Arrow ECS-Manager im Interview

"Arrow wird zum Aggregator für Cloud Services"

25.01.2012
Arrow will künftig nicht nur eine führende Rolle im Geschäft mit Virtualisierung, Datacenter und Cloud Computing spielen, sondern in Europa auch weitere Value Distributoren übernehmen. Was konkret geplant ist, erläutern Laurent Sadoun, EMEA-President, und Jesper Trolle, Vice President Zentral und Osteuropa bei Arrow ECS im Exklusiv-Interview mit ChannelPartner.
Jesper Trolle (li.), Vice President Zentral und Osteuropa, und Laurent Sadoun, EMEA-President von Arrow ECS
Foto:

Arrow will künftig nicht nur eine führende Rolle im Geschäft mit Virtualisierung, Datacenter und Cloud Computing spielen, sondern in Europa auch weitere Value Distributoren übernehmen. Was konkret geplant ist, erläutern Laurent Sadoun, EMEA-President, und Jesper Trolle, Vice President Zentral und Osteuropa bei Arrow ECS im Exklusiv-Interview mit ChannelPartner.

Im September hat Arrow den Ettlinger LWP übernommen. Wie ist der aktuelle Status der Integration?

Jesper Trolle: LWP arbeitet im Moment nach wie vor als eigenständige Organisation. Selbstverständlich profitieren wir bereits von den Synergien, insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Citrix. Wir sind außerdem dabei, unsere Vermarktungs-Strategien konzernweit aufeinander abzustimmen. Über LWP konnten wir unser Know-how rund um Citrix weiter vertiefen, viele zusätzliche qualifizierte Service- und Consulting-Mitarbeiter und vor allem im SMB-Bereich zahlreiche neue Partner gewinnen. Ein weiterer Vorteil: Mit LWP haben wir eine weiteren Standort in Deutschland gewonnen.

Werden Sie das LWP-Team an den Arrow-Hauptsitz nach Fürstenfeldbruck verlagern?

Trolle: Auf keinen Fall. Die Niederlassung wird in Ettlingen bleiben. Es ist für uns ein Vorteil, weil wir für Arrow nun in Deutschland an einem weiteren Standort Mitarbeiter und Talente rekrutieren und beschäftigen können. Das ist für unser weiteres Wachstum unerlässlich. Umgekehrt eröffnen wir dem LWP-Team viele Möglichkeiten, die es aus eigener Kraft nicht realisieren könnte. Zum einen durch den Zugriff auf ein erweitertes Portfolio, das viele der LWP-Partner zu schätzen wissen. So haben wir beispielsweise mit Hochverfügbarkeits-Spezialist Stratus, einem Hersteller aus dem LWP-Sortiment, und IBM, einem Herstellerpartner von Arrow, eine Bundle-Lösung entwickelt, die vom Markt sehr gut angenommen wird. Das ist ein Beispiel dafür, wie schnell und pragmatisch alle Beteiligten von der Integration des Portfolios profitieren können. Zum anderen bieten wir den LWP-Mitarbeitern größere Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven. Auch hinsichtlich der Nähe zu den lokal ansässigen Partnern sehen wir darin einen großen Vorteil.

Laurent Sadoun: Aus europäischer Perspektive zeigt die Akquisition und die Integration von LWP, welche Bedeutung wir dem Deutschland-Geschäft beimessen. Und sie signalisiert und bestätigt, dass wir bei der Konsolidierung des Markts im Bereich Value Added Distribution eine aktive Rolle übernehmen - in Deutschland ebenso wie europaweit - und dass wir unsere Skills weiter europaweit skalieren, vertiefen und weiterentwickeln werden, vor allem beim Thema Desktop-Virtualisierung.

Was meinen Sie konkret mit "Skalierung der Skills" im Bereich Desktop-Virtualisierung?

