Bewerber fühlen sich bei der Jobsuche oft diskriminiert

19.10.2006
Viele Arbeitssuchende in Deutschland fühlen sich unfair behandelt. Besonders ältere Bewerber sind betroffen.
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Fast die Hälfte der deutschen Jobsuchenden glaubt, bei einer Bewerbung schon einmal diskriminiert worden zu sein. Am stärksten ist dieser Eindruck bei Frauen und älteren Bewerbern. Im Bundesland-Vergleich ist die Zahl derer, die sich ungerecht behandelt fühlen, in Thüringen am höchsten. Das sind die Kernergebnisse des Kelly Global Workforce Index, für den der international agierende Personaldienstleister insgesamt mehr als 70.000 Menschen in 28 Ländern befragt hat, davon über 2.000 in Deutschland.

Insgesamt 46 Prozent der deutschen Studienteilnehmer fühlten sich bei Bewerbungen in den letzten fünf Jahren ungerecht behandelt. Als Gründe geben die Befragten vor allem das Alter (26 Prozent), das Geschlecht (neun Prozent), die Hautfarbe (sieben Prozent) und Behinderungen (zwei Prozent) an. Grundsätzlich haben Frauen mit knapp 50 Prozent häufiger den Eindruck diskriminiert zu werden als Männer (44 Prozent). Konkret glauben 15 Prozent der Frauen und vier Prozent ihrer männlichen Mitbewerber, dass Entscheidungen aufgrund ihres Geschlechts zu ihren Ungunsten ausgefallen sind.

Im Vergleich der Bundesländer fühlen sich die meisten Bewerber in Thüringen ungerecht behandelt: Hier glauben fast zwei Drittel, bei Bewerbungsverfahren in den letzten fünf Jahren diskriminiert worden zu sein. Am geringsten ist diese Zahl in Rheinland-Pfalz, wo nur 27 Prozent diese Vermutung teilen.

Auch in bestehenden Arbeitsverhältnissen kommt es zu Diskriminierungen. Das gaben insgesamt 31 Prozent der Befragten an, im Saarland sogar 56 Prozent. Der häufigste Grund ist auch hier das Alter, gefolgt von Geschlecht und Rasse.

Von Diskrimierung aufgrund von Alter sind sowohl sehr junge als auch ältere Arbeitnehmer betroffen. Rund 65 Prozent der Befragten, die älter als 45 sind, gaben an, wegen ihres Alters ungerecht behandelt zu werden. Aber auch 21 Prozent der Befragten unter 21 Jahren glauben, durch ihr Alter Nachteile gehabt zu haben.

"Die Zahlen zeigen deutlich, dass Art und Umfang von Diskriminierung sich während eines Arbeitslebens verändern", sagt Michael Kirsten, Marketing Coordinator bei Kelly Services in Deutschland. "Darüber hinaus ist zu erkennen, dass das Alter im Job nachteilig empfunden wird." Die Gesellschaft altert, der Arbeitsmarkt klagt über zu wenige Fachkräfte und gleichzeitig tun sich Unternehmen schwer, ältere Arbeitnehmer einzustellen. "Diese Entwicklung ist nicht nur für den einzelnen Arbeitnehmer katastrophal, sondern kann auch für Unternehmen desaströs sein, denn sie lassen eine wichtige Quelle von Fachwissen und Kompetenz ungenutzt", so Kirsten.

Nur ein geringer Teil der Befragten, die sich ungerecht behandelt fühlten, haben weitere Schritte dagegen unternommen, und die meisten waren mit dem Ergebnis dieser Schritte nicht glücklich. Darüber hinaus belegen die Zahlen, dass Befragte ohne Universitätsabschluss sich häufiger diskriminiert fühlen als Akademiker. (mf)