Nachdem Salesforce einen deutschen Rechenzentrumsstandort angekündigt hat, folgt mit Amazon der nächste große US-amerikanische Cloud-Anbieter. Dies zeigt erneut die Attraktivität des Standorts Deutschland. Schließlich behandeln die meisten amerikanischen Unternehmen den deutschen Markt ansonsten eher stiefmütterlich. Typischerweise versorgt der Großteil der amerikanischen Cloud-Anbieter den europäischen Markt über Rechenzentren in Irland (Dublin) und den Niederlanden (Amsterdam). Das verringert bei vielen deutschen, vornehmlich mittelständischen Unternehmen, die Attraktivität. Beratungsgespräche mit IT-Anwendern zeigen ständig, dass das Speichern von Daten außerhalb Deutschlands und ein Vertragswerk, das maximal auf europäischem Recht beruht, nicht gerne gesehen wird.
AWS Portfolio: Annäherung an die Enterprise-IT
Neben dem Rechenzentrumsstandort hat Amazon mit AWS CloudTrail bereits im letzten Jahr einen ersten Service vorgestellt, um Unternehmen mehr Kontrolle über die Compliance zu ermöglichen. AWS CloudTrail hilft beim Überwachen und Aufzeichnen der AWS API Aufrufe von einem oder mehrerer Accounts. Dabei werden Aufrufe über die AWS Management Console, dem AWS Command Line Interface (CLI), von eigenen Anwendungen oder Anwendungen von Drittanbietern berücksichtigt. Die erhobenen Daten werden entweder in Amazon S3 oder Amazon Glacier zur Auswertung gespeichert und lassen sich über Tools von AWS oder externen Anbietern betrachten. Derzeit lassen sich nur Amazon EC2, Amazon ECS, Amazon RDS und Amazon IAM überwachen. Amazon CloudTrail kann kostenlos genutzt werden. Kosten entstehen für das Speichern der Daten auf Amazon S3 und Amazon Glacier sowie für die Benachrichtigungen über Amazon SNS.
AWS CloudTrial gehört zu den wichtigsten Services für Unternehmenskunden, die Amazon in der letzten Zeit veröffentlicht hat. Die gesammelten Logdateien helfen bei der Compliance, indem sie sämtliche Zugriffe auf AWS Services aufzeichnen und damit das Einhalten von gesetzlichen Rahmenbedingungen nachweisen können. Ebenso verhält es sich mit Sicherheitsaudits, bei denen sich damit Sicherheitslücken und unberechtigte oder fehlerhafte Zugriffe auf Daten nachvollziehen lassen.
Unternehmenskunden quo vadis?
Nachdem sich AWS als führender Infrastrukturanbieter und Enabler für Startups und neue Geschäftsmodelle in der Cloud etabliert hat, versucht das Unternehmen aus Seattle schon seit geraumer Zeit einen Fuß direkt in das lukrative Unternehmensumfeld zu bekommen. Es bleibt allerdings eine Frage offen. Wird das ausreichen, um eine kritische Masse deutscher Unternehmen zu erreichen, um sich von einem Anbieter für Startups und Entwickler zu einer ernsthaften Alternative für IT-Workloads für Unternehmen zu entwickeln?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen:
Unternehmensrelevante Services müssen ebenfalls direkt in anderen Region bereitgestellt werden und nicht vorerst nur in den US-Regionen.
AWS benötigt ein Partnernetzwerk, um an die Masse an attraktiven deutschen Unternehmenskunden zu gelangen.
Die Lokalisierung von sämtlichen Informationen, wie White Paper, How-Tos und Schulungen ist kritisch.
Weniger Self-Service, mehr Managed Services und Professional Services, z.B. über das Partnernetzwerk.
Verringerung der Komplexität durch Vereinfachung der Nutzung des Scale-Out Prinzips.
Cloud Connectivity für die zuverlässige Anbindung an die Services.
Vermeidung des Service Lock-in.
Stärkung des AWS Marketplace für einfachere Nutzung von skalierbaren Standard-Workloads und Applikationen.
Berücksichtung von Hybrid Cloud Szenarien und Stärkung des Partners Eucalyptus auf der Private Cloud Seite.
Anmerkung zur Eucalyptus Partnerschaft: Nahezu alle Eucalyptus-Kunden sollen ebenfalls AWS-Kunden sein (Quelle: Eucalyptus). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass einige Hybrid-Cloud-Infrastrukturen zwischen on-Premise-Eucalyptus-Infrastrukturen und der Public-Cloud von Amazon bestehen.
Was tun Microsoft und Google?
Mittelständische Unternehmen fordern von Cloud-Anbietern, dass die Daten in einem deutschen Rechenzentrum gespeichert werden. Etwa 75 Prozent sehen darin die Notwendigkeit, um durch physische Lokalität der Daten das deutsche Recht einfacher anwendbar zu machen.
Nach Salesforce, IBM und Amazon bleiben lediglich zwei wichtige Cloud Anbieter übrig, von denen Investitionen in diese Richtung zu erwarten wären.
Über Google darf man leider getrost sagen, dass zu diesem Thema über kurz oder lang nichts passieren wird. Die DNA und Mentalität des Unternehmens hinsichtlich Datenlokalität und Kundenbedenken weicht von denen anderer Anbieter zu stark ab.
Bei Microsoft liegen die Karten grundsätzlich gut. Allerdings brauchen die Redmonder diese vorerst nicht ausspielen. Microsoft verfolgt eine andere Strategie, indem mit dem Cloud OS Partnernetwork weltweit lokale Anbieter (zum Beispiel Pironet NDH in Deutschland) dazu ermächtigt werden, mit dem sogenannten "Azure Pack" eine eigene auf Microsoft Azure basierende Cloud-Infrastruktur in einem gehosteten Modell aus einem lokalen Rechenzentrum anzubieten.
Wie sich der Trend lokaler Rechenzentren entwickeln wird bleibt abzuwarten. Unterm Strich ist Deutschland und speziell der Standort Frankfurt, unter anderem auf Grund des DE-CIX, gut darauf vorbereitet, weitere internationale Cloud-Anbieter aufzunehmen. Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Entwicklung ist, dass internationale Anbieter die Bedenken verstanden haben und gewillt sind Kompromisse einzugehen, was am Ende dem Anwender zu Gute kommen wird. (jha)