Fehler 1: Blind vor Aktionismus
Manager möchten in der Regel eine praktikable und schnelle Lösung. Aber Vorsicht vor wildem Aktionismus, denn dieser macht blind für eine tiefgreifende Ursachenforschung. Umsatzrückgang? Ein Motivations- und Verkaufstrainer soll zügig alles wieder richten. Ertragsrückgang? Es werden Mitarbeiter entlassen, was mittelfristig Personalkosten einspart.
Doch die schnellste Lösung ist nicht immer die beste. Wird nur das Symptom behoben, tritt das Problem in Kürze noch massiver auf.
Ein Beispiel: Frau Meier ist eine der besten Vertriebsmitarbeiterinnen im Unternehmen. Letztes Quartal hat sie jedoch gerade einmal 40 Prozent ihrer Vertriebsziele im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erreicht. Ihre Führungskraft hat mitbekommen, dass sie eine verbale Auseinandersetzung mit einem Kollegen hatte. Ist das nun die Ursache für ihren Umsatz-Rückgang? Oder sind private Probleme wie Beziehung oder Geld dafür verantwortlich? Oder sind es eventuell vermehrt unzufriedene Kunden, die den Druck auf Frau Meier ausüben?
Nur selten öffnen sich Mitarbeiter ihren Führungskräften und erzählen ihre tatsächlichen Probleme, also die Ursachen. "Das geht den Chef schließlich ja auch nichts an!" ist die gängige Einstellung von Mitarbeitern. Leider ist das vielfach auch nachvollziehbar.
Wie reagiert dann der Manager? Genau so, wie jeder Mensch: Er trifft eine (möglicherweise falsche) Annahme und handelt mit der guten Absicht, das Problem zu lösen.
Was aber, wenn Frau Meier gleichzeitig mit einem Kollegen und ihrem Mann ein Thema hat? Dann wird das Problem nicht nachhaltig beseitigt. Es taucht kurze Zeit später wieder auf - dann aber verstärkt.
Handlungsempfehlung
Hier ist zunächst das Handwerkszeug einer Führungskraft gefragt, damit sich die Mitarbeiterin in einem vertraulichen Gespräch öffnet. Dazu gehören Empathie, Kommunikationsfähigkeiten und angewandte Menschenkenntnis.
Die Lösung ergibt sich aus dem Gespräch und kann sehr vielfältig ausfallen: Mediation des internen Konfliktes, Angebot einer Auszeit,etc.
Fehler 2: Bekämpfung von Egoismus
Alle Menschen auf diesem Planeten verhalten sich egoistisch. Punkt.
Dennoch sind wir beruflich und auch privat ständig Zeuge, wie andere dazu aufgefordert werden, weniger egoistisch zu sein und sich doch eher im Sinne der Gemeinschaft einzubringen. Was soll eine solche Aufforderung?
Diese Tatsache ist jedoch weder ein Grund zum Verzweifeln, noch ein Grund den Planeten zu verlassen, denn dieser Charakterzug lässt sich prima in Unternehmen nutzen. Man kann zum Beispiel die Provision der Mitarbeiter weiterhin an die (egoistischen) Interessen einer Abteilung koppeln. Oder es werden Kriterien angelegt, von denen die gesamte Firma profitiert. Kurz: Eine Win-win-Situation schaffen.
In der Praxis kommt solch ein Modell jedoch nur selten vor.
Egoismus macht nämlich keinen Halt vor Führungsetagen, und Firmen können daher den Bereichsegoismus oft nur schwer überwinden.
Handlungsempfehlung
Im ersten Schritt empfiehlt es sich die Brille aufzusetzen, mit der man das große Ganze betrachtet. Das ist die Brille des "Unternehmers". Der Begriff dient lediglich als Platzhalter für denjenigen, der das große Ganze im Blick hat und dafür verantwortlich ist.
Die ersten Auswertungen meiner derzeit laufenden Umfrage (siehe:Systemhäuser ignorieren den Faktor Mensch) bezüglich der verschiedenen Aufgaben eines CEOs - man spricht hier von Rollen - zeigen deutlich: Die so wichtige Rolle als Unternehmer kommt viel zu kurz. Warum das so ist, hat mehrere Gründe. Einer ist, dass auch Top-Manager meist sehr stark operativ eingebunden sind und für die Unternehmer-Rolle schlicht keine Zeit haben.
Können IT-Systeme helfen?
Nehmen wir einmal an, die Rolle des Unternehmers ist optimal besetzt. Wie bekommt der Unternehmer nun einen Überblick über die harten und weichen Faktoren in seiner Firma und deren Wechselwirkungen?
Es gibt einen langen, detaillierten Weg - und wie häufig im Leben eine Abkürzung.
Die detaillierte Lösung ist Dank der Rechenpower von Computer und der IT-Lösungsvielfalt heutzutage hervorragend umsetzbar: Es gibt viele Möglichkeiten, die Prozesse in einem Unternehmen zu erfassen und abzubilden. Anschließend werden softwaregestützte Ursache-Wirkungs-Modellierung anangewendet, indem alle weichen und harten Faktoren identifiziert, ihre Wechselbeziehungen ermittelt und sogar die Zeitkomponente berücksichtigt werden. Wenn das noch nicht reicht, lässt sich anschließend durch Simulationstechnik die Bandbreite der möglichen Ergebnisse und ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten visualisieren.
Für eine mittelständische Firma mit begrenzten Ressourcen ist dieser Lösungsweg nicht empfehlenswert. Zumindest nicht im ersten Schritt, denn der Spielverderber lautet Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.
Als Alternative gibt es eine empfehlenswerte Abkürzung. Diese basiert auf unserer menschlichen Begabung: Wir erkennen Korrelationen mit einer erstaunlichen Treffsicherheit. Ein Zitat eines Vertriebsmitarbeiters in einem Kunden-Workshop: "Mir ist aufgefallen, dass die Produktqualität unseres Hauptlieferanten in ganz bestimmten Wochen des Jahres besonders schlecht ist. Dem bin ich nachgegangen und es hat sich herausgestellt, dass unser Lieferant in diesem Zeitraum den Auftrag eines Großkunden abwickelt. Ich vermute, dass unser Auftrag dann keine hohe Priorität hat."
Das bedeutet: Wenn wir als Unternehmer die richtigen Fragen stellen und unparteiisch sowie interessiert zuhören, erkennen wir beeindruckend schnell die Zusammenhänge. Folgende drei Einschränkungen sollten wir als Zuhörer bei der Verwertung der Antworten berücksichtigen:
Ein Mitarbeiter analysiert nur diejenigen Zusammenhänge besonders treffend, die er als wichtig und interessant einstuft. Über alles andere macht er wilde Mutmaßungen.
Die Antworten sind aufgrund der Bereichsegoismen der Mitarbeiter tendenziell gefärbt und unausgewogen.
Mit unserer Gabe, Korrelationen zu erkennen, geht leider auch ein Fluch einher: Wir haben einen unwiderstehlichen Drang, Korrelationen mit Kausalitäten gleichzusetzen. Daraus werden oft voreilige Schlussfolgerungen abgeleitet. Die daraus resultierenden Maßnahmen können sich dann als falsch und kostspielig erweisen.
Mit ein wenig Übung ergeben die "lektorierten" Antworten der Mitarbeiter jedoch ein grobes, aber recht umfassendes Bild eines Unternehmens. (bw)