Der Bundesgerichtshof hat eine Nichtzulassungsbeschwerde des Göttinger IT-Dienstleisters Sycor im Verfahren gegen den Mitbewerber Arineo abgewiesen. Damit bestätigte der BGH, "dass Arineo-Geschäftsführer Dr. Marko Weinrich, vormals Mitglied der Sycor-Geschäftsführung, nach seinem dortigen Ausscheiden rechtmäßig bei Wettbewerbern und damit auch für Arineo arbeiten durfte", teilt Arineo mit. Die IT-Unternehmen Sycor und Arineo stehen sich in mehreren Rechtsverfahren gegenüber. Darin geht es vor allem um die Gründung von Arineo durch ehemalige Sycor-Beschäftigte und den nachfolgenden Wechsel zahlreicher Mitarbeiter von einem Unternehmen zum anderen (ChannelPartner berichtete).
"Ich habe mich von Beginn an korrekt verhalten", erklärt Weinrich. Das habe nun auch der Bundesgerichtshof bestätigt. "Damit können wir eines der vielen Verfahren zwischen der Sycor GmbH beziehungsweise Hans Georg Näder und uns von der Liste streichen und sind optimistisch auch die anderen für uns zu entscheiden", erklärt Arineo.
Auf Anfrage von ChannelPartner hat Sycor betont, dass es in dem Verfahren "um eine rein vertragsrechtliche Auseinandersetzung zwischen Sycor und Herrn Dr. Weinrich im Nachgang seiner Anstellung" und um die Frage gehe, "ob das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, das er in seinem Aufhebungsvertrag noch selbst vereinbart hatte, aus formellen Gründen gültig war."
In dem nun vom BGH entschiedenen Verfahren zwischen Sycor und Marko Weinrich, einem der Arineo-Geschäftsführer, ging es um ein - je nach Standpunkt - vermeintliches oder tatsächlich bestehendes, vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot. Danach hätte Weinrich nach seinem Ausscheiden aus der Sycor GmbH nicht bei anderen Unternehmen arbeiten dürfen. Das Landgericht Göttingen hatte in dem entsprechenden Gerichtsverfahren im Frühsommer 2019 zugunsten von Weinrich geurteilt. "Erst nach der Gerichtsentscheidung wurde er im Juli 2019 Mitglied der Arineo-Geschäftsführung", teilt das Unternehmen mit.
Nachdem Sycor gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt hatte, bestätigte das Oberlandesgericht Braunschweig das erstinstanzliche Urteil und verfügte zudem, dass eine Revision in der nächsten Instanz nicht zugelassen wird. Hiergegen ging Sycor mit einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH vor. Diese wurde nun abgewiesen. Damit sind in dem Verfahren sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft.
Allerdings sind noch andere juristische Fragen offen, wie Sycor betont. Denn mit denen "gegen die Arineo und verschiedene Protagonisten eingeleiteten Verfahren wegen unlauterer Abwerbung von Mitarbeitern und Kunden" habe das nun abgeschlossene Verfahren nichts zu tun. "In diesen Streitigkeiten geht es nach Ansicht der Sycor beziehungweise der Näder Holding darum, dass die Arineo und die Protagonisten die Sycor beziehungweise Näder Holding deliktisch geschädigt haben, indem sie der Sycor zu einem unlauteren Zweck und unter Einsatz verschiedener unlauterer Methoden Mitarbeiter und Kunden abgeworben haben."
Diesbezüglich wurde auch parallel ein Verfahren in Österreich eingeleitet. Dieses untersuchte einmal den Vorwurf der rechtswidrigen Abwerbung von Kunden, zum anderen den der wettbewerbswidrigen Abwerbung von Mitarbeitern. Erstinstanzlich hatte sich in diesen beiden Aspekten vor dem Landgericht Wels einmal Sycor und einmal Arineo mit ihrer Auffassung durchgesetzt. Der jeweils Unterlagene hatte gegen die Entscheidung Berufung eingelegt.
Update 17.11.2021: Inzwischen hat das Oberlandesgericht Linz in zweiter Instanz die Klage von Sycor wegen unlauterer Abwerbung von Kunden durch Arineo ab- und etwaige Schadenersatzansprüche zurückgewiesen. Dem Gericht zufolge hat es aber einen unzulässigen Wechsel von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Sycor Austria zur Arineo Austria gegeben. Gegen die Entscheidung in diesem zweiten Punkt will die Arineo Austria GmbH nun ein Revisionsverfahren anstrengen.
Das Unternehmen argumentiert, dass es zum Zeitpunkt der Kündigung bei Sycor durch die zehn Personen, um die es dabei geht, noch gar nicht gegründet war. Martin Schweicher, Geschäftsführer von Arineo Austria, kann diese Entscheidung "überhaupt nicht nachvollziehen". Schließlich seien die Personen alle als Zeugen vernommen worden und hätten ihre Motivation für den Arbeitgeberwechsel glaubhaft dargelegt. Bemerkenswert finden die Arineo-Geschäftsführung und ihre Anwälte zudem, dass sich die Begründung des Gerichts unter anderem auf ein Urteil aus dem Jahr 1933 stützt – "einer Zeit also, in welcher der Arbeitsmarkt zweifelsfrei noch gänzlich andere Rahmenbedingungen aufgewiesen hat als heutzutage, umso mehr in der IT-Branche."
Da das Oberlandesgericht eine ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zugelassen hat, soll dieser Weg nun auch beschritten werden. Dazu erklärt Schweicher: „Wir möchten, auch im Interesse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Österreich, die ja schließlich sehr genau wissen, worin ihre Motivation für einen Wechsel zur Arineo bestanden hat, auch das letzte Rechtsmittel ausschöpfen.“
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