Mit Apple Pay ist kontaktloses Bezahlen plötzlich in aller Munde. Noch kann man hierzulande jedoch nicht mit seinem iPhone zahlen. Und das, obwohl Bargeld in Deutschland längst nicht mehr die Stellung hat wie noch vor einigen Jahren. Der Handel ist ebenfalls gut vorbereitet. Dennoch dürfte es dauern, bis Apple Pay in Deutschland eingeführt wird. Zunächst müssen unter anderem die Banken mitspielen.
Bis vor Kurzem waren lediglich rund 60.000 der deutschlandweit 800.000 Bezahlterminals für kontaktloses Bezahlen bereit. Doch seitdem die Discounter Anfang des Jahres eingestiegen sind, steigt die Zahl der Läden und Terminals stark an. Wer die bequeme Bezahlform nutzen möchte, findet in Deutschland mittlerweile in allen Lebenslagen Möglichkeiten dafür.
Diese Anbieter sind für Apple Pay bereit
Mit Aldi Nord und Lidl setzen neuerdings auch zwei der größten Ketten auf kontaktloses Bezahlen. Auch in vielen Filialen von Kaufhof, Karstadt, Penny, OBI, Kaisers und Edeka lässt sich mittlerweile quasi im Vorbeigehen bezahlen. Auffällig ist allerdings, dass unter den großen Payback-Händlern nur Aral kontaktloses Bezahlen flächendeckend unterstützt. Bei Rewe sind es beispielsweise nur einzelne Händler. Und das, obwohl Rewe wie auch dm und Penny bereits die Terminals flächendeckend getauscht haben. Eine Erklärung für dieses Vorgehen könnte sein, dass die Unternehmen ihr eigenes Bezahlverfahren Payback Pay schützen wollen, das am 1. Juni bei dm startet. Real wird im Juli dazu stoßen. Bei Rewe ist das System für den Herbst geplant.
Lange Zeit galt Deutschland als das Bargeldland schlechthin. Und Bargeld ist auch weiterhin populär. Mittlerweile wird mit bargeldlosen Verfahren jedoch ebenso viel Umsatz erzielt wie mit Münzen und Scheinen. Die Girocard und das elektronische Lastschriftverfahren (ELV) bleiben dabei die populärsten Bezahlverfahren jenseits des Bargelds. Doch auch die Kreditkartenumsätze stiegen 2015 laut EHI auf 22,9 Mrd. Euro, was einem Anteil am Gesamtumsatz von 5,7 Prozent (2014: 5,3 Prozent) entspricht.
Kompakt: Fragen und Antworten zu Apple Pay und mobilem Bezahlen
1. Wie verbreitet sind die kontaktlosen Zahlmöglichkeiten in Deutschland?
Genaue Zahlen kann ich leider nicht liefern, aber dadurch, dass die Discounter Anfang des Jahres auch eingestiegen sind, kann man sagen: Wer will, kann heute flächendeckend kontaktlose Bezahlmöglichkeiten für alle Lebenslagen finden.
2. Welche große und kleinere Ketten sind mit NFC-Points-of-Payments ausgestattet?
Interessanter ist eigentlich, wer hier nicht mit macht. Auffällig ist, dass unter der den großen Payback-Händlern nur Aral kontaktlose Zahlungen überall anbietet. Real und dm stehen außen vor. Bei Rewe sind es nur einzelne Händler, in der Masse aber nichts und auch die Rewe-Tochterunternehmen unterstützen das kontaktlose Bezahlen trotz aktueller Terminals nicht.
Ich meine, die Anbieter wollen ihre eigene Bezahlverfahren Payback Pay, das am 1. Juni bei dm startet, schützen und den Kunden erst mal nicht für etwas anderes begeistern. Real wird im Juli dazu stoßen und bei Rewe ist das System für den Herbst geplant.
3. Wie sieht die Ausstattung im Vergleich zu den anderen Nachbar-Ländern – UK, Frankreich oder Spanien?
Der Vorreiten Frankreich ist auf das Level von Deutschland zurück gefallen. Spanien und UK sind weiter, UK hat dann noch die Parade Anwendung TfL (Transport for London). UK bietet Apple Pay bereits an, Spanien soll bald darauf folgen.
4. Wie verbreitet ist die bargeldlose Zahlung in Deutschland bei den Endkunden?
Bargeldlos nach Umsatz ca. 50 Prozent
Nach Zahl der Transaktionen unter 30 Prozent, meine ich.
5. Wie sieht es aus im Vergleich mit den USA? (Vergleich Endgeräte oder Zahlstellen oder Akzeptanz, oder eine Übersicht aus allen drei?)
Die USA sind gar nicht so der Überflieger im kontaktlosen Bezahlen, wie man meint. Spanien, UK und Polen sowie Australien oder Fernost sind da wesentlicher weiter. In den USA müssen die Banken gerade die Umstellung von Magnetstreifen auf Chip bewerkstelligen.
6. Ob Deutschland für Apple Pay ein interessanter Markt ist? Gute Frage:
1. Apple hat nach Geräten nur einen Marktanteil von unter 20 Prozent, durch Apple Pay könnte das vielleicht einen Push erfahren.
2. Die Banken müssen mitmachen. Das Problem löst sich, sobald eine Bank aus der Verweigerungshaltung ausschert. Dann knicken die anderen Wettbewerber ein. Das haben wir bereits in UK, Australien und Kanada gesehen.
3. Alle Händler, die zur Zeit keine kontaktlosen Kreditkarten nehmen, werden innerhalb kürzester Zeit umschwenken, auch die Payback-Händler!
