Den Liefertermin mit seinem Kunden musste der Fachhändler erst einmal absagen. Grund: Das bestellte Notebook machte nach dem Auspacken keinen Mucks - ein klassischer DOA-Fall, der täglich vorkommen kann. Jetzt begann für den Reseller die Odyssee zwischen Hersteller und Distributor, die er im Forum auf ChannelPartner.de dokumentierte (siehe Bild unten).
Obwohl auf den Websites mancher Hersteller die Abwicklung eines DOA (Dead on Arrival)-Falles beschrieben ist, heißt das noch lange nicht, dass sie auch danach handeln, wie der Reseller am eigenen Leib erfahren musste. ChannelPartner fragte bei verschiedenen Herstellern nach, wie sich Fachhändler verhalten sollten, um ein DOA-Gerät möglichst schnell ersetzt zu bekommen oder eine Gutschrift zu erhalten. Die Antworten der einzelnen Hersteller auf unsere Fragen finden Sie auf den folgenden Seiten.
Inhaltsverzeichnis:
1. An wen muss sich ein Händler wenden, wenn ein Gerät bei Lieferung nicht funktionsfähig ist?
2. Gibt es verschiedene Abwicklungsszenarien für verschiedene Produktgruppen?
3. Wie verfährt Ihr Unternehmen nach Eingang eines DOA-Falles?
4. In welchem zeitlichen Rahmen muss ein DOA-Fall gemeldet werden?
5. Wie lange dauert es, bis der Fachhändler ein Austauschgerät oder eine Gutschrift in Händen hält?
1. Frage:An wen muss sich ein Händler wenden, wenn ein Gerät bei Lieferung nicht funktionsfähig ist?
Brother: Wir erwarten nicht, dass der Anwender seinen Gewährleistungsanspruch beim Händler durchsetzt. Jeder Anwender kann bei der Brother-Hotline den Defekt selbst anzeigen, wenn er dies möchte. Der Händler wendet sich an seine zentrale Fachhandels-Hotline bei Brother: 01805 500155.
Canon Drucksysteme: Wurde die Ware direkt über Canon bezogen, ist der jeweilige Account Manager zu kontaktieren. Bei einem Bezug über einen Distributor muss dieser informiert werden.
Dell: Ist die Verpackung oder Ware beschädigt und nicht funktionsfähig, liegt das im Zuständigkeitsbereich des Kundendienstes (Customer Care).
Ist die Verpackung und Ware nicht beschädigt, aber das Gerät nicht funktionsfähig, ist der Ansprechpartner der Technische Support.
Epson: Der Distributor ist der erste Ansprechpartner des Händlers.
Fujitsu Siemens Computers: Fachhändler können sich direkt an die Hotline von Fujitsu Siemens Computers wenden. Der Mitarbeiter wird den Fall nach Absprache beurteilen und einen Vorschlag für die weitere Vorgehensweise machen. Die zuständige Hotline ist der Dokumentation zu entnehmen, die den Produkten beiliegt.
Hewlett-Packard: Bei HP gibt es zwei DOA-Prozesse, abhängig vom Produkt.
Bei High-End-Produkten (iPAQs und Business Notebooks sowie alle Geräte mit Vor-Ort-Service-Garantie): Der Fachhändler wendet sich an den HP-Support, der zunächst versucht, das Problem zu lösen. Die Rufnummern sind im Benutzerhandbuch des Produkts zu finden. Bei Low-End-Produkten (alle Produkte, die nicht zu einer der oben genannten Kategorien gehören): Der Fachhändler wendet sich direkt an seinen Distributor.
Begriffsherkunft
Im Englischen bedeutet der Ausdruck "Dead on arrival" (DOA) bei Einsätzen von Polizei oder Rettungsdiensten, dass eine am Tatort angetroffene Person schon vor dem Eintreffen der Polizei tot ist, oder eine im Krankenhaus eingelieferte Person bereits bei der Ankunft nicht mehr lebt.
Kyocera Mita: Händler wenden sich an die Kyocera-Service-Sachbearbeitung. Die Bestimmungen sind auf den Kyocera-Partnerseiten zu finden. Wiederverkäufer, die Kyocera-Produkte über die Distribution eingekauft haben, wenden sich im Schadensfall zuerst an unsere Hotline.
Lenovo: Der Händler wendet sich an die Hotline 01805 253558 mit dem Hinweis, dass es sich um einen Dead-on-Arrival-Fall handelt.
