Glaubt man aktuellen Hochrechnungen, sind inzwischen die weitaus meisten Rechenzentren virtualisiert. Was mit " die meisten" oder "ein Großteil" gemeint ist, lässt allerdings Interpretationsspielraum. Nach Ansicht der Gartner Analysten, sind 75 Prozent aller x86-Workloads in Unternehmen virtualisiert. Die Rate dürfte sich allerdings bei KMUs deutlich von der großer Unternehmen unterschieden, sonst gäbe es bei den einschlägigen Herstellern von Virtualisierungslösungen kaum Innovationsdruck. Während KMUs zum Teil durchaus noch nicht durchgängig den Schritt zur Serverkonsolidierung vollzogen haben, erwägen große Unternehmen bereits den nächsten logischen Schritt in Form der Bereitstellung von Hybrid-Clouds.
Klassische Server-Virtualisierung ist sowohl für Hersteller, als auch für Nutzer seit mehr als 10 Jahre "business as usual" und die führenden Produkte entsprechend ausgereift. Das heißt aber nicht, dass die Hersteller, allen voran VMware hier nichts mehr tun müssen. Auch in diesem Umfeld ist der Innovationsdruck hoch.
Enabler für die Cloud
Übertagen auf x86-Virtualisierung heißt das: VMware muss als Marktführer darauf bedacht sein, seine bestehenden Marktanteile zu sichern. Für Nutzer ist es nämlich im Hinblick auf die angestrebte Cloud-Strategie keineswegs unerheblich, auf welchen Hypervisor sie setzen, auch wenn dessen Wahl aus Sicht der einschlägigen Cloud-Management-Lösungen transparent sein sollte. In der Tat steht VMware daher unter Druck.
Man ist zwar Marktführer bei der x86-Virtualisierung, könnte aber angesichts des Vorsprungs von Amazon, Google & Co im Cloud-Segment den Anschluss ans Cloud-Business verpassen. Daher ist es für VMware entscheidend, dass zumindest die eigenen Kunden Ihre vSphere-Virtualisierungs-Umgebung in die vCloud migrieren und mit den entsprechenden VMwares Cloud-Management- und Automation-Tools arbeiten.
Allerdings muss der Virtualisierungsriese auch vollständige Schnittstellen wie etwa zu OpenStack oder den einschlägigen Cloud Management Lösungen anderer Hersteller bieten, um den Cloud-Strategien seiner Kunden nicht im Wege zu stehen. Die skizzierte Marktsättigung, die neuen Cloud-Infrastruktur-Services und auch der Wettbewerbsdruck aus Richtung Microsoft gehen daher an VMware nicht spurlos vorbei. Hinzukommt, dass die Themen Software Defined Networking und Software Defined Storage auch die klassische Virtualisierung immer mehr tangiert.
VMware ist gut aufgestellt bei SDN und SDS
Auf den letzten weltweiten VMworld-Hausmessen konnten sich Besucher ein Bild davon machen, dass Storage und Netzwerk im Virtualisierungsumfeld immer wichtiger wird.
VMware ist sich dessen bewusst und fokussiert sich seit geraumer Zeit auf eigene Innovationen in diesen Bereichen, wie zum Beispiel VMware NSX für Software Defined Networking oder vSphere Virtual SAN für Software Defined Storage
Das sind zwei überaus interessante Produkte mit Zukunft, mit denen VMware eine Brücke von vSphere sowohl in das eigene Cloud-Portfolio, als auch zu OpenStack & Co baut. Diese Art Doppelstrategie macht Sinn. VMware hat eine gute Virtualisierungslösung, die in puncto Netzwerkvirtualisierung (vSphere Distributed vSwitch) schon jetzt mehr bietet, als die Konkurrenz.
VMware hat mit NSX und Virtual SAN zwei viel versprechende Lösungen, die die Brücke zur Cloud ebnen sowie mit vRealize Automation beziehungsweise vCloud Director geeignete Management- und Automatisierungslösungen für die Cloud besitzt. Was fehlt ist aber eine bessere Annahme und Markdurchdringung der eigenen Cloud-Lösungen. Inwieweit vCloud und vCloud Air hier aufschließen werden bleibt abzuwarten.
Open vSwitch und VMware NSX
Das Software Defined Networking das infrastrukturelle Rückgrat der Cloud bildet, steht außer Frage. Mit der Akquisition von Nicira, dem Unternehmen, das initial hinter Open vSwitch, der SDN-Komponente im Kern von OpenStack Neutron stand, hatte VMware in 2012 Weitsicht bewiesen. Heute ist NSX (jüngst in Version 6.2) erschienen, eine veredelte Open-vSwitch-Implemenation und wird von VMware in zwei Varianten vertrieben. NSX für vSphere ergänzt eine bestehende Virtualisierungsplattform um ein auf dem VXLAN-Protokoll basierendes Overlay-Network samt Layer-3-Feature wie Routing und einer in den Kernel integrierten "Distributed Firewall" - alles in Software gegossen und frei konfigurierbar.
