Bei vielen Händlern ist die Kundenschelte ein beliebter Sport. Vor allem die „Geiz ist geil“-Mentalität der Konsumenten wird gerne kritisiert, denn „billig“ ist nicht immer günstig, so die gängige Händlermeinung. Wer dagegen den Weitblick besitzt, sich umfassend beraten zu lassen und schließlich das beste Angebot zu wählen, wird vielleicht zunächst etwas teurer wegkommen, profitiert dafür aber auf längere Sicht eindeutig.
Seltsam nur, dass der Handel seiner Argumentation so wenig Glauben schenkt, wenn es um den Umgang mit den eigenen Kunden geht. Diesen Eindruck könnte man zumindest erhalten, wenn man das Händlerverhalten beim Thema E-Payment betrachtet. Bei der Auswahl der angebotenen Bezahlverfahren achten viele Händler vor allem auf den eigenen kurzfristigen Vorteil und ignorieren dabei die Bedürfnisse der Kunden. Dabei ist eine kundenfreundliche Bezahlabwicklung im Online-Geschäft ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Drei Schaubilder verdeutlichen alles
Die beim Thema Online-Bezahlverfahren herrschende Diskrepanz zwischen Kundenwünschen und Händlerverhalten lässt sich auch mit eindeutigen Marktzahlen belegen. Um zu verstehen, was die Konsumenten wollen, eignet sich am besten die im Herbst 2013 vom E-Commerce-Center Handel (ECC) veröffentlichte Studie „Der Internet-Zahlungsverkehr aus Sicht der Verbraucher“. Die Tochter des Kölner Instituts für Handelsforschung hat für die Veröffentlichung insgesamt 1.000 Konsumenten befragt, die in ihrer Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht der Gesamtgruppe der Internet-Nutzer entsprachen.
Zum einen setzten sich die E-Commerce-Spezialisten in ihrer Befragung mit den meistgenutzten Online-Bezahlverfahren auseinander. An erster Stelle liegt hier der Kauf auf Rechnung, gefolgt von der Lastschrift-Zahlung, dem E-Payment-Dienst PayPal, der Vorkasse und dem Online-Überweisungsverfahren Sofortüberweisung. Deutlich abgeschlagen auf den hinteren Plätzen finden sich dagegen die Bezahloptionen Kreditkarte und Nachnahme wieder.
Das ECC hat sich in seiner Studie allerdings nicht nur mit den meistgenutzten Payment-Optionen der Online-Kunden beschäftigt, sondern diese auch nach ihrer Einstufung der betreffenden Bezahlverfahren befragt. Dabei ergab sich ein deutlich differenziertes Bild: Sowohl der Rechnungskauf wie auch PayPal werden von den Online-Shoppern im Hinblick auf sämtliche relevanten Faktoren – Sicherheit, Seriosität, Rückerstattung, Kosten und Bedienerfreundlichkeit – durchwegs positiv eingestuft. Bei der Kreditkarte ergaben sich bereits erste Bedenken bezüglich Sicherheit und den mit der Bezahloption verbundenen Rückerstattungsmöglichkeiten. Eher negativ ist die Kundenbewertung in dieser Hinsicht schließlich bei den Bezahlverfahren Nachnahme und Vorkasse. Es ist somit klar erkennbar, wo die Prioritäten der Kunden liegen: Online-Zahlverfahren sollten sicher, Retouren-freundlich und leicht bedienbar sein. Am besten entsprechen diesen Ansprüchen der Rechnungs- und Lastschrift-Kauf sowie etablierte E-Payment-Dienste wie PayPal und Sofortüberweisung.
Ein deutliches anderes Bild ergibt sich allerdings, wenn man die vom Handel am häufigsten angebotenen Bezahloptionen betrachtet. Laut der vom Payment-Spezialisten ibi research veröffentlichten Studie „Die Qual der Wahl – Wie Online-Händler ihre Zahlungsverfahren auswählen“, für welche die Ausgründung der Uni Regensburg rund 250 Shopbetreiber befragte, steht hier die bei den Kunden unbeliebte Vorkasse klar an erster Stelle. Zwar ist PayPal unter den angebotenen Bezahloptionen die Nummer zwei, doch folgt bereits auf dem dritten Rang mit der Kreditkarte erneut eine bei den deutschen Konsumenten eher ungeliebte Bezahlmöglichkeit. Der Befund ist damit klar: Dem Handel sind bei der Auswahl der angebotenen Bezahlverfahren eigene Interesse wichtiger als der Aspekt Kundenfreundlichkeit.
