Wie man denn beim Bezahlen an der Kasse Apple Pay am besten einsetzt, hatte ich im letzten Dezember bereits von einem Artikel eines Kollegen der Süddeutschen Zeitung (oder war es ein anderes Blatt?) erfahren: Niemals sagen, man würde mit dem iPhone oder der Apple Watch bezahlen wollen, sondern immer nur "Mit Karte bitte!". Denn bei ersterem Wunsch werde man komisch und unwissend angeschaut, beim zweiten schalten die Kassierer ihr System um und aktivieren die Kartenzahlung – sei sie nun per Magnetstreifen und PIN-Eingabe, drahtlos per NFC-Chip auf der Karte oder eben per NFC-Chip, der in iPhone und Apple Watch sitzt. Ein dreiviertel Jahr später werde ich (meist) nicht mehr komisch angeschaut, wenn ich statt eine Karte zu zücken das linke Handgelenk mit der Uhr an das Lesegerät halte.
Natürlich habe ich schon letzten Dezember 2018 Apple Pay aktiviert, nach vier Jahren Warten war es auch an der höchsten Zeit. Und doch ist Apple Pay auch im September 2019 noch nicht so weit in Deutschland verbreitet, wie man sich das wünschen würde. Wir leben halt noch im Neuland und noch nicht in Digitalien.
Apple Pay Deutschland: Diese Banken sind dabei
Auch wenn noch die Sparkassen und die VR-Banken fehlen, gibt es ein reichhaltiges Angebot von Kreditinstituten, die ihren Kunden Apple Pay ermöglichen. Apple musste mit jedem einzelnen Institut verhandeln, was die Einführung des Services auch ein wenig verzögerte. In kaum einem Land gebe es so viele, teils nur regional tätige Banken, erklärt Apple die Komplexität der Aufgabe. Bis September 2019 konnte der Anbieter aber folgende Banken und Unternehmen für seinen Service gewinnen:
Einschränkungen bei den Banken
Es war im Vorfeld ja schon abzusehen, dass Apple Pay in Deutschland Grenzen hat. Die beiden wichtigsten Bankenverbände, die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken waren von Beginn an nicht dabei. Die Gründe: Sparkassen und VR-Banken hatten ihre eigenen Bezahlsysteme entwickelt und wollten damit selbst Provisionen nehmen und das Geschäft nicht Apple überlassen. Der iPhone-Hersteller seinerseits war aber nicht bereit, den NFC-Chip in iPhone und iPad Dritten zu öffnen. Aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. Aber natürlich will man ja auch selbst mit dem Service Geld verdienen.
Ende letzten Jahres fragte man sich, wer würde zuerst zucken: Apple, das nicht auf die Millionen von Sparkassen- und VR-Bank-Kunden verzichten könne oder eben jene Institute, welche es sich nicht leisten könnten, auf Dauer vor allem junge Kundschaft an die Konkurrenz zu verlieren. Raten Sie mal, wie das ausgeht: Doch beide Verbände haben angekündigt, noch in diesem Jahr ihren Kunden Zugang zu Apple Pay zu gewähren.
Natürlich gab und gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Auf diese musste ich mich stürzen, denn raten Sie mal, bei welchen Banken ich Konten habe? Bei der Hypo und bei der Comdirect schon mal nicht …
Kostenloses Konto bei Comdirect eröffnen und 75 Euro Startguthaben sichern
Das wäre natürlich eine Lösung gewesen, eines der bestehenden Konten kündigen und auf einen junge, moderne Bank umziehen oder einfach ein weiteres Konto bei einer solchen zu eröffnen. Ich habe ich aber für eine Übergangslösung entschieden, respektive für deren zwei, nach und nach. Zunächst meldete ich mich bei Boon an, für eine virtuelle Debit-Card, die man in seine Wallet integrieren kann. Der Preis von 1,50 Euro im Monat, den die Tochter von Wirecard aufruft, ist akzeptabel. Zudem gibt es immer wieder kleinere Cashback-Beträge wie etwa zur Wiesnzeit: Wenn man in den beiden Wochen dreimal per Boon bezahlt, gibt es fünf Euro gut geschrieben, sozusagen also drei Monate Gratisnutzung. Die niederländische Onlinebank Bunq konnte mich mit ihrem Preismodell von 8 Euro im Monat nicht überzeugen, die Vorteile, die ich neben Apple Pay dort genossen hätte, waren für mich nicht relevant.
