Rakuten-Hausmesse "Expo 2013"

Amazon-Rivale oder doch eher Nischenanbieter?

15.05.2013
Das Marketing-Getöse ist weiterhin groß: "Wir wollen die Nummer Eins im E-Commerce werden, in Asien sind wir es ja bereits", bekräftigt Rakuten-Chef Hiroshi Mikitani einen Bericht über den Markteintritt in Österreich.
Rakuten-Chef Hiroshi Mikitani: "Wir wollen die Nummer Eins im E-Commerce werden, in Asien sind wir es ja bereits."

Das Marketing-Getöse ist weiterhin groß: "Rakuten will Amazon vom Thron stoßen" betitelt diese Tage die österreichische Tageszeitung Kurier einen Bericht über den Markteintritt des japanischen E-Commerce-Unternehmens in der Alpenrepublik. "Wir wollen die Nummer Eins im E-Commerce werden", bekräftigt in dem Zeitungsinterview Rakuten-Chef Hiroshi Mikitani, "in Asien sind wir es ja bereits".

Die Selbstdarstellung des Japaners – mit einem geschätzten Vermögen von 5,6 Milliarden US-Dollar die Nummer 215 der Forbes-Liste der Superreichen – hat sich damit seit dem Einstieg von Rakuten in den deutschen Markt vor eineinhalb Jahren nicht verändert. Eine gute Chance, Anspruch und Realität zu vergleichen, bot nun die traditionelle Hausmesse des E-Commerce-Unternehmens in Bamberg, die in diesem Jahr erstmals unter dem Namen Rakuten Expo stattfand.

Mit mehr als 650 Besuchern zählt die Veranstaltung eindeutig zu den etablierten Events innerhalb der deutschen Online-Branche und versammelte auch in diesem Jahr wieder Rakuten-Fachhändler, Partner, Interessenten und E-Commerce-Experten. Konzernchef Mikitani, der den spezifischen Ansatz seines Unternehmens mittlerweile auch in einem Buch mit dem Titel "Marketplace 3.0" dargelegt hat, nutzte seine Keynote, um den anwesenden Händlern Rakuten-Grundprinzipien wie Shopping als Entertainment, Emotionen im E-Commerce und aussagekräftige Anbieterprofile nahezubringen.

Rakuten-Deutschlandchefin Beate Rank war demgegenüber eher für die "harten Fakten" zuständig: Die Zahl der auf dem Marktplatz gelisteten Shops hat sich auf 6.500 entwickelt, im vergangenen Jahr wurden bewährte Elemente der Verkaufsstrategie von Rakuten in Japan wie das Bonuspunktesystem "Super Points" oder die Verkaufsevents "Super Sale" und "Shopping Marathon" in Deutschland eingeführt und auch große Onlinehändler sind inzwischen als Anbieter auf der Plattform vertreten. Im ITK-Bereich sind das beispielsweise die bekannten Elektronikversender Atelco und Getgoods.

Rakuten Expo 2013
Zur Rakuten Expo 2013 kamen 650 Teilnehmer nach Bamberg
Rakuten-CEO Hiroshi Mikitani bei seiner Keynote
Rakuten-Deutschlandchefin Beate Rank
Gefragter Gesprächspartner: Rakuten-Chef Mikitani in der Journalistenrunde
Ein bisschen Personenkult gehört dazu: Bei der Expo wurde auch Mikitanis Buch "Marketplace 3.0" angeboten
Die Gewinner der Auszeichnung "Shops des Jahres"
Crêpes Suzette bietet Kindermode in liebevoller Aufmachung
Erfolgreicher Ein-Produkt-Shop: Gabriellas Salatsauce
Seit diesem Jahr ist auch Getgoods bei Rakuten.de
Auch Atelco ist mit einem eigenen Shop bei Rakuten vertreten

Hohe Innovationskraft, geringer Bekanntheitsgrad

Dennoch drängt sich der Eindruck auf, dass Rakuten hierzulande in Fachkreisen noch eine höhere Resonanz erzielt, als bei den Konsumenten. So wurden auch im Umfeld der Rakuten Expo viele neue Details bekannt, die aus E-Commerce-Sicht hochinteressant sind: Das Unternehmen hat seine Händlerschulungen durch hauseigene E-Commerce Consultants ausgeweitet; eine neue Storefront mit einer großen Auswahl an Shop-Templates erlaubt den Shopbetreibern umfangreiche Anpassungen; nach der Übernahme des französischen Logistikdienstleisters Alpha Direct will Rakuten noch in diesem Jahr in Deutschland eigene Lieferservices anbieten; die Tochterunternehmen Wuaki.tv und Kobo sollen gemeinsam multimediale Shopping-Angebote entwickeln; das vom Otto-Konzern initiierte On-/Offline-Bezahlverfahren Yapital will Rakuten unterstützen; und in den USA hat das Unternehmen mit The Grommet soeben eine angesagte Plattform für Produkteinführungen übernommen.

Während Rakuten damit in Sachen Innovationsfähigkeit durchaus den Anschluss an Amazon und eBay wahrt, steht die Marktbedeutung des Online-Marktplatzes in Deutschland dazu in einem deutlichen Kontrast: Im Hinblick auf die Händleranzahl und Online-Sichtbarkeit liegt Rakuten.de eher auf einem Level mit kleineren Plattformen wie Yatego oder MeinPaket.

Individualisierung als Chance – auch für Elektronikanbieter?

Einen Hinweis darauf, wie sich dieser Widerspruch auflösen lässt, lieferte im Rahmen der Rakuten Expo die Prämierung der "Shops des Jahres". Die Preisträger hießen in diesem Jahr Crêpes Suzette und Gabriellas. Während der eine auf personalisierte Kindermode wie z.B. Namenskissen, Schultüten und Krabbeldecken setzt, beschränkt sich der andere auf das Angebot einer namensgebenden Salatsauce.

Das klingt auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär, besitzt aber deshalb eine gewisse Relevanz, weil es die Shopbetreiber verstehen, ihren Produkten mit einer charmanten Präsentation und einer individuellen Story einen unverwechselbaren Charakter zu geben. Das dabei beanspruchte Maß an Individualisierung wäre so bei keinem anderen Online-Marktplatz umsetzbar und passt auch perfekt zu dem Selbstverständnis von Rakuten als einer Art digitalen Ladenstraße. Trotz der Medienwirksamen "Angriffspläne" auf Amazon und eBay liegt Rakuten mit diesem Ansatz letztlich deutlich näher an Handmade-Plattformen wie Dawanda und Etsy.

Für Rakuten stellen sich daher zwei Fragen: Zum einen ist wenig nachvollziehbar, warum das Unternehmen vergleichsweise viel Aufwand darauf verwendet, seinen Anspruch auf Marktführerschaft im E-Commerce zu propagieren. Deutlich sinnvoller wäre es, den spezifischen Charakter der Rakuten-Plattform und die Attraktivität der darauf vertretenen (Nischen-)Anbieter deutlicher herauszuarbeiten und im Bewusstsein der Konsumenten zu verankern.

Zum anderen stellt sich die Frage, inwiefern der Rakuten-Ansatz für alle Produktgruppen taugt. Schließlich wäre es durchaus naheliegend, dass sich ein auf Personalisierung und Storytelling setzendes E-Commerce-Konzept für Alltagsprodukte und Manufakturartikel deutlich besser eignet, als für recht gleichförmige IT- und Elektronikgeräte. Hier wird es spannend sein zu beobachten, welche Erfahrungen Anbieter wie Atelco und Getgoods mit der Plattform machen. (mh)