Sadoun: Wir sind dabei, ein europäisches "Center of Excellence" einzurichten. Im Bereich Desktop-Virtualisierung läuft das bereits, und wir werden dieses Konzept kontinuierlich auf weitere Themen ausdehnen. Denn das erlaubt uns, die Erfahrungen, Kenntnisse und Best-Practice-Modelle eines Landes auf alle anderen zu übertragen. Im Bereich Security beispielsweise werden Best-Practice-Konzepte aus Österreich jetzt schrittweise auf die anderen Länder ausgerollt - allerdings immer angepasst an die lokalen Besonderheiten. Das heißt, wir werden weiterhin die lokalen Teams mit zahlreichen Programmen stärken - in allen Bereichen.

LWP bringt unter anderem die Lösungen von Igel, Stratus, Gemalto mit in die Ehe ein. Konnte Arrow Deutschland diese Verträge alle übernehmen?

Jesper Trolle, Vice President Zentral und Osteuropa bei Arrow ECS
Foto:

Trolle: Es zutreffend, dass LWP einige Hersteller-Verträge mitbringt, die Arrow in Deutschland bislang noch nicht im Portfolio hatte. Mit den meisten von ihnen jedoch arbeitet Arrow in vielen europäischen Ländern bereits seit vielen Jahren zusammen - beispielsweise mit Igel in den nordischen Ländern. Generell evaluieren wir selbstverständlich die Hersteller-Landschaft sehr aufmerksam, um unser bestehendes Portfolio und Eco-System weiter abzurunden, insbesondere im Hinblick auf Citrix.

Wie will sich Arrow ECS im Markt für Cloud Computing positionieren: Werden Sie eine Plattform entwickeln, über die Ihre Reseller On-Premise- und Cloud-Angebote unterschiedlicher Anbieter zentral beziehen, verwalten und abrechnen können?

Trolle: Wir haben sehr viel in die unterschiedlichen Business Units investiert, waren einer der ersten Cloud-zertifizierten IBM-Anbieter weltweit, haben herstellerübergreifende, integrierte Cloud-Lösungen für SMB-Kunden entwickelt, basierend auf Citrix, Netapp und IBM - das CNI-Bundle, haben sehr erfolgreich Cloud-Roadshows durchgeführt und unsere Partner ausgebildet.

Laurent Sadoun, EMEA-President von Arrow ECS
Foto:

Sadoun: Die gesamte Branche versucht gerade herauszufinden, welche Rolle die einzelnen Channel-Beteiligten in der Cloud spielen werden. Sie können damit rechnen, dass wir hier in Kürze für unsere Partner noch in diesem Jahr konkrete, klar definierte und verlässliche Programme anbieten werden.. Wir halten aber nichts davon, darüber zu sprechen, ehe sie tatsächlich verfügbar sind. Bloße Marketing-Ankündigungen sind nicht unser Stil.

Wie stark verdrängt das Cloud-Business das traditionelle Transaktions-Geschäft?

Trolle: Auch im Zeitalter des Cloud-Computing wird es einen großen Markt für das traditionelle Transaktions-Geschäft geben. Meines Erachtens sind es die Public-Cloud-Angebote, die die Spielregeln für den gesamten Channel verändern - und überwiegend sind es Anwendungen wie zum Beispiel Reisekostenabrechungen, generell alles, was nicht IP-bezogen ist. Kunden wollen diese IP-bezogenen Dienste bislang nicht in die Public Cloud auslagern. Vor allem für kleine Unternehmen sind diese nicht IP-basierten Art von Cloud-Applikationen sicherlich interessant. Die große Chance für Vertriebspartner liegt aber sicherlich in der Private Cloud, denn hier behält der Kunde die Kontrolle über seine Infrastruktur und die Daten. Und exakt mit Lösungen für die Private Cloud, also für virtualisierte Infrastrukturen, beschäftigt sich Arrow bereits seit fünf bis zehn Jahren. Jetzt geht es darum, diese virtualisierten Infrastrukturen weiterzuentwickeln in Richtung Interne Private Clouds, die es ermöglichen, Ressourcen zu teilen, unterschiedlichste Dienste miteinander zu verknüpfen etc., kurzum die Basis, um Cloud-Services anzubieten. Aber um diese Interne Private-Cloud-Architekturen aufzubauen, braucht man nach wie vor zahlreiche Produkte. Deshalb wird die Cloud unser bisheriges Geschäft nicht ersetzen.