Apple Pay Österreich: Diese Banken sind dabei
Das Angebot in Österreich ist ein wenig übersichtlicher. Immerhin stehen die Sparkassen schon auf der Liste:
In einem eigenen Artikel haben wir beschrieben, wie die Konteneinrichtung bei Boon funktioniert. Im Wesentlichen handelt es sich um ein Guthabenkonto respektive eine Debitcard, die man immer wieder auffüllen muss. Entweder per SEPA-Überweisung oder per Belastung einer beliebigen Kreditkarte. Das kann man automatisieren, wenn etwa das Restguthaben einen gewissen Schwellenwert unterschreitet, wird ein bestimmter Betrag überwiesen oder belastet. Ich habe das bei mir so eingependelt, dass ich unter 50 Euro Guthaben immer 100 Euro aufladen lasse. Das geht sehr schnell, aber nicht im Voraus: So ist es mir schon mal passiert, dass das Restguthaben für den Einkauf nicht ausreichte und ich doch noch zur Girocard greifen musste. In einem anderen Fall hatte ich nicht mitgedacht: Mir und meiner Bank war der Wechsel von einer Mastercard zu einer solchen in Gold ein wenig missglückt, anstatt eines Upgrades bekam ich ein neues Stück Plastik mit einer neuen Nummer – und musste diese an diversen Stellen in meinen persönlichen Bezahlsystemen neu hinterlegen. An Boon hatte ich erst mal nicht gedacht, das automatische Aufladen versagte daher.
Apple-Pay-Karte mit einer jeden Bank – aber nicht überall nutzbar: Amex Blue
Das Upgrade auf die – oder die Neubestellung der – goldenen Mastercard ist einerseits spekulativ: Womöglich bevorzugt die Stadtsparkasse München ja ihre Premiumkunden und bietet denen zuerst Apple Pay an? Andererseits hatte das auch andere Gründe, mit der goldenen Karte bekommt man auch noch Auslandskrankenversicherung, Reiserücktrittskostenversicherung und weitere Vorteile, sodass man den Preis von 90 Euro im Jahr kaum mit dem des bloßen Onlinekontos bei Boon vergleichen kann.
Es geht aber schon jetzt mit einem Konto bei der Sparkasse (oder der VR Bank) direkt mit Apple Pay, ohne dass man sich um den Füllstand eines weiteren Onlinekontos kümmern müsste: Mit der Blue Card von American Express. Auch dieses Angebot und wie man es einrichtet, haben wir in einem eigenen Artikel ausführlich beschrieben. Der Vorteil: Die Karte ist gratis, nur wenn man an einem Cashback-Programm teilnehmen will, zahlt man 30 Euro im Jahr. Kann sich amortisieren, muss aber nicht – ich habe mich für die kostenlose Variante entschieden.
Apple Pay Schweiz: Diese Banken sind dabei
Das ausgewiesene Bankenland Schweiz konnte Apple Pay bereits viel früher anbieten. Mit derzeit (September 2019) folgenden Instituten:
Bonus Card (Kredit- und Prepaidkarten von Visa)
boon. by Wirecard
Cornèrcard (Kredit- und Prepaidkarten von Mastercard und Visa)
Credit Suisse
Swiss Bankers (Prepaidkarten von Mastercard)
Swisscard (Kreditkarten von American Express, Cashback, mydrive, Pointup, SWISS Miles & More, Neutral Mastercard-Kreditkarten, wow Visa-Prepaidkarte)
Ansonsten ist die Amex Blue eine ganz normale Kreditkarte, mit der ich am Automaten auch Bargeld abheben kann (gegen Gebühr, bei der goldenen Mastercard ist das zwölfmal im Jahr weltweit gratis möglich). Das Limit ist auch ausreichend, um mehr als Lebensmittel einzukaufen. Das Beantragen der Karte war relativ schmerzfrei, natürlich musste das Unternehmen meine Bonität prüfen und erst einmal per Post-Ident meine Identität feststellen. Das geht ja auch per App, nur hat das in meinem Fall nicht geklappt – die App der Deutschen Post AG setzt den Personalausweis im Scheckkartenformat voraus, den ich erst kommendes Frühjahr beantragen werde.
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Beim Einkauf im Supermarkt und dem angeschlossenen Getränkemarkt hilft mir die Amex Blue als Zweitkarte auch weiter, wenn auf der Boon zu wenig Guthaben ist. Nur im Gartenbaumarkt musste dann wieder der Griff zur Plastikkarte von der Stadtsparkasse sein, denn dort nehmen sie keine Amex. Grund: American Express verlangt eine höhere Transaktionsgebühr, nicht ein jeder Händler ist bereit, diese abzugeben. Merke: Mit Apple Pay kann man zwar überall bezahlen, wo ein NFC-Terminal steht, das gilt aber nur, wenn der Händler auch American Express akzeptiert. Es kommt also nach wie vor auf die richtige Karte an.
