Viel Zeit hatte Steven Ballmer nicht. Gerade eine Dreiviertelstunde gönnte er der Fachpresse, die am Mittwoch in das Münchener BMW-Hauptquartier gekommen war, um den Microsoft-Chef zu erleben.
Der erste Eindruck: Ballmer ist lebhaft wie immer; er weiß, wie man Themen schnell anreisst und Fragen rasch umgeht, und er kam, nach den Stationen Paris und London, auch in München der Aufgabe, Werbung für Windows 7 zu machen, eloquent nach.
Bekanntlich soll Windows 7 das im Januar 2007 in den Markt gebrachte, glücklose Vista ablösen, weshalb sich Ballmer auch schon auf die migrationswilligen XP-Nutzer freut: "Ich liebe alle XP-Nutzer", antwortete er auf die zu Recht belächelte Frage, ob Microsoft nun die Nutzer, die an diesem ehrwürdigen Betriebssystem kleben, "killen werde".
Doch Ballmer war nicht gekommen, um Privat-Nutzer auf das Betriebssystem einzuschwören. Sondern: Der IT-Riese, der im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/2009 eine Umsatzrückgang von drei Prozent auf 58,4 Milliarden Dollar berichtet hat, zielt im Moment vor allem auf Unternehmen ab.
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Dafür war das auf seine Renovierung wartende Atrium der BMW Group Classic auch ausgewählt worden: Immerhin verspricht der bayrische Autobauer, in den kommenden drei Jahren insgesamt 85.000 PCs mit Windows 7 auszurüsten. Derzeit seien rund 5.000 PCs von XP auf Windows 7 migriert worden, sagte BMWs IT-Chef Karl-Erich Probst.
Dies erfreute Ballmer sehr. Denn kaum ein Fünftel der Unternehmen, die XP einsetzen, konnten sich bislang zur Vista-Migration entschließen. Das heißt aber: Ein acht Jahre altes Betriebssystem werkelt in bei BMW und woanders vor sich hin.
Das weiß Ballmer, weshalb er auf die Frage, ob er für dass kommende Jahr eine globale Erholung der Wirtschaft erwarte, sagte: Zwar rechne er nicht mit einer wirklichen Erholung, doch was Windows 7 angehe, werde es Microsoft gewiss "gut tun".
Immerhin verspreche das neue Betriebssystem, dessen allgemeiner Markteintritt für den 22. Oktober geplant ist, Einiges zu bieten, dessen Fehlen migrationswillige Unternehmen von Vista abgehalten habe: Es sei produktiver und verschwende weniger Ressourcen; es sei sicher, auch wenn, wie Ballmer mit Blick auf die jüngste Affäre um das hauseigene Mailkonto Hotmail zugab, jedes Sicherheitsloch "ein blöder Fehler" sei; es biete Team- und Verbindungsfunktionen, die es jedem Mitarbeiter von wo auch immer leicht machten, sich ins Firmennetz einzuwählen und zusammenzuarbeiten, und es könne auch leicht auf Rechnern verteilt werden.
Letzteres bekräftigte Probst; und als Ballmer vergnügt zur Wortschöpfung "Zero touch Deployment" griff, schien der BMW-Manager seinerseits froh zu sein, dass Ballmer ihm mit dergleichen griffigem Vokabular unter die Arme griff. "Wir haben Windows 7 über das Netz ausgeliefert; das dauerte nicht länger, als man für einen Kaffee braucht", warb Probst.
Auch im Betrieb, so der Manager, sei Windows 7 den bisherigen Betriebssystemen aus Redmond überlegen: Zum Zusammenspiel von Windows Mobile und Windows 7 sagte er zwar nichts; was aber die Verwaltung der Tausenden von Gadgets, die bei BMW im Einsatz sind, anbetrifft, könne er sagen, sie sei deutlich einfacher, "wirklich besser" geworden.
Milliarden durch Partnergeschäfte
Das freute wiederum den Vielreisenden Ballmer, weshalb er betonte, wie schnell er überall sich in Funknetze einloggen konnte und wie hervorragend Windows 7 mit schmalen Notebook-Ressourcen zurechtkomme. Dazu ist anzumerken, dass Microsoft bei dem neuen Windows den Umgang mit dem Arbeitsspeicher so gestaltet hat, dass das OS nur in etwa die Hälfte des Arbeitsspeicher in Beschlag nimmt; zudem nutzt es die Festplatte nicht wie bisher als scheinbar unendlich verfügbare Ressource.
Insofern hatte auch Damir Tomicic, Geschäftsführer des Fürther Systemhause Axinom und in München als Partnervertreter vorstellig, sicher recht, wenn er sagte, dass man mit einem großen Kundeninteresse rechnen könne. Nicht nur, weil die Fürther, die schon Windows 7 installiert und "gute Erfahrungen bei der Migration von Altapplikationen" gemacht haben, sondern auch, weil Microsoft sich stark bemüht habe, mit dem Systemhaus zusammenzuarbeiten.
Milliardengeschäft Windows 7
Laut dem Marktforscher IDC sollen bis Ende 2010 rund 177 Millionen verkaufte Lizenzen von Windows 7 im Einsatz sein. In der IT-Industrie sowie IT-nahen Unternehmen sollen dann rund sieben Millionen Menschen Windows 7 einsetzen.
In diesem Zeitraum werde ein Umsatzpotential von 320 Milliarden Dollar für Produkte und Services rund um Windows 7 entstehen. Rund 115 Milliarden Dollar dürften Partnerunternehmen investieren: zur Entwicklung, Marketing und Unterstützung von Produkten und Services für Windows 7. IDC zufolge werden in weltweit 350.000 Unternehmen, die "Produkte und Dienste herstellen, verkaufen oder vertreiben, die auf Windows 7 basieren", insgesamt rund 300.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt.
Dem pflichtete Ballmer bei - schließlich hat sein Haus nach dem Vista-Flop allen Grund, seine Partner um Windows 7 und kommende Produkte wie etwa den Server 2010 zu gruppieren. Windows 7 soll schließlich allen guttun. (wl)