Sadoun: Der Wandel hin zur Cloud wird sich sicherlich nicht über Nacht vollziehen, aber wir stehen an der Schwelle zu dieser Ära. Der Endkunde will eine Lösung, er will möglichst wenig Geld für die Integration, die Infrastruktur und das Management ausgeben, er will Flexibilität. Deshalb wird die Nachfrage nach SaaS nachhaltig erfolgreich sein. Wir haben mehr als 200 unserer europäischen VAR-Vertriebspartner befragt, wie sie das Thema Cloud bewerten und wie sie sich positionieren wollen. Das Ergebnis: 7 Prozent haben in die nötige Infrastruktur investiert und vermarkten bereits Cloud-Angebote. 20 Prozent erkennen in der Cloud ein mögliches Risiko. Und 70 Prozent sagen, die Cloud ist eine echte Geschäfts-Chance. Die meisten von ihnen betrachten Arrow als den Partner, der ihnen hilft, Cloud-Services aufzubauen.

Wie werden Sie diese Partner auf dem Weg in die Cloud ganz konkret unterstützen?

Sadoun: Wir werden diese Partner bei der Ausbildung, beim Aufbau ihrer Cloud-Architekturen und vielem mehr unterstützen - und wir werden die nötigen Schulungen, die erforderlichen Tools und 2012 den Resellern auch eine Plattform zur Verfügung stellen, und damit die Rolle eines Cloud-Services-Aggregator übernehmen. Denn wir werden am Markt unterschiedlichste Szenarien, einen Mix aus On-Premise-, Public- und Private-Cloud-Angeboten sehen. Wir ermuntern und unterstützen unsere Reseller dabei, Skills aufzubauen, um diese Cloud-Services vermarkten zu können.

Wird Arrow als Teil diese Cloud-Service-Aggregator-Plattform auch ein Rechenzentrum betreiben, auf das Partner zugreifen können, um Cloud-basierte Dienste anzubieten?

Sadoun: Zu den Details dieses Plattform-Konzepts werden wir in Kürze Stellung nehmen. Klar ist, dass die IT- und die Telco-Welt im Zuge des Cloud-Computings zusammenarbeiten oder teilweise verschmelzen wird. Infolgedessen werden wir sicherlich neue Arten von Kunden erreichen. Für Value-Partner und Value-Distributoren ist das eine riesige Chance, denn die Hersteller werden auch künftig einen Channel benötigen, der den Endkunden zusätzliche Mehrwerte erbringt.

Sie hatten angekündigt, in den Bereich NetApp investieren zu wollen. Was hat sich hier inzwischen getan?

Trolle: Wir haben gezielt in diesen Bereich investiert: Das Netapp Team ist jetzt rundum zertifiziert, um das komplette Netapp Portfolio, von den Einstiegs- über die Enterprise- Produkte bis hin zum Metro Cluster zu installieren und unseren Partnern damit zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen. Im vierten Quartal 2011 ging außerdem das neue Arrow ECS Storage-Excellent-Programm "STEP" an den Start. Es ermöglicht Vertriebspartnern, in vier Schritten die Netapp Zertifizierung erfolgreich zu absolvieren. Das Programm umfasst ein sechsmonatiges Gesamtpaket aus Zertifizierungen, Vertriebstrainings, technischer Ausbildung und Kunden-Veranstaltungen, die wir mit dem Partner gemeinsam durchführen, sowie Workshops und Lead-Generierung. Im Rahmen der "1-Step-Ahead-Initiative” belohnen wir obendrein den Partner mit der besten Performance, der besten Projekt-Registrierung und für die beste Geschäftsentwicklung. So führen wir unter anderem Telemarketing-Aktivitäten mit diesen Top-Partnern durch und unterstützen sie bei Endkunden-Veranstaltungen, die vom Arrow- und Netapp Team organisiert werden. Ergänzend trägt das NetApp/Citrix-Programm "Desktop Virtualisation Specialisation” dazu bei, Netapp Partner für den Verkauf des Citrix-Portfolios fit zu machen und umgekehrt. Ähnliche Programme bieten wir auch VMware Partnern, die ins Storage-Business einsteigen wollen.

(rb)