Europäische Hausmesse Cisco Live!

Back to the roots – Cisco baut Netze für die digitale Transformation

13.02.2019 von Jürgen  Hill
Mit der digitalen Welt von Cloud, IoT und Co. ändern sich auch die Paradigmen für den Netzbau. Wie Cisco darauf reagiert, zeigte der Hersteller auf seiner Hausmesse.
Ganz im Zentrum der Cisco Live! stand die Frage, wie die Netzinfrastruktur der digitalen Welt aussieht.
Foto: Hill

Back to the roots - dies scheint derzeit bei Cisco die große strategische Vorgabe zu sein. Stand in der Ära Chambers noch die Jagd nach dem "next big thing" - hier sei nur an die Idee der holographischen TelePresence, der Einstieg ins Datacenter Business etc. erinnert - auf der Tagesordnung, konzentriert sich das Unternehmen seit der Amtsübernahme von CEO Chuck Robbins im Juli 2015 wieder auf die Weiterentwicklung der Netzinfrastruktur. Oder, um es im Cisco-Deutsch zu formulieren, die "IT architecture for the realities of the next-generation digital world" steht im Fokus. Und ganz bescheiden lautet das neue Firmenmotto unter der stilisierten Golden Gate Bridge des Firmenlogos nun "The bridge to Possible".

Über 16.000 Besucher

Die Zahl der anwesenden Partner wächst auf der Cisco Live! 2019, wie ein Blick in eine der Messehallen zeigt.
Foto: Hill

Eine Strategie, die bei Kunden und Anwendern anzukommen scheint. So zählte die europäische Hausmesse Cisco Live 2019 in Barcelona über 16.000 Besucher. Und die vor vier Jahren gegründete Entwickler-Community DevNet umfasst mittlerweile rund 550.000 Mitglieder. Wobei allein im letzten halben Jahr 50.000 neue Subscriber gezählt wurden. Auf der Messe in Barcelona füllten die Entwickler mit Workshops, Coding-Klassenzimmer etc. gleich eine ganze Messehalle. Ferner ermöglichten DevNet Learning Labs und DevNet Sandbox das Programmieren von Apps in und für die Cloud, ohne dass der Entwickler hierzu die erforderliche Hardware benötigt.

Müde vom Messerundgang? Kein Problem. Mit Gesichtserkennung und künstlicher Intelligenz wird die Kaffeemenge genau auf den jeweiligen Ermüdungsgrad abgestimmt. Nur ein Beispiel für die Möglichkeiten mit KI.
Foto: Hill

Dabei steht Cisco vor dem gleichen Problem wie die Anwender: Die digitale Transformation fordert ihren Tribut - sprich die klassischen Netzwerkkonzepte greifen nicht mehr, beziehungsweise entsprechen nicht mehr den geänderten Anforderungen. So ist man bei Cisco etwa davon überzeugt, dass die Anbindung eines Users an ein Data-Center in der Cloud keine Priorität mehr hat. Zumal man die Tage der dedizierten Cloud-Rechenzentren ohnehin für gezählt hält. Cisco favorisiert hier den Gedanken des Data Center Anywhere, weil sich zudem die Apps verändern und eher verteilt in Multicloud-Architekturen gespeichert sind, als wie bislang dediziert. (siehe auch "Ciscos Rechenzentrum aus der Cloud")

Virtualisierung der RZs

Mit über 16.000 Besuchern war die Cisco Live! gut besucht. Das galt auch für die Keynote, für die eine komplette Messehalle reserviert war.
Foto: Cisco

Doch aus Sicht des Netzwerkriesen steht den Anwendern nicht nur eine Virtualisierung der Rechenzentren in der Cloud bevor, sondern auch eine Verlagerung der Rechenaufgaben in den Edge- und Access-Bereich. Eine Entwicklung, für die Cisco gleich mehrere Gründe sieht. So sei es etwa unter Sicherheitsaspekten sinnvoll, Funktionen in den Edge-Bereich zu verlagern. Auf diese Weise könne man sowohl schneller auf Bedrohungen reagieren, als auch verdächtigen Geräten gleich im Access-Bereich den Zugang verwehren. Cisco selbst stellt etwa im Netz mittlerweile 250.000 Bedrohungen pro Sekunde fest. Angesichts dieser Dimensionen erscheint es durchaus glaubwürdig, dass hier zentrale Security-Instanzen auch hinsichtlich der Performance an ihre Grenzen stoßen.

Zumal das Netz noch andere Belastungen zu verkraften habe. So argumentiert Netzausrüster Cisco damit, dass sich die Netzauslastung in den nächsten Jahren drastisch erhöhen werde und damit nicht mehr die erforderliche Transportkapazität von Edge-Devices oder -Rechnern ins Rechenzentrum zur Verfügung stehe. Und die Belastung der Netze soll mit den steigenden Smart-Factory-Projekten noch steigen und so den Trend zum Edge Computing fördern. Entweder, weil existierende Legacy-Anlagen über Edge Devices an eine moderne IT/IIoT-Infrastruktur angebunden werden, oder weil die schiere Menge der IoT-Daten nur noch sinnvoll vor Ort am Egde zu verarbeiten ist, wenn sie nicht die gesamte Infrastruktur lahmlegen soll.

Blaupausen für IoT-Projekte

Use Cases und Lösungen wie etwa in der Halle "World of Solutions" standen bei den Besuchern hoch im Kurs.
Foto: Cisco

Wie solche IoT-Installationen idealerweise aussehen könnten, hat Cisco zu seiner Hausmesse in drei neuen digitalen Blueprints, den Cisco Validated Designs (CVDs), dargestellt. Sie sollen als Vorlagen für Versorgungs- und Energieunternehmen, Produktion sowie entfernte und mobile Anlagen dienen. Die Blaupausen sollen letztlich Partnern und Kunden dabei helfen, ihre IoT Proof of Concepts schnell in skalierbare Installationen zu überführen. (Mehr zu Ciscos IoT-Strategie finden Sie im Artikel "Intent-based Networking für IoT").

Die Idee des Intent-based Networking beschränkt sich allerdings nicht nur auf IoT, sondern gehört seit etwas über 18 Monaten zur DNA des Netzausrüsters. Dahinter steckt der Gedanke, dass sich die Art und Weise, wie Netze aufgebaut und verwaltet werden, grundlegend gewandelt hat. Die modernen Netze sollen nicht mehr manuelle Prozesse erfassen, sondern Geschäftsabsichten erkennen und verstehen und diese dann in die entsprechenden Netzwerkrichtlinien umsetzen. Selbstverständlich kann ein solches automatisches Netz nur mit einem AI-gestützten Netz-Management funktionieren, weshalb sich Cisco sehr stark in Sachen Machine Learning engagiert. Per KI sollen selbst im verschlüsselten Datenverkehr Cyber-Bedrohungen erkannt werden oder bestimmte Anwendungen priorisiert werden können.