Immer mehr Unternehmen machen sich daran, große, teils polystrukturierte Datenmengen mit Hilfe moderner Analyseverfahren zu untersuchen. Das hat die aktuelle Studie "Big Data Analytics. Auf dem Weg zur datengetriebenen Wirtschaft" des Analystenhauses Business Application Research Center (Barc) ergeben. Die Anwender erhofften sich davon zusätzliche und vor allem bessere Informationen, um Prozesse, Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter und Märkte effizienter und zielgenauer steuern zu können, so das Fazit von Barc-Geschäftsführer Carsten Bange.
Laut der Umfrage unter über 370 IT-Verantwortlichen in Deutschland, Österreich und der Schweiz arbeiteten bereits 12 Prozent der Unternehmen mit fest in ihren Prozessen integrierten Big-Data-Initiativen. Weitere 18 Prozent hätten bereits entsprechende Pilotprojekte gestartet. Rund die Hälfte der Befragten verfolge aktuell zwar noch keine konkreten Big-Data-Pläne, halte das aber für die Zukunft durchaus für denkbar. Immerhin jeder Fünfte gab allerdings an, auch für die Zukunft keine Big-Data-Initiative zu planen.
Mit mehr Transparenz zu besseren Prognosen
Vorrangiges Ziel der Big-Data-Vorhaben ist der Studie zufolge eine höhere Transparenz, um bessere Entscheidungen treffen sowie die Effizienz der operativen Prozesse steigern zu können. Dabei scheinen die Vorgaben durchaus erreichbar. Drei Viertel der befragten Unternehmen gaben an, dank Big Data Analytics heute schnellere und detailliertere Analysen vornehmen zu können als zuvor, zwei Drittel hätten ihre operative Prozesssteuerung verbessern können. Zudem konnten laut Studie 45 Prozent der Unternehmen mit ihrer Initiative die Prozesskosten senken. "Unternehmen nähern sich schrittweise dem Thema Big Data", konstatierte Bange. Die Verantwortlichen prüften zunächst das Potenzial anhand aktueller Anforderungen und beschäftigten sich dann in einem zweiten Schritt mit Möglichkeiten, wie sie Big Data Analytics auch in der Planung und im Forecasting nutzen könnten.
Durch die intensivere Beschäftigung mit Big Data stießen die Verantwortlichen jedoch vermehrt auch auf Schwierigkeiten und Hindernisse. Es falle auf, dass die Unternehmen eher mehr als weniger Probleme im Umgang mit Big Data identifizierten, vergleichen die Studienautoren die aktuellen Ergebnisse mit denen des Vorjahres. Nach wie vor klagten die Anwender vor allem über fehlendes Knowhow, sowohl auf fachlicher wie auch auf technischer Seite. Der Data Scientist bleibe offensichtlich eine rare Spezies, entsprechende Mitarbeiter zu gewinnen beziehungsweise auszubilden ein kritischer Faktor für Big-Data-Initiativen. Weitere Problemfelder, mit denen die Unternehmen offenbar stärker zu kämpfen haben, sind der Datenschutz, die mit Big Data verbundenen Kosten sowie das Fehlen überzeugender Einsatzszenarien.
Big Data greift weit um sich
Grundsätzlich lässt sich anhand der Umfrage feststellen, dass die Unternehmen ihre Big-Data-Vorhaben - geplante wie auch bereits umgesetzte - in sämtlichen Unternehmensbereichen ansiedeln, vom Marketing, Vertrieb und Service über Finance, Controlling und Risiko-Management bis hin zu Logistik, Produktion und das Personalwesen. Einen Schwerpunkt bildeten derzeit Kunden-orientierte Prozesse. Die Barc-Experten differenzieren dabei zwischen auf die Gegenwart und auf die Zukunft gerichtete Big-Data-Analysen. Während die Untersuchungen des Ist-Zustands für mehr Transparenz sorgten, verbesserten auf die Zukunft gerichtete Anwendungsszenarien Prognosen und Planungen.
Wie im Anwendungsumfeld gibt es auch in technischer Hinsicht einige Bewegung im Markt. "Der Markt für Big-Data-Technologien entwächst gerade erst seinen Kinderschuhen", stellen die Barc-Analysten in ihrer Studie fest. Dieser entwickle sich derzeit äußerst dynamisch, was es allerdings für die Anwender schwer mache, den Überblick über die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zu behalten. Aktuell setzten die Unternehmen für ihre Big-Data-Vorhaben auf Standardtechniken wie relationale Datenbanken sowie die klassischen BI- und Datenintegrationswerkzeuge. Diese Techniken würden laut Umfrage auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen - vor allem bei der Analyse strukturierter Daten. Da sich die Palette des Big-Data-Einsatzes in Zukunft jedoch deutlich verbreitern dürfte, stießen die Standard-Werkzeuge den Analysten zufolge schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Spezielle Big-Data-Tools, die derzeit noch keine allzu weite Verbreitung gefunden hätten, besäßen daher ein großes Wachstumspotenzial. Barc zählt zu dieser Kategorie spezielle analytische Datenbanken wie Netezza (IBM), Vertica (HP) und Hana (SAP), Data-Mining- und Predictive-Analytics-Lösungen sowie Big Data Appliances und das Hadoop-Ökosystem.
BI-Landschaften im Umbruch
Sowohl die hohen Planwerte für spezielle Big-Data-Techniken als auch die Tatsache, dass bereits heute in den Unternehmen durchschnittlich vier verschiedene Plattformen für Big-Data Verwendung finden, deuten auf einen langsamen aber sicheren Umbruch in den heutigen BI- und Datenmanagement-Landschaften hin, schreiben die Barc-Experten in ihrer Studie. Lange Zeit habe das Enterprise Data Warehouse (EDWH), in dem alle Daten gesichert und konsolidiert wurden, als ideale Datengrundlage gegolten. Doch diese Vorstellung erscheine im Zuge von Big Data zunehmend als überholt. Das Data Warehouse werde zwar auch zukünftig eine zentrale Rolle einnehmen. Allerdings bedürfe es künftig einer "ausgefeilten und flexibleren Datenmanagementstrategie, die das performante Zusammenspiel einer Vielzahl unterschiedlicher analytischer Plattformen bei gleichzeitig hoher Datenqualität ermöglicht", sagen die Experten. Konzepte, wie das "logische Data Warehouse", könnten hier den Weg weisen.
Unstrittig bleibe, dass Big-Data-Analysen im Unternehmensalltag künftig entscheidend zum Geschäftserfolg beitragen werden, indem sie eine transparentere Entscheidungsgrundlage schaffen, Prozesse effizienter gestalten, die Prognosegenauigkeit erhöhen oder vielversprechende Innovation vorantreiben, lautet das Resümee von Barc-Research-Analyst und Studienautor Nikolai Janoschek. Die Fähigkeit, hochkomplexe analytische Methoden mit den Massen an Daten zu kombinieren und daraus wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, entwickle sich zunehmend zu einer Kompetenz, die über Geschäftserfolg oder -misserfolg entscheidet. "Hinter dem Schlagwort Big Data steht eine tiefergehende Veränderung hin zu einer datengetriebenen Wirtschaft. Unternehmen haben sich viel vorgenommen, um diesen Wandelmitzugestalten."