Weitere Einschränkungen
Wie weiter oben angedeutet: Apple Pay ist vor allem von jungen Leuten gewünscht. Auch sehr jungen Leuten. Mein Junior etwa musste im Dezember die Erfahrung machen, dass er zwar von Bunq dank meiner elterlichen Genehmigung ein Konto eingerichtet bekommen hatte, das aber nicht weiter half: Apple Pay erst ab 16. Das war dann diesen Sommer der Fall, aber Bunq finden wir aus bekannten Gründen nicht attraktiv. Boon hätten wir akzeptiert, aber: Erst ab 18. Von der betulichen Kreissparkasse zur Hypovereinsbank wechseln, die bei uns im Ort auch (noch) eine Filiale unterhält? Deren Startkontohat aber auch einen Haken, Girocard gibt es zwar schon ab 14, aber Mastercard und Onlinebanking ab 18. Wir warten weiter auf die Sparkassen.
Sicherheitsrisiko NFC – auf Plastik
Warum bestehen wir aber so auf Apple Pay, wo es doch an jeder Ecke Geldautomaten gibt? Ja, noch. Das Bargeld wird zwar nicht aussterben, beim Bäcker bei uns im Ort etwa gibt es dazu nach wie vor keine Alternative und der Metzger hat sich noch kein NFC-Lesegerät angeschafft. Hie und da müssen wir sogar noch unterschreiben, wollen wir mit Karte zahlen. Die Vision ist aber klar: Ohne Geldbeutel aus dem Haus gehen, nur mit Uhr und/oder iPhone, allenfalls mit einer sehr dünnen Börse. Dazu müssten aber auch die vielen Kunden- und Bonuskarten, die wir so haben, auch digitalisierbar sein. Sind aber nur die wenigsten, also ziehen wir an der Kasse im Supermarkt doch wieder eine Karte raus, auf die wir zwar Punkte gut geschrieben bekommen, mit der wir aber nicht bezahlen können.
Noch einen Grund gibt es, warum wir gerne mal die physische Karte daheim ließen oder uns wieder eine ohne NFC-Chip geben lassen. Denn so sicher sind die Karten nicht. Ende August berichtete etwa der SWR darüber, wie man mit einem Lesegerät leicht an kleinere Beträge von ahnungslosen Kartennutzern kommt, hält man dieses nahe genug an die Tasche oder das Portemonnaie. Das sind etwa fünf Zentimeter, das lässt sich durchaus unbemerkt bewerkstelligen. Bei Beträgen unter 25 Euro muss man keine PIN eingeben, das Geld ist schnell futsch. Ein Lesegerät nah an das iPhone oder die Apple Watch zu halten, bringt indes nichts. Schließlich muss man einerseits die Wallet aktivieren (Doppeldruck auf die Seitentaste der Uhr oder des iPhones respektive Home-Button bei älteren Modellen) und andererseits sich per Touch ID oder Face ID authentifizieren – respektive per Code-Eingabe bei der Apple Watch, sobald man die angelegt hat.
"Wie viel Uhr ist es?" – "38,75 Euro!" - "Ja, bei mir auch"
Das ist auch der Grund, warum ich zum Zahlen die Apple Watch gegenüber dem iPhone bevorzuge. Ich muss sie nicht erst aus der Tasche ziehen und mich auch nur dann mit einem persönlichen Code identifizieren, wenn die Uhr noch gesperrt ist. Anfangs war ich im Supermarkt und im Getränkemarkt ein wenig der Exot. Ich habe brav immer meinen Wunsch geäußert, mit Karte zu bezahlen, etliche Wochen und wenige Monate waren die Kassierer erstaunt, dass das auch mit der Uhr geht. Interessanterweise nicht an Tankstellen, dort hatte ich es aber meist mit recht jungen Kassierern und Kassiererinnen zu tun.
Mittlerweile kennt man mich aber und weiß, wie ich zu bezahlen gedenke. "Bei mir ist es 38 Uhr 75," heißt es dann etwa im Getränkemarkt – und nach einem erfolgreichen Uhrenvergleich – weil: "Bei mir auch!" – gibt das Terminal dann die Meldung aus: Zahlung erfolgt. Geldbeutel und iPhone blieben dabei sicher in der Tasche.