Wenn sich vor einem Finanzgericht gewissermaßen Finanzamt und Finanzamt als Parteien gegenüberstehen, darf man mit gutem Grund von einem begründeten Rechtsstreit ausgehen. Schließlich handelt es sich per definitionem um Experten, die ohne konkrete Erfolgsaussicht vermutlich nicht in den Ring steigen würden.
So kam es im von Bundesfinanzhof (BFH) unter Aktenzeichen VI R 37/13 am Ende auch tatsächlich zu einem Triumph des klagenden Steuerprüfers, der gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht zog. Inhaltlich allerdings handelte es sich keineswegs um Scharmützel unter Insider, das für andere nicht interessant ist. Der Zankapfel war einer, der viele betrifft und weiter betreffen wird: die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.
Die Vorgeschichte
Das Thema also, das in den vergangenen Jahren Gegenstand eines steuerrechtlichen Pingpong-Spiels gewesen ist. Ab dem Jahr 2007 wollte der Gesetzgeber den Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer derart beschränken, dass es nur vollständigen oder gar keinen Abzug gibt. Dagegen intervenierte das Bundesverfassungsgericht: Aufwendungen für ein Arbeitszimmer müssten auch dann steuerlich abzugsfähig sein, wenn es zwar nicht den Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt, dem Steuerpflichtigen aber kein anderweitiger Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Mit dem Jahressteuergesetz 2010 erfolgte dann eine Rolle rückwärts. Das häusliche Arbeitszimmer ist unter gewissen Bedingungen wieder absetzbar: bis zu einer Grenze von 1.250 Euro, aber nur dann, "wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht". Endgültig geklärt scheint damit nichts.
Auch innerhalb des BFH gibt es unterschiedlich Ansichten zur Auslegung der Regelung. Ein Beispiel dafür ist, dass kürzlich der IX. Senat den Großen Senat zum Thema angerufen hat. Es geht dabei um die Rechtsfrage, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Der IX. Senat kann sich offensichtlich eine liberale Interpretation der Gesetzeslage vorstellen, als das bisher in der BFH-Rechtsprechung der Fall war. Die Entscheidung des Großen Senats dazu steht noch aus.
Drei Arbeitsplätze für acht Steuerprüfer
Wie umstritten und undurchsichtig die aktuelle Lage ist, illustrieren zwei jetzt von VI. Senat gefällte Entscheidungen: die oben bereits angeführte und ein ähnlicher Fall mit Aktenzeichen VI R 40/12. Jeweils spiegeln die Fälle auch den Zusammenhang mit Veränderungen in der Arbeitswelt wider, in Form von Pool- und Telearbeitsplätzen.
Der bereits erwähnte Großbetriebsprüfer teilte sich in seiner Behörde mit sieben Kollegen drei Poolarbeitsplätze. Das Finanzamt berücksichtigte die vom Steuerprüfer für sein häusliches Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen allerdings nicht. Denn ein Prüfer müsse seinen Arbeitsplatz an der Dienststelle nicht tagtäglich aufsuchen, deshalb sei ein Poolarbeitsplatz ausreichend. Das Finanzgericht sah das anders und gab der Klage des Steuerprüfers Recht.
Dieses Urteil bestätigte nun auch der BFH. "Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind abzugsfähig, da der Poolarbeitsplatz an der Dienststelle dem Kläger nicht in dem zur Verrichtung seiner gesamten Innendienstarbeiten konkret erforderlichen Umfang zur Verfügung stand", teilt der BFH mit. Schön wäre es nun zu wissen, dass das immer gilt. Aber so einfach ist es nach wie vor nicht.
"Dies muss aber nicht bei jedem Poolarbeitsplatz so sein", so das Gericht weiter. Und zwar dann nicht, wenn – anders als im Streitfall – aufgrund der Umstände des Einzelfalls gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit im konkret erforderlichen Umfang am Arbeitsplatz erledigen kann. Es bleibt in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Anzahl an Poolarbeitsplätzen ausreicht und wie die dienstliche Nutzungseinteilung aussieht.
BFH kassiert Urteil
Weniger erfolgreich als der Steuerprüfer war vor Gericht ein Oberregierungsrat. Dieser hatte sich in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen so genannten Telearbeitsplatz (Home Office) eingerichtet. Gemäß einer Vereinbarung mit seinem Dienstherrn kam er montags und freitags nicht in sein Büro, sondern arbeitete von diesem Telearbeitsplatz aus. Steuerlich wollte der Beamte nun nicht den beschränkten Abzug für ein häusliches Arbeitszimmer in Anspruch nehmen, sondern einen vollumfänglichen Werbungskostenabzug.
Das Finanzamt sagte dazu nein, das Finanzgericht aber ja. Der Telearbeitsplatz entspreche nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers was zur Folge habe, dass der Abzug der Kosten unbeschränkt möglich sei, so das Finanzgericht. Zudem stünde dem Kläger an den häuslichen Arbeitstagen kein anderer Arbeitsplatz an der Dienststelle zur Verfügung.
Der BFH kassierte nun dieses Urteil. Der vom Kläger genutzte Telearbeitsplatz entspricht nach Einschätzung des BFH grundsätzlich dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers – mit den dafür vorgesehen Abzugsmöglichkeiten. Zudem habe dem Kläger an der Dienststelle auch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. "Denn dem Kläger war es weder untersagt, seinen dienstlichen Arbeitsplatz jederzeit und damit auch an den eigentlich häuslichen Arbeitstagen zu nutzen, noch war die Nutzung des dienstlichen Arbeitsplatzes in tatsächlicher Hinsicht in irgendeiner Weise eingeschränkt", so der BFH. (tö)