Händler stehen möglicherweise vor einem Problem

Bezeichnung Netbook - Abmahnung droht!

23.01.2009
Die Verwendung der Bezeichnung "Netbook" kann zu markenrechtlichen Problemen führen. Von Andreas Schmidt.

Nach Berichten im Internet verschickt die auf Patent- und Markenrecht spezialisierte Londoner Anwaltskanzlei Origin Intellectual Property Abmahnungen an Webseitenbetreiber, die den Begriff "Netbook" verwenden. Die Abmahnschreiben erfolgen im Auftrage der Firma Psion Plc. Die Abgemahnten werden in den Schreiben darauf hingewiesen, dass der Firma Psion Plc. Markenrechte an der Bezeichnung "Netbook" für den Warenbereich Laptop, Computer zustehen. Die allgemein gebräuchliche Verwendung des Begriffes "Netbook" zur Bezeichnung einfacher Subnotebooks birgt demnach ein Abmahnrisiko.

In der Tat ist die Firma Psion Plc Inhaberin der Gemeinschaftsmarke "NETBOOK" mit der Anmeldenummer 000428250. Eingetragen ist die Marke für die Warenklasse 9, unter anderem für Computer, elektronische Apparate und Instrumente zur Verarbeitung, Speicherung, Bewegung oder Anzeige von Daten. Angemeldet wurde die Marke bereits im Jahre 1996.

Gemeinschaftsmarkenverordnung

Nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung stehen dem Inhaber einer Gemeinschaftsmarke weitreichende Unterlassungsansprüche zu. So kann der Markeninhaber anderen etwa untersagen, seine Marke oder eine ähnliche Bezeichnung für die gleichen oder ähnlichen Waren zu benutzen, für die die Marke eingetragen ist.

Angesichts der weiten Verbreitung der Bezeichnung "Netbook" liegt die Problematik auf der Hand. Trotz der sehr weitreichenden Unterlassungsansprüche des Gemeinschaftsmarkeninhabers ist dessen Rechtsposition nicht unangreifbar. So sieht die Gemeinschaftsmarkenverordnung beispielsweise einen Verfall der Gemeinschaftsmarke vor, wenn die fragliche Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Dies wäre für die von der Firma Psion Plc beanspruchten Markenrechte durchaus einmal etwas näher zu untersuchen.

Die Gemeinschaftsmarkenverordnung sieht jedoch einen Verfall der Gemeinschaftsmarke auch dann vor, wenn die Marke infolge der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung für die fraglichen Waren geworden ist. Dies dürfte aufgrund der Gebräuchlichkeit der Bezeichnung "Netbook" mehr als genug Diskussionsstoff für eine juristische Auseinandersetzung bieten.

In jedem Fall wäre zu diskutieren, ob die Marke "Netbook" nicht infolge der Untätigkeit der Markeninhaberin zur gebräuchlichen Bezeichnung einfacher Subnotebooks geworden ist. In der Tat stellt sich die Frage, warum die Firma Psion Plc gerade jetzt gegen die Verwendung der Bezeichnung "Netbook" vorgeht.

Ungemach droht von mehreren Seiten

Über die Risiken einer juristischen Auseinandersetzung um die Markenrechte der Firma Psion Plc mag man streiten. Die Firma Psion Plc ist jedoch nicht das einzige Unternehmen, von dem Ungemach droht. Neben der Gemeinschaftsmarke "Netbook" existieren nämlich weitere Markenanmeldungen mit dem Bestandteil "Netbook", die für gleiche Waren angemeldet worden sind, etwa die Gemeinschaftsmarke "Wind-Netbook" der Firma Micro-Star-International Co. Ltd oder die Gemeinschaftsmarke "Amilo Netbook" der Fujitsu Siemens Computers GmbH.

Nach den Vorgaben der Gemeinschaftsmarkenverordnung sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich geworden sind. Gerade für diese Fragestellung sind die Geschichte und die Marktentwicklung der als Netbooks bezeichneten Subnotebooks ein gutes Beispiel:

Obwohl die Firma Psion ein als Netbook bezeichnetes kleines Notebook mit begrenzter Leistungsfähigkeit bereits im Jahr 2000 am Markt anbot, dauerte es bis zur Markteinführung des Asus EEE-PC Ende 2007, bis der Markt für die grundlegende Idee des Netbooks "reif" war. Die unerwartet hohe Nachfrage führte zur Vorstellung ähnlicher Geräte durch diverse Anbieter. Die Bezeichnung "Netbook" war plötzlich in aller Munde.

Kalt erwischt …

Die Preise für die entsprechenden Geräte taten ein Übriges, um die Marktposition der neuen Geräteklasse zu stärken. Angesichts dieser Entwicklung verwundert es kaum, dass sich nur die wenigsten an den Ursprung des Begriffes Netbook erinnerten. Umso größer war die Überraschungswirkung der Abmahnschreiben wegen Verwendung der Bezeichnung Netbook.

Die Abmahnschreiben der Rechtsanwälte der Firma Psion Plc haben für einigen Aufruhr gesorgt. Ob die geltend gemachten Markenrechte jedoch tatsächlich gerichtlich durchgesetzt werden können, darf durchaus bezweifelt werden. Das gilt auch für die Eintragungsfähigkeit weiterer angemeldeter Gemeinschaftsmarken mit dem Bestandteil "Netbook".

Wie sollten sich Fachhändler verhalten?

Für IT-Fachhändler stellt sich die Frage, wie sie auf die aktuelle Situation reagieren sollten. Sofern Sie ein Abmahnschreiben erhalten, sollten Sie sich in jedem Fall an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden. Falls Sie bislang noch kein Abmahnschreiben erhalten haben, birgt die weitere Verwendung des Begriffes "Netbook" die Gefahr einer markenrechtlichen Auseinandersetzung.

Um künftig keine Angriffsfläche zu bieten, besteht die Möglichkeit, auf die Verwendung des Begriffes "Netbook" zu verzichten, bis die diesbezüglichen Rechtsfragen endgültig geklärt sind. Dies kann jedoch noch mehrere Monate dauern. Sofern Sie den Begriff "Netbook" aufgrund der Bedenken gegen die markenrechtliche Ansprüche der Firma Psion Plc weiterhin benutzen, sollten Sie sich des daraus resultierenden Abmahnrisikos bewusst sein und entsprechende Rückstellungen bilden. Auch wenn derzeit noch unklar ist, ob die Firma Psion Plc ihre Abmahnverfahren weiterverfolgen wird, begegnen die geltend gemachten rechtlichen Ansprüche erheblichen Bedenken.

Der Autor Andreas Schmidt arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen in Rostock. Er hat sich auf die Bereiche Internet- und Online-Recht sowie Markenrecht spezialisiert und ist Fachanwalt für Informationstechnologie-Recht (IT-Recht).

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Tel.: 0381 448998-0, E-Mail: rostock@internetrecht-rostock.de, www.internetrecht-rostock.de