"Autofahrer dürfen ihr Handy oder Smartphone während der Fahrt nicht in den Händen halten. Sie dürfen es auch nicht aufnehmen um zu sehen, wer gerade angerufen hat. Steckt das Gerät in einer Halterung, darf man rein rechtlich gesehen auf die Tasten oder das Display drücken, selbst wenn man faktisch dadurch abgelenkt wird", erläutert Roman Langer, Fachanwalt für Verkehrsrecht und ADAC-Vertragsanwalt in München.
Und was ist mit Smartwatches? Bislang gibt es noch keine Gerichtsentscheidung zu diesem Thema. Fachanwalt Roman Langer differenziert hier zwischen Smartwatches mit integrierter SIM-Karte (Beispiel Android Gear S) oder ohne eigene SIM-Karte wie die Apple Watch. "Eine Smartwatch mit SIM-Karte stellt im Prinzip ein Mobiltelefon dar."
Sofern der Fahrer die Smartwatch nicht in der Hand hält, sondern am Arm trägt, dürfte die Nutzung rechtlich erlaubt sein, es sei denn der Fahrer muss die Uhr beim Telefonieren zu nah an sein Gesicht führen und wäre dadurch in seiner Sicht beeinträchtigt." Smartwatches ohne SIM-Karte sieht er lediglich als Erweiterung zum Smartphone - und daher wegen des Analogieverbots als legal an. Die potenzielle Gefährdung der Verkehrssicherheit stehe aber auf einem anderen Blatt.
Weitere Infos, was im Auto (nicht) erlaubt ist, finden Sie in unserem Artikel Smartphone, Smartwatch & Co. im Auto. Doch welche Erfahrungen haben wir mit der Apple Watch unterwegs im Auto gemacht?
Lenken schaltet die Watch ein
Wer viele Stunden am Tag Auto fährt, dem könnte der Akku der Watch schneller ausgehen. Beim Abbiegen in der Stadt oder auf Kurven mit engem Radius auf Landstraßen schaltet sich fast jedesmal das Display der Watch ein. Besonders bei Nachtfahrten nervt das ständige Aufblender der Watch schnell.
Wer die Hände am Lenkrad in korrekter Zehn-vor-zwei-Stellung oder Viertel-vor-drei-Stellung (favorisiert von Walter Röhrl) hat, der "simuliert beim Lenken nach rechts die typische Handgelenksbewegung, die beim Schauen auf die Watch stattfindet. Zwar lässt sich auf der Watch oder dem iPhone in der Watch-App die Handgelenkerkennung deaktivieren, doch dann geht der Sinn einer Smartwatch ein Stück weit verloren. Gerade das automatische Anzeigen der Uhrzeit oder neuer Ereignisse beim Drehen des Handgelenks macht die Watch "smart".
Im Video: Apple Watch im Langzeit-Test
Zum Video: Apple Watch im Fahrzeug
Mit kurzem Blick informiert
Sehr praktisch und bequem ist durch die Handgelenkerkennung der schnelle Blick auf neue Ereignisse. Trifft eine Nachricht auf der Watch ein, so genügt ein kurzes Drehen des Handgelenks und man sieht sofort den Anfang des Inhalts. Bei E-Mails zeigt die Watch beispielsweise die Betreffzeile und je nach dessen Länge noch den Anfang des Inhalts. Wer beispielsweise viel auf der Autobahn mit lässigem Auflehnen des linken Ellenbogens auf der oberen Türverkleidung fährt, braucht die Hand nicht vom Lenkrad nehmen - einfach kurz den Arm drehen.
Der Blick auf die Watch lenkt natürlich trotzdem vom Straßenverkehr ab, allerdings deutlich weniger als wenn das Smartphone in die Hand genommen wird.
Bedienung mit Handschuh möglich
Wer gerne mit Autofahrerhandschuhen fährt oder im Winter gegen kalte Finger leicht gefütterte Lederhandschuhe überstülpt, der tut etwas für mehr Verkehrssicherheit! Denn die Touchscreens der meisten Smartphones reagieren nicht auf Berührungen mit Handschuhen. Ausnahmen bilden Outdoor-Geräte wie ein Caterpillar CAT S50. Beim Fahren mit Handschuhen kommt man also viel weniger in die Versuchung, bei eingetroffenen Nachrichten nach dem Smartphone zu greifen.
Im Gegensatz zum iPhone lässt sich das Display der Apple Watch aber auch mit einem Autofahrerhandschuh aus beispielsweise hochwertigem Peccary-Leder bedienen. Doch auch hier sei wieder auf die Ablenkung vom Straßenverkehr hingewiesen. Der Sicherheit zuliebe sollte die Hand weg von der Watch bleiben.
