Die Systemhausbranche muss sich wandeln, das wissen wir alle längst. Die Cloud hebt alles aus den Angeln, und die Cloud in 2011 das erste Mal so richtig Top Thema auf der CeBIT war, klingt eigentlich wie ein Witz. De Fakto, alleine wenn man den Siegeszug von Social Media, VoIP, BackUp (zu Beginn erst einmal im privaten Umfeld), Projektmanagement, Produktivität-Apps oder auch sonstigen Webdiensten betrachtet, findet die Cloud allgegenwärtig seit fast einem Jahrzehnt in unserem privaten und beruflichen Leben statt. Das alles nimmt immer weiter zu, und zumal der Leistungsumfang der Dienste weiter überproportional stieg, war es seit langem nur eine Frage der Zeit, bis das Thema komplett den Markt beherrscht, auch in der Firmenwelt.
Eigentlich hatten die IT-Dienstleister oder Systemhäuser sehr lange Zeit, ihre Geschäftsmodelle zu entwickeln und sich auf den kommenden Markt einzustellen, zumal die Kunden in Deutschland immer etwas langsamer sind als der Rest der modernen Welt. Die deutsche Zurückhaltung in Sachen Cloud ließ dem Channel überraschend viel Zeit. Dieser aber übersah viele Aspekte dieses Trends, vor allem, dass die Cloud auch eine gesellschaftliche Wandlung mit sich brachte. Nicht nur Entscheidungen und Arbeitsabläufe in Unternehmen beginnen sich zu ändern, zunehmend kommen dabei nicht "Digital" sondern wahre "Cloud Natives" an die Entscheidungshoheiten, die anders "ticken" als ihre Vorgänger.
Ich möchte ein paar Gründe nennen, warum das Verschlafen dieser Entwicklung vielen Systemhäusern aber auch einigen Zulieferern zunehmend zum Verhängnis wird. Und dabei geht es nicht einmal um die Geschäftsmodelle oder Lösungsszenarien, die deutsche Dienstleister in Sachen Cloud mittlerweile aufstellen. Die Qualität der betriebswirtschaftlichen und technischen Angebots liegt hierzulande ohne Frage - trotz allen zeitlichen Verzugs - auf Topniveau. Es geht mir um die Einstellung zur zugehörigen Kommunikation.
Das beginnt bereits bei der Industrie: Ein Hersteller oder ein (Cloud-)Distributor steht vor der neuen Aufgabe, seinen Kunden Messages und Material zu liefern, welches aussagt: "Das will euer Kunde in dieser neuen Welt. So verkaufst ihr ihm diese Lösung, diese konkreten Mittel, die genau die Paint Points des Kunden adressiert gebe ich Dir an die Hand." Doch diese Herausforderung, die den Kunden, und nicht mehr wie zu alten Zeiten die Produkte in das Zentrum der Kommunikation stellt, sehe ich nicht im Markt.
So sieht moderner Content aus
Zu technisches Marketing/PR-Material von IT-Unternehmen, das an den neuen Zielgruppen vorbei geht, findet sich aktuell in Unmengen, Content, der den neuen Anforderungen der Zielgruppen gerecht wird, hingegen kaum. Vieles von dem Material wirft einfach zu viele Fragen auf, vieles kostet zu viel Zeit, um es zu verstehen, zumal die Cloud ja vieles vereinfachen soll. Die neuen Entscheider in Unternehmen suchen deshalb zunehmend IT-Dienstleister, der keine Fragen aufwirft, sondern sagt: "Das hast Du, aber das neue hier brauchst du, so wird Arbeiten effektiv und macht auch noch mehr Spaß". Gesucht wird also ein echter Dienstleister, ein Trusted Advisor, ein Berater, der dem Business-Kunden Material zeigt welches er versteht und das ihn auch emotional überzeugt.
Die 7 Sünden de Business-Kommunikation
Doch was ist das eigentlich für Material? Eigentlich liegt es auf der Hand. Die Forderung nach neuer IT kommt immer mehr aus dem mittleren Management und den Fachabteilungen. Es gilt also, weniger technische Aspekte in den PR-Content und in die Marketing Mittel einbauen, mehr Meinung zu machen und neben Business Themen auch mal Digital Lifestyle Themen zu besetzen. Das Problem, fast alle in der Wertschöpfungskette, beim Hersteller angefangen, haben immer noch die technische "Systemhaus-Brille" auf.
