Test

AMD Ati Radeon HD3870 X2 enttäuscht

28.01.2008 von Christian Helmiß und Daniel Visarius
AMD will die Tempospitze zurückerobern. Dafür klebt die Firma zwei Grafikchips zusammen auf eine Platine - doppelte Leistung? Weit gefehlt, denn Treiberprobleme machen der High-End-Grafikkarte schwer zu schaffen.

AMD will die Tempospitze zurückerobern. Dafür klebt die Firma zwei Grafikchips zusammen auf eine Platine - doppelte Leistung? Weit gefehlt, denn Treiberprobleme machen der High-End-Grafikkarte schwer zu schaffen.

Von Christian Helmiss, PC-Welt und Daniel Visarius, Gamestar

Testbericht

AMDs Grafikschmiede präsentiert heute mit der "Ati Radeon HD 3870 X2" eine Grafikkarte, auf der zwei GPUs des Typs "HD 3870" parallel zusammen arbeiten. Bisher lag Nvidia mit den High-End-Grafikkarten "Geforce 8800 GT", "8800 GTS" (512 MB), "8800 GTX" und "8800 Ultra" leistungsmäßig deutlich vor AMDs schnellsten Grafikkarten "Radeon HD 2900 XT" und "HD 3870". Mit zwei Kernen auf einem Board soll sich nach Jahren von Nvidias Vorherrschaft in der High-End-Klasse nun endlich wieder alles ändern.

Die Radeon HD 3870 X2 soll in den nächsten Tagen erhältlich sein und rund 450 Euro kosten. Also etwa so viel wie zwei einzelne Grafikkarten mit Radeon-HD-3870-Chip. Die PC-Welt konnte die Radeon HD 3870 X2 bereits im Testcenter untersuchen und sagen Ihnen, ob es sich lohnt, den kiloschweren Koloss zu verkaufen.

Hier werkeln zwei Grafikkarten auf einer Platine

1040 Gramm bringt AMDs Zweichip-Grafikkarte Radeon HD 3870 X2 auf die Waage.

Die im fortschrittlichen 55-Nanometer-Verfahren produzierten Radeon-HD-3870-Chips vereinen circa 1,3 Milliarden Schaltkreise. Der Doppelkarte stehen somit 640 Stream-Prozessoren zur Verfügung. Die Chips arbeiten mit je 825 MHz.

Vom Netzteil sind zwei Kabel für die beiden Strombuchsen nötig.

Insgesamt greift die 3870-X2-Karte auf 1 GB GDDR4-SDRAM zurück, der mit 900 (effektiv 1.800) MHz läuft und an einen 512 Bit breite Speicherbus angebunden ist. Den Stromverbrauch unter Last beläuft sich laut AMD auf knapp 200 Watt, der maximale Schallpegel der Karte liegt nach Angaben des Hersteller bei 36 dB(A) – im Test war die Karte deutlich hörbar, aber nicht störend laut. Die Radeon HD 3870 X2 kommt mit PCI Express 2.0 und beherrscht DirectX 10.1.

Grafikchip

R680 (2x RV670)

GPU/DDR-Takt

825 / 1.800 MHz

Speicherausbau

1.024 MByte

Speichertyp

GDDR3

RAM-Anbindung

256 Bit

DirectX-Version

10. Jan

Schnittstelle

PCI-Express 2.0

Standard: 2x DVI, 1x TV-Out

Die Karte verfügt über zwei Dual-DVI-Schnittstellen, einen TV-Signalausgang, eine Crossfire-Schnittstelle sowie zwei Stromanschlüsse. Letztere teilen sich auf in einen sechspoligen und einen achtpoligen, der aber auch mit einem sechspoligen Stecker ausreichend versorgt ist.

Enttäuschende Leistung im Praxistest

Company of Heroes im Test: In diesem Strategiespiel schlägt die ATI Radeon HD 3870 X2 eine Nvidia Geforce 8800 Ultra, wenn man die Kantenglättung ausschaltet. Gegen einen etwa gleich teuren 8800-GT-SLI-Verbund hat der Doppeldecker jedoch keine Chance und gegen Nvidias GTS-Duo ohnehin nicht. Dass auch in diesem 3D-Spiel Treiberprobleme die Grafikkarte bremsen, sieht man an den Tempowerten der X2, wenn die Kantenglättung aktiviert wird. Die Geschwindigkeit sinkt auf das Niveau einer einzigen 3870er.

Crysis im Test: Für diesen spannenden 3D-Kracher sind starke Grafikkarten geradezu ideal - einfache Modelle liefern hingegen nur wenige Bilder/s. Zu dumm nur, dass hier die AMD-Treiber komplett versagten: Mehr als 19 Bilder/s waren nicht drin - egal ob nun mit ein oder zwei Radeon-HD-3870-Karten oder eben mit der neuen X2.

Fazit: Bei den Tempotests enttäuschte uns die neue AMD-Karte sehr. Offenbar sind die Treiber noch nicht optimal auf die aktuellen 3D-Titel eingestellt. Meist nutzten sie zuerst nur eine einzige Karte – die Leistung blieb dann auf dem Niveau einer Radeon HD 3870 stehen. Maximal konnten wir eine Leistungssteigerung von 40 Prozent sehen – das ist die Hälfte des im Idealfall möglichen Performance-Zuwachses eines Crossfire-Verbunds.
Von der 3D-Leistung machte es weiterhin auch keinen Unterschied, ob man eine X2 oder zwei Radeon HD 3870er im Crossfire-Verbund verwendet – beim Preis und in der Leistungsaufnahme ebenfalls nicht. Eigentlich sind zwei 3870er sogar noch etwas schneller, weil hier der Treiber weniger zickt als bei der X2.

Fazit: Fehlstart!

Gut gedacht, schlecht gemacht: Mit besseren Treibern wäre die Karte empfehlenswert.

Zumindest theoretisch könnte die Radeon HD 3870 X2 eine Geforce 8800 Ultra problemlos schlagen – preislich wäre die X2 sogar rund 100 Euro günstiger als die 550 Euro teure Ultra. In der Praxis wird daraus aber aufgrund von Treiberproblemen nichts. Und dass sehr schnell deutlich bessere Treiber kommen, wäre zwar wünschenswert, ist aber unwahrscheinlich.

Die PCI-Express-Grafikkarte ist ein Reinfall, zwei Grafikkarten im Crossfire-Verbund waren meist schneller.

Im Februar zieht Nvidia mit einem ähnlichen Konzept nach. Die Geforce 9800 GX2 basiert auf zwei Geforce 8800 GTS 512 . Diese wird dann wiederum den 3870er-Doppeldecker hinter sich lassen, denn Nvidias G92-Prozessor ist deutlich schneller als AMDs Spitzenchip.

(pc-welt/bb)