Arxes-Chef Bahde zu den knapp 200 Entlassungen: "Musste die Reißleine ziehen"

29.08.2007
Kaum drei Monate im Amt, musste Arxes-Chef Hans-Jürgen Bahde die Entlassung von 170 Mitarbeitern verkünden. ChannelPartner-Redakteur Alexander Roth befragte Bahde zur den Hintergründen.

Seit rund drei Monaten lenkt Hans-Jürgen Bahde die Geschicke des IT-Dienstleisters Arxes. Nun hat der 47-Jährige die Entlassung von 170 Mitarbeitern verkünden müssen. ChannelPartner-Redakteur Alexander Roth befragte Bahde zur den Hintergründen.

Herr Bahde, Sie haben Ende August angekündigt, 170 Ihrer 800 Mitarbeiter zu entlassen. Was veranlasste Sie zu diesem Schritt?

Der neue Arxes-Chef Hans-Jürgen Bahde ist davon überzeugt, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Udo Faulhaber die "volle Rückendeckung" vom Investor Waterland zu haben.

Der Auftrag unseres Großkunden BMW hat sich für uns als nicht mehr wirtschaftlich und defizitär dargestellt. Es waren zwar Verluste aus der anfänglichen Übergangphase einkalkuliert, als wir das Projekt vor einem Jahr vom vorigen Serviceprovider übernommen haben, doch das Ganze dauerte zu lange an. Vor diesem Hintergrund habe ich als neuer CEO den Vertrag außerordentlich gekündigt. Da viele unserer Mitarbeiter sehr stark auftragsbezogen beschäftigt sind, sahen wir uns vor diesem Hintergrund schweren Herzens gezwungen, entsprechende personelle Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen.

Welche Mitarbeiter sind betroffen?

Diejenigen, die "On Site", also vor Ort bei BMW beschäftigt waren. 120 Personen hatten wir in den vergangenen Monaten eigens für dieses Projekt eingestellt. Dazu kommt das Personal, welches direkt mit dem Auftrag zu tun hatte, etwa aus der Planung oder der Steuerung. Da wir einvernehmlich mit BMW gemeinsam einen laufenden Übergang mit einem neuen Serviceprovider anstreben, gehen wir davon aus, dass einige Mitarbeiter auch nahtlos von dem neuen Dienstleister übernommen werden können.

Was lief schief?

Wenn man einen so großen Outsourcing-Deal, der Desktop- und Infrastruktur-Leistungen umfasst, vereinbart, hat man zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht alle Detailinformationen über die Rahmenbedingungen im Blick - beispielsweise was Mitwirkung des Auftraggebers betrifft. Uns lagen einfach nicht alle Informationen vor. BMW ist zudem ein sehr heterogener Konzern - genau im größten Auftragsbereich war die Komplexität zu groß - hier ist es uns auch nach monatelanger Diskussion nicht gelungen, BMW zu überzeugen, die Prozesse so umzustellen, wie es angedacht war und sinnvoll gewesen wäre. Da aber der Auftraggeber weder die vertraglichen Rahmenbedingungen noch die innerbetrieblichen Prozesse anpassen wollte beziehungsweise konnte, musste ich die Reißleine ziehen.

Um welchen Geschäftsbereich von BMW handelt es sich dabei?

Dazu möchte ich keine Angaben machen.

Muss sich Arxes vorwerfen lassen, mit dem BMW-Auftrag den Fehler vergangener Jahre wiederholt zu haben, als man sich immer wieder von Großkunden abhängig machte? Auch wenn das Projekt noch unter Ihrem Vorgänger Udo Faulhaber eingeholt wurde - hätte man nicht gewarnt sein müssen?

Es stimmt, Arxes wollte sich - auch schon vor meiner Zeit - wieder stärker auf den Mittelstand konzentrieren. Ich sehe hier jedoch keinen Konflikt: Die Neuausrichtung auf mittelständische Kunden besagt ja nicht, dass man nicht auch Großkunden bedienen kann. Meine Strategie lautet jedoch, den Mittelstand noch deutlich stärker und konsequenter anzugehen, als es vielleicht in der Vergangenheit der Fall war.