Sollte "NSX für vSphere" nicht den gewünschten durchschlagenden Erfolg bringen, bietet VMware NSX alternativ auch für andere Hypervisors- und Cloud-Plattformen an ("NSX for Multi-Hypervisor"). Zusätzlich bietet VMware mit vSphere integrated OpenStack eine elegante Möglichkeit, eine OpenStack-Umgebung mit Hilfe der Automatisierungs- und Managementplattform vRealize Automation relativ einfach auf Basis einer bestehenden vSphere-Virtualisierungsplattform auszurollen und zu überwachen. Ähnliches peilt VMware mit vSphere Integrated Containers und Photon in Bezug auf Container und Atomic Services an und glaubt, mit seiner Lösung, das Beste aus beiden Welten durch das Kapseln von Containern in kleine virtuelle Maschinen, zu vereinen.
Wie geht es weiter?
Mit Blick auf das aktuelle Jahr fällt eine Prognose für die nächste Jahre nicht schwer. Unverändert rangiert zurzeit VMwares Servervirtualisierungsplattform vSphere mit Abstand vor Microsofts Hyper-V im Leader-Quadranten bei Gartner. Die übrigen Hersteller und Lösungen wie Citrix, Red Hat und Oracle spielen in reinen Marktanteilen betrachtet faktisch keine Rolle und sind daher als Nischenlösungen einzustufen.
In Hinblick auf zwischenzeitlich erschienene Produkt-Updates, gibt es für eine Prognose aber doch Veränderungen zu beachten. War Microsoft mit Hyper-V v3.1 in Windows Server 2012 R2 (und Windows 8.1) funktional relativ nah an VMware vSphere 5.5 heran gerückt, hat VMware mit der Veröffentlichung von vSphere 6 wieder vorgelegt. Allerdings erwarten die Experten mit der neuen Version 2016 von Windows Server, die auch eine aktualisierte Hyper-V-Version mitbringen, eine deutliche Annäherung an die VMware-Lösung.
Red Hat und OpenStack
Die aktuelle Version 3.5 von Red Hat Enterprise Virtualization datiert auf Februar 2015, basiert aber schon auf der Version 7 von Red Hat Enterprise Linux. Eine Beta-Version von RHEV 3.6 ist ebenfalls verfügbar, sodass auch Red Hat bald mit einer neuen Version aufwarten dürfe. Gemessen an der Marktbedeutung im Bereich Servervirtualisierung, müsste RHEV hier nicht erwähnt werden.
Allerdings ist Red Hat eine der treibenden Kräfte im OpenStack-Projekt. Open Stack kommt zwar mit allen gängigen Hypervisors zurecht, allerdings fällt das Aufsetzen einer OpenStack-Umgebung unter Zuhilfenahme einer geeigneten OpenStack-Distribution wie "Red Hat Enterprise Linux Open Stack Platform" deutlich leichter.
Wer die Mühen des Aufbaus einer eigenen Private Cloud- Umgebung auf Basis von OpenStack scheut, kann sich auch vollständig in die Hände der Cloud-Spezialisten von Red Hat begeben. Er erhält dann in Form des Produkt- und Dienstleistungspakets Red Hat Cloud Infrastrucure nicht nur Red Hats OpenStack Distribution als Basis, sondern mit Red Hat Enterprise Virtualization, Red Hat Satellite und Red Hat Cloudforms auch gleich den nötigen Überbau, um out of the box loslegen zu können. Sollte der Hype um Private Clouds mit OpenStack weiter anhalten, wird sich RHEV daher möglicherweis quasi durch die Hintertür verbreiten, weshalb man die Lösung durchaus auf dem Radar haben sollte.
Micrososft Hyper-V bleibt vSphere auf den Versen
Dass Hyper-V VMware vSphere auch in Marktanteilen im Nacken sitzt, liegt auch an der Marktmacht von Microsoft und an der Tatsache, dass Hyper-V ein Windows Feature ist. Da Microsofts Server-Betriebssystem in den meisten Unternehmen ohnehin konkurrenzlos ist, hat der MS-Vertrieb bei Update-Fragen leichtes Spiel, seine Virtualisierungslösung in den Markt zu drücken.
Allerdings sind bei Hyper-V die Technologien jenseits von Compute ein Stück hinter denen von vSphere zurück. So besitzt die Microsoft-Lösung im Vergleich zu VMware in den Bereichen vSwich- und Cluster-Shared-Volume-Technologie (CSV) noch Nachholdarf.
Während Microsoft vor alle damit punkten kann, dass viele Unternehmen auf Microsoft Server setzt und prinzipiell mit der Administration vertraut sind, spricht für VMware der Funktionsumfang, die gute Integrationsfähigkeit mit den eigenen Cloud-Lösungen, das Partner-Ökosystem, der Innovationsvorsprung und der Reifegrad der Produkte. Doch Microsoft holt mit großen Schritten auf