Billiger telefonieren

31.05.2006 von Albert Lauchner
Durch eine Call-by-Call-Vorwahl lassen sich heutzutage die Telefonkosten mehr als halbieren. Viel bequemer ist es, mit wenigen Mausklicks eine versteckte Funktion der Fritz Box freizuschalten, die das Vorwählen ab dann vollkommen automatisch für Sie erledigt.

Von Albert Lauchner, tecChannel.de

Ein Mal telefonieren mit der Freundin im Nachbarort? Macht 4,9 Cent pro Minute. Ins Mobilnetz? Dann sind 22,8 Cent pro Minute fällig. Und ins Nachbarland Polen? Hierfür berechnet die Deutsche Telekom sagenhafte 24,6 Cent pro Minute. Setzt man vor die polnische Vorwahl aber die fünf magischen Ziffern "01050" einer Call-by-Call-Vorwahl, ist selbst das Auslandsgespräch zum neuen EU-Mitglied plötzlich für 1,7 Cent die Minute möglich.

Bei dieser Preispolitik ist es kein Wunder, dass immer mehr Leute die Telekom meiden und die T-Com-Festnetzsparte über rückläufige Einnahmen klagt. Das günstige Telefonieren über Call-by-Call hat sich flächendeckend durchgesetzt. Und VoIP holt jetzt zum nächsten Schlag aus.

Mitunter wird es aber anstrengend: Welche Vorwahl ist gerade die günstigste, soll man über VoIP oder Call-by-Call telefonieren, haben sich die Preise schon wieder geändert? Doch wer zu Hause eine Fritz Box von AVM hat, kann sich diese Fragen ab jetzt sparen. Denn Deutschlands beliebtester DSL-Router enthält - gut versteckt - einen so genannten "Least Cost Router" (LCR). Dieser weiß immer, welches gerade die günstigste Methode für das jeweilige Telefonat ist, und leitet das Gespräch dementsprechend um. Ein Mal freigeschaltet und eingerichtet, muss man sich nie mehr um lästige Details kümmern, sondern telefoniert immer zu den bestmöglichen Konditionen.

Call-by-Call- und VoIP- Geschäftsmodelle

Seit der Deregulierung des Telefonmarkts haben sich die Call-by-Call-Anbieter einen gehörigen Marktanteil gesichert. Deren Geschäftsmodell ist jedoch hart am Limit kalkuliert, denn die Deutsche Telekom besitzt fast überall noch die Hoheit über die letzte Meile. Für jedes Telefonat, das ein Anrufer über Call-by-Call führt, verlangt der Ex-Monopolist 0,5 Cent pro Minute für das so genannte Terminierungsentgelt. Dafür leitet er das Gespräch innerhalb der Ortschaft vom Kunden zur Ortsvermittlungsstelle, wo der alternative Telefonanbieter die Daten übernehmen und auf seiner Leitung quer durch Deutschland zur Ortsvermittlung des Angerufenen transportieren darf. Dort angekommen, sind erneut 0,5 Cent pro Minute für die Telekom fällig, die das Gespräch beim Empfänger abliefert.

Will der Call-by-Call-Anbieter kostendeckend arbeiten, muss er deutlich über einen Cent pro Minute verlangen. Günstigere Preise dienen oft nur als Lockangebot und werden in einer Mischkalkulation gegengerechnet. So wirbt etwa Arcor mit Call-by-Call für 0,87 Cent/Min. deutschlandweit. Doch wer nicht das schmale Zeitfenster von 19 bis 21 Uhr nutzt, sondern tagsüber mit Arcor Call-by-Call telefoniert, zahlt mit 4,5 Cent/Min. den fünffachen Preis und befindet sich wieder auf Telekom-Niveau.

