Von Antennagate bis Bendgate

Apples größte iPhone-Fails

25.10.2023 von Stephan Wiesend
Wir blicken auf Apples größte iPhone-Fails zurück – und klären auf, was aus ihnen wurde.
Bereits das iPhone 4 hatte eine kleine Macke. Wirklich bekannt wurde Antennagate erst durch Steve Jobs Reaktion darauf.
Foto: 2014

Wenn Apple ein neues Produkt vorstellt, erwarten alle iPhone-Fans ein erstklassiges Smartphone mit wegweisenden Funktionen. Oft finden aber IT-Journalisten, Erstkäufer und Youtuber allerdings schon nach wenigen Tagen eine Schwäche des neuen Gerätes, die den Kauf undenkbar macht: Ein sogenanntes "Gate", wie es in Anlehnung an den Watergate-Skandal genannt wird.

Auch beim iPhone 15 Max wurden zuletzt gleich mehrere mögliche Schwächen identifiziert - neben einer Tendenz zur Überhitzung soll etwa die Rückseite leicht splittern, wenn man etwas Druck auf das Gerät ausübt (Bendgate). Wie der Rückblick zeigt, sind diese iPhone-Gates aber mit etwas Vorsicht zu betrachten und werden von Apple schnell behoben.

Antennagate

Die eigentliche Geburtsstunde der iPhone-Gates war das Erscheinen des iPhone 4. Dieses Modell hatte nämlich ein kleines Problem. Das 2010 vorgestellte iPhone-Modell erhielt nämlich nicht nur ein neues, eckiges Design, sondern unterstützte erstmals das damals brandneue 4G-Funknetz. Schon bald zeigte sich die Macke: Hielt man das "thinnest smartphone on the planet" auf eine bestimmte Weise, störte dies den Empfang.

Das war eindeutig die Schuld von Apple. Da der Metallrahmen als Antenne diente, konnte eine bestimmte Handhaltung, der "grip of death", tatsächlich den Empfang stören. Fast noch bekannter als dieses Antennengate wurden allerdings Steve Jobs erste Kommentare zu dem Thema. Gegenüber Ars Technica behauptete er "All phones have sensitive areas" und in einer E-Mail schlug er vor, das Smartphone einfach nicht so zu halten: "Just avoid holding it in this way." (Das oft Jobs zugeschriebene Zitat "you hold it wrong" stammt eigentlich nicht von Jobs, sondern von Engadget).

Apple reagierte schnell mit einer Pressekonferenz, auf der Steve Jobs persönlich anwesend war. Der Konzern versprach allen US-Kunden eine Schutzhülle, die das Problem löste. Eine echte Entschuldigung war diese Veranstaltung aber eigentlich nicht, wenn man bedenkt, wie gereizt Jobs die Hintergründe und technischen Probleme erklärte.

Aus Sicht einer Krisen-PR war Steve Jobs Auftritt wohl ein Fehler - und sollte sich nicht wiederholen. Bei folgenden Problemfällen setzte Apple lieber auf einfache Pressemitteilungen in Textform. In der Praxis tat dieser Vorfall dem Erfolg des iPhone 4 übrigens keinen Abbruch. Mit dem iPhone 4S wurde das Problem wohl endgültig behoben.

Bendgate

Das neue iPhone 6 kam im Jahr 2014 mit einem völlig neuen Gehäuse und war deutlich größer und flacher als sein Vorgänger iPhone 5S. Mit dem Zusatzmodell iPhone 6 Plus gab es sogar erstmals ein noch größeres Modell, mit einem damals ungewöhnlich großen 5,5-Zoll-Display. Leider stellten bald viele Käufer fest, dass sich das flache und lange Gehäuse schnell verbog - etwa, wenn man das iPhone in der Gesäßtasche transportierte.

Wie leicht sich das iPhone-Gehäuse verbiegen ließ, konnte man zudem bald in einer Reihe von Youtube-Videos - ein Video des Youtube-Kanals Unbox Therapy hat bisher übrigens 75 Millionen Aufrufe.

Beim iPhone 6 setzte Apple auf eine andere Strategie als beim iPhone 4-Fiasko und blieb einfach stur. Bei normaler Nutzung gäbe es keine Probleme, so das Unternehmen. Auch eine Klage eines verärgerten Nutzers blieben ohne Erfolg, obgleich hier im Rahmen der juristischen Auseinandersetzung ein interessantes Detail bekannt wurde. Apple soll wohl schon bei der Vorstellung gewusst haben, dass das iPhone 6 Plus zu einfach zu verbiegen war.