Lexmark: Händler sollten die Lexmark-Hotline kontaktieren. Diese klärt mit dem Reseller, ob ein DOA vorliegt. Wenn ja, erhält er eine sogenannte CA-Nummer.
Samsung: Händler können sich direkt mit dem Samsung-Callcenter in Verbindung setzen.
Toshiba: Händler wenden sich direkt an den Distributor.
2. Frage. Gibt es verschiedene Abwicklungsszenarien für verschiedene Produktgruppen?
Brother: Nein, alle Produktgruppen, Anwender und Händler werden gleich behandelt.
Canon Drucksysteme: Nein, alle Produktgruppen werden gleich behandelt.
Dell: Customer-Care-Prozess: Austausch der/des betroffenen Komponenten/Produktes
Tech-Support-Prozess: Unterscheidung zwischen
- Produkten, die ausgetauscht werden (z.B. Monitore, Projektoren), und
- Produkten, bei denen bei Bedarf Reparaturen durchgeführt werden können (z.B. Notebooks, Desktops)
Epson: Bei Verbrauchsmaterialien, Optionen und Large-Format-Druckern wird dieser Fall wie ein Garantiefall behandelt. Bei allen anderen Produkten erhält der Kunde eine Gutschrift über den tagesaktuellen Wert des Produkts.
Fujitsu Siemens Computers: Zunächst streben wir die Reparatur im Feld an. Der Rückabwicklungsprozess startet erst bei Feststellung des Dead on Arrival eines Falles. Anlaufstelle für alle Produkte ist unsere Hotline.
Kyocera Mita: Consumer-Produkte werden gutgeschrieben. High-End- und Investitionsgüter werden vor Ort durch den Fachhandel, der die Produkte auch installiert, direkt repariert.
Lenovo: Nein, alle Produktgruppen werden gleich behandelt.
Lexmark: Nein, alle Produktgruppen werden gleich behandelt.
Samsung: Nein, alle Produktgruppen werden gleich behandelt.
Toshiba: Die Prozesse innerhalb der verschiedenen Toshiba-Geschäftsbereiche können differieren.
3. Frage: Wie verfährt Ihr Unternehmen nach Eingang eines DOA-Falles?
Brother: Sollte ein DOA festgestellt werden, wird ein Vorabaustausch durchgeführt. Das bedeutet, der Händler erhält eine RMA-Nummer und dann direkt ein neues Gerät zugeschickt. Aus buchhalterischen Gründen wird eine Rechnung über das neue Gerät erzeugt, die nach Rücksendung des alten Gerätes wieder gutgeschrieben wird. Sollte das defekte Gerät innerhalb von 90 Tagen nicht zurückgeschickt werden, wird die Rechnung zur Bezahlung fällig.
Canon Drucksysteme: Die Art der Abwicklung wird individuell nach Art des Defektes beziehungsweise der Verfügbarkeit von Ersatzgeräten entschieden.
Dell: Standardvorgehen bei sofortiger Meldung nach Lieferung ist der Produktaustausch beziehungsweise die Produktreparatur.
Epson: Der Kunde erhält eine Gutschrift über den Wert des Produktes. Bei Large-Format-Druckern, Verbrauchsmaterial und Optionen wird das Produkt wie ein Garantiefall behandelt.
Fujitsu Siemens Computers: Bei Standardprodukten (PC, Notebook, Einstiegsserver) erfolgt seitens des Herstellers die Gutschrift an den Distributor und seitens des Distributors an den Fachhändler. Bei Monitoren erfolgt der Tausch gegen ein Neugerät. Das Gleiche gilt bei Accessoires. Bei hochwertigen Servern wird die Reparatur beim Kunden favorisiert.
Hewlett-Packard: High-End-Produkte: Kann der HP-Support den Defekt nicht beheben, erteilt er dem Fachhändler die Genehmigung, den Defekt als DOA zu deklarieren. Der Fachhändler wendet sich mit der Genehmigung und dem Produkt an seinen Distributor und erhält dort ein neues Gerät. Die weitere Abwicklung wie Gutschrift, Reparatur oder Versand eines neuen Produktes unterliegt den Vereinbarungen zwischen Distributor und Fachhändler. Auf diese hat HP keinen Einfluss.
Low-End-Produkte: Wenn der Distributor einen DOA-Fall bestätigt, erhält er ein Austauschprodukt. Die weitere Abwicklung wie Gutschrift, Reparatur oder Versand eines neuen Produktes unterliegt den Vereinbarungen zwischen Distributor und Fachhändler. Auf diese hat HP keinen Einfluss.