Stichwort "Mini Accenture"
Gerade kleine Häuser sind hier gefragt, zumal größere Dienstleister sich diesem Wandel meist schon länger stellen. Isabelle von Künßberg, Vertriebsleiterin bei acmeo, sagt dazu: "Kleine und mittlere Systemhäuser vermuten viel zu häufig noch ein hohes technisches Wissen bei Ihren Zielgruppen und bieten diesen somit zu viele verschiedene Services und zu komplexe Lösungen an. Gerade in dem Bereich der Cloud muss viel plakativer auf echten FullService gesetzt werden, da die neuen Entscheidergruppen im Mittelstand zwar IT wollen und brauchen aber viele sich weder CTO noch CIO im klassischen Sinne leisten.
Um diese Kunden mittelfristig nicht zu verlieren müssen jedoch spannende Pakete mit Lösungen aus der Cloud günstig und ohne große Nebenkosten für den Endkunden bereitgestellt werden. Schaffen das die kleineren Systemhäuser nicht, werden kleinere Unternehmen in Zukunft vielleicht völlig auf professionelle IT-Dienstleister verzichten, da Sie aus Kostengründen, die oft zwar mangelhaften aber wohl ausreichenden, günstigen Lösungen direkt vom Hersteller beziehen."
Es ist klar: Der Anstoß für neue IT kommt zunehmend aus den Fachabteilungen oder vom GF selbst. Mittelständische Kunden beschäftigen immer wenige reine IT-Verantwortliche. Also muss für diese meist sehr untechnische Zielgruppe auch eine Menge Content und Marketing Material von und für Systemhäuser erstellt werden. Um diesen zu erstellen sind sowohl Hersteller, Distribution aber auch Systemhäuser selbst in der Pflicht. Das Ziel muss lauten: Ich werde zum "Trusted Advisor", und zum Berater meiner Kunden. Wie ein Arzt, der das richtige Medikament kennt.
Doch das kann man dem Kunden nur verabreichen, wenn man sein Vertrauen gewinnt. Und hier führt der Weg zunehmend über Emotion und über konkrete Nennung der Paint Points. Denn viele Kunden wissen ja gar nicht mal, dass ihnen etwas fehlt, wie sollen sie dann Zahlungsbereitschaftaufbringen. Das Systemhaus muss zum Kunden kommen und sagen können, "ich bin dein Berater, alles wird effizienter für dich durch meine (Cloud-)Services, das willst du haben." Die Produkte und Dienstleistungen sind dabei meist vorhanden. Es gilt, diese Brücke mit der Kommunikation zu erbauen.
Was ist hingegen der Status Quo? IT wird häufig durch die vielen, sofort buchbaren, vordergründig günstigen Angebote entzaubert. Mit der richtigen Kommunikation hingegen scheint alles möglich.
Wandel der Kommunikation - Jeder hat eine Meinung
Aus den beschriebenen Gründen ist es dann langsam auch in der Business IT wichtig seine Kommunikation grundlegend neu aufzustellen, andere Branchen befinden sich schon mitten in einem umfassenden Wandel. Es müssen im Bereich Kommunikation unter anderem für Content Marketing, Online Publishing, Social Media usw. insgesamt die Strukturen gewandelt werden.
Hierzu müssen zunächst alle Stimmen eines Unternehmens an einen Tisch zusammengeführt werden, denn durch die neue Vielzahl an neuen Kommunikationswegen und Kommunikatoren (unter dem Strich jeder Mitarbeiter) ist ein zentrales Sammeln und Orchestrieren der Kommunikation essentiell. Es gilt für Unternehmen (also auch für Systemhäuser und Distributoren) mehr als zuvor eine einheitliche Sprache zu finden, Regeln aufzustellen, und abgestimmten Content, der neue Bedürfnisse befriedigt, über alle Kanäle hinweg bereitzustellen. Hierzu kann eine zentrale Instanz helfen, die geschaffen wird, um alle Informationen im Unternehmen zu sammeln, abzugleichen und so bereitzustellen, dass jeder Kommunikator der Firma den Content bekommt, der für seinen favorisierten Kanal geeignet ist.
Folgender Rat geht besonders an die mittelgroßen Systemhäuser. Bietet den Kunden etwas neues, bei dem dieser Lust auf die Lösung bekommt und nicht sagt - das kostet nur wieder Geld. Die Cloud liefert euch das alles, kommuniziert es besser. Beispiele dafür habe ich in den letzten Jahren gesehen aber leider sehr wenige. Ich bin überzeugt, sobald die Public Cloud auch in Deutschland salonfähig ist, vor allem wenn die Wirtschaft wieder schwächelt und der Mittelstand sparen will, wird die Systemhausbranche sich deutlich reduzieren. Daran ist sie dann aber selbst schuld und nicht die Cloud. (rw)