Wie Gerichtsunterlagen zeigten, konnte Apple dies sogar beziffern: Im Vergleich zum iPhone 5S würde sich ein iPhone 6 3,3 Mal öfter verformen, beim iPhone 6 Plus war die Rate doppelt so hoch - 7,2 Mal öfter konnte sich das Gerät im Vergleich zum iPhone 5S verbiegen. Nicht ohne Berechtigung blieb Apple aber dabei, dass das Plus bei "normaler Nutzung" nicht beschädigt würde.

Fast schon ein nachträgliches Schuldeingeständnis: Beim nächsten Modell iPhone 6s veränderte Apple das Aluminiumgehäuse leicht, sodass die Außenhülle stabiler wurde. Im Inneren wurden an den Sollbruchstellen sogar Titanstreifen eingesetzt. Der Nachfolger wurde dadurch minimal dicker, dafür schienen die Bendgate-Probleme behoben zu sein. Nicht ohne Grund gewöhnten sich viele Käufer damals daran, dass man besser auf die "S-Modelle" wie iPhone 4s und iPhone 6s warten sollte.

Mit diesem Biege-Problem scheint auch ein weiteres Problem der iPhone 6 Plus zusammenzuhängen. Bei diesen Modellen trat nämlich häufiger der Ausfall von Display und Touch-Modul auf, was ein eigenes Reparatur-Programm von Apple bestätigt hat. Zumindest das iPhone 6 wurde aber ein riesiger Erfolg - trotz Bendgate.

iPhone 7

Das iPhone 7 hatte eigentlich wenig Neues zu bieten, abgesehen von der fehlenden Kopfhörerbuchse. Beeindruckend war allerdings eine neue Farboption, die Phil Schiller stolz präsentierte: "Diamantschwarz". Dabei handelte es sich um ein besonders aufwendig poliertes Schwarz, das wunderschön glänzte. Dafür wurden die Geräte in neun Stufen eloxiert und poliert. Die Spezialfarbe konnte nur bei iPhones mit höheren Speichergrößen bestellt werden.

Wie Benutzer allerdings bald feststellten, war diese Farbvariante extrem anfällig für Kratzer. Wie Käufer berichteten, traten sie manchmal sogar schon beim Auspacken auf. Darauf reagierte Apple leider nur mit einer "Warnung" und der Empfehlung, eine Schutzhülle zu nutzen:

"Das glänzende Finish des iPhone 7 in Diamantschwarz ist das Resultat eines Prozesses, bei dem in neun Stufen eloxiert und poliert wird. Die Oberfläche ist genauso hart, wie bei anderen eloxierten Apple Produkten. Dennoch können mit der Zeit winzige Abnutzungserscheinungen sichtbar werden. Um dem vorzubeugen, empfehlen wir, eines der vielen verfügbaren Cases zu verwenden, mit denen das iPhone geschützt werden kann."

Was uns damals dann doch überraschte: Sogar die Nutzung einer Schutzhülle brachte keine komplette Abhilfe. Auch eine herkömmliche Schutzhülle konnte Kratzer verursachen, da die minimale Reibung die Farbe beschädigte. Die neue Farbvariante wurde nie wieder angeboten.

ChargeGate?

Unter den iPhone-Fails gibt es auch eine Art "Rohrkrepierer", iPhone-Gates mit sehr kurzer Lebenserwartung, die schon bald vergessen sind. So gab es beim Release des iPhone XS das sogenannte "Charge-Gate". Laut Berichten sollten die neuen iPhone-Modelle ein Ladeproblem haben. Sie würden nicht laden, obwohl man sie per Lightning-Kabel mit einem Ladegerät verbunden habe. Wie zu erwarten, war dies nur ein Fehler des neuen iOS 12 und wurde mit Version iOS 12.0.1 recht zügig behoben.

Bei diesem Vorfall zeigte sich aber, wie wichtig das Thema "iPhone-Gate" geworden war. iPhones waren vorwiegend für Youtuber ein wichtiges Thema - insbesondere kleine Probleme wurden gerne etwas "aufgeblasen", wie der Beitrag von Unbox Therapy zeigt.