Siri im Auto nur bedingt nutzbar
Die Apple Watch lässt sich wie das iPhone per Siri bedienen. Praktischerweise funktioniert das ohne Berührung der Watch. Es genügt das Drehen des Handgelenks, so dass die Watch ihr Display einschaltet. Jetzt kann über den Sprachbefehl "Hey Siri" eine ein Kommando abgegeben werden.
Die Krux bei der Bedienung der Watch per Siri im Auto liegt aber im Detail. Typischerweise eignet sich Siri sehr gut, um schnell eine Nachricht per Sprache zu versenden. Das funktioniert mit dem iPhone sehr gut, insbesondere wenn es mit der Freisprecheinrichtung des Autos verbunden ist - dann werden das Mikrofon und die Lautsprecher des Fahrzeugs genutzt. Der einzige Nachteil ist gleich am Anfang: man muss mit dem Finger auf die Home-Taste länger drücken, um Siri zu aktivieren, was eine Ablenkungsgefahr im Straßenverkehr ist. Jetzt hört Siri zu und man sagt beispielsweise "Nachricht an Bernhard Haluschak schicken". Nun frägt Siri nach, was man dem Kontakt sagen will. Nach dem Diktat der Nachricht will Siri wissen, ob die Meldung verschickt werden soll. Passt alles, genügt ein "Ja". Alles funktioniert mit akustischen Rückmeldungen und ohne weitere Berührung.
Bei der Apple Watch ist es leider genau anders. Genügt ein "Hey Siri" zum Aktivieren des Dienstes, so muss letztendlich für das Versenden der Nachricht wieder auf das Display getippt werden. Akustische Rückmeldungen gibt es von der Watch ebenfalls nicht. Will man sicher sein, ob Siri auch wirklich den richtigen Kontakt ausgewählt hat, so muss doch wieder auf das Display geschaut werden. Insgesamt bietet das iPhone trotz notwendigen Tastendruck zum Start von Siri mehr Komfort im Auto als die Watch. Wer sich den Tastendruck auch beim iPhone sparen will, muss das Smartphone nur an ein Ladekabel im Auto stecken - jetzt funktioniert ebenfalls der Befehl "Hey Siri".
Telefonieren über die Watch
Über Apples Watch lässt sich bei gekoppeltem iPhone telefonieren. Das Anrufen geht sehr einfach über die App Telefon oder durch Druck der Seitentaste; hier gibt es einen Schnellzugriff auf favorisierte Kontakte. Außerdem kann man bequem per Sprachbefehl wie "Hey Siri rufe Bernhard Haluschak an" telefonieren. Die Sprachqualität über das Mikrofon und den Lautsprecher der Watch ist bei leiser Umgebung in Ordnung.
Beim Autofahren muss man sich die Watch allerdings ans Ohr halten, will man den Gesprächspartner vernünftig verstehen. Was im Notfall mal machbar ist, ist im Alltag allerdings inakzeptabel. Besonders schade ist, dass der Start eines Telefongesprächs über die Watch nicht mit der Freisprecheinrichtung funktioniert, mit der das iPhone verbunden ist. Im Test mit einem Jaguar XK koppelten wir ein iPhone 6 via Bluetooth mit dem Fahrzeug. Jetzt lassen sich natürlich über den Touchscreen des Infotainmentsystems Telefonanrufe starten.
Praktisch wäre aber das Initiieren des Anrufs direkt per Sprache über die Watch; die Hände können am Lenkrad bleiben. Die Watch lässt sich allerdings nicht mit dem Jaguar XK koppeln. Auch scheint die Watch nicht zu prüfen, ob das iPhone mit einer Freisprecheinrichtung verbunden ist, um dann entsprechend Mikrofon und Lautsprecher des Fahrzeugs zu nutzen. Im getesteten Szenario eignet sich die Watch damit nicht für das bequeme Starten von Anrufen.
Fazit: Watch im Fahrzeug
Die Frage, ob die Apple Watch beim Autofahren für mehr Sicherheit durch weniger Ablenkung sorgt, lässt sich bei "Smartphone-Junkies" mit Ja beantworten. Neue Nachrichten sieht man durch einen kurzen Schwenk des Handgelenks, die Hände können dabei am Lenkrad bleiben. Der Griff nach dem Smartphone erübrigt sich; abgesehen davon ist das während des Fahrens eh nicht erlaubt.
Etwas nervig ist insbesondere bei Nachtfahrten, dass sich das Display der Watch bei Lenkbewegungen schnell einschaltet. Kurvige Fahrten zehren außerdem an der Akkukapazität der Watch.
Wünschenswert wäre eine bessere Unterstützung von Freisprecheinrichtungen in Fahrzeugen sowie mehr Siri-Befehle, die keine Interaktion mit dem Display erfordern. (cvi)