Bandbreiten-Management in IP-Netzwerken

19.10.2000
Voice-over-IP, Videokonferenzen und Streaming-Übertragungen im Internet, aber auch die steigende Anzahl von Angeboten fürs Application-Service-Providing machen selbst das breiteste Netzwerk platt. Mit der Implementierung von Bandbreiten-Management-Systemen eröffnet sich qualifizierten Systemhäusern ein noch unbeackertes Geschäftsfeld.

Lief das Video in den ersten zwei Minuten noch einwandfrei ab, ruckelt es auf einmal merklich und bleibt zeitweise ganz stehen. Grund: Ein anderer Teilnehmer im LAN lädt sich gerade ein zehn Megabit große Powerpoint-Präsentation herunter. Derartige Konflikte passieren täglich in den meisten Unternehmen mit Internet-Zugang.

Um sie zu vermeiden, bedarf es ausgefeilter Lösungen, die den Datenverkehr in IP-Netzwerken sinnvoll regeln. Es gilt, Echtzeitanwendungen wie Video oder Audio vor zeitunkritischen Protokollen wie FTP oder E-Mail bevorzugt zu behandeln. Aber auch Unternehmensanwendungen wie SAP R/3 müssen auf jeden Fall priorisiert werden.

Die Möglichkeit, bestimmte IP-Pakete schneller zu versenden als weniger wichtige, ist aber im IP-Protokoll erstmal gar nicht vorgesehen: Alle Daten werden absolut gleich behandelt, egal ob sich dabei um E-Mails, Downloads aus dem Internet oder R/3-Anfragen handelt.

Deshalb werden derzeit zunehmend Lösungen nachgefragt, die diesem Daten-"Kommunismus" den Garaus machen. Meist handelt es sich dabei um dezidierte Hardware, die den Datenverkehr in den Griff bekommen soll. Nach welchen Regeln das abzuwickeln ist, kann mit Hilfe der mitgelieferten Software festgelegt werden.

Ein derartiges Komplettsystem bietet Allot Communications. Sein "Net Enforcer" managt die Verbindungen über das Internet oder WAN und priorisiert dabei etwa geschäftskritische Applikationen. Von Webbrowsern oder mit EMails erzeugter Verkehr wird dabei mit niedrigerer Priorität behandelt. Unterschiedlichen Applika-tionen ordnet der Net Enforcer unterschiedliche Dienstgüte (Quality of Service, QoS) zu.

Zum Einsatz gelangt die Hardware dabei an der Schnittstelle zwischen dem firmeninternen LAN und dem Internet. Oft fällt hierbei auch der Begriff des "Bandwidth Shaping". Das starre IP-Protokoll wird hier etwas aufgeweicht, die einzelnen Pakete werden nicht mehr alle gleich behandelt. Vielmehr wird zuerst deren "Qualität" beurteilt, damit sie anschließend - entsprechend ihrer Priorität - sofort oder verzögert durchgelassen werden.

Den Net Enforcer gibt es in drei Ausführungen: als "AC101" für Netzwerke mit bis zu 512 Kbit/s, als "AC201"für maximale Durchsatz-rate von 10 Mbit/s und als "AC301" für Datenübertragungen im 100 Mbit/s-Bereich. Die entsprechenden US-amerikanischen Listenpreise belaufen sich auf 4.500, 7.500 beziehungsweise 13.000 Dollar. Als Software-Pakete kommen noch "Net Balancer", "Cache Enforcer", "Net Accountant" dazu. Will der Netzwerkadministrator jedoch die Service Level Agreements (SLAs) zentral festlegen, kommt er um ein professionelles Werkzeug nicht herum. Ein solches bietet Allot mit seinem "Net Policy" ebenfalls an. Sinnigerweise nutzt diese Software gleich die Vorteile von Verzeichnisdiensten nach dem LDAP-Standard (Lightweight Directory Access Protocol). Und als Schnittstelle zum Systemverwalter fungiert hier der Webbrowser. Mit Net Policy lassen sich nicht nur die Net Enforcer ansprechen, sondern auch Netzwerkgeräte von Fremdherstellern, etwa Cisco-Router oder Switches von Nortel.

Intelligente Verkehrsführung

Im harten Wettbewerb mit Allot um die Vorherrschaft im "Traffic Shaping" befindet sich Packeteer. Das kalifornische Unternehmen offeriert gleich eine ganze Produktpalette von "Packet Shaper": die Modelle 1500, 2500 und 4500. Ähnlich wie die Hardware von Allot bieten die Boxen von Packeteer für jeden Geschmack etwas: für eine oder mehrere S0-ISDN-Leitungen, für einen S2M-Anschluss oder gleich für 45-100 Mbit/s-Anbindung. Letzteres dürfte vor allem ISPs und ASPs interessieren.

Auch die Preispolitik beider Hersteller ist vergleichbar, für Packeteer spricht jedoch der höhere Bekanntheitsgrad hierzulande. Tolga Gulec, verantwortlicher Produktmanager beim Münchener Distributor Seicom, ist voll des Lobes über die Packet Shaper: "Unsere Kunden sind begeistert! Alle, die ein Gerät für Testzwecke angefordert haben, behielten es."

Für Gulec steht der Markt für Bandbreiten-Management ohnehin erst ganz am Anfang: "Die Nachfrage nach den zugehörigen Werkzeugen wird in den nächsten Jahren exponentiell wachsen." So bleibt hier wohl Platz für den einen oder anderen Mitbewerber. (rw)

www.allot.com; www.packeteer.com

www.seicom-muc.de