BatteryGate und unerwartete Ausschaltungen

Schon immer gab es Spekulationen, Apple würde alte iPhones "ausbremsen" und damit zum Kauf neuer Modelle animieren. Das klingt zwar nach einer Verschwörungstheorie, hat aber einen wahren Kern, wie Apple 2017 zugeben musste. Damals wurde nämlich bekannt, dass Apple bei einem iPhone mit schwachem Akku die Leistung reduziert. Eine CPU kann dann nicht mehr kurzzeitig mit voller Taktung laufen, was etwa zu einem lahmerem Aufbau von Webseiten oder verlangsamten Reaktionen bei aufwendigen Apps führt.

Dies hat eigentlich einen technischen Grund: Ist ein Akku sehr schwach, wird dieser von hohen CPU-Taktungen überfordert und das Gerät stürzt ab. Diese unerwarteten Ausschaltungen von iPhones waren schon länger ein Problem und offenbar auf schwache Akkus zurückzuführen. Ein gutes Bild gab Apple bei diesem Vorfall leider nicht ab - schließlich hätte Cupertino das Problem mit den Akkus schon viel früher erklären können.

Apple glättete die Wogen mit einem relativ günstigen Austauschprogramm für Akkus: für 29 Euro konnte jeder einen zu schwachen Akku austauschen. Zusätzlich führte Apple eine neue Systemfunktion ein, man kann seitdem in den Einstellungen unter "Batterie" nachprüfen, ob ein Akku die sogenannte "Hochleistungsfähigkeit" (also volle CPU-Leistung) unterstützt.

Service-Programme für iPhone 12

Nicht immer wird eine Schwäche eines iPhones sofort erkannt: Erst ein Service-Programm von Apple macht Nutzer oft auf eine Schwäche des Modells aufmerksam. So haben nämlich auch das iPhone 12 und das iPhone 12 Pro eine kleine Schwachstelle: Bei einigen Geräten, die zwischen Oktober 2020 und April 2021 hergestellt wurden, kann der Ton ausfallen. Schuld ist ein fehlerhaftes Modul, das bei vielen Geräten verbaut wurde. Bei betroffenen Geräten wird die Reparatur kostenlos durchgeführt.

Im Rampenlicht

Es ist nicht ungewöhnlich, dass technische Produkte Fehler aufweisen, manchmal durch neue Software, manchmal durch Hardware-Fehler. Bei Apples iPhone kommt schließlich oft erschwerend hinzu, dass mit den neuen iPhones auch ein neues Betriebssystem eingeführt wird. So sollen die Überhitzungsprobleme etwa durch die neueste Version von iOS 17 bereits behoben sein.

Das Thema "Apple-Gate" hat zudem in den letzten Jahren in den Medien ein Eigenleben entwickelt. So gibt es doch kaum eine bessere Möglichkeit, schnell Aufmerksamkeit zu erregen, als durch Fehler des neuen iPhones.

Nach einiger Zeit bleibt aber oft kaum noch etwas von den Vorwürfen übrig, die zugegeben oft etwas übertrieben sind. Auch andere Apple-Produkte sind mittlerweile von diesen Vorwürfen betroffen. So ist laut Youtube der Kauf das neue Apple Studio Display völlig undenkbar, da das Stromkabel nicht einfach abnehmbar ist. Nicht zuletzt mache der Homepod sehr hässliche Ringe auf Holztischen.

Diese Übertreibung hat aber auch positive Seiten: Es gibt wohl kein anderes Gerät, das schon kurz nach Erscheinen derart auf Herz und Nieren getestet wird. Schon nach wenigen Wochen ist jede Schwäche aufgedeckt und nur selten gibt es danach noch Überraschungen - allein die große Nutzerzahl ist ein Garant, dass sich Apple hier wenig Fehler erlauben kann: US-Käufer gelten als äußerst klagefreudig. Macken eines neuen Xiaomi- oder Samsung-Smartphones werden viele dagegen wohl oft erst nach dem Kauf feststellen.

Apples Umgang mit den verschiedenen Problemen hat sich bis heute auf jeden Fall verändert. So ist es aktuell wohl nicht mehr üblich, dass ein CEO auf eine Bühne tritt und ein technisches Problem erläutert. Heute setzt der Konzern lieber auf spröde Erklärungen und Pressemitteilungen - was wir eigentlich sehr schade finden. (Macwelt)