Das Cloud-Geschäft geht nach Einschätzung der Vertriebspartner derzeit kaum zulasten des klassischen Hard- und Softwareverkaufs. Das mag auch daran liegen, dass Kunden derzeit ihre Rechenzentren umrüsten. Diese Erneuerung wird sich noch über die nächsten zwei Jahre hinziehen, schätzen Experten. Gemäß einer von Oracle in Auftrag gegebenen Studie (2012) planen obendrein 41 Prozent der Rechenzentrumsleiter großer Unternehmen hierzulande, in ein komplett neues Rechenzentrum zu investieren.
Die Erneuerungswelle hat vor allem ein Ziel: dem Anwender dynamische Services und Anwendungen bereitzustellen und Cloud-fähig zu werden, aber auch, die Management- und Energiekosten zu senken und generell eine höhere Flexibilität zu ermöglichen.
"Um das abbilden zu können, muss auch das Rechenzentrum diese Dynamik erlauben, es muss selbst dynamisch werden," erklärt Roland Bechtle, Leiter des Geschäftsfelds Virtualisierung & Cloud bei der Bechtle AG.
Wo wird angesetzt?
Voraussetzung für diese Dynamik ist eine durchgängig virtualisierte und optimierte Infrastruktur (Server, Storage und Netzwerk). Obendrein müssen Prozesse standardisiert werden - beispielsweise auf eine Anwendung bezogen: die Freigabe, Rechtevergabe, das System- und Lizenzmanagement sowie die Kostenverrechnung. Auch mit Blick auf die Storage-Infrastruktur sind grundlegende Fragen zu klären: Wie stelle ich Daten bereit, wie verwalte, komprimiere und speichere ich sie? Weitere Aspekte sind die Connectivity sowie Bandbreiten- und Serverkapazitäten und - das große Kernthema - das Management. "Heute braucht man noch Experten, um überhaupt die Managementsysteme zu bedienen. Das wird auf lange Sicht nicht finanzierbar sein", sagt König. Die Standardisierung und Automation im Bereich Management sollen dieses Problem beheben.
Das alles erklärt, weshalb Hersteller zunehmend so genannte Referenz-Architekturen oder Private Clouds aus der Box-Angebote auf den Markt gebracht haben (siehe Kasten): Sie sollen Unternehmen den Einstieg in die Private Cloud ermöglichen und damit das Tor zur hybriden Cloud offnen sowie Reseller adressieren, die ihren Kunden Cloud-Dienste anbieten und hosten wollen.
Funktioniert die Private Cloud aus der Box?
Nach Ansicht von Roland König werden die "Datacenter aus der Box" zwar eine erhebliche Rolle spielen, weil sie dem Kunden eine durchgängige Infrastruktur und Teile einer Plattform bereitstellen. "Ich kenne aber noch keine, die wirklich alle Aspekte einer ganzheitlichen Lösung abdeckt", merkt er einschränkend an. "Es sind sinnvolle Module, die man aber immer noch um Services ergänzen muss. Das komplette, fertige Cloud-Bundle habe ich noch nicht gesehen."
Und den Erfahrungen von Khaled Chaar, Mitglied der Geschäftsführung von Pironet NDH, zufolge sind "speziell kleinere und mittelständische Unternehmen damit überfordert, ihre vorhandene IT-Infrastruktur eigenhändig auf Cloud Computing umzustellen." Gerade im Mittelstand mangele es häufig am technischen Know-how und an den finanziellen und personellen Ressourcen. Hier ist die Hilfe der Reseller gefragt.
Das Ideal einer Private Cloud sieht zudem ein Self-Service-Portal als Frontend vor, über das Anwender kontrolliert Dienste aus unterschiedlichsten Quellen nutzen können - Billing-Tools inklusive. "Hier gibt es einen enormen Nachholbedarf", so König. Der Horizon Application Manager von VMware und in den Self-Service-Portalen von Citrix und Microsoft seien hier erste Lösungen.
(rb)