Können Sie das konkretisieren?

Wir wollen nicht in den ganz großen Outsourcing-Projekten unterwegs sein, das ist nicht der primäre Fokus von Arxes. Unsere Kernkompetenz sehen wir in mittelständischen Firmen mit 50 bis 100 Mitarbeitern in der IT. Meine Aufgabe für die nächsten Monate sehe ich darin, das Portfolio und die Prozesse von Arxes noch konsequenter auf dieses Marktsegment auszurichten.

War die strategische Neuausrichtung der Grund, warum Sie der Arxes-Finanzinvestor Waterland an Bord holte?

Nein, ich wurde nicht speziell für einen Strategiewechsel geholt. Halten wir es allgemein: Ich bin gekommen, um Arxes in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

Die Arxes auch benötigt: Ihr Unternehmen schreibt seit einigen Quartalen regelmäßig rote Zahlen. Darüber hinaus haben Sie vor einigen Wochen verkündet, dass Arxes entgegen der ursprünglichen Prognose auch in diesem Jahr Verluste einfahren wird.

Wir wollen noch in diesem Jahr den Turnaround schaffen. Wie wir bereits angekündigt haben, lautet unser Ziel, bereits im kommenden Jahr einen positiven einstelligen EBIT-Millionen-Betrag zu erzielen.

Wie wollen Sie das schaffen?

Ein Unternehmen wie Arxes, das über 20 Jahre organisch und anorganisch gewachsen ist, birgt eine Menge Optimierungspotentiale, die es zu identifizieren gilt. Ich bin jetzt seit drei Monaten an Bord. Ich habe in dieser Zeit in Absprache mit dem Aufsichtsrat und dem Investor ein Turnaround-Programm aufgestellt, welches zum einen Kostensenkungen und zum anderen die Refokussierung auf den Mittelstand vorsieht.

"Dienstleister für den Mittelstand" hört sich gut an, klingt aber doch sehr allgemein. Wie wollen Sie sich konkret gegenüber dem Kunden positionieren?

Unser Fokus liegt im Managed-Service-Bereich. Das allein reicht jedoch nicht mehr aus, um nachhaltig profitabel wachsen zu können. Es ist sehr wichtig, auch daran zu arbeiten, die IT-Betriebskosten des Kunden zu senken. Als erste Konsequenz sinkt zwar damit auch das bei uns eingehende Auftragsvolumen, dagegen profitieren wir von zusätzlichen "Professional Services", die aus IT-Betriebsoptimierungsprojekten, Beratungen zu ITIL-Implementierung und Projektmanagement-Methodiken resultieren.

Wie funktioniert modernes Outsourcing à la Arxes?

Wir richten auf Arbeitsplätzen einen so genannten "Managed Desk" ein. Dieser beinhaltet sowohl den Client mit Netzwerkanbindung als auch die Sprachkomponente. Die Konvergenz, also das Zusammenwachsen von Sprache und Daten, wird von unserem Wettbewerb noch nicht in der Konsequenz angeboten, wie die Marktanforderungen danach rufen. Meine Expertise aus dem VoIP-Umfeld (als ehemaliger Avaya-Tenovis-Geschäftsführer, Anm. der. Red.) hilft mir dabei, den Vorsprung von Arxes zu erarbeiten und zu halten.

Im Februar 2007 verließ die alte Führungsriege um Udo Faulhaber und Jürgen Peter Arxes, weil sie sich offensichtlich mit dem Finanzinvestor Waterland nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen konnten. Wie groß ist ihr Entscheidungsrefugium?

Waterland und insbesondere der Aufsichtsrat hat mir die volle Rückendeckung und Freiheit für das Erstellen meines Turn-Around-Programms gegeben. (aro)