Mit den „richtigen“ Bezahlverfahren Umsätze steigern
Beschäftigt man sich mit den Gründen für die große Diskrepanz zwischen den Kundenwünschen und dem Händlerangebot bei den Bezahlverfahren, muss man davon ausgehen, dass der Handel das Thema bislang noch als eine eher akademische Frage betrachtet. Denn wären die Händler davon überzeugt, dass das Payment-Angebot eine unmittelbare Auswirkung auf ihren Geschäftserfolg hat, wäre die Orientierung an den Prioritäten der Konsumenten größer.
Dennoch kommen sowohl das ECC wie auch ibi research in ihren Studien zu dem Schluss, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den angebotenen Bezahlvarianten und der Conversion in Onlineshops gibt. Mit dem Angebot der „richtigen“ Zahlungsverfahren lassen sich also ganz direkt Umsätze steigern.
So zeigte sich in der ECC-Studie „Der Internet-Zahlungsverkehr aus Sicht der Verbraucher“ dass es, sobald die von den Kunden präferierte Zahlungsoption fehlt, in durchschnittlich knapp 24 Prozent aller Fälle zu einem Kaufabbruch kommt. Insbesondere das Fehlen der Verfahren Rechnung, Kreditkarte und PayPal kann zu Kaufabbrüchen führen. Fehlt die Rechnung als Zahlungsoption, haben bereits knapp 30 Prozent der Befragten einmal den Kauf abgebrochen. Werden die Zahlungsverfahren Kreditkarte (29,1 Prozent) und PayPal (28 Prozent) nicht angeboten, fällt die Abbruchrate ähnlich hoch aus. Wie wichtig es ist, die präferierte Zahlungsmethode im Programm zu haben, zeigt ein weiteres Studienergebnis: Lediglich knapp 27 Prozent der befragten Konsumenten weichen ohne Probleme auf eine alternative Zahlungsmöglichkeit aus.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch ibi research in der in diesem Jahr publizierten Studie „Erfolgsfaktor Payment“: Wird in einem Onlineshop nur die Zahlung per Vorkasse angeboten, suchen 88 Prozent der Kunden nach einem anderen Anbieter. Führt ein Händler dagegen die Zahlung per Rechnung zu seinen bestehenden Zahlungsverfahren ein, kann er mit einer durchschnittlichen Senkung der Kaufabbruchquote von knapp 80 Prozent rechnen. Das händlernahe Forschungsinstitut weist allerdings darauf hin, dass sich mit kleinen Tricks auch leichte Veränderungen in der Kundenwahrnehmung erzielen lassen. So steigert beispielsweise ein Rabatt von 3 Prozent den Anteil der Vorkassezahlungen deutlich.
Das Payment-Angebot ist auch eine strategische Zukunftsentscheidung
Nicht nur im Hinblick auf die Kundenfreundlichkeit kommt der Auswahl der angebotenen Bezahlverfahren eine wichtige Rolle zu. Auch im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Online-Geschäfts stellt das Payment-Angebot eine wichtige strategische Weichenstellung dar.
Deutlich wird das zum einen, wenn man das veränderte Kundenverhalten bei auf mobilen Endgeräten getätigten Online-Bezahlungen betrachtet. So liegt beim mobilen Einkauf digitaler Güter in einem App-Store die Kreditkarte klar an erster Stelle, gefolgt von mobilen Bezahloptionen (z.B. Premium-SMS oder Mobile Wallets) und PayPal. Bezahlverfahren, die sich im klassischen Onlineshopping großer Beliebtheit erfreuen, wie das Lastschriftverfahren, der Rechnungskauf oder auch die Sofortüberweisung, spielen dagegen beim App-Commerce so gut wie keine Rolle. Zwar bezieht sich das Studienergebnis primär auf den Kauf digitaler Güter, doch dürfte der generelle Trend auch auf das Bezahlverhalten in mobile Shops oder Shopping-Apps übertragbar sein.
Eine weitere Dimension erhält die Wahl des passenden Bezahlverfahrens zudem durch die Zukunftsentwicklung der Payment-Anbieter selbst. Während sich E-Payment-Dienste wie Sofortüberweisung, ClickandBuy und Skrill in erster Linie auf die reine Bezahlabwicklung fokussieren und dies auch in Zukunft so halten wollen, experimentiere andere Anbieter mit den sich im Mobile-Bereich bietenden Möglichkeiten und entwickeln neue Lösungen, die auch Händlern attraktive Möglichkeiten versprechen. Dazu zählen u.a. PayPal mit seiner dem lokalen Handel neue Potenziale eröffnenden QRShopping-App, aber auch Wirecard mit mobilen Geräten für Kartenzahlungen oder die z.T. noch in Entwicklung befindlichen Zahlsysteme der großen TK-Anbieter mittels Near Field Communication (NFC). (mh)