwendeten Open-Source-BI-Software an. Sie ist eine direkt einsatzfähige Lösung, die auf Java-Technologien und Open-Source-Frameworks basiert. Sie bietet robuste Funktionen für Datenintegration und Berichterstellung und umfasst einen interaktiven Reporting-Server (JasperServer), Benutzeroberflächen zum grafischen und Ad-hoc-Berichtsentwurf (JasperReports, JasperStudio), OLAP-Analysen (JasperAnalysis), ein Modul für Datenintegration (JasperETL, ETL: Extraction, Transformation and Loading), sowie eine skalierbare Java-Reporting-Bibliothek. Die Suite ist sowohl in einer kostenlosen Community Edition als auch in einer Professional Edition verfügbar. Die einzelnen Komponenten der Suite können entweder eigenständig eingesetzt oder in andere Lösungen eingebettet werden. So sind bereits JasperReport-Plug-Ins für die CRM-Systeme SugarCRM und Salesforce verfügbar. Eine ausführliche Beschreibung des Systems (auf Deutsch) findet sich auf der JasperSoft-Website.
Pentaho: Bei dieser BI-Plattform des gleichnamigen Unternehmens handelt es ich ebenfalls um eine J2EE-Lösung, die auf offene Standards setzt und modular aufgebaut ist. Sie kann als "Out-of-the-Box"-Lösung sofort eingesetzt werden und stellt gleichzeitig ein BI-Framework dar, das die Anpassung des Systems, sowie die Entwicklung kundenspezifischer Funktionalitäten ermöglicht. Das System besteht aus den Modulen: BI Platform, Data Mining, Data Integration, Reporting, Analysis und Dashboards. Die Suite integriert diese Module durch die Kopplung der Serverkomponenten (Engines) mit dem Pentaho BI Server. Ihre offene Architektur erlaubt aber auch die separate Nutzung der einzelnen Module oder ihre Integration in externe Anwendungen. Eine Besonderheit dieser BI-Suite ist die durchgängige Prozessorientierung. Auf der BI-Plattform werden nicht Berichte, Datentransformationen oder andere Objekte ausgeführt, sondern BI-Prozesse. Diese Prozesse werden durch XML-Dateien - so genannte "Action Sequences" - beschrieben. Innerhalb einer Action Sequence wird eine Reihe von Aktionen definiert. Die einfachste Action Sequence zur Ausführung eines Berichts besteht beispielsweise aus zwei Aktionen: der Abfrage von Daten aus einer Datenquelle und der anschließenden Aufbereitung und Ausgabe der Daten in einem Bericht. Eine ausführliche Beschreibung der Pentaho-BI-Suite (auf Deutsch) steht bei Heise.de zur Verfügung.
BIS.Center: Diese BI-Plattform der Evidanza GmbH aus Nürnberg zeichnet sich durch ihre breite Integrationsfähigkeit aus. Sie kann laut Anbieter an jedes gängige ERP-System über Standardschnittstellen angebunden werden und bietet eine einheitliche Plattform für alle betriebswirtschaftlichen Anwendungen aus dem operativen und strategischen Controlling. BIS.Center kann parallel Informationen aus unterschiedlichen und beliebig vielen Datenquellen (zum Beispiel SAP, Navision, oder Sage CRM) zusammenführen und verarbeiten. Damit kann das System seine Stärken besonders dann ausspielen, wenn Konzernstrukturen im Unternehmen heterogene Datenstrukturen erzeugen und die Notwendigkeit entstehen lassen, Prozesse standortübergreifend zu harmonisieren. Hinterlegte Standard-Berichte mit Datenquellen für ausgewählte Branchen und ERP-Systeme stehen dabei zur sofortigen Nutzung bereit. Wer damit nicht auskommt, kann mit BIS.Center auch individuelle BI-Applikationen aufbauen. Zu den funktionalen Stärken der Lösung zählen laut Hersteller unter anderem Konsolidierungen, Überleitungen auf internationale Rechnungslegungsstandards, Prozessberichte, Berichte mit betriebswirtschaftlicher Verrechnungslogik, integrierte Kennzahlensysteme oder Planungssysteme mit Szenarien, die sich ohne Programmierung generieren lassen.
Eine ausführliche BI-Anbieterliste steht auf der Website des Barc-Instituts zur Verfügung. Im Magic Quadrant for Business Intelligence Platforms 2008 von Gartner finden Interessierte zudem eine Liste der Marktführer im BI-Bereich.