Schmiergeldaffäre

Befangenheitsantrag hemmt Media-Markt-Prozess zum Auftakt

06.06.2012
In Augsburg hat der lang erwartete Prozess gegen ehemalige hochrangige Media-Markt-Manager begonnen.

Am Landgericht Augsburg ist der erste Tag im Prozess gegen frühere Media-Markt-Manager anders verlaufen als von vielen erwartet. Noch bevor die Personalien aufgenommen und die Anklagen verlesen werden konnte, wurde das Verfahren durch einen Befangenheitsantrag gestoppt.

Der Anwalt eines der sechs Angeklagten (Dennis G.) lehnte die Richter der 10. Strafkammer ab. Der Verteidiger hält sie unter anderem deshalb für befangen, weil sie mit einzelnen Angeklagten im Vorfeld über das zu erwartende Strafmaß bei Ablage voller Geständnisse gesprochen und damit die Angeklagten gegeneinander ausgespielt hätten. Damit, so der Anwalt, würden die Angeklagten ungleich behandelt.

Dennis G. soll rund 1,5 Millionen Euro Schmiergelder bezahlt haben und damit einen Umsatz von rund 15 Millionen Euro erzielt haben. Nach Angaben des Anwalts sollen ihm vier Jahre "angeboten" worden seien. Nach dem Antrag wurde die Sitzung unterbrochen. Später wurde die Öffentlichkeit für mehrere Stunden ausgesperrt.

Am Nachmittag des ersten Verhandlungstages wurde bekannt, dass der Vorsitzende Richter Wolfgang Natale den Antrag als unbegründet abgelehnt habe. Es handelte sich demnach nur um vorläufige Aussagen, die bei geänderter Sachlage jederzeit zurückgenommen werden könnten. Daraufhin stellten die Verteidiger des Hauptangeklagten Michael Rook einen zweiten Befangenheitsantrag, über den auf dem schriftlichen Weg entschieden werden soll. Erst am 26. Juni soll der Prozess fortgesetzt werden. Ursprünglich waren acht Verhandlungstage angesetzt.

Auf der Anklagebank in Augsburg sitzen sechs Personen, die in verschiedenen bayerischen Gefängnissen in Untersuchungshaft sitzen: der frühere Deutschland-Chef von Media Markt, Michael Rook, der frühere Regionalleiter für Süddeutschland beim Media Markt, Bruno Herter, dessen Ehefrau, der Unternehmer Peter N. aus Wetzlar sowie zwei Geschäftsführer (darunter Dennis G.) von Firmen von N. Die Ehefrau von Herter und die Geschäftsführer von N. sollen die Geldflüsse mit Scheinrechnungen verschleiert haben. Die Anklagen gegen drei weitere mutmaßliche Beteiligte werden gesondert verhandelt.

Was die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Vorfeld ergeben hatten, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Die wichtigsten Männer bei Media-Saturn

"Reichlich Bargeld im Gepäck"

Initialen müssen reichen: So hat die Gerichtstafel im Landgericht Augsburg den Media-Markt-Prozess angekündigt.

Ausgangspunkt der Bestechungsaffäre waren die sogenannten "Promotoren" – das sind jene Verkäufer, die in einem abgegrenzten Bereich innerhalb des Media Markts zum Beispiel DSL-Verträge verkaufen. Diese Verkäufer stammen nicht von den Anbietern oder dem Media Markt selbst, sondern von darauf spezialisierten Agenturen, wie es die Agentur Marketing Vision des Angeklagten N. war.

Die Ermittlungen haben ergeben, dass vom Frühjahr 2005 an ausschließlich Promotoren der Agentur von Marketing Vision (oder ihrer Tochtergesellschaften) vom Media Markt mit dem Verkauf von DSL-Verträgen beauftragt worden waren – obwohl die Agentur rund vier Millionen Euro Schulden drückten und andere Angebote günstiger waren.

Die Staatsanwaltschaft will herausgefunden haben, dass Agenturchef Peter N. den Regionalleiter Bruno Herter – eine Urlaubsbekanntschaft – mit etwa 5 Millionen Euro geschmiert haben soll, um an Aufträge in Höhe von insgesamt etwa 65 Millionen Euro zu kommen. Ein Teil des Bestechungsgeldes sei von Herter an den Media-Markt-Deutschland-Chef Michael Rook weitergegeben worden. Sie wollten sich auf diese Weise "eine fortlaufende Einnahmequelle von erheblichem Umfang" verschaffen, erklärt die Staatsanwaltschaft. Einmal im Monat sei N. aus Wetzlar Richtung Ingolstadt zur Zentrale von Media-Saturn aufgebrochen, um Herter zu besuchen – "mit reichlich Bargeld im Gepäck", wie es in einem Artikel der Wirtschaftswoche gestanden war.

Herter und N. sollen mittlerweile umfangreiche Aussagen gemacht und die Vorwürfe im Wesentlichen eingeräumt haben. Die beiden sollen den Deal eingefädelt und Rook zur Rückendeckung mit eingebunden haben. Rook soll aber bisher seine Unschuld beteuern. Ob Rook während des Prozesses aussagen wird, steht noch nicht fest. Sein Anwalt erklärte am ersten Tag, dass Rook erstmal zuhören werde.

Im Falle einer Verurteilung dürften Schadenersatzforderungen auf die Angeklagten zukommen, wie aus Unternehmenskreisen zu hören ist. Parallel dazu hat Media-Saturn seine internen Kontrollen mittlerweile verschärft. Es gibt mittlerweile einen Ombudsmann, an den sich Mitarbeiter wenden können. Zudem wurde das Personal in der Compliance-Abteilung aufgestockt und Mitarbeiter geschult. (tö)

Zahlungen von Herstellern an Media Markt