Im Rahmen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen kommt es häufig zu erheblichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Diese entstehen oft auch darüber, dass Arbeitnehmer mit Beurteilungen und gewissen Formulierungen in ihrem Arbeitszeugnis nicht einverstanden sind. Denn ein Zeugnis entscheidet in erheblicher Weise über das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers. Daher hat sich das Bundesarbeitsgericht immer wieder mit dem Thema "Arbeitszeugnis" zu beschäftigen.
In einer neuen Entscheidung vom 12.08.2008 musste das BAG nun über die Rechtsfrage befinden, inwieweit ein Zeugnis Auslassungen (d.h. ein beredetes Schweigen) enthalten darf, sofern es in der betreffenden Branche oder Berufsgruppe üblich ist, bestimmte Leistungen oder Eigenschaften eines Arbeitnehmers im Zeugnis explizit zu erwähnen.
Gegenstand des Gerichtsverfahrens war die Klage eines Zeitungsredakteurs, der zuvor zehn Jahre lang bei einer Tageszeitung beschäftigt war. Im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits wurde zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen, der unter anderem vorsah, dass der Arbeitnehmer ein Zeugnis erhält, das ihm eine gute Leistung und eine gute Führung bescheinigt.
Das im Nachgang dieser Vereinbarung vonseiten des Arbeitgebers ausgestellte Zeugnis war nach der Auffassung des Arbeitnehmers allerdings unvollständig, weil dieses keine Hervorhebungen zu seiner Belastbarkeit in Stresssituationen enthielt. Er forderte daher in einem weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahren von seinem Arbeitgeber zusätzlich die Bescheinigung, dass er auch in Stresssituationen zuverlässig und effektiv arbeite. Nach seiner Meinung gehöre dies zum üblichen Inhalt von Arbeitzeugnissen von Tageszeitungsredakteuren.
Grundsatz der Zeugnisklarheit
Die Richter des BAG sahen dies im Ergebnis genauso. In ihrem Urteil wiesen die Richter zunächst darauf hin, dass ein Arbeitszeugnis nach § 109 Abs. 2 GewO (Gewerbeordnung) klar und verständlich formuliert sein müsse (sog. Grundsatz der Zeugnisklarheit). Daher dürfe ein Zeugnis auch keinerlei Formulierungen enthalten, die eine andere als die aus der äußeren Form und dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffen. Außerdem müsse das erteilte Zeugnis die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers bei einer wohlwollenden Betrachtung zutreffend wiedergeben (sog. Grundsatz der Zeugniswahrheit).
Erstmals stellten die Richter in dem Zusammenhang ganz konkret auf einen Zeugnisbrauch ab, d. h. auf die Üblichkeit gewisser Formulierungen in bestimmten Branchen und Berufsgruppen. Sofern für eine Berufsgruppe oder in einer Branche der allgemeine Brauch bestehe, bestimmte Leistungen und Eigenschaften des Arbeitnehmers im Zeugnis zu erwähnen, sei deren Auslassung, ohne dass eine sachliche Rechtsfertigung hierfür vorliegt, regelmäßig als ein versteckter Hinweis für den Zeugnisleser zu deuten, dass der Arbeitnehmer in Bezug auf dieses Merkmal unterdurchschnittlich oder allenfalls durchschnittlich zu bewerten sei.
Denn die Auslassung eines bestimmten Inhalts, der von einem einstellenden Arbeitgeber in einem Zeugnis erwartet wird, könne durchaus auch als ein unzulässiges Geheimzeichen angesehen werden. In einem solchen Falle habe der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines ergänzten Arbeitszeugnisses (BAG, Urteil vom 12.08.2008, Az.: 9 AZR 632/07).
Muss Belastbarkeit hervorgehoben werden?
Das BAG hob die entgegengerichtete Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sächsische Landesarbeitsgericht zurück. Dieses hat aufzuklären, ob die Behauptung des Klägers, wonach für Tageszeitungsredakteure eine Hervorhebung der Belastbarkeit in Arbeitszeugnissen üblich sei, zutreffend ist. Das Urteil verdeutlicht jedoch, wie schwierig und umfassend die Angelegenheit "Zeugniserteilung" sein kann. Daher ist Arbeitgebern dringend anzuraten, bei der Ausstellung von Zeugnissen eine sehr hohe Sorgfalt walten zu lassen. (oe)
Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt.
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