Kyocera Mita: Consumer-Produkte werden gutgeschrieben. High-End- und Investitionsgüter werden vor Ort durch den Fachhandel, der die Produkte auch installiert, direkt repariert.
Lenovo: Es wird von uns geprüft, ob es sich um einen Sachmangel handelt. Falls ja, wird das Gerät ausgetauscht.
Lexmark: Der Fachhändler wendet sich mit seiner CA-Nummer an den Distributor. Dieser erteilt die Freigabe zur Rücknahme der defekten Ware. Daraufhin erhält der Händler vom Distributor entweder ein neues Gerät oder eine Gutschrift, je nach Distributor.
Samsung: Der Fachhändler/Distributor muss ein Retourenformular ausfüllen und nach Erhalt einer RMA-Nummer das Produkt an eine bestimmte Adresse schicken. Falls festgestellt wird, dass ein technischer Defekt vorliegt, wird eine Gutschrift an den Distributor erstellt beziehungsweise an den Fachhändler, sofern er das Produkt direkt bei Samsung bezogen hat.
Toshiba: In der Regel erhält der Partner ein Austauschgerät. Sollte das Gerät nicht mehr verfügbar und ein Austausch nicht möglich sein, so erhält der Händler eine Gutschrift durch den Distributor.
Diese Personen haben geantwortet
Brother: Guido Eulenpesch, Service Manager
Canon Drucksysteme: Oliver Knipp, Manager Product Business Development
Dell: Sabine Bendiek, Channel Director Dell Central Europe
Epson: Paul Schmidt, Direktor Vertrieb
Fujitsu Siemens Computers: Thomas Karg, Leiter Marketing und Business Development
Hewlett-Packard: Eleonore Koerner, PR Manager PSG und Channel
Kyocera Mita: Reimond Kanow, Senior Abteilungsleiter TCC Service Planning
Lenovo: Bernhard Fauser; Business Operations Manager
Lexmark: Norbert Neumann, Public Relations Manager
Samsung: Keith Wrampling, Product Marketing Manager Notebooks
Toshiba: Beate Ludwig, Serviceassistentin Qualität & Service
4. Frage: In welchem zeitlichen Rahmen muss ein DOA-Fall gemeldet werden?
Brother: Wir erkennen ein defektes Gerät bis 14 Tage nach Kaufdatum als DOA an. Der Nachweis muss über Seriennummer und Kaufbeleg erbracht werden.
Canon Drucksysteme: Die gelieferte Ware muss sofort geprüft und ein Mangel unverzüglich dem Lieferanten gemeldet werden. Zu beachten sind dabei die gesetzlichen Fristen und vertraglichen Bestimmungen.
Dell: Die gelieferten Produkte müssen innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt auf ihre Vertragsgemäßheit untersucht werden; erkennbare Mängel müssen unverzüglich gerügt werden.
Epson: Wir gewähren eine Frist von 30 Tagen, gezählt ab Verkaufsdatum an den Kunden. Der Handel schickt die DOA-Anforderung an seinen Distributor, der sie an uns weiterleitet.
Fujitsu Siemens Computers: Die DOA-Frist beträgt sieben Tage ab Rechnungsdatum, im Regelfall bezogen auf die Rechnung des Endkunden. Der Fachhändler hat hier ein von Fujitsu Siemens Computers erweitertes Rückgaberecht, das er bei seinem Distributor erfährt.
Kyocera Mita: Die DOA-Frist beträgt fünf Werktage maximal ab Lieferdatum vom Handel/Reseller an den Endkunden beziehungsweise 30 Tage maximal ab Lieferscheindatum von Kyocera Mita an den Händler. Zehn Druckseiten auf dem Seitenzähler werden akzeptiert.
Lenovo: Ja, sechs Tage nach Verkauf an den Kunden.
Lexmark: Der Fachhändler muss einen DOA-Fall innerhalb von 30 Tagen nach Kauf durch den Endkunden melden. Ausschlaggebend ist hier das Datum der Endkundenrechnung.
Samsung: Ein DOA liegt vor, wenn innerhalb von sieben Kalendertagen ab Kaufdatum ein technischer Defekt auftritt.
Toshiba: Das Datum des Kaufs durch den Endkunden sollte nicht länger als 14 Tage zurückliegen.