VoIP-Anbieter können Gespräche generell um 0,5 Cent/Min. günstiger anbieten. Denn der Anrufer überträgt die Sprachdaten über seine DSL-Leitung ohne das sonst fällige Terminierungsentgelt in das Netz des Betreibers. Der Anbieter leitet die Daten dann über sein IP-Netz zur Ortsvermittlung des Gesprächsziels. Erst dort fallen einmalig 0,5 Cent/Min. an Terminie-rungsentgelt für die Telekom an, die das Gespräch über die letzte Meile zustellt. So sind kostendeckende VoIP-Gebühren ab 1 Cent/Min. möglich.

Aber auch bei VoIP lauert die Kostenfalle, über die sich die Anbieter finanzieren. So fordert Deutschlands größter VoIP-Anbieter 1&1 zwar deutschlandweit nur 1 Cent/Min. Doch Handys sind erst ab 22,9 Cent, das Nachbarland Tschechien etwa für 19 Cent die Minute erreichbar. Mit Call-by-Call kostet das Gespräch in das mobile Netz unter 10 Cent/Min., mit Tschechien spricht man für 1,6 Cent/Min. (Stand: jeweils Januar 2006).

AVM und die LCR-Zwickmühle

Scheinbar setzen viele Call-by-Call- und VoIP-Anbieter auf eine Mischkalkulation. Sie werben mit Kampfpreisen und verdienen an unachtsamen Gewohnheitsmenschen, die den Service auch außerhalb der Schnäppchenzeiten und nach kurzfristigen Preisänderungen nutzen.

Seit Jahren gibt es aber mit "Least Cost Routern" (LCR) ein probates Mittel, die Anbieter auszuhebeln und viel Geld zu sparen. LCR finden sich typischerweise als Teilmodule in besseren Telefonanlagen. Sie nutzen Tabellen, die je nach Uhrzeit und Vorwahlbereich den günstigsten Anbieter aufführen, und leiten die Gespräche darüber um. Auch AVM hat LCR in viele seiner ISDN-Telefonanlagen integriert. Bis vor drei Jahren machten die TK- Anlagen noch AVMs Hauptgeschäft aus.

Inzwischen bestreitet AVM jedoch einen nicht unerheblichen Teil des Geschäfts mit seinem DSL-Router Fritz Box. Mit ein Grund für den Erfolg ist die hervorragende Verschmelzung von DSL mit Analog-, ISDN- und VoIP-Telefonie. Kaum ein Telefonie- Feature, das die Box nicht beherrscht. Selbst ein interner ISDN-Bus steht bereit, auch wenn die Fritz Box nur am analogen Telekom-Netz angeschlossen ist. Lediglich ein vernünftiger Least Cost Router fehlt bislang in der Box.

Dies ist jedoch nicht verwunderlich. Denn große Stückzahlen der Fritz Box laufen über DSL-Anbieter wie 1&1, Freenet, Strato und GMX, die den AVM-Router stark subventioniert beim Vertragsabschluss beipacken. Und an einem Least Cost Router im DSL-Modem haben diese Provider nun wirklich kein Interesse: Einerseits will man mit VoIP ja gerade den klassischen Telefonieanbietern das Geschäft abgraben und ihnen nicht auch noch Umsatz zuspielen. Andererseits versucht man zudem, durch eine geschickt getarnte Mischkalkulation mit VoIP auch noch Geld zu verdienen.

LCR für Anfänger

Doch in den Fritz-Box-Fon-Modellen findet sich bei genauerem Hinsehen etwas, das sich auch ohne Eingriff in die Software des DSL-Routers als einfache Version eines LCR zweckentfremden lässt: die Telefonie-Wahlregeln. Bevor wir näher auf den "echten" Least Cost Router eingehen, geben wir zunächst ein paar Tipps, wie Sie allein mit den Wahlregeln Ihre Telefonkosten halbieren können.

Wenn Sie sich per Browser auf Ihre Box einloggen, finden Sie im Menüpunkt "Telefonie" den Unterpunkt Wahlregeln. Dort können Sie definieren, welche Telefonnummernkreise über welche Vorwahl oder auch über VoIP angerufen werden sollen. Zwar steht Ihnen keine zeitliche Staffelung wie bei einem echten LCR zur Verfügung. Doch wenn man in die Wahlregeln Call-by-Call-Provider einträgt, die rund um die Uhr günstig sind, lässt sich bereits einiges sparen.

Bei Ortsgesprächen berechnet die Telekom tagsüber 3,9 Cent/ Min. und 1,5 Cent/Min. nachts sowie am Wochenende. Will man im Ortsbereich sparen, klicken Sie auf den Button "Anbietervorwahlen einstellen" und tragen bei "Globale Anbietervorwahl" die "01079" ein. Ab sofort läuft jedes Telefonat, das nicht durch weitere Regeln umgeleitet wird, über diesen Anbieter. Zur Nebenzeit sparen Sie sich bei Ortsgesprächen durch diesen Anbieter zwar nur recht wenig. Doch tagsüber sinken die Gebühren für das Ortsgespräch auf weniger als die Hälfte (1,8 Cent/Min.). (Anmerkung: Die hier angegebenen Vorwahlnummern entsprechen den persönlichen Vorlieben des Autors.)

Weitere Nummernkreise

Als Weiteres bietet es sich an, eigene Wahlregeln für Ferngespräche und Telefonate ins Mobilnetz sowie ins Ausland festzulegen. Tragen Sie dafür zunächst bei den Anbietervorwahlen die dafür in Frage kommenden Call-by-Call-Anbieter ein.

Anschließend können Sie Wahlregeln definieren, die die Fritz Box abweichend von der globalen Anbietervorwahl verwendet. Legt man, wie im Bild unten gezeigt, den Nummernkreis "00" auf die 01081, sinken die Gebühren bei Auslandsgesprächen dramatisch. Das europäische Ausland ist über diese Vorwahl für 2 bis 3 Cent/Min. erreichbar. Für unser Beispiel Polen fällt der Preis von 24,9 Cent/Min. bei der Telekom durch diese Wahlregel auf 2,4 Cent/Min., also auf ein Zehntel.

Vollwertiger Least Cost Router für die Fritz Box

Die über die Fritz-Box-Konfiguration erreichbaren Wahlregeln reduzieren die Telefonkosten zwar erheblich, reizen das Potenzial aber bei weitem nicht aus. Ein echter LCR sollte auch zeitgesteuert über den Tag verteilt die günstigsten Tarife kennen. Zudem sollte er seine Tariftabellen automatisch über das Internet stets aktuell halten.

Angestachelt von einem Thread bei ip-phone-forum.de hat sich vor einigen Monaten der LCR-Spezialist Harald Becker des Problems angenommen. Becker betreibt mit viel Engagement die Website www.Telefon-Sparbuch.de. Diese bietet nicht nur einen Online-Tarifrechner, mit dem sich der momentan günstigste Call-by-Call-Anbieter für ein Gespräch ermitteln lässt. Als besonderen Service kann man von der Website auch für viele Telefonanlagen die passenden LCR-Dateien individuell konfigurieren und downloaden.

Becker analysierte zunächst die Wahlregeln, die man über das Web-Interface der Fritz Box, wie auf den vorangegangenen Seiten beschrieben, eingeben kann. Zu seiner großen Überraschung legte die Fritz Box diese Regeln in einer umfangreichen LCR-Tabelle ab, wie sie auch die ISDN-TK-Anlagen von AVM nutzen. Darin kann stündlich und getrennt für Werktage und Wochenende der günstigste Provider für fast beliebig viele Vorwahlzonen gespeichert werden. Mehr noch: Auch ein Fallback im Fehlerfall findet in der Fritz-Box-Tabelle noch Platz. Und das Beste daran: Ist die LCR-Tabelle mit den passenden Werten gefüllt, wird sie von der Fritz Box ohne jegliche Modifikation bei Telefonaten korrekt ausgewertet.

Bewährte Software

AVM nutzt bei der Auswertung der wenigen offen zugänglichen Wahlregeln dasselbe Softwaremodul, das sich auch schon bei den ISDN-TK-Anlagen bewährt hat. Nur bestand scheinbar kein Grund, dessen Möglichkeiten auch wirklich auszunutzen. Für Becker verein-fachte dies die Entwicklung eines echten Least Cost Routers für die Fritz Box jedoch unge-mein. Im Prinzip musste er "nur" noch folgende Aufgaben lösen:

3 Seine Website muss die passenden Tariftabellen für die Fritz Box erzeugen können. In den Tariftabellen müssen auch individuelle VoIP-Provider des jeweiligen Benutzers berücksichtigt sein.

3 Die Fritz Box muss in regelmäßigen Abständen die aktuelle Tabelle herunterladen.

3 Der Anwender muss seine individuelle Konfiguration bequem über ein Web-Interface erzeugen können. Die Konfiguration (eigene Vorwahl, bevorzugte Auslandstarifzonen, VoIP-Provider) muss auf der Fritz Box gespeichert und jeweils zur Neuberechnung der Tariftabellen an www.Telefon-Spar buch.de übertragen werden.

Inzwischen hat Becker all die kleinen und großen Probleme rund um den Fritz-Box-Least-Cost-Router gelöst. Im Folgenden beschreiben wir, wie Sie die Software auf Ihrer Fritz Box installieren. Wenn Sie nur den LCR benötigen, läuft dies auf wenige Mausklicks hinaus.

Der LCR läuft derzeit nur im Zusammenspiel mit der originalen AVM-Firmware auf allen Fritz-Box-Versionen, die die Telefonieunterstützung anbieten. Sollten Sie echte Mods (also nicht nur unsere dynamisch nachgeladenen Programme, sondern selbst kompilierte Firmware) einsetzen, raten wir vom Gebrauch ab. Lediglich der beliebte Danisahne-Mod soll laut Becker inzwischen mit dem LCR problemlos zusammenarbeitet.

Installation des LCR-Moduls

Ebenso wie bei allen anderen bislang vorgestellten Erweiterungen ist der Dreh- und Angelpunkt für Erweiterungen der Fritz Box die Datei "debug.cfg" im Verzeichnis /var/flash. Diese Datei liegt im Flash-Speicher der Box und kann manuell mit einem Editor oder durch das Einspielen einer externen Datei verändert werden. Ihr Inhalt bleibt auch nach einem Stromausfall und selbst bei einem Firmware-Update erhalten und wird bei jedem Reboot der Box abgearbeitet.

Die debug.cfg wird zur Installation des LCR lediglich um folgende Zeilen erweitert:

/bin/update_led_on

while !(ping -c 1 lcr.telefonspar buch.de); do sleep 5; done;

wget -qO /var/tmp/tsbinstaller http://lcr.telefonsparbuch.de/software/fritzbox/ xre-lease_lcr_up dater_installer

chmod 755 /var/tmp/tsbinstaller

/var/tmp/tsbinstaller

/bin/update_led_off

/var/tmp/tsb/tsbdaemon &

Das Script schaltet die Info-LED der Box ein und wartet, bis eine Internetverbindung besteht. Anschließend wird das LCR-Installations-Script von http://lcr.telefonsparbuch.de/software/fritzbox/ xrelease_lcr_updater_installer heruntergeladen und ausgeführt. Hat dieses alle nötigen Erweiterungen durchgeführt, schaltet sich die Info-LED wieder aus, und der Telefon-Sparbuch-Daemon wird gestartet. Dieser kümmert sich ab dann vollautomatisch um die Aktualisierung der Tariftabellen.

Klingt einfach, doch wie bekommen Sie dieses Script in die debug.cfg Ihrer Box? Bei einer noch jungfräulichen Box reduziert sich der Aufwand, wie nachfolgend beschrieben, auf wenige Mausklicks. Bei einer modifizierten Fritz Box ist, wie etwas weiter unten geschildert, ein manueller Eintrag mittels des Editors "nvi" nötig.