Fokus auf Apple Pay:
1. Das ist meiner Meinung nach in erster Linie ein kommerzielles Problem. In den USA zahlen die Banken 0,15 Prozent einer Kreditkarten Transaktion an Apple. Dort sind die Kartengebühren für die Banken aber wesentlich höher. Nach der Regulierung bekommt die Bank 0,3 Prozent. Wenn in Europa die gleichen Preise kommen wie in den USA, wäre das die Hälfte. Deshalb wäre es sehr interessant, wie viel Apple in UK verlangt. Da ist bisher aber noch nichts durchgedrungen.
2. Nach einer kommerziellen Einigung kommt noch die technische Integration. Auch wenn bei Apple Pay die Integration wesentlich einfacher ist , mit ca sechs Monaten muss eine Bank schon rechnen. Daher ist 2016 für einen Deutschland-Launch nahezu ausgeschlossen.
3. Eine andere Variante wäre dass Apple Pay wie in Kanada, Australien und Spanien erst mal nur mit AMEX (American Express) in den deutschen Markt geht.
Allerdings ist die AMEX-Karte ist nicht so stark verbreitet und von den Anbietern, die AMEX unterstützen, haben die wichtigsten noch nicht auf kontaktlos umgestellt.
Interessant wären hier dm, Real und Rewe. Die Supermarkt-Ketten führen aber gerade Payback Pay, das auf einem günstigen Lastschriftverfahren basiert. Die Anbieter wären alles andere als erfreut, wenn Ihnen der Payback-Mutterkonzern AMEX mit einem Apple-Pay-Launch in die Parade fährt.
Tillmann Braun
Wo steht Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern?
Damit holt Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern langsam aber sicher auf. Frankreich, ursprünglich der Vorreiter des kontaktlosen Bezahlen mit dem Handy, dürfte mittlerweile auf einem Level mit Deutschland liegen. Die Zugpferde heißen Spanien und das Vereinigte Königreich mit seinem Parade-Beispiel TfL ( Transport for London). Hier kann man schon seit Jahren für die U-Bahn und den Bus kontaktlos bezahlen. Nicht umsonst sind die beiden Länder so auch die ersten Anlaufstellen für Apple Pay in Europa.
Mit der Einführung von Apple Pay gelten die USA in den Augen der Öffentlichkeit häufig als Überflieger im Bereich des kontaktlosen Bezahlens. Dabei ist man nicht nur in Spanien und UK, sondern auch in Polen sowie Australien oder auch Fernost deutlich weiter. In den USA steht man derzeit unter anderem vor der Herausforderung, die Umstellung von Magnetstreifen auf Chip zu bewerkstelligen.
Ob Deutschland für Apple Pay ein interessanter Markt ist, muss sich erst noch zeigen. Der Handel ist im Prinzip vorbereitet. Und selbst die Händler, die zurzeit keine kontaktlosen Kreditkarten akzeptieren, würden voraussichtlich innerhalb kürzester Zeit umschwenken – auch die, die nun auf Payback Pay setzen. Kreditkarten sind zwar immer noch teurer, aber durch die Regulierung ist der Abstand zur Girocard für den Handel nicht mehr so groß.
Ein größeres Problem ist dagegen, dass Apple in Deutschland nach Geräten lediglich einen Marktanteil von unter 20 Prozent hat. Denkbar ist, dass sich dies durch Apple Pay ändert. Zunächst müssen jedoch die Banken mitspielen. Sobald eine Bank aus der Verweigerungshaltung ausschert, dürfte das Problem gelöst sein. Denn dann werden wohl auch alle anderen Banken folgen, das konnte man bereits in UK, Australien und Kanada beobachten.
Geschäftsbedingungen für Apple Pay
Vor der Einführung von Apple Pay in Deutschland steht zunächst ein kommerzielles Problem. In den USA zahlen die Banken 0,15 Prozent einer Kreditkarten-Transaktion an Apple. Allerdings sind die Kartengebühren für die Banken in den USA wesentlich höher. Nach der Regulierung bekommt die Bank 0,3 Prozent. Wenn in Europa die gleichen Preise kommen wie in den USA, liefe dies also gerade einmal auf die Hälfte hinaus. Wie viel Apple in UK verlangt, ist bislang leider nicht bekannt.
Nach einer kommerziellen Einigung muss mit der technischen Integration die nächste Hürde genommen werden. „Auch wenn bei Apple Pay die Integration durch die Tokenisation wesentlich einfacher ist: mit ca. 6 Monaten muss eine Bank schon rechnen – eventuell sogar länger“, prognostiziert Rudolf Linsenbarth vom Beratungsunternehmen Cocus. „Daher ist 2016 für einen Deutschland-Launch von Apple Pay nahezu ausgeschlossen“, ist sich Linsenbarth sicher.
Denkbar wäre auch, dass Apple Pay wie in Kanada, Australien und Spanien erst einmal nur mit AMEX in den deutschen Markt geht. Allerdings ist die AMEX-Karte nicht stark verbreitet. Und von den Händlern, die AMEX akzeptieren, haben die wichtigsten noch nicht auf kontaktloses Bezahlen umgestellt. Hinzu kommt, dass dm, real und REWE derzeit Payback Pay einführen, das auf einem günstigen Lastschriftverfahren basiert. Folglich wären die Unternehmen wohl wenig begeistert, wenn ihnen der Payback-Mutterkonzern AMEX mit einem Apple-Pay-Launch plötzlich in die Parade fährt.
Vor diesen Hintergründen ist davon auszugehen, dass Apple Pay nicht vor 2017 nach Deutschland kommt. Viel länger sollte es dann allerdings nicht mehr dauern.