5. Frage: Wie lange dauert es, bis der Fachhändler ein Austauschgerät oder eine Gutschrift in Händen hält?
Brother: Das kommt auf die Rücksendung des defekten Gerätes an (siehe Frage 3, Punkt 2).
Canon Drucksysteme: Sofern dem Kunden eine Rücknahme, verbunden mit einer Gutschrift, zugesagt wurde, beläuft sich die Bearbeitungsdauer auf fünf bis zehn Tage. Im Bedarfsfall kann ein neues Produkt in der Regel schneller zur Verfügung gestellt werden.
Dell: Eine Neubestellung wird direkt nach Meldung des Falles ausgelöst (siehe Antwort zu Frage 4). Die Abholung des beanstandeten Produktes wird je nach Vereinbarung vor oder nach der Lieferung des neuen Produktes veranlasst. Reparaturen werden im Rahmen des geltenden Servicevertrages durchgeführt.
Epson: Nach Eingang der Anforderung bei uns hat der Distributor seine Gutschrift innerhalb einer Woche. Der Distributor wird dann diese Gutschrift umgehend an seine Kunden weiterleiten.
Fujitsu Siemens Computers: Der Fachhändler bestellt im Regelfall sofort das Neugerät und wartet nicht auf die Gutschrift des Herstellers oder Distributors. Den Status der Gutschriftabwicklung kann der Händler online abfragen.
Hewlett-Packard: Sobald das Produkt bei HP eingetroffen ist, erhält der Distributor eine Gutschrift.
Kyocera Mita: Das hängt insbesondere vom Vertriebsweg ab. Kyocera schreibt nach Wareneingang innerhalb von zwei Tagen die defekte Ware gut.
Lenovo: Fünf bis zehn Werktage.
Lexmark: Das hängt vom Distributor ab. Auf diesen Prozess hat Lexmark keinen Einfluss, jedoch garantieren wir dem Distributor mit vorliegender CA-Nummer, dass er für das defekte Gerät eine Gutschrift erhält.
Samsung: 14 Tage bis zur Gutschrift.
Toshiba: Die Dauer des Prozesses ist abhängig vom Distributor, da der Fachhändler den DOA-Antrag bei diesem stellt. (bw)
Meinung der Redakteurin
Baustelle Dead on Arrival
Hersteller und Distributoren arbeiten tagtäglich an der Verbesserung ihrer Supply Chain in Richtung Handel und Endkunden. Teilweise kann der Händler die Ankunft seiner bestellten Ware sogar bis auf die Stunde genau verfolgen und vorhersagen. Eine tolle Unterstützung für die Reseller, die auch gerne werbewirksam nach außen getragen wird. Schnell beim Kunden und damit schnell vom Hof heißt die Prämisse der Hersteller und Distributoren. Wenn aber der Lieferschein vom Händler oder Kunden abgezeichnet wurde, sieht das Bild vom Dienst am Kunden oft anders aus.
Gibt das gelieferte Produkt beim Endkunden nach dem Auspacken keinen Mucks von sich, kann der Reseller auf die vorangegangene schnelle Lieferung pfeifen, denn dann geht für ihn der Ärger los. Er sucht sich in diesem Fall am besten einen seiner Mitarbeiter, der den ganzen Tag wenig bis gar nichts zu tun hat, und betraut ihn vertrauensvoll mit dem Projekt "DOA". Denn so schnell die Lieferkette vonseiten der Hersteller in die eine Richtung funktioniert, so holprig geht es in die andere. Wer nimmt das Gerät entgegen? Gibt es eine Gutschrift oder Ersatzlieferung? Innerhalb welchen Zeitraums kann der Händler mit einer Reaktion des Herstellers oder Distributors rechnen? Das alles sind Fragen, die sich ein Händler in einem DOA-Fall stellen muss und die von Herstellern und Distributoren teilweise nicht beim ersten Telefonanruf beantwortet werden können (siehe Seite 18). Das ist ein schlechtes Zeugnis für die Hersteller, denn im Gegensatz dazu erfährt der Händler auf Anhieb, wo er ihre Produkte bestellen kann. Einen Dead-on-Arrival-Fall abzuwickeln sollte übrigens unbedingt in die Ausbildung eines IT-Systemkaufmanns mit aufgenommen werden. Wer das einmal gemacht hat, beweist Kompetenz in Informationsbeschaffung, Kommunikationsfähigkeit und eine hohe Frustrationsgrenze. BW