Kundenansprache auf Basis von aggregierten Informationen oder aufgrund von Durchschnittsdaten lässt nur schwer personalisieren und ein One-to-One-Marketing mit der Betrachtung individueller Customer Journeys ist nicht praktikabel. Wie können also E-Commerce-Unternehmen ihren Website-Besucher ein persönlicheres Erlebnis bieten, ohne auf simple eindimensionale Segmentierung zurückgreifen zu müssen?
Datenanalyse und Kundenprofile
Dass One-Size-fits-all weder für Kleidergrößen noch für die Ansprache auf der Website gilt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Dazu gehört eine User Experience, die Desktop-Nutzer genauso begeistert wie Smartphone- oder Tablet-Nutzer, ebenso wie Landingpages zu Suchbegriffen und Anzeigen passen. Auch werden erstmalige Website-Besucher gerne mal mit Gutscheinen zur Newsletter-Registrierung gelockt oder passende Produkte je nach Wetterlage am Standort des Besuchers angezeigt.
All das kann, wenn richtig umgesetzt, die Konversionen und Zufriedenheit maßgeblich erhöhen und damit die Umsätze und Kundenloyalität steigen lassen. Allerdings sind alle Maßnahmen, die mal die Geo Location, mal den Endgerätetyp berücksichtigen, eindimensional ausgelegt.
Auf diese Weise wird immer nur ein Bruchteil dessen betrachtet, was letztendlich das Besucherverhalten ausmacht. Beispielsweise beinhaltet das so genannte RFM-Modell (Recency, Frequency, Monetary) schon mehrere Dimensionen, nämlich die zeitliche Nähe zum letzten Kauf oder Besuch (Recency), die Kauf- oder Besuchshäufigkeit (Frequency) sowie den Umsatz oder Deckungsbeitrag (Monetary Value).
Hinzu kommen aus der Webanalyse Informationen zu den Kampagnenkontakten in den Customer Journeys, zu Art und Anzahl aufgerufener Artikelseiten, zum Rechercheverhalten, zu Endgeräten, zur Geo Location und vieles mehr.
Cluster-Analyse als Grundlage der Kundensegmentierung
Eine Möglichkeit, die Gesamtheit an Besucherdaten bei der Segmentierung zu berücksichtigen, bildet das sogenannte Clustering. Eine mehrdimensionale Cluster-Analyse fasst auf Basis unterschiedlicher Merkmale Webseitenbesucher zu Gruppen zusammen - die sogenannten Cluster. Die Besucher eines Clusters sollen sich dabei möglichst ähneln, die Cluster untereinander sollen sich aber möglichst stark voneinander unterscheiden.
Das Ziel der Cluster-Analyse ist es, aus der heterogenen Gesamtheit der Webseitenbesucher homogene Teilmengen zu identifizieren. Dazu nutzt die Cluster-Analyse die Tracking-Daten, um Kunden in einzelne Cluster einzuteilen. So entstehen Kundengruppen, die sich in bestimmten Eigenschaften ähneln, wie etwa dem Warenkorbwert, der Traffic-Quelle oder dem jeweils genutzten Endgerät, und sich in diesen Eigenschaften von anderen Gruppen unterscheiden.
Dabei werden die Kundeneigenschaften nicht vorab als feste Kriterien bestimmt. Die relevanten Unterscheidungsmerkmale ergeben sich aus dem Modell. Der Algorithmus verwendet alle Kundeneigenschaften aus einer Datenmatrix, um selbst die optimale Anzahl von Kunden-Clustern zu entwickeln. In der Datenmatrix werden Informationen wie Traffic-Quelle, Endgerät, Produktaufrufe, Visits, Retouren, Warenwert etc. festgehalten.
Anhand der Matrix lassen sich Konzentrationen bzw. Muster bestimmter Merkmale erkennen. So ergeben sich unterschiedliche Gruppen, die im nächsten Schritt mit qualitativen Kundenprofilen verbunden werden. So entsteht zum Beispiel das Cluster der "unsicheren Kunden", die sich unter anderem durch einen hohen Warenwert und eine hohe Retourenquote auszeichnen. Letzteres hängt mit dem Umstand zusammen, dass sie einen Artikel in mehreren Größen kaufen.
Die "Unsicheren" nutzen Kundenbewertungen und kontaktieren häufig die Support Hotline. Dagegen kennzeichnet beispielsweise den "Entdecker" ein mittlerer Warenwert. Er nutzt überwiegend den PC und besucht viele unterschiedliche Produktkategorien im Shop, kauft letztendlich aber überwiegend Neuheiten. Diese Beschreibungen können nun für eine persönliche Ansprache der jeweiligen Kundengruppe genutzt werden. So ist der "Entdecker" stets auf der Suche nach neuen Trends. Er könnte also zielgerichtet zu Inspirations- und Fashionthemen geführt werden.
Webshop-Analyse für KMU
Die mehrdimensionale Cluster-Analyse eignet sich insbesondere dann, wenn der Shop-Betreiber keine Annahmen darüber besitzt, in welchen Merkmalen sich seine Kunden besonders stark unterscheiden und er herausfinden möchte, wie viele Kundentypen überhaupt existieren oder wenn der eindimensionale Einsatz keine verwertbaren Ergebnisse hervorgebracht hat. Für eine derartige Cluster-Analyse bedarf es jedoch einer ausreichend großen Menge an Webseitenbesuchern.
Es empfiehlt sich darüber hinaus, einen repräsentativen Zeitraum für die Analyse von mindestens vier Monaten zu wählen. Wichtig: Die Qualität der Daten spielt die entscheidende Rolle. Fehlerhafte Daten führen zu fehlerhaften Mustern. Außerdem sollte man wissen, dass das populäre Webanalyse-Tool Google Analytics nur in seiner kostenpflichtigen Premium-Version eine solche Datenmatrix auf Besucherebene bereitstellt.
Je nach Shop kann die Cluster-Analyse sehr unterschiedliche Ergebnisse liefern, so dass sie individuell von Experten durchgeführt werden muss. Ebenso bedarf es Marketer, um zu den Clustern passende Personalisierungsstrategien zu entwerfen. Und letztlich benötigen Website-Betreiber dann auch die Lösungen und Ressourcen, um einerseits Besucher anhand ihres Verhaltens und Eigenschaften den Clustern zuzuweisen, diese Daten in Echtzeit zur Personalisierung bereitzustellen und letztlich auch eine passende Ansprache auf der Website auszuspielen.
Allerdings kann sich nicht jedes Unternehmen die Investitionen in statistische Datenanalyseverfahren, eine eigene Big-Data-Infrastruktur und Highend-Web-Content-Management-Systeme sowie die dazugehörigen Entwicklungsressourcen leisten.
Doch am Markt gibt es bereits entsprechende Lösungen für kleine und mittelständische Shop- sowie Webseitenbetreiber. Es handelt sich dabei um Analyse-Services, die weit über herkömmliche Web-Analyse-Lösungen hinausgehen. Dazu zählt auch das Clustering für die Kundenpersonalisierung. Allein durch das Clustering erhalten Shop- und Webseitenbetreiber einen tiefen Einblick in ihre Kundschaft und das Kundenverhalten. Auf diese Weise können sie ihre Ansprache individuell auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